Protocol of the Session on October 15, 2008

Die Staatsregierung hat einen Haushaltsplan eingereicht, der im Titel Zuweisung an Gemeinden und Gemeindeverbände für Kinderkrippen, Kindergärten und Horte einen Zuwachs vom Soll 2008 zum Soll 2009 von netto rund 27 Millionen Euro aufweist. Das nenne ich in Bezug auf Punkt 1.2 Ihres Antrages eine angemessene Beteiligung des Freistaates. Ich möchte auch nicht Ihrer Königsdisziplin Haushalt hier vorgreifen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch kurz auf die jüngste Berichterstattung, so wie es auch angesprochen wurde, zu Mitteln des Bundes und deren Verwendung in Sachsen eingehen. Die Mittel des Bundes werden selbstverständlich an die Kommunen weitergereicht. Im Bereich der Investitionskosten für Plätze in Krippen und Tagespflege ist das für 2008 im Umfang von 17,5 Millio

nen Euro vollständig geschehen. Betriebskostenzuschüsse werden über die Umsatzsteuerverteilung erst 2009 gezahlt. Zu deren Verwendung verweise ich auf die Erläuterung Etatentwurf. Der Grund: Der Bund hat lediglich eine Anfrage zur Veranschlagung 2009 gestellt, und diese wurde beantwortet. Wo nichts geflossen ist, kann auch nichts zurückgezahlt werden.

(Beifall bei der CDU)

Ein Letztes zu Punkt II Ihres Antrages. Kostenfreiheit ist natürlich der völlig falsche Begriff. Wahrscheinlich geht es Ihnen hierbei um Elternbeitragsfreiheit. Die Modellrechnung für 2009 wäre hier 266 Millionen Euro. So wurde es ja mit einer anderen Zahl, mit 300 Millionen Euro, von Ihnen aufgezeigt. Eine Beteiligung des Bundes unter II – daran zu glauben ist fast eine Illusion, und die Anstrengungen des Freistaates, Familien zu entlasten, habe ich Ihnen eingangs schon erläutert.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Besteht der Wunsch, die Aussprache noch fortzuführen? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Schlusswort; Frau Schütz, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Unser heutiger Antrag sollte Ihnen noch einmal die Möglichkeit geben, ein Signal an die Kommunen und an die Eltern hier in Sachsen zu senden; denn die Eltern brauchen Sicherheit, die Kommunen brauchen Sicherheit, wie es weitergehen soll und dass diese Entscheidung eben nicht erst Anfang Dezember in der großen Haushaltsdebatte geführt wird. Denn dann sind die Erzieherinnen und die Diplomsozialpädagogen, männlich wie weiblich, die zum 01.01. diese wichtige Aufgabe übernehmen sollen, eventuell nicht mehr vorhanden bzw. stehen nicht mehr auf unserem Arbeitsmarkt, auf unserem Stellenmarkt zur Verfügung, und die Kommunen werden ächzen unter den Kosten, die ihnen obliegen.

Es ist gesagt worden: Gestiegene Kita-Beiträge werden wir ermäßigen, werden wir erlassen. – Ja, durch wen denn? Durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, durch die Landkreise, die kreisfreien Städte? Wo bedienen sich Landkreise? – Wieder bei den Kommunen. Natürlich bewegen wir uns immer in dem gleichen Kreislauf. Deshalb noch einmal dieser Appell, keine steigenden Gebühren zu erlassen.

Es ist vorhin angesprochen worden, dass in der Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz dieser veränderte Personalschlüssel der Hauptschwerpunkt der Diskussion war. Herr Haller von der Stadt Leipzig war so nett und hat diese Finanzierung einmal aufgemacht. Er sagte: Durch die Änderung des Personalschlüssels bedeute das einen Mehraufwand für die Stadt Leipzig von circa 3,7 Millionen Euro, die Zuschusserhöhung der Landesmittel mache circa 1,8 Millionen Euro aus, der Wegfall der Sonderför

derung für das Schulvorbereitungsjahr bedeute noch einmal 800 Millionen Euro weniger, das heißt, eine Differenz für die Stadt Leipzig in Höhe von 2,675 Millionen Euro.

Das sind weiß Gott keine kleinen Beträge. Diesen Betrag wird die Stadt Leipzig nicht allein schultern können. Diesbezüglich wird sie einen Weg mit der Staatsregierung und gegebenenfalls mit den Fraktionen der CDU und der SPD finden müssen. Ich hoffe, dass diesbezüglich doch noch ein wegweisender Antrag bzw. eine wegweisende Diskussion kommt oder Sie es über steigende Elterngebühren machen müssen. Das möchten wir verhindern.

