Protocol of the Session on December 12, 2008

Ein erfolgreiches Beispiel ist das von Renate Künast eingeführte staatliche Biosiegel für Produkte des ökologischen Landbaus. Es garantiert Bioqualität und schafft Vertrauen. Rund acht Jahre später findet sich das sechseckige Zeichen bereits auf 30 000 Bioprodukten. Unter grüner Regie wurde das Bundesministerium für Verbraucherschutz geschaffen

(Staatsminister Thomas Jurk: Unter Gerhard Schröder!)

und die Behördenlandschaft verändert. Für Risikobewertung und -management wurden das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und das Bundesinstitut für Risikobewertung errichtet.

Auf Landesebene habe ich mich als verbraucherpolitischer Sprecher meiner Fraktion – das gibt es auch bei uns – unter dem Motto „Mehr Bio aus der Region“ für ein gesundes Ernährungsangebot in sächsischen Kindergärten und Schulen eingesetzt. In zahlreichen Gesprächen wurde immer wieder Kritik an der fehlenden Infrastruktur und unzureichenden Förderung bei der Einrichtung von Kochküchen laut. Statt frisch zubereiteten Essens bekommen Sachsens Kinder ihre Verpflegung überwiegend aus Großküchen, die mehrere tausend Essen zubereiten, in der ganzen Stadt ausliefern und aufwärmen lassen.

(Caren Lay, Linksfraktion: Ja, das ist Irrsinn!)

Mein Versuch, mit einem Antrag die Einrichtung von Küchen und Speiseräumen in Kindertagesstätten und Schulen zu fördern, wurde von der Koalition leider abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurde vorgestern unser Änderungsantrag zur Finanzausstattung der Verbraucherzentrale Sachsen. Frau Lay hatte es vor uns schon zitiert.

Wir hatten zusätzliche Mittel für die Einführung unabhängiger Beratung bei Finanzmarktprodukten beantragt.

Meine Damen und Herren der Koalition! Wenn Sie hier fordern, den Verbraucherschutz in Sachsen zu verbessern, ist das ziemlich scheinheilig. Mit der Zustimmung zu unseren Initiativen hätten Sie genügend Gelegenheit dazu gehabt.

Gleichwohl – das ist der positive Ausgang – werden wir Ihrem Antrag zustimmen, denn sein Anliegen ist in unserem Interesse.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Mir liegen aus den Fraktionen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich frage dennoch, ob noch jemand sprechen möchte. – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann hat die Staatsregierung das Wort; Herr Staatsminister Jurk, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Verbraucherschutz ist zu einem Dauerthema geworden. Schließlich geht er uns auch alle an. Ein Grund dafür ist unsere heutige Lebenswirklichkeit, die durch vielfältige Möglichkeiten und gleichzeitig aber eine zunehmende Komplexität geprägt ist. Ich nenne als Beispiele das Telefonieren oder die Bankgeschäfte. Mit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes sind die Preise teilweise drastisch gesunken und ganz neue Angebote entstanden. Der Preisvergleich von Tarifen ist eine lästige, aber kaum vermeidbare Begleiterscheinung geworden. Für Bankgeschäfte gilt Ähnliches. Das gute alte Sparbuch wirkte zumindest bis vor Kurzem so antiquiert wie Omas Sparstrumpf.

Es ist das gemeinsame Ziel der Staatsregierung in der Koalition, den Verbraucherschutz in allen Lebensbereichen zu verbessern. Der Verbraucherschutz muss mit der teilweise rasanten Entwicklung der vielfältigsten Angebote und Angebotsformen Schritt halten. Eine kluge Verbraucherschutzpolitik richtet sich aber nicht gegen die Wirtschaft, sondern schafft vielmehr einen fairen Interessenausgleich. Damit trägt der Verbraucherschutz zu einem fairen Wettbewerb bei, der soliden Unternehmen zugutekommt und die Abzocker bestraft.

