Protocol of the Session on November 14, 2008

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Krauß, wirklich gut gebrüllt! Es überrascht eigentlich gar nicht. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Selbst wenn die Krankenhäuser in den letzten Jahren im Freistaat Sachsen neu entstanden sind, besteht deshalb ein hoher Sanierungs- und Modernisierungsbedarf. Das müssten Sie wissen, denn die Entwicklung geht ja weiter.

Es ist auch nicht sehr hilfreich, wenn Sie meinen, mit Dingen für die Zukunft immer auf die DDR zu reflektieren. Auch im Westen gab es Krankenzimmer mit mehr als zwei Betten. Die gibt es übrigens heute noch. Tun Sie bloß nicht so, als seien die Leute hier nur von vorgestern gewesen! Das ist einfach nicht wahr.

(Beifall bei der Linksfraktion und der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Auch die Frau Staatsministerin wird Ihnen bestätigen können, dass die medizinische Versorgung auch unter schwierigen Bedingungen auf hohem Niveau und sachgerecht erfolgt ist. Das sollten Sie bitte nicht vergessen.

(Alexander Krauß, CDU: War die besser oder schlechter als heute?)

Ich spreche nicht davon, ob es besser oder schlechter war.

(Alexander Krauß, CDU: Wäre aber interessant!)

Aktuell geht es um die Patienten, die heute hier leben, und dafür haben wir alle einen qualifizierten Beitrag zu leisten. Deshalb ist die Debatte aktueller denn je. Meine Damen und Herren, glauben Sie nicht, dass die Finanzierungssysteme in den Krankenhäusern und die Finanzströme, wie wir sie bisher hatten, tatsächlich sicher sind. Schauen Sie allein in den Bereich Investitionen der Krankenhäuser! Auch im Gesetzentwurf, der heute schon oft zitiert wurde, steht bei den Mitteln, die der Bund beibringen will, eine Null. Da hören wir doch eine Nachtigall trapsen, meine Damen und Herren! Die Aufforderung geht an Sie, verehrte Frau Staatsministerin, sich hier einzubringen.

Der Antrag will nichts weiter, als dass die Staatsregierung nichts, aber auch gar nichts unterlässt, dass die Finanzierung der Krankenhäuser und der Systeme beibehalten und weiterentwickelt wird. Über die personelle Ausstattung, die Tarifsysteme und den Modernisierungs- und Sanierungsbedarf wurde gesprochen.

Herr Krauß, ich möchte Ihnen eine ganz aktuelle Geschichte aus dem Leben über unser modernes System

erzählen. Die Arbeit ist schon gut, die will ich gar nicht schlechtreden. Kürzlich war jemand bei mir in der Sprechstunde in Glauchau. Folgender Fall ist passiert: Ein Dialyse-Patient hat die Aufforderung zur Organtransplantation erhalten. Deswegen sollte er in die Uniklinik nach Leipzig kommen. Unser System ist ja hervorragend. Rettungshubschrauber und dergleichen mehr sollten sofort bereitgestellt werden. Der Vater hat gesagt: Nein, das machen wir nicht; wir kommen schnell mit dem Auto dorthin. Das ist wesentlich kostengünstiger. Es gibt also auch verantwortungsbewusste Versicherte. Schließlich kommen sie im Klinikum Leipzig an. Es ist nur ein Operationssaal in Betrieb, weil nicht mehr Personal zur Verfügung steht. Zunächst ist eine PankreasTransplantation erforderlich gewesen, die eine Weile andauerte. Die Versicherte, die die ganze Zeit auf das Organ gewartet hat – man ist dabei auch aufgeregt –, war irgendwann – geraume Zeit war vergangen – dran und muss dann erfahren, dass sie nicht transplantiert werden kann, weil das Organ mittlerweile nicht mehr gebrauchsfähig ist. Das hat etwas mit der Personalsituation in unseren Krankenhäusern zu tun, meine Damen und Herren!

Hier müssen wir etwas fordern und dranbleiben. Auch das ist Sorge am Menschen und an unseren Patienten. Da können Sie nicht einfach hergehen und sagen, es sei alles in bester Butter! So geht es eben nicht, meine Damen und Herren!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Wird weiter von den Fraktionen das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Frau Staatsministerin, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Das Bundesgesundheitsministerium hat seine Absicht vorläufig aufgegeben, das seit Jahrzehnten bewährte System der dualen Krankenhausfinanzierung durch ein monistisches Finanzierungsmodell zu ersetzen. Wir haben es jetzt mehrfach gehört.

Der Entwurf der Bundesregierung zum Krankenhausfinanzierungsreformgesetz – er lag vor einer Woche dem Bundesrat zur Stellungnahme vor – sieht diesen Systemwechsel nicht mehr vor. Das ist zweifellos ein großer Erfolg der Länder. Sie haben sich bis zuletzt geschlossen gegen die Pläne der Bundesgesundheitsministerin zur Wehr gesetzt.

(Beifall des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Die in einigen Bundesländern erkennbaren Sympathien für eine monistische Finanzierung waren von der wenig realistischen Vorstellung motiviert, eine Umstellung auf die Monistik könne die Landeshaushalte entlasten. Spätestens seit der Veröffentlichung des vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebenen Gutachtens von Prof. Rürup im Frühjahr dieses Jahres ist klar, dass die

Länder durch die Einführung der Monistik nicht entlastet werden sollten. Ganz im Gegenteil: Das Gutachten sah vor, dass die Länder über den Umsatzsteuerfestbetrag 5 Milliarden Euro an den Bund abgeben sollten, um damit den Gesundheitsfonds aufzustocken.

Dies hätte allein für den Haushalt des Freistaates Sachsen einen Einnahmenausfall in Höhe von jährlich 250 Millionen Euro bedeutet. Mit anderen Worten: Der Freistaat Sachsen wäre im Rahmen seines Sicherstellungsauftrages weiterhin für eine flächendeckende Krankenhausversorgung verantwortlich geblieben, allerdings ohne über die dafür notwendigen finanziellen Ressourcen zu verfügen.

Kritische Stimmen aus dem Bundesministerium und den Krankenkassenverbänden werfen den Ländern vor, ihren Sicherstellungsauftrag in den letzten Jahren stark vernachlässigt zu haben. Dies ist so nicht richtig. Wir haben das auch jetzt über die Fraktionen hinweg von allen hören können. Vielmehr ist zu konstatieren, dass die Höhe der Fördermittel an die Anzahl der Betten in den Krankenhäusern angepasst wurde. Diese Zahl ist gesunken.

Somit gibt es auch für den Rückgang der Investitionsförderung eine plausible Erklärung. Wer heute in ein sächsisches Krankenhaus muss oder es besucht, kann sich kaum vorstellen, in welch schlechtem Zustand die Kliniken nach der Wiedervereinigung waren – auch das wurde hier angesprochen – aber wohl wissend, Herr Kollege Wehner, dass sehr wohl auch dort Menschen arbeiten und Menschen auch Fehler machen. Das sind dann die Dinge, denen wir konkret im Einzelfall nachgehen müssen und dabei auch die Belastungen vor Augen haben. Aber dieser Fall, den Sie geschildert haben, ist nicht nachvollziehbar.

Seit 1991 haben der Bund mit über einer Milliarde Euro und die Krankenkassen mit 600 Millionen Euro zur Verbesserung der stationären Versorgung beigetragen. Den größten Beitrag aber hat bis heute mit über 2,9 Milliarden Euro der Freistaat Sachsen geleistet. Mit diesem in der Geschichte beispiellosen Aufwand von 4,6 Milliarden Euro ist es gelungen, das Niveau der Krankenhausversorgung sukzessive an das der alten Bundesländer anzupassen. Zum Teil – auch das wurde bereits angesprochen – liegt es sogar darüber. Es versteht sich von selbst, dass sich dieser finanzielle Kraftakt nicht beliebig wiederholen lässt.

Letztendlich dient die Kritik an der angeblich unzureichenden Investitionsförderung auch als Vorwand, von anderen Defiziten abzulenken; denn was die Krankenhäuser aktuell mehr belastet, sind die auf der einen Seite unabwendbaren Preissteigerungen, Steuererhöhungen und Tarifabschlüsse, auf der anderen Seite aber auch die fiskalisch motivierten Einnahmenkürzungen durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz.

Um Ihre Frage zu beantworten, Frau Abg. Lauterbach: Ich kann Ihnen hier, grob geschätzt, ein Gesamtvolumen von circa 200 bis 300 Millionen Euro für den Freistaat Sachsen nennen. Es haben jetzt die Länder in dem aktuellen Gesetzentwurf zahlreiche finanzielle Verbesserungen für die Krankenhäuser durchgesetzt, zum Beispiel die Betei

ligung der Krankenkassen an der Refinanzierung der Tariflohnsteigerung 2008/2009, um nur einige zu nennen. Die vorgesehene Entlastung der Krankenhäuser um 3,2 Milliarden Euro betrachten wir, auch wenn sich die Krankenhäuser eine noch stärkere Entlastung gewünscht hätten, als angemessenen Interessenausgleich.

Die zuletzt immer wieder in der Presse zu lesenden Meldungen, ein Drittel der Krankenhäuser sei von Insolvenz bedroht, treffen für Sachsen nicht zu. Wir haben hier moderne, leistungsstarke und zugleich nachhaltige Strukturen geschaffen. Die Staatsregierung wird dafür Sorge tragen, diesen hohen Standard zu erhalten und gegebenenfalls den sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Ich möchte an dieser Stelle all denjenigen danken, die in diesen Kliniken ihren Dienst tun.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das Schlusswort, bitte; Frau Abg. Lauterbach.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Ich denke, alle Fraktionen haben die Debatte sehr ernst genommen, nur die CDU nicht so wörtlich. Das ist schon schade, denn schließlich geht es hier um die Versorgung unserer Patienten in Sachsen. Wir hoffen weiterhin auf ein gutes Gesetz aus Berlin.