Ich bitte noch einmal um Zustimmung zu diesem Antrag, um unser Signal heute an Sachsens Kommunen zu senden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN)

Danke schön. Das war das Schlusswort. – Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Es ist um punktweise Abstimmung gebeten worden. Ich lasse abstimmen über die Drucksache 4/13435, Punkt I. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen und einer großen Anzahl von Zustimmungen ist der Antrag dennoch abgelehnt.

Ich lasse über Punkt II abstimmen. Wer stimmt zu? – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Bei keinen Enthaltungen und knappem Ausgang dennoch mit Mehrheit abgelehnt.

Da beide Punkte abgelehnt worden sind, erübrigt sich die Gesamtabstimmung. Dieser Tagesordnungspunkt ist somit abgearbeitet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 13

Jahresetat 2009 statt Doppelhaushalt 2009/2010 beschließen

Drucksache 4/13219, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Für die einreichende Fraktion hat die Abg. Frau Hermenau das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Mit unserem Antrag zur späten Stunde schlagen wir vor, dass im Freistaat Sachsen im nächsten Jahr eine Ausnahme gemacht wird. Üblich sind immer Doppelhaushalte. Ich will jetzt nicht die ganzen Denkschulen diskutieren. Die einen sagen, lieber einen Doppelhaushalt, und die anderen sagen, lieber einen Jahreshaushalt. Das ist mir heute egal. Es geht hierbei nicht um Denksportaufgaben, sondern um eine sehr nüchterne Betrachtung der Lage, in der wir seit wenigen Tagen massiv stecken.

Wir wollen, dass Sachsen einen Jahreshaushalt für das Jahr 2009 vorlegt. Es macht keinen Sinn, einen Doppelhaushalt für die Jahre 2009/2010 beraten und beschließen zu wollen. Die aktuelle Bedeutung dieses Antrages, die letzte Woche noch nicht im Detail absehbar gewesen ist, ergibt sich aus den Regelungen der Finanzmarktkrise, die nicht nur Deutschland allgemein, sondern auch Sachsen im Speziellen betreffen. Wir werden morgen 12 Uhr in Berlin den High Noon erleben. Dann wird die Bundesregierung die Wirtschaftsprognose für das Jahr 2009 um 1 % nach unten korrigieren, und zwar auf 0,2 %. Im Juni waren es immerhin noch 1,2 %. Es gibt im gestern vorgestellten Gutachten der Wirtschaftsforscher ein Risikoszenario für das Jahr 2009. Das Risikoszenario hält im nächsten Jahr für Deutschland sogar eine Rezession von minus 0,6 % für möglich.

Wenn wir von den Wirtschaftsforschern eine gute und eine schlechte Prognose hören und die gute die Stagnation und die schlechte die Rezession ist, und wir heute zur

Kenntnis nehmen durften, dass im Ifo-Institut Dresden deutlich gemacht worden ist, dass die sächsische Konjunktur im Jahre 2009 hoch und runter gehen wird, weil die osteuropäischen Märkte nicht automatisch den europäischen und amerikanischen Markt ersetzen können und weil die Branchen unterschiedlich betroffen sind, dann kommen wir, um mit Minister Steinbrück zu sprechen – vom heutigen Tag zitiert –, im Jahre 2009 in eine Situation, die „wirtschaftlich außerordentlich schwierig“ sein wird. Im Jahre 2010 wird sie es dann erst recht sein, meine Damen und Herren.

Herr Steinbrück und Frau Merkel – ich nehme das durchaus ernst, was heute dazu im Bundestag debattiert worden ist – haben von der größten Krise seit den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts gesprochen. Das war, meine Damen und Herren, die Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929. Somit kann es nicht sein, dass der sächsische Landeshaushalt 2009/2010 Business as usual macht. Ich finde das mehr als putzig.

Man darf davon ausgehen, dass in den Folgejahren die Anpassung der Finanzmärkte an die Realwirtschaft stattfinden wird. Die Verwerfungen, die sich daraus ergeben, kann niemand abschätzen. Das ist kein böser Wille. Ich sage nicht, dass wir alle ein wenig minderbemittelt sind, sondern ich sage, dass es niemand abschätzen kann. Es gibt keine Möglichkeit einer Prognose für das Jahr 2010. Die korrigierte Wachstumsprognose auf 0,2 % im nächsten Jahr bedeutet, dass es Steuermindereinnahmen geben wird. Das sind weniger Steuereinnahmen als bisher eingeplant worden sind. Der sächsische Anteil am Länderfinanzausgleich könnte im nächsten Jahr um bis zu 200 Millionen Euro weniger als geplant betragen. Wie

hoch er im Jahre 2010 sein wird, kann niemand seriös einschätzen.