Ein konkretes Beispiel: Sachsen hat sich im Bundesrat erfolgreich dafür eingesetzt, dass bei telefonischen Vertragsangeboten ein besonderer Schutzmechanismus eingeführt wurde, vergleichbar den Haustürgeschäften. Hintergrund war die drastische Zunahme von oft belästigender Telefonwerbung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verbraucherschutz betrifft uns in den verschiedensten Lebensbereichen. Dementsprechend ist Verbraucherschutzpolitik eine Querschnittsaufgabe, deren Rahmen vornehmlich durch Gemeinschafts- und Bundesrecht vorgegeben wird. Am unmittelbarsten wird Verbraucherschutz mit Lebens

mittelsicherheit in Verbindung gebracht. Aber Verbraucherschutz ist natürlich viel mehr. Denken Sie nur an den wirtschaftlichen Verbraucherschutz oder an den Schutz vor unsicheren technischen Produkten. Aktuelle Themen des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes sind zum Beispiel die Fahrgastrechte im Schienenpersonennahverkehr, die Verbesserung der Rechte der Verbraucher auf dem Gebiet der Kreditwirtschaft und des Bundesfinanzwesens sowie bessere Verbraucherinformationen in Bezug auf Energieeffizienz und Energiewirtschaft.

In vielen dieser Themenbereiche arbeitet das sächsische Wirtschaftsministerium eng und konstruktiv mit der Verbraucherzentrale Sachsen zusammen. Die Anbieter unabhängiger Beratungs- und Informationsleistungen durch die Verbraucherzentrale sind eine wichtige Säule unseres Verbraucherschutzes. Mit dem Koalitionsvertrag im Jahre 2004 haben wir die Finanzierung der Verbraucherschutzzentrale auf eine solide Grundlage gestellt und damit die Voraussetzungen für den Erhalt eines dichten Netzes von Beratungsstellen in Sachsen geschaffen. Ich will an dieser Stelle darauf hinweisen, dass sich 2004 die Verbraucherschutzzentrale schon damit abgefunden hatte, dass die Angebote ausgedünnt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Weg der finanziellen Ausgestaltung werden wir fortsetzen. Der Doppelhaushalt 2009/2010 sieht – auch dank des Beschlusses des Landtages – eine Aufstockung der institutionellen Förderung vor. Ich begrüße es sehr, dass unser Landtag dieses Anliegen unterstützt und zusätzliche Projektmittel für die Verbraucherberatung in den Bereichen Energieeinsparung, Energieeffizienz und Klimaschutz bereitstellt. Dies betrifft insbesondere den Ausbau der Beratungsstützpunkte für eine Beratung zur effizienten Nutzung von Energie durch unsere Verbraucher.

Derzeit wird in 13 Beratungsstellen sowie in 25 kommunalen Stützpunkten eine Beratung zur Energieeffizienz angeboten. Dazu werden von zwölf Ingenieurbüros Spezialisten auf Honorarbasis hinzugezogen. 15 weiteren Kommunen wurde ein Angebot zur Etablierung eines Beratungsstützpunktes unterbreitet. Es wird damit gerechnet, dass ab 2009 insgesamt 35 Beratungsstützpunkte in Sachsen ihre Hilfe anbieten können. Des Weiteren soll ab 2009 eine kostenlose Telefonleitung zur Energieeffizienzberatung geschaltet werden. Damit wird ein wirksamer Beitrag zur Umsetzung des im Sommer vom Kabinett beschlossenen Aktionsplanes „Klima und Energie“ geleistet.

Im Bereich Ernährungsberatung und -information pflegt das Sozialministerium eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Sachsen einschließlich einer erheblichen finanziellen Förderung. Daneben arbeiten die Verbraucherzentrale und der Freistaat Sachsen in einer Reihe von Gremien aktiv zusammen. Hervorzuheben ist hier die Gastmitgliedschaft im Beirat „Markt und Ernährung“ des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft sowie die Mitwirkung als aktives Mitglied in der Allianz für sichere Lebensmittel,

die es sich zur Aufgabe gestellt hat, zur Verbesserung der Qualität und Transparenz der Fleischproduktion beizutragen.

Neben der Informationstätigkeit gegenüber den Verbrauchern ist die Produktsicherheit im Rahmen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ein wichtiges Anliegen. Als Beispiele seien genannt: der risikoorientierte Kontrollansatz im gesamten Überwachungsbereich, die Einführung von Qualitätsmanagement-Systemen bei den zuständigen Behörden und die intensive Vernetzung der Kontrollsysteme zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit in der gesamten Lebensmittel- und Futtermittelkette.