Aber auch wir auf Landesebene sollten den Prozess im Interesse unserer Patienten weiterhin kritisch begleiten, denn auf der Gesundheitsministerkonferenz haben die Gesundheitsminister gleich klargestellt, dass sie keine

Garantie für die ohnehin viel zu geringen Investitionsmittel geben wollen. Das sollte für Sachsen nicht gelten.

Wir müssen aus der Politik das Signal setzen, für die Krankenhäuser umzudenken, denn sonst werden die Krankenhäuser den Finanzdruck nicht unbeschadet überstehen. Deshalb, werte Abgeordnete, sollten Sie unserem Antrag zustimmen oder bei der Haushaltsplanung sehr sensibel reagieren. Wenn nicht, kann ich Ihnen nur wünschen, gesund zu bleiben.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Der Antrag der Linksfraktion ist eingebracht. Möchte sich zu diesem Änderungsantrag noch jemand äußern? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich jetzt abstimmen über den Änderungsantrag, Drucksache 4/13815. Wer möchte dem zustimmen? - Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich lasse jetzt über den Ursprungsantrag abstimmen in der Drucksache 4/9451. Wer möchte dem zustimmen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier wieder gleiches Abstimmungsverhalten. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

Stärkung des Artenschutzes charakteristischer Vogelarten der offenen Feldflur

Drucksache 4/13679, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Biotopschutzvorhaben für Weißstorch, Kiebitz, Braunkehlchen, Rebhuhn und Feldlerche in der sächsischen Agrarlandschaft umsetzen

Drucksache 4/13706, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Es beginnen die einreichenden Fraktionen CDU, SPD, GRÜNE, danach Linksfraktion, NPD, FDP und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Die CDU beginnt; Herr Dr. Rößler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In Sachsen ist die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten gefährdet. Daran hat sich seit Anfang der Neunzigerjahre nichts geändert, obwohl sich die Umweltsituation deutlich verbessert hat. Die Verunreinigung von Luft und Wasser ist entscheidend zurückgegangen. Durch verstärktes staatliches und privates Engagement für Naturschutz, Landschaftspflege und beginnenden Waldumbau wurden mit enormen finanziellen Mitteln positive Entwicklungen angestoßen.

Nach Aussagen der Naturschützer müsste die Klimaveränderung außerdem die Neuansiedlung und Bestandsentwicklung von Arten eigentlich begünstigen. Als prominentes Beispiel werden dazu immer wieder Eisvogel und Bienenfresser genannt. Es muss nach Gründen gefragt werden, meine Damen und Herren, warum die Anzahl der gefährdeten Arten dennoch gestiegen ist.

Besonders gefährdet sind Flora und Fauna des Offenlandes, der sogenannten freien Feldflur. Es handelt sich dabei um eine Kulturlandschaft, die der Mensch im frühen Mittelalter durch Rodung selbst schuf und die sich gegenüber den von Tacitus beschriebenen germanischen Urwäldern durch eine einzigartige Artenvielfalt auszeichnet. Dort ist auch nach 1990 keine Stabilisierung eingetreten.

Besonders bei der Brutvogelfauna hat sich seit den Achtzigerjahren der negative Trend nach einer vorübergehenden Stabilisierung in der Mitte der Neunzigerjahre fortgesetzt. Im Offenland herrschen wieder dieselben ungünstigsten Verhältnisse wie in den Achtzigerjahren. Besonders deutlich lässt sich dies an Arten wie Feldlerche, Rebhuhn, Kiebitz und Weißstorch demonstrieren, die charakteristisch für die vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft sind. Sie sind Teil unserer Kultur und fanden Eingang in Dichtung, Volkslied und Sprachgebrauch. Sie sind den Menschen seit Jahrhunderten lieb und teuer. Deshalb eignen sie sich auch besonders dafür, Öffentlichkeit und Politik für die Belange des Natur- und Artenschutzes zu gewinnen.

Der Schutz ihrer Lebensräume hilft auch weniger bekannten Leidensgenossen. Die GRÜNEN haben in ihrem Antrag beispielhaft das Braunkehlchen genannt. Es ist dieses Mal die Lerche und nicht die Nachtigall, deren Bestände sich seit 1990 halbiert haben.

Längst vergangen sind Zeiten, in denen allein auf dem Leipziger Markt eine halbe Million, Kollege Weichert, des damals ungemein häufigen Vogels angeboten wurden. Der Gestiefelte Kater hätte heutzutage große Probleme, für seinen Herrn, den Grafen, Rebhühner für die königliche Tafel zu beschaffen. Die Bestände haben sich seit 1990 um 90 % reduziert. Mit den Bestandszahlen des 17. Jahrhunderts – möglicherweise dem Lebenszeitraum des Gestiefelten Katers – wagt niemand mehr einen Vergleich. Manche sagen, dass die heutige Population noch ein Prozent der damaligen betrüge. Kiebitzeier galten nach dem Reichskanzler Otto von Bismarck als Delikatesse und wurden zu Tausenden gesammelt, ohne dass dies die Bestände und die intakten Lebensräume ernsthaft gefährdet hätte.

(Beifall des Abg. Christian Steinbach, CDU)