Hinzu kommt, dass die Kunden bei der Begründung für die jüngste Preiserhöhung auch noch verschaukelt wurden. Der Beschluss wurde vom Vorstand mit den enorm angewachsenen Energiekosten begründet, doch die Entwicklung hat sich inzwischen umgekehrt. Statt mehr müssten die Fahrgäste eigentlich weniger bezahlen, zumal die Bahn in den ersten neun Monaten des Jahres mehr als 2 Milliarden Euro Gewinn machte.
Doch der für die Bahn zuständige Bundesminister will von alledem nichts mitbekommen haben. Angeblich hat Herr Tiefensee erst Mitte September durch seinen Staatssekretär davon erfahren, obwohl selbst im offiziellen Prospekt der DB AG für den Börsengang die Bonuszahlungen ausgewiesen waren. Wegen der vermeintlichen Informationspanne entließ Herr Tiefensee seinen Staatssekretär von Randow. Er hat damit in drei Jahren sage und schreibe sechs Staatssekretäre verschlissen.
Herr Kollege Jurk, es ist allerhöchste Zeit, dass nun endlich auch der Minister in Berlin die Konsequenzen selbst zieht und von seinem Amt zurücktritt; denn er hat auch den Osten nicht wirklich vorangebracht.
Die Absage des Börsenganges der Bahn durch Finanzminister Steinbrück hat Tiefensee vorerst noch einmal gerettet. Doch er versuchte erneut, die Bürger zu täuschen, indem er den Eindruck erweckte, die Bonuszahlungen für den Börsengang seien nunmehr vom Tisch. Der entsprechende Beschluss, meine Damen und Herren – damit komme ich zum Schluss –, ist nach wie vor in Kraft, und aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben. Das ist die entscheidende Frage.
Ich bin sehr gespannt, Herr Minister Jurk, wie Sie das Agieren Ihres Parteifreundes Tiefensee heute hier rechtfertigen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Jahre wieder – wir haben bald Weihnachten – beschert uns die Linksfraktion in diesem Hohen Haus das zweifelhafte Vergnügen einer Bahndebatte.
Ja, ihr auch. – So geschehen zur Sitzung des Sächsischen Landtages im Juli 2006 und im September 2007.
Ja, es geht immer mehr auf Weihnachten zu – Juli, September, November. – Nun ist der Anlass heute ein anderer und da möchte ich weniger auf Ihre Anmerkung zur Struktur der Bahn, zu Ihren Verstaatlichungsparolen usw. als vielmehr zur Situation auf der Bundesebene sprechen.
Offensichtlich sind die Meldungen der letzten Tage und Wochen, welche das Thema dieser Debatte ergeben, wohl darauf zurückzuführen, dass der Bundesverkehrsminister seinen Laden nicht im Griff hat. Darin sind wir uns sicherlich einig.
Im Hinblick auf die Begehrlichkeiten zu Preiserhöhungen der Deutschen Bahn trotzt Herr Tiefensee im Oktober 2006 noch kampfesmutig und führt aus: „Ich erwarte, dass die Bahn die mittlerweile dritte Preisanhebung besser und ausführlicher begründet. Die Kunden haben Anspruch darauf, die genauen Gründe für die Preiserhöhung zu erfahren. Erst dann kann sich die Öffentlichkeit eine Meinung zur Notwendigkeit und Angemessenheit der Preissteigerung bilden. Die Bahn muss alles tun, um einen Zusammenhang zwischen Teilprivatisierung und zusätzlicher Belastung der Kunden zu widerlegen.“ Das waren die Aussagen von Herrn Tiefensee am 11. Oktober 2006.
Nun wieder ein ähnliches Spiel. Am 19. August dieses Jahres verteidigte Herr Tiefensee die angekündigte Preiserhöhung der Bahn zum Dezember dieses Jahres trotz gestiegener Umsätze und Gewinne im 1. Halbjahr 2008. Auch einen Zusammenhang zwischen Preissteigerung und Börsengang wollte der Verkehrsminister nicht erkennen. Noch am 1. September – trotz massiver öffentlicher Kritik
an den Preiserhöhungen, die unter anderem einen Bedienzuschlag von 2,50 Euro beinhalteten –, ließ Herr Tiefensee über seine Sprecherin ausrichten, dass es sich bei den Erhöhungen um unternehmerische Entscheidungen handle – Zitat: „Da bestehen keine Pläne, Druck auf die Bahn auszuüben.“
Ganze zehn Tage später kritisiert Herr Tiefensee gemeinsam mit der Gewerkschaft Transnet die Preispolitik der Deutschen Bahn und den geplanten Bedienzuschlag. Er machte sogar deutlich, dass er gleich mehrfach im Gespräch mit Herrn Mehdorn versucht habe, den Bedienzuschlag zu kippen.
Meine Damen und Herren! Wie viel Gehalt welche Aussage haben mag, möchte ich Ihrer persönlichen Einschätzung überlassen. Für mich geben allein diese wenigen Auszüge aus dem Agieren des Bundesverkehrsministers ein Zeugnis für fehlende Kompetenz und nicht vorhandene politische Weitsicht.
Beim Thema Bahnprivatisierung sieht die Bilanz nicht wesentlich anders aus. Während Herr Tiefensee den Koalitionspartner CDU am 30. Oktober 2007 noch ausdrücklich warnte, die Teilprivatisierung nicht infrage zu stellen und den Börsengang als integriertes Modell, also inklusive des Netzes, mitzutragen, machte er wenige Wochen später eine Rolle rückwärts und lobte den Verbleib des politischen Einflusses auf das Netz der Bahn. Dieser Einfluss blieb allerdings nur durch die vehemente Kritik der CDU erhalten. So ist das.
Während Herr Tiefensee am 30.05.2008 noch jubelnd die Entscheidung des Deutschen Bundestages zur Teilprivatisierung als seinen persönlichen Erfolg wertet, erklärt er der „Süddeutschen Zeitung“ am 06.11., also ein knappes halbes Jahr später, dass der Börsengang aufgrund der Finanzkrise abgesagt und darauf das Thema der Bonuszahlung für den Bahnvorstand vom Tisch sei. Zitat: „Das betrachte ich als meinen Erfolg.“ Also, hin Erfolg, zurück Erfolg – so Herr Tiefensee.
Viele der für unseren Freistaat wichtigen Infrastrukturprojekte, insbesondere im Bereich der Bahn, ruhen beim Bundesverkehrsminister im tiefen See bei Herrn Tiefensee. Zumindest das ist glaubwürdig. Doch dazu in der zweiten Runde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Auch wenn mein Fraktionskollege Herr Bolick jetzt zum Dichter avisiert ist,
möchte ich mich doch einmal auf das Thema beziehen, denn das Thema der Debatte heißt ja „Höhere Preise, weniger Service“ – Boni einmal außen vorgelassen – „das Zukunftskonzept der Deutschen Bahn“. Das ist ähnlich dem Titel der Debatte vom 12. September, die die GRÜNEN hier beantragt hatten, jetzt noch einmal neu mit einer Ergänzung. Wir haben heute nochmals von den Linken das gleiche Thema, aber nun mit einem Bezug auf Sachsen, denn es steht ja: „Perspektiven für die Bahn in Sachsen“. Davon habe ich überhaupt nichts vernommen. Wie Bundesminister Tiefensee und der Bezug auf Sachsen hier vereinbar sind, ist mir nicht ganz klar.
Ich frage mich, was das heute soll. Aber wir haben die Debatte ja noch am Laufen, und Sie werden bestimmt noch ins Detail gehen. Da hoffe ich, dass mir die Linksfraktion noch einmal ausführlich erläutert, welche Auswirkungen und Perspektiven sie für Sachsen erwartet und welche Entscheidungskompetenzen wir hier auf sächsischer Ebene haben werden. Das habe ich bis jetzt nicht vernommen. Ich hoffe, dass wir noch dazu kommen.
Zu den beiden anderen Themenbereichen wie höhere Preise – dabei geht es um die Preiserhöhung um durchschnittlich 3,9 % und weniger Service, zum Beispiel durch den Bedienzuschlag – haben wir ausführlich in der vergangenen Aktuellen Debatte Stellung genommen. Sinnvoller wäre es für mich gewesen, heute danach zu fragen, welche finanziellen Vergünstigungen die Bahn aufgrund des ICE-Desasters für ihre Kunden bereithält. Das wurde nur kurz am Rande gestreift. Das fragen Sie nämlich nicht, aber das wären für mich heute aktuelle Fragen, die wir hier einmal stellen können.
Was bleibt, ist die Frage der Boni-Zahlungen. Was können wir hier beeinflussen? Ich denke, zu diesem Thema ist alles gesagt, scheinbar aber noch nicht von der Linksfraktion. Die SPD-Position ist dabei klar. Wir unterstützen die Haltung von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee, der sagte, Bonus-Zahlungen für hoch bezahlte Manager eines Konzerns im Bundesbesitz sind nicht in Ordnung, das gehöre zu ihren Aufgaben und dürfe nicht extra vergütet werden. Genauso sehen wir das auch, und wir lehnen daher die Bonus-Zahlungen kategorisch ab. Es gibt aber bestehende Verträge, das wissen wir ja alle.
Lassen Sie mich kurz auf die Entwicklung der letzten Wochen kommen, denn leider habe ich sehr wenig Redezeit. Der für den 27. Oktober beabsichtigte Börsengang ist nun auf unbestimmte Zeit verschoben. Der Streit um die Bonus-Zahlungen ist somit gegenstandslos geworden. Die Gründe für die Verschiebung des Börsengangs sind vor allem in der gegenwärtigen Finanzkrise zu sehen. Aber es gibt auch noch weitere Gründe, und ich verhehle nicht,
dass meine Fraktion diese Gründe auch teilt, die zum Beispiel am 7. November in der „FAZ“ beschrieben wurden. Ich zitiere: „Hinter der Verschiebung des Börsengangs stehen neue politische Zweifel am Sinn und Nutzen einer Privatisierung.“
„Gesät worden sind sie im Volk wie in der Politik durch die Finanzkrise, die manchen den Schluss ziehen lässt, der Staat könne es eben doch immer besser als der Markt.“ Der Druck, auf die Privatisierung ganz zu verzichten, ist auch in den Koalitionsfraktionen wieder gestiegen.
Ich hoffe sehr, dass wir die uns nun verbleibende oder gewonnene Zeit nutzen, um uns über die Aufgaben der Bahn und die Anforderungen an die Bahn der Zukunft noch einmal unsere Gedanken zu machen. In Zeiten von Klimawandel und knapper werdender Ressourcen, steigender Güter- und Personenaufkommen brauchen wir eine Bahn, die nicht nur betriebswirtschaftlich und börsenorientiert denkt, sondern auch Gemeinwohl und längerfristige Ziele im Blick hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den bestehenden Arbeitstitel „Schlechte Perspektiven für die Bahn“ möchte ich zumindest für meinen Redebeitrag um den Zusatz erweitern „und für die Bahnfahrer“; denn diese sind schließlich die Leidtragenden des ganzen Versagens der DB-Vorstände in der letzten Zeit und werden es wohl auch in Zukunft sein.
Meine Damen und Herren! Natürlich ist die NPDFraktion auch der Ansicht, dass darüber gesprochen werden muss, wenn sich Bahnvorstände im Zuge eines Börsenganges Bonus-Vergütungen in Millionenhöhe einstecken wollen, während sie noch jüngst ein Schreckensszenario an die Wand malten, als es um die Lokführergehälter ging. Selbstverständlich ist die NPD-Fraktion der Meinung, dass Herr Mehdorn zuerst seine Kostenrisiken und Probleme im Zusammenhang mit der Sicherheitsüberprüfung der ICE-Achsen und die Haftungsfragen bezüglich der vergangenen Ausfälle der Dieseltriebzüge VT 612 einer Klärung zuführen soll, ehe er sich Maximalbezüge in Höhe von fast sechs Millionen Euro einstecken möchte. Man kann da von einer schlechten Perspektive sprechen, wenn die Finanzierungen der Sachsen-Franken-Magistrale und des City-Tunnels Leipzig dauerhaft unklar scheinen, aber sich die Bahnvorstände in einer Größenordnung vergüten, die zur Lösung dieser Probleme ausreichen würde.
Ich möchte den Bahnverkehr einer kurzen perspektivischen Betrachtung unterziehen, wozu nach Auffassung der NPD-Fraktion als wesentlicher Bestandteil vor allem