Protocol of the Session on November 14, 2008

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und des Abg. Gunther Hatzsch, SPD – Dr. Monika Runge, Linksfraktion, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke. – Damit sage ich Nein zu allen Wachstums- und allen Verteilungsfanatikern. Beide Richtungen sind in diesem Moment falsch.

Ja, Herr Morlok, Wachstumsförderung darf im 21. Jahrhundert nicht mehr im Widerspruch zu sparsamer Haushaltsführung stehen. Das sehe ich genauso. Aber dann sollte man nachhaltiges Wachstum fördern und keine Strohfeuer entfachen.

(Sven Morlok, FDP: Ja!)

Kommen wir zu den Einzelmaßnahmen! Was könnte man da besser fokussieren? Mit 3 Milliarden Euro von der

KfW soll eine bessere Infrastruktur in strukturschwachen Kommunen finanziert werden. Ich bin sehr dafür, das auf demografische Anpassungsbedarfe zuzuspitzen, denn da werden die Probleme sein.

Man will Verkehrsinvestitionen beschleunigen. Ich schlage vor, diese 2 Milliarden Euro nicht in die Straße, sondern in die Schiene und den sonstigen öffentlichen Nahverkehr fließen zu lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Das ist doch ganz klar. Dort geht es nämlich darum, sich demografie- und umweltverträglich an die Herausforderungen der Zukunft anzupassen. Damit kann man jetzt schon beginnen. Für Maßnahmen zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und die Abschreibungsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen gilt dasselbe: Demografische und umweltverträgliche Anpassungsmaßnahmen finanzieren!

Was sollte man ausdrücklich unterstützen? An erster Stelle nenne ich das CO2-Gebäudesanierungsprogramm. Es ist kleinteilig, arbeitsplatzintensiv, zukunftsorientiert.

Man muss ja unbedingt – mit allen Maßnahmen, die man staatlich irgendwie begleitet – versuchen, langfristig die Kosten für jedermann – für die öffentliche Hand, die Firmen und auch die Privatleute – zu senken. Bei den Energiepreisen, die sehr volatil sind, ist das eine vernünftige Maßnahme.

Ja, Herr Bolick, ich sage ausdrücklich: Mittelstandskredite zu sichern ist sehr vernünftig. Das unterstützen wir genauso wie die Maßnahme, innovative Unternehmen über die KfW zu stärken. Das ist also alles nicht die Frage.

Ein sehr buntes Bündel hat die Frau Merkel da geschnürt. Das merken Sie.

Ottmar Edenhofer, Chefökonom des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, hat sich heute im „Handelsblatt“ wie folgt zitieren lassen: „Das Casino auf der Titanic ist vorübergehend geschlossen. Der Dampfer aber steuert weiter auf den Eisberg zu. Wer vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Klimakrise fordert, beim Klimaschutz nachzulassen, hat den Ernst der Lage nicht erkannt.“

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Ich weiß nicht, wo ich hier in diesem Parlament die Partner für ein gemeinsames Nachdenken über längerfristige Konsequenzen unseres Handelns finden werde. Das müssen wir aber ausdiskutieren und zum Maßstab für längerfristige Konsequenzen machen.

Dass Sie von der PDS ein solcher Partner nicht sind, wissen wir inzwischen. Sie haben schon einen ganzen Staat versenkt, nicht nur die Titanic.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der Linksfraktion)

Aber wenn wir wirklich in einer Situation sind wie die industrialisierten Staaten in der Ölkrise der Siebzigerjahre, als alle Industriestaaten gleichzeitig in einer Krise waren und man sich nicht mit der Kaufkraft der Amerikaner oder der Asiaten behelfen konnte – so ist es jetzt auch wieder –, dann müssen wir ganz genau überlegen, was wir mit dem Geld, das wir jetzt noch haben, machen.

