Drittes Problem: Die fehlende Finanzierungsbereitschaft der Banken, auch der Sparkassen, zur Sanierung privater Gebäude kann in aller Regel nur durch Zuschüsse in der Größenordnung von 300 000 bis 400 000 Euro pro Gebäude erreicht werden, und wenn man an mehrere Gebäude oder gar Karrees denkt, dann sind das Größenordnungen, die sich im städtischen Haushalt – wenn ich an die Eigenanteile denke – vielfach nicht darstellen lassen.
– auf 20 % reduziert werden. In Sachsen ist das nicht so. Sachsen bleibt stur. Herr Staatsminister Buttolo, Sie bleiben stur bei 33,3 %; Sie nehmen die Experimentierklausel, die 20 % erlaubt, nicht in Anspruch. Warum eigentlich nicht?
Herr Staatsminister Buttolo, ich achte Sie als anerkannten Fachmann für Städtebauförderung; aber Sie wissen sicher zuallererst, wie viele Probleme hier noch zu lösen sind, –
– und wenn die heutige Debatte ein Stück weit dazu beiträgt, über das ritualisierte Schulterklopfen der Koalitionspartner hinauszukommen, dann kann sie sogar nützlich sein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schon am 14. Dezember letzten Jahres fand in diesem Haus eine Aktuelle Debatte zur Städtebauförderung in Sachsen statt. Damals entgegnete der CDU-Redner Georg Hamburger, dass für dieses Thema der Rahmen einer Aktuellen Stunde nicht geeignet sei, und er wünsche sich, dass diese Diskussion außerhalb der beschränkten Redezeit geführt werde. – Nachzulesen
ist dieses „begeisterte“ Bekenntnis zur Diskussion über Stadtumbau und Städtebauförderung im Protokoll der 96. Sitzung dieser Wahlperiode.
Umso verwunderlicher ist es, dass ausgerechnet CDU und SPD dieses Thema nun in einer Aktuellen Stunde debattieren lassen, und das, obwohl man seitdem von nennenswerten städtebaupolitischen Initiativen der Koalition nicht viel vernommen hat. Doch dieses Thema ist mediengängig, deshalb wollen es auch die Koalitionäre mal kurz anschneiden und ein paar Sprechblasen und wohlformulierte Absichtserklärungen absondern, um dann den Stadtabbau – das trifft es viel eher als „Stadtumbau“, wie es beschönigend bezeichnet wird – weiter voranzutreiben.
„Abrissbagger nehmen Kurs auf Baudenkmäler“, schlagzeilte eine sächsische Zeitung und berichtete vom Abriss von 3 300 denkmalgeschützten Bauten in Sachsen bis zum Jahr 2007. Verwiesen wurde zum Beispiel auf die Siedlung am Seilerberg in Freiberg. Man könnte aber auch Leipzig-Ost mit seinen Gründerzeitbauten oder die Körnerstraße in Chemnitz als Belege für den infrastrukturellen Rückbau und den Verlust historischer und kulturprägender Bausubstanz nennen.
Wer sich an die in diesem Haus vor elf Monaten geführte Debatte erinnert, wird feststellen, dass sich seitdem nichts geändert hat und dieselben Redebeiträge von damals heute erneut gehalten werden könnten. Diese rituellen Spiegelfechtereien und das folgenlose Gerede sind es, die den Parlamenten nicht selten den Ruf als „Schwatzbude“ einbringen, und die Reden von heute wird man in einem Jahr womöglich wieder halten können.
Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, einige Grundsatzpositionen der NPD zum Thema vorzutragen. Dazu gehört, dass etwas nach unserer Auffassung mit der Förderpolitik nicht stimmen kann, wenn ein Gebäudeabriss finanziell einträglicher ist als der Verkauf an einen sanierungswilligen Käufer, und dass eine Förderpolitik für den Stadtumbau nicht unter dem Gesichtspunkt der Marktbereinigung erfolgen darf.
Wir meinen, dass Denkmalschutz, Stadterneuerung und Stadtumbau zu einer ganzheitlichen Siedlungsentwicklung beitragen müssen und dass das Prinzip „Rückbau von außen nach innen“ zu gelten hat, und nicht „von innen nach außen“. Wir meinen, dass identitätsstiftende historische Stadtkerne sogenannte weiche Standortfaktoren sind und das Gebäudesanierungsprogramm deshalb denkmalschutzfreundlicher zu gestalten ist. Wir meinen auch, dass nicht nur bei Neubaumaßnahmen, sondern auch bei Abrissmaßnahmen Mitspracherechte von Anliegern zu berücksichtigen sind. Außerdem fordern wir, dass mehr EFRE-Mittel für die städtische Infrastruktur und die Revitalisierung von Brachflächen eingesetzt werden und es neben der reinen Abrissförderung eine gleichwertige Sanierungsförderung mit Altschuldenerlass gibt.
Da ich nicht sonderlich zuversichtlich bin, dass in der nächsten Zeit entsprechende Korrekturen vorgenommen werden, wird der „Stadtumbau“ sicherlich in wenigen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Stadtumbau bzw. die Stadtbauförderung ist in der Tat ein umfangreiches Gebiet und eines der großen Problemfelder insbesondere in den neuen Bundesländern.
Die Probleme, die wir hier in Angriff nehmen müssen, sind vielschichtig. Die gegenwärtige Leerstandsquote von 17,6 % bei Wohnungen im Freistaat Sachsen wird sich – das ist eine feststehende Erkenntnis – wohl nicht wesentlich verringern. Ungeachtet eines bereits heftigen Rückbaues – 85 000 Wohneinheiten sind zurückgebaut worden – und erheblicher Finanzmittel – 400 Millionen Euro sind seit 2002 in diesen Stadtumbau geflossen – wird der Wohnungsleerstand in Sachsen in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich wieder steigen. Dies besagt jedenfalls eine Studie der Technischen Universität Bergakademie Freiberg im Auftrag des Verbandes Sächsischer Wohnungsunternehmen. Danach werden 2020 bis zu 535 000 Wohnungen im Freistaat unbewohnt sein. Das wären dann 135 000 Wohnungen mehr als gegenwärtig. Im günstigsten Fall – bei Fortführung des Stadtumbaues Ost – würde die Leerstandsquote knapp 20 % betragen, meine Damen und Herren, und dies regional sehr differenziert. Das heißt, wir werden Gemeinden mit einem wesentlich höheren Leerstand, einer größeren Leerstandsquote haben. Diese Erkenntnis mag bitter sein, aber sie zwingt uns zum Handeln und bringt Handlungsfolgen für die politische Entscheidung mit sich.
Meine Damen und Herren! Dass mit den Verwaltungsvorschriften eine Diversifizierung der Anwendung der Mittel in Sachsen erreicht wurde, mag im Einzelfall richtig sein. Ob sich damit insgesamt konzeptionell nachhaltig etwas auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt verändern lässt, möchte ich bezweifeln. Allerdings gibt es hier Rezepte, die wesentlich untauglicher als das erscheinen, was die Staatsregierung vorgelegt hat. Wenn Herr Dr. Friedrich hier davon spricht, man müsste die Mieten senken, dann weiß ich nicht, was er damit erreichen möchte. Was niedrige Mieten bewirken, die von 1936 „eingefroren“ sind,
das hat man 1990 beim Ende der DDR sehr ausführlich besichtigen können, meine Damen und Herren. Wenn Sie davon sprechen, dass Immobilieninvestitionen kreditfinanziert werden müssen, dann gebe ich Ihnen recht; aber Ihr Geheimnis bleibt: Wie wollen Sie Banken dazu bringen, mehr Kredite in Wohnungen zu stecken, wenn
Sie die Kapitaldienstfähigkeit der Vermieter durch irgendwelche marginalen Mieten nachhaltig senken?
Sie werden nicht eine einzige Wohnung mehr vermieten, wenn Sie die Mieten senken; denn wir haben nicht das Problem der geringen Miete, sondern das Problem der zu geringen Nachfrage am Markt. Das alles verkennen Sie.
Aber lassen Sie mich noch einige Folgerungen darlegen, wie wir sie aus der gegenwärtigen Situation und aus den Aussichten ziehen. Es wurde über das Quotenverhältnis zwischen Abriss- und Aufwertungsmaßnahmen im Rahmen des Stadtumbaues gesprochen, und hierbei gab es unterschiedliche Präferenzen. Jetzt wird von 47 % für den Abriss gesprochen, früher waren es bis zu 90 %. Es mag auch im Einzelfall nett sein, wenn man Mittel variabel einsetzen kann. Allerdings erscheint es aus unserer Sicht weiterhin notwendig, sich darauf zu konzentrieren, Wohnungen tatsächlich vom Markt zu nehmen, sonst werden wir keine nennenswerten Effekte auf dem Wohnungsmarkt erzielen. Auch hier gilt eines: Der Stadtumbau muss von außen nach innen erfolgen, etwas anderes ergibt überhaupt keinen Sinn. Selbstverständlich ist es wenig sinnvoll, Aufwertungsmaßnahmen in Komplexstandorten durchzuführen, während die technische Infrastruktur unverändert bleibt.