Dabei werden die Betriebe entsprechend den europäischen Vorgaben auf allen Stufen der Lebensmittelkette, das heißt vom Erzeuger bis hin zur Abgabe an die Verbraucher, risikoorientiert geprüft. Im Jahre 2007 wurde zudem damit begonnen, ein integriertes Daten- und Informationssystem mit zentraler Datenschaltung bei Behörden des Veterinärwesens für die Lebensmittelüberwachung einzuführen. Für Krisenfälle wurde im Jahre 2008 der Notfallplan erarbeitet. An einer zwischen drei Bundesländern durchgeführten Simulationsübung hat sich Sachsen aktiv beteiligt. Grundlage für die Durchführung der amtlichen Futtermittelkontrolle in den Bundesländern ist der Rahmenplan der Kontrollaktivitäten im Futtermittelsektor, der wiederum Bestandteil des mehrjährigen nationalen Kontrollplanes ist. Dieser Plan wird fortlaufend fortgeschrieben und aktualisiert.

Ein ebenso wichtiger Aspekt des Verbraucherschutzes ist der Schutz vor unsicheren technischen Produkten. Die zu untersuchende Produktpalette ist denkbar vielfältig, und zwar vom Sportboot bis zum Feuerzeug. Im Fokus der Aufmerksamkeit stehen immer wieder Elektroartikel und Kinderspielzeug. Gerade in der Weihnachtszeit wird besonderes Augenmerk auf die sicherheitstechnische Ausstattung elektrischer Lichterketten gelegt.

Entsprechend den europäischen Vorgaben an die Mitgliedsstaaten wurden Marktüberwachungsprogramme erstellt. Unter maßgeblicher Beteiligung Sachsens wurde von den Bundesländern das Konzept für die Marktüberwachung in Deutschland weiterentwickelt und es wurden einheitliche Handlungsfelder festgelegt. Darüber hinaus arbeitet der Freistaat Sachsen aktiv an der bundesweiten Initiative zur Marktüberwachung mit.

Die Kontrolltätigkeit der Landesdirektion Dresden, Abteilung Arbeitsschutz, unterteilt sich in aktive und reaktive Marktüberwachung. Bei der aktiven Marktüberwachung werden in Abstimmung mit anderen Bundesländern risikobehaftete Produktgruppen stichprobenartig untersucht. Bestehen Mängel, können Maßnahmen bis hin zum Verkaufsverbot ergriffen werden. Die reaktive Marktüberwachung, die Meldungen über das europäische Schnellwarnsystem verfolgt, nimmt aufgrund der steigenden Zahl der als gefährlich gemeldeten Produkte einen immer breiteren Raum ein. Trotz der zwischen den Bundesländern praktizierten Arbeitsteilung bei der Bear

beitung dieser Meldungen wird mit circa 400 Meldungen bis Jahresende die Anzahl der im Vorjahr von Sachsen verfolgten Meldungen deutlich übertroffen. Jede dieser Meldungen löst eine Recherche darüber aus, ob die betreffenden Produkte in Sachsen auf dem Markt sind. Wird das betreffende Produkt gefunden, werden Maßnahmen gegen den weiteren Verbrauch eingeleitet.

Leitbild unserer Verbraucherpolitik sind gut informierte, eigenverantwortlich handelnde Verbraucher, das heißt Verbraucher, die mit ihrer Kaufentscheidung die Nachfrage beeinflussen und gestalten. Als Entscheidungshilfen stehen den Verbrauchern neben dem Gespräch in einer der Verbraucherberatungsstellen verschiedene Informationsblätter der sächsischen Ministerien – zum Beispiel über die Anforderungen zur Sicherheit von technischen Produkten – zur Verfügung.

Mit der Umsetzung des Verbraucherinformationsgesetzes in Sachsen sind das Sozialministerium oberste und die Landesdirektionen obere Lebensmittelüberwachungsbehörden. Zusammen mit der Landesuntersuchungsanstalt sind sie zuständig für die Erteilung von Informationen in Bezug auf Lebensmittel. In Bezug auf Futtermittel ist das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie die zuständige Stelle für die Erteilung der Informationen.

Die verstärkten Anstrengungen der Staatsregierung für den Verbraucherschutz zeigen Wirkung. Sachsen hat sich beim Verbraucherschutzindex des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen vom letzten Platz im Jahre 2004 auf Platz 12 verbessert. Damit sind wir natürlich nicht zufrieden, aber wir sehen eine positive Tendenz. Im Gegensatz zu dem Witz von Herrn Weichert kann ich nur sagen: Wir sind schon wesentlich weitergekommen, als die Russen hätten kommen können.

Bei der Bewertung der Arbeit der Kontrollbehörden steht Sachsen sogar an erster Stelle. Auch die Verbraucherzentrale Sachsen – das hat die Debatte bestätigt – schneidet sehr gut ab. Dank und Anerkennung auch für diese Leistung!

Als eine Schwäche wurde das Fehlen eines federführenden Ministeriums gewertet; in der Debatte wurde es noch einmal beschrieben. Dies gilt im Übrigen auch für die Ausschüsse des Sächsischen Landtages. Ich muss hinzufügen: Das hat der Landtag natürlich selbst in der Hand.

Das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit konzentriert sich dabei auf den wirtschaftlichen Verbraucherschutz, in den auch Themen wie das Telekommunikationsrecht, das Wettbewerbsrecht, das Preisangabenrecht sowie das Mess- und Eichwesen fallen, sowie den technischen Verbraucherschutz.

Der gesundheitliche Verbraucherschutz ist dagegen vor allem im Sozialministerium angesiedelt und damit integraler Bestandteil des öffentlichen Gesundheitsdienstes im Freistaat Sachsen.

Sachsen kann dennoch, gerade wenn es um den konkreten Verbraucherschutz in Form effektiver Kontrollen geht,

gute Ergebnisse vorweisen. Aber nichts ist bekanntermaßen so gut, als dass man es nicht noch verbessern könnte. Deshalb halte ich die Festlegung eines federführenden Ministeriums für den Verbraucherschutz für den richtigen Weg. Damit könnte die Abstimmung der Handlungsfelder noch besser erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob das Sozialministerium, das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium oder das Wirtschafts- und Arbeitsministerium diese Funktion übernimmt. Ich sage hier zu, dieses Anliegen in den nächsten Koalitionsverhandlungen im Herbst 2009 durchzusetzen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

2004 habe ich mich zunächst einmal um die Finanzausstattung gekümmert, 2009 bekommen wir das auch noch hin.

Der 2007 erstmals erstellte Verbraucherschutzbericht stellt die Aktivitäten der Staatsregierung im Verbraucherschutz umfassend dar. Damit haben wir übrigens auch einer Bitte des Landtages entsprochen. Wir sehen natürlich auch Ihrem Antrag erwartungsfroh entgegen.

(Beifall bei der SPD und der Staatsregierung)

Das Schlusswort haben die Fraktionen von CDU und SPD; Frau Schmidt, bitte.

Herr Staatsminister Jurk, Sie haben die Koalitionsvereinbarung 2009 vorweggenommen. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass dann die CDU wieder allein die Regierung stellen und eine Koalitionsvereinbarung nicht mehr nötig haben wird.

(Lebhafter Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Die CDU wird dafür sorgen, dass der Verbraucherschutz in einem Ministerium zusammengeführt wird.

(Staatsminister Thomas Jurk: Das hätten Sie schon seit 1990 machen können!)

Ich möchte darum bitten, dem Antrag „Verbraucherschutz in Sachsen verbessern“, der ja quer durch alle Fraktionen geht, die Zustimmung zu geben. Wir erwarten, dass bis März 2009, das heißt noch vor besagten Koalitionsverhandlungen, der Verbraucherschutz zielgerichteter und effizienter gebündelt und organisiert wird.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Dr. Simone Raatz, SPD – Staatsminister Thomas Jurk: Da haben Sie aber noch die Kurve gekriegt!)

Ich denke, die Wähler werden entscheiden, wie es auf diesem Gebiet weitergeht und wer dann dafür die Verantwortung trägt.

(Beifall der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Zuvor stelle ich fest: Die Aussprache zu diesem Antrag ist beendet.

Ich stelle den Antrag in der Drucksache 4/13900 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Antrag einstimmig beschlossen worden.