Ich bin der Auffassung, dass es wichtig ist, das Konjunkturpaket des Bundes und der Länder darauf zu konzentrieren, die schleichende, aber ebenso heftige Umweltkrise vorauszudenken und Vorbeugungs- bzw. Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen. Das ist wichtiger. Wir schlagen damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Wir verlängern nicht das Leben falscher Industrien und falscher Industrieprodukte, die in Zukunft sowieso keinen Absatz mehr finden werden, sondern wir steigen ein in das, was wir dringend brauchen: eine Kostensenkung für alle – öffentliche Hand, Firmen, Privatleute.

Herr Morlok hat heute eine sehr aufreizende Oppositionsrede gehalten. Aber von der FDP höre ich vieles zum Thema Wirtschaft und Konjunktur. Man sollte eine ordentliche Rede auch ordentlich abschließen: Ceterum censeo – wozu Schwarz-Gelb wählen, wenn dabei doch nur wieder das herauskommt, was gerade mit Getöse zusammenbricht?

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion, der NPD und vereinzelt bei der SPD – Zuruf von der NPD: Rot-Grün ist auch nicht besser!)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort; Herr Prof. Bolick, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war gestern Abend, nach der Plenarsitzung, auf dem Parlamentarischen Abend unserer sächsischen Wohnungswirtschaft. Leider trifft man dort von der Opposition niemanden. Diejenigen, die hier alles so viel besser wissen, gehen nicht dorthin, wo sie vielleicht einmal ein paar Informationen aus der Praxis gewinnen könnten. Anwesend waren Frau Weihnert und drei, vier oder fünf Kollegen aus meiner Fraktion.

Zum Ersten hätten Sie dort hören können, wie die sächsische Wohnungsbauförderung in den Himmel gelobt worden ist. Es wurde betont, dass wir in Sachsen viel erreicht haben – genau das, was wir wollen –, und als Beispiel hinzugefügt, dass man in Dresden einen Block gebaut hat, in dem man durch Wärmeisolationsmaßnahmen die Betriebskosten pro Quadratmeter auf unter einen Euro senken konnte.

(Zuruf des Abg. Karl-Friedrich Zais, Linksfraktion)

Auch in der Platte. Aber es ist nicht mehr so, wie es früher war. Diesen Trost kann ich Ihnen mitgeben.

Zum Zweiten brachte ein weiterer Redner zum Ausdruck, dass er auch in der gegenwärtigen Krise an die Selbstheilungskräfte der Marktwirtschaft glaubt. Man kann als

Opposition natürlich alles infrage stellen, was Praktiker sagen, aber dann bleibt man nicht sehr glaubwürdig.

Was Herr Scheel hier abgelassen hat, war sowieso unqualifiziert.

Als Mitglied des Finanzausschusses kann er nicht einmal rechnen. Dass China mit seiner Milliarde Einwohnern etwas mehr auflegen muss als Deutschland, ist doch wohl logisch. Wenn man einmal die Einwohnerzahl in Relation setzt, liegen wir in der Pro-Kopf-Produktion weit darüber.

Herr Morlok, von Ihnen bin ich schon ein wenig enttäuscht. Im September ist zum ersten Mal der Export bei Mercedes in die USA um 30 % eingebrochen, im letzten Monat möglicherweise noch mehr. Wenn das ein Managementfehler ist, dass man innerhalb von vier Wochen eine Automobilproduktion umstellt auf möglicherweise andere Modelle – die Frage können Sie sich selbst beantworten.

Ich möchte noch auf das Konjunkturprogramm der GRÜNEN als Antragstellerin für diese Debatte eingehen. Frau Hermenau, wie wollen Sie die Konjunktur mit 80 Millionen Euro in der Bildung ankurbeln, wenn Sie nur Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen anstellen? Ich bitte Sie wirklich, nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass wir hier in Sachsen mehr für Bildung ausgeben als alle anderen Bundesländer.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das stimmt gar nicht!)

Das stimmt hundertprozentig. Nehmen Sie unseren Haushalt her. Deshalb fällt auch niemandem an dieser Stelle etwas Gescheites ein.

Wie wollen Sie die Konjunktur ankurbeln, wenn Sie die Gruppengrößen in Kitas ändern? Das haben wir als CDUFraktion in den letzten Wochen ziemlich intensiv mit unseren kommunalen Gremien durchdekliniert.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Kollege Bolick, haben Sie am Mittwoch auch wie ich interessiert verfolgt, was der Sachverständigenrat zum Thema Konjunkturkrise gesagt hat, und ist Ihnen dabei zu Ohren gekommen – vielleicht haben Sie es auch gelesen –, dass Herr Hüther, der nun nicht gerade bei den GRÜNEN ist, sondern das Wirtschaftsinstitut in Köln führt, deutlich macht, dass er für eine der stärksten Investitionen in die Zukunft, die jetzt begonnen werden soll, hält, die frühkindliche Bildung besserzustellen? Er hat es zwar in seiner Wirtschaftssprache gesagt, als Investitionen in die Zukunft auch beschrieben; aber genau das ist der Punkt, wie man da in den nächsten zehn bis 15 Jahren weiterkommen möchte, und nicht nur morgen und übermorgen, und das kurzfristige Hineinstürzen wäre genau das Falsche: Hüther, Köln.

Frau Hermenau, da liegen wir doch auf einer Welle. Aber dafür müssen Sie doch nicht 79 Millionen für Sozialarbeiter ausgeben. Die Koalition hat ja gerade beschlossen, das Vorschuljahr kostenfrei zu machen, damit wir dort sicher sind, dass zumindest ein Jahr „vorgefertigt“ wird.

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der Linksfraktion)

Wie wollen Sie die Konjunktur ankurbeln, Frau Hermenau, wenn Sie unsere heimischen Energieträger, zum Beispiel die Braunkohle, verteufeln? Wie wollen Sie die Konjunktur ankurbeln? Ich weiß es nicht. Wie wollen Sie sie ankurbeln, wenn Sie nach wie vor nicht erkennen wollen, dass wir in Sachsen – möglicherweise in Dresden und in manchen anderen Ecken nicht – im ländlichen Raum noch jede Menge Probleme in unserer Straßenverkehrsinfrastruktur haben? Dort könnten wir noch Geld verbauen. Ich hoffe, dass uns auch von der Bundesregierung einiges zur Verfügung steht.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Der Schiene gehört die Zukunft!)

Um die Zukunftsfähigkeit des Freistaates noch ganz zu gefährden, denke ich, dass Sie an die geheime Sparbüchse wollen. Die muss ja irgendwo stehen, vielleicht in der CDU-Fraktion. Gerade Sie als Haushälterin wissen doch, dass genau das unsere Stärke ist, dass wir uns in den vergangenen Jahren Polster aufgebaut und bestimmte Dinge geleistet haben, damit wir Krisen überstehen. Aber die Sparbüchse jetzt gleich einmal zu schlachten, um irgendwelche sinnlosen Programme aufzulegen, das werden wir nicht machen.

(Lachen bei der Linksfraktion)

Ich glaube, wir können uns in 14 Tagen, wenn wir in der Haushaltsklausur zusammensitzen, über den Alternativhaushalt der Linksfraktion, den Herr Scheel sicher intensiv befördern wird, richtig totlachen. Dort werden wir eine ganze Menge solcher Blasen wiederfinden.

In vier Wochen haben wir unseren Doppelhaushalt hier im Hohen Hause zu diskutieren. Ich bin der Meinung und ich stehe auch dazu, da werden wieder Weichen gestellt. Unser sächsischer Haushalt ist schon, seit die CDU hier an der Regierung ist, ein Konjunkturprogramm für Sachsen, und das wird auch weiterhin so bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Herr Zais, bitte.