Auch hier sind wir der Überzeugung: Die wenigen Mittel, die uns zur Verfügung stehen – und es werden in Zukunft nicht mehr werden –, müssen wir gezielt einsetzen nach dem Grundsatz der größtmöglichen Effizienz. Das heißt auch, technische Infrastruktur zurückzubauen.
Wir wollen Innenstädte stärken. Wir wollen lebenswerte Viertel in den Innenstädten mit historisch erhaltenen Stadtquartieren. Der Rückbau von außen nach innen wird dazu beitragen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Mittel im Sinne eines Effizienzgedankens konzentriert eingesetzt werden, meine Damen und Herren. Auf diese Art und Weise versprechen wir uns am ehesten einen nachhaltigen Erfolg beim Einsatz der Mittel im Stadtumbau.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Seidel und Frau Weihnert, wenn das Thema Ihrer Debatte „Schwerpunkte zukünftiger Städtebauförderung“ lautet, dann hätte ich natürlich Vorschläge, Perspektiven erwartet und weniger eine Analyse der Ist-Situation. Sie haben uns auf die zweite Runde vertröstet. Ich kann deshalb die Chance nutzen, vielleicht schon einmal einiges anzubieten.
Wer über Schwerpunkte spricht, der sollte zunächst einmal erklären, welches Ziel er dabei verfolgt. Das Leitbild von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist die 2007 von den EU-Bauministern verabschiedete Leipzig-Charta
zur nachhaltigen europäischen Stadt. Wir folgen dem Ziel der Stadt der kurzen Wege, der verdichteten Bebauung und einer Aufwertung der Stadtteile.
Ich will mich hier in den wenigen Minuten, die ich habe, auf drei Punkte konzentrieren: erstens die Weiterführung und Qualifizierung des Stadtumbaus, zweitens die energetische Gebäudesanierung und drittens die Denkmalpflege.
Der Stadtumbau muss weitergeführt werden, Herr Friedrich, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht.: Sie können nicht das Beispiel der Stadt Dresden hernehmen, einer Stadt, die einen Zuwachs hat, die auch einen Geburtenüberschuss hat – und in dieser Situation natürlich ihr Stadtentwicklungskonzept überarbeiten muss – und in einer glücklichen Lage ist. Das auf das Land Sachsen zu übertragen ist bar jeder Fachlichkeit und bar jeder wirtschaftlichen Vernunft.
Logischerweise ist bei den momentanen Leerstandsquoten in Sachsen der Wohnungsneubau ein eher geringer Sektor. Wir unterstützen diesen allerdings explizit in innerstädtischen Lagen; denn neben dem gezielten Abriss von außen nach innen und der Schaffung neuer Wohnumweltqualitäten beim Stadtumbau geht es auch um die Stärkung der Eigentumsbildung in Altbauten und in Stadthäusern der inneren Stadt. Dadurch kann die Abwanderung verringert werden. Die Altbauquartiere können gestärkt werden.
Sächsische Förderpolitik sollte künftig vermehrt auf strategische und kreative Projekte setzen. Mieterinitiativen und Bauherrengemeinschaften, die bestehende Wohnungen erwerben und aufwerten bzw. in innenstädtischen Lagen neu bauen wollen, sind mehr zu fördern. Dabei gewinnt das zielgerichtete Instrument der Landesbürgschaft für den Erwerb von Wohnungseigentum an Bedeutung. Insbesondere bei jungen Familien und bei Haushalten mit unterdurchschnittlichen Einkommen ist diese eine effiziente Hilfe.
Die weit stärkere Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger wie auch der privaten Akteure in die Stadtentwicklung ist unabdingbar; denn städtebauliche Maßnahmen werden nur dann Erfolg haben, wenn sie öffentlich akzeptiert werden und zielentsprechende private Investitionen und Nutzungen erzeugen. Gefördert werden müssen deshalb Quartiers- und Stadtteilmanagement, städtebauliche Wettbewerbe, Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung.
Herr Staatsminister Buttolo, genau diese wichtigen nicht investiven Bereiche sind aber in Ihrer aktuellen Verwaltungsvorschrift begrenzt worden. Das ist kontraproduktiv.
In Zeiten des demografischen Wandels muss auch das altersgerechte Wohnen stärkeren Einfluss auf das Bauen nehmen. Eine älter werdende Gesellschaft benötigt neue
Was wir völlig vermissen, sind verstärkte Anstrengungen des Freistaates im Bereich der energetischen Gebäudesanierung. Das größte Potenzial zur Reduktion von CO2Emissionen steckt bekanntermaßen im Gebäudebereich. Energetische Gebäudesanierung und die Umrüstung von Heizanlagen kosten Geld. Aber ökologische Investitionen zahlen sich aus, und zwar für die Verbraucher und für die Wirtschaft.