Wir haben in Deutschland nur noch vier Geberländer. Zwei davon sind starke Automobilstandorte: Bayern und Baden-Württemberg. Wie es der Automobilbranche im nächsten Jahr gehen wird, kann niemand einschätzen. Deswegen glaube ich, dass es sogar schon im Jahre 2009 nötig sein kann, einen Nachtragshaushalt zu machen. Dann ist es aber erst recht unseriös, im Herbst 2008 den Haushalt für das Jahr 2010 planen zu wollen. Damit machen Sie sich alle lächerlich.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

In der Rede von Finanzminister Steinbrück zum Gesetz über die Eindämmung der Finanzmarktkrise, über das heute im Bundestag diskutiert worden ist, hat dieser deutlich gemacht, dass es keine Steuererhöhungen geben wird. Man will es nicht auf den Bürger abwälzen, was diesbezüglich passiert ist. Wenn es keine Steuererhöhungen im nächsten Jahr geben wird – was ich im Prinzip für richtig halte –, dann haben wir zwei Möglichkeiten, um die Probleme im Haushalt auszutarieren: Das ist zum einen die Neuverschuldung und zum anderen die Einsparung. Da soll man, Herr Finanzminister, wie aus Ihrem Haus als Antwort zu uns gekommen, keine Angst vor einer vorläufigen Haushaltsführung Anfang 2010 haben?! Am besten Sie schicken mal einen Ihrer Beamten nach Berlin zur Schulung – diesbezüglich reicht wahrscheinlich ein Tag –

(Beifall des Abg. Michael Weichert, GRÜNE)

und das Ergebnis der vorläufigen Haushaltsführung wäre, dass man ein Zwölftel des Vorjahresansatzes im Januar 2010 zum Ansatz brächte, falls man die Haushaltsberatungen für 2010 nicht rechtzeitig vor dem Jahresende 2009 zum Abschluss brächte. Das ist ein völlig unkomplizierter Vorgang, der einfach zu beherrschen ist, uns aber wahrscheinlich in die Lage versetzt, einigermaßen realistische Haushaltsansätze für 2010 zu finden.

Auch die Kommunalfinanzen werden davon betroffen sein. Das wird im kommunalen Finanzausgleich geregelt. Die Gewerbesteuereinnahmen der sächsischen Kommunen sind genauso wenig prognostizierbar. Wir haben auch in Sachsen eine Automobilbranche. Normalerweise ist der September eines Jahres ein absatzstarker Monat im Automobilgeschäft. Die Märkte in der EU und in den USA sind zwar nicht völlig zusammengebrochen, aber stark gedämpft, die in Osteuropa noch nicht erschlossen, jedenfalls nicht für jeden Autotyp, und der September 2008 war als Absatzmonat für die Automobilbranche außerordentlich schwach. Wir wissen nicht, was im Jahre 2009 wirklich sein wird. Wir können erst recht nicht wissen, was im Jahre 2010 sein wird.

Wenn man mit dieser Krise seriös umgehen möchte, dann kann man doch nicht versuchen, einen Haushalt auf hypothetischen Annahmen aufzubauen. Der Maschinenbau bestreitet drei Viertel seiner Einnahmen aus dem Auslandsgeschäft. Er geht inzwischen selbst als VDMA

für das Jahr 2009 von einer Stagnation aus. Verarbeiten Sie eigentlich alle Informationen, die Ihnen zur Verfügung stehen?

Der Verbraucher schreckt jetzt beim Autokauf vor größeren Investitionen zurück. Die Kredite werden in Zukunft schwerer finanzierbar sein. Was wird aus den Zulieferbetrieben? Das kann niemand wissen. Man kann nur versuchen, miteinander ins Gespräch zu kommen und zu schauen, dass man ein wenig Feinsteuerung betreibt. Aber das muss man nicht im Herbst 2008 für das Jahr 2010 tun. Das halte ich für vermessen und falsch.

Wir steuern gerade auf eine multipolare weltweite Wirtschafts- und Finanzstruktur zu. 43 Milliarden Euro haben es sich asiatische und arabische Staatsfonds schon kosten lassen, um sich in Europa und in Amerika einzukaufen. Ich habe davor keine Angst, aber das bedeutet auch eine Umstellung unserer mittelfristigen Wirtschaftsstruktur. Was das im Detail bedeuten kann, können wir noch nicