Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei den Finanzministern des Bundes und der Länder fallen mittlerweile alle Hemmungen. Nicht nur, dass in den kommenden Jahren mehr als eine halbe Billion Euro in den Finanzsektor gepumpt werden sollen.
Zusätzlich bastelt die Bundesregierung momentan auch noch an einem zusätzlichen sogenannten Konjunkturprogramm. Dumm nur, dass man dieses Geld nach den Ausgabenexzessen der letzten Wochen eigentlich gar nicht mehr zur Verfügung hat. Deshalb ist nur eines am neuen Konjunkturprogramm jetzt schon sicher: Egal, ob es wirken wird oder nicht, am Ende wird es an den Steuerzahlern und künftigen Generationen hängen bleiben, denen man eine höhere Verschuldung hinterlässt.
Fakt ist, viele Wirtschaftswissenschaftler bezweifeln derzeit, ob sich die Wirtschaft ohne ein Konjunkturprogramm wieder aus ihrer Depression erheben wird. Es ist schließlich nicht so, dass die Banken derzeit nur von USSchrottanleihen belastet werden. Sie haben sich zusätzlich im Niedrigzinsland Japan verschuldet, dessen Währung momentan in rasender Schnelligkeit aufwertet, was die Schuldner in arge Bedrängnis bringt.
Auch die Verschuldungspyramiden in Island und anderen Staaten, die kurz vor dem Staatsbankrott stehen, stürzen zusammen und neben den amerikanischen brechen die überhitzten Immobilienmärkte Großbritanniens, Spaniens und Irlands ein. Darüber hinaus ziehen die Investoren ihre Einlagen aus Südosteuropa – insbesondere zum Beispiel aus Rumänien oder Ungarn – ab um ihre Liquiditätssituation zu verbessern. Damit brechen auch dort die Kreditpyramiden zusammen und die Wirtschaft ein – und mit ihnen der deutsche Export, der bei uns noch die Beschäftigung einigermaßen hochhält.
Kein Zweifel, meine Damen und Herren, es rauscht ein konjunktureller Tsunami auf Deutschland und auf die Deutschen zu. Konjunkturprogramme sind in einer solchen Situation die Sandsäcke, die vor der Flut schützen sollen. In Deutschland will die Kanzlerin Merkel für ihren 16-Punkte-Plan das Wort Konjunkturprogramm erst gar nicht in den Mund nehmen. Aber wahrscheinlich liegt man auch inhaltlich richtig, wenn man den im Bundeskabinett schon beschlossenen 16-Punkte-Plan nicht als Konjunkturprogramm bezeichnet. Es handelt sich nämlich nicht um ein klassisches Ausgabenprogramm, das den drohenden Absturz in der Wirtschaftskrise abfedern könnte, sondern um ein hastig zusammengestelltes Maßnahmenbündel, das zu kleinteilig, unstrukturiert, unübersichtlich und bei Weitem zu klein ist, um nennenswerte Impulse für die Konjunktur zu setzen. Einzelne Punkte dieses vermeintlichen Wachstumsprogramms werden wahrscheinlich zu Fehlsteuerungen führen.
So hat der Automobilexperte Herr Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen vor Kurzem darauf hingewiesen, dass sich kaum jemand – ich denke, es wird keiner tun – einen Neuwagen anschaffen wird, nur weil er für ein oder zwei Jahre von der Kfz-Steuer befreit werden würde. Die Regelung der Bundesregierung – so Herr Dudenhöffer – provoziere Mitnahmeeffekte, die den Steuerzahler viel Geld kosten. Aber diese werden verpuffen.
Meine Damen und Herren! Was soll die befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für Unternehmen bewirken, wenn die Regierung in letzter Minute den Abschreibungssatz von 30 auf 25 % kürzt? Zu diesem 16-Punkte-Plan möchte ich in einem Satz sagen: Es handelt sich um eine Reihe von halbherzigen Einzelmaßnahmen, um ein undurchdachtes Kleinklein, das nicht dazu beitragen wird, mehr Zuversicht zu schaffen.
Es ist im Grunde völlig unverantwortlich, dass für ein solches untaugliches Maßnahmenpaket alle Haushaltsziele über Bord geworfen werden. Dabei hat Deutschland einen riesigen Nachholbedarf auf dem Gebiet der öffentlichen Investitionen. Ein Konjunkturprogramm, das seinen Namen wirklich verdient, hätte es möglich gemacht, dass die an vielen Stellen veraltete Infrastruktur endlich zügiger erneuert und auch unter ökologischen Gesichtspunkten hätte ausgebaut werden können.
Es gäbe viel zu tun. Ich nenne nur kurz die Bereiche: Brücken, Schienennetze, ICE-Trassen, Straßen- und Flächensanierungen, Kanalisierungen, den Ausbau erneuerbarer Energien und natürlich auch den Konsum. Ein wirklich durchdachtes Konjunkturprogramm hätte auch die Möglichkeit geboten, deutlich mehr Geld in jene für Deutschland existenziellen Zukunftsbereiche zu stecken, die seit Jahren über chronische Geldknappheit klagen. Das sind Schulen, Universitäten, Kindergärten, Bildungsstätten und Forschungsinstitute sowie Alten- und Pflegeheime.
Diese Chance wurde mit dem 16-Punkte-Plan der Bundesregierung vertan. Stattdessen – und das ist der eigentliche Skandal – wird dieser Flickenteppich, was seine Kosten betrifft, zum Teil auf die Länder abgewälzt werden. Schaut man sich einmal die Kostenseite an, dann wird klar, dass das Paket die Haushalte von Bund und Ländern in den Jahren 2009 bis 2012 mit insgesamt 23 Milliarden Euro belastet. Dabei entfallen jedoch auf den Bund nur 11 Milliarden Euro. Den Rest sollen die Länder schultern.
Meine Damen und Herren! Diese Kostenaufteilung ist absurd. Konjunkturpolitik war und ist wesentliche Aufgabe des Bundes. Er muss deshalb auch die Kosten dafür tragen. Inzwischen zeigt sich, dass das Vorgehen der Bundesregierung beim Finanzmarktstabilisierungsfonds offensichtlich eine verhängnisvoller Präzedenzfall war, der zur unguten Normalität frei nach dem Motto werden soll: Berlin entscheidet, aber die Länder dürfen bezahlen, haben dies hinzunehmen und den Mund zu halten.
Wir als NPD-Fraktion fordern deshalb die Staatsregierung auf, mit aller Konsequenz dagegenzuhalten. Der 16
Punkte-Plan der Bundesregierung ist in seinen wesentlichen Teilen im Bundesrat zustimmungspflichtig. Sachsen sollte sich hüten, diesem handwerklich schlecht gemachten sogenannten Konjunkturpaket, das wenig mehr als eine teure Handlungsillusion ist, seine Zustimmung zu erteilen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Herbstprognose der Wirtschaftsweisen lässt trübe Aussichten für die deutsche Wirtschaft erwarten. Vielerorts erschallen Rufe nach einem Konjunkturprogramm. Die Bundesregierung ist auch gleich der Versuchung erlegen, in Vorwahlkampfzeiten Wahlgeschenke zu verteilen.
Das Ziel der Bundesregierung ist es – es hört sich gewaltig an –, die deutsche Wirtschaft vor dem Abrutschen in eine Rezession zu bewahren. Dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben auch die Konjunkturprogramme in den Siebzigerjahren im alten Teil der Bundesrepublik gezeigt, was dabei herauskommt: außer neuen Schulden gar nichts.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss man ganz klar sagen: Es ist eine Mär, mit einem ausgabenorientierten Konjunkturprogramm könne man in konsumorientierter Art und Weise die Wirtschaft dauerhaft voranbringen. Deswegen wird auch dieses Programm scheitern.
Schaut man sich die Einzelmaßnahmen genauer an, bleibt von einem Konjunkturprogramm nicht mehr viel übrig. Die 32 Milliarden Euro in diesem Programm sollen Effekte von 50 Milliarden Euro initiieren – also 1,56 Euro Hebeleffekt. Das ist doch sehr hoch gegriffen, also äußerst fragwürdig. Bei 20 der vorgesehenen 32 Milliarden Euro handelt es sich um Transferleistungen, die die Regierung bereits im Oktober beschlossen hat. Das ist nichts Neues. Es handelt sich um Dinge wie: Kindergeld, Kinderfreibetrag, geringere Arbeitslosenversicherung.
War die Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung nicht dafür gedacht, die höheren Kosten der Krankenversicherung durch den Gesundheitsfonds aufzufangen? War nicht das und nicht etwa irgendein Konjunkturprogramm der Grund für die Abgabensenkung?
Somit wendet die Bundesregierung unter dem Strich gerade einmal 12 Milliarden Euro auf, um die drohende Rezession zu verhindern. Zur Erinnerung: Das BIP lag im vergangenen Jahr in Deutschland bei 2,4 Billionen Euro. Die 12 Milliarden Euro, verteilt auf die beiden Jahre, entsprechen gerade einmal 0,5 % des BIP. 0,5 % – das
macht ungefähr so viel aus, als wenn ein Feiertag einmal auf ein Wochenende fällt und deswegen nicht zusätzlich arbeitsfrei ist. Genau dieser Effekt entsteht durch dieses sogenannte Konjunkturprogramm. Das ist doch wirklich gar nichts!
Es ist ein Sammelsurium; das ist schon oft gesagt worden. Wir haben ein Paket von zusammengetragenen Wahlgeschenken vor uns: hier ein Investitionsanreiz durch Abschreibungen, dort Steuervergünstigungen für Autoindustrie und Handwerk, hier subventionierte Kredite für ökologisch korrekte Gebäudesanierungen, dort verlängerte Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld – eben für jedes Machtgrüppchen in der CDU-/SPD-Koalition etwas. So wird hier in Deutschland Politik gemacht. Reine Wahlkampfpolitik!
Lassen Sie mich auf das Thema „Steuerbefreiung für neue Kraftfahrzeuge“ etwas näher eingehen. Diese Maßnahme soll ja einen ökologischen Effekt haben. Wenn der Kauf eines spritsparenden Smart mit 40 Euro belohnt wird, aber der Kauf eines Geländewagens Q 7 mit 1 800 Euro, dann bleibt von einem ökologischen Effekt nicht mehr viel übrig.
Glauben Sie – es ist schon angesprochen worden –, dass ein Steueranreiz von 100 oder 200 Euro, also von maximal 1 %, bezogen auf einen Neuwagenpreis von 10 000 oder 20 000 Euro, dazu führt, dass sich Bürgerinnen und Bürger, die es vorher nicht konnten, nun plötzlich einen neuen Wagen leisten können? Ich glaube das nicht.
Wir sind zudem in der Situation, dass viele Unternehmen der Kfz-Branche gar nicht unter Auftragseinbrüchen leiden. Ich habe in dieser Woche ein neues Fahrzeug bestellt, mich umgehört und festgestellt, dass es durchaus noch Lieferzeiten von drei Monaten gibt. Von wegen Auftragseinbruch! Überhaupt nicht.
Hier handelt es sich doch ganz klar nicht um Opfer der Finanzkrise, sondern um Managementfehler in der Automobilindustrie.
Ich sehe überhaupt nicht ein, Herr Prof. Bolick, dass wir mit staatlichem Geld diese Managementfehler ausgleichen sollen. Die kleinen Mittelständler haben nämlich niemanden, der ihnen hilft.
Letztendlich ist das ein fataler Anreiz: Man muss nur groß genug sein, dann hilft der Staat, und der Mittelständler ist der Dumme. So kann man Wirtschaftspolitik in Deutschland nicht machen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Kollege Bolick, Sie haben es noch einmal schwarz auf weiß bekommen: Lehnen Sie diese Kfz-Steuer-Aussetzung ab! Ich würde dieses Modell als Land nicht unterstützen und nicht auf die Einnahmen aus der Kfz-Steuer verzichten. Ich bin der Meinung: Die Autohändler erreichen viel mehr, wenn sie 20 % Rabatt auf den Preis eines Neuwagens einräumen.
Die Aussetzung der Kfz-Steuer schlägt sich in den persönlichen Finanzen mit 40, 80 oder 120, vielleicht noch mit 200 Euro nieder. Das ist ein Fliegenschiss im Vergleich zu dem, was mit der Gewährung von Rabatten erreicht werden kann. Überlassen Sie es dem Markt, diese Produkte an den Mann zu bringen!
Herr Scheel, ob man von der KP Chinas lernen kann, wie man in Sachsen siegt, wird sich noch erweisen. Die Töne, die Sie in Richtung Kaufkraftstärkung angeschlagen haben, klangen sehr nach „auf Pump“. Dagegen bin ich genauso wie gegen falsche Wachstumsmaßnahmen, die nur Strohfeuer sind. Man kann nicht die Zukunft verantwortungslos verfrühstücken, das geht nicht. Gerade in der Krise muss man Disziplin und vorausschauendes Denken zeigen und darf nicht allzu eilfertig alles Mögliche machen.
(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und des Abg. Gunther Hatzsch, SPD – Dr. Monika Runge, Linksfraktion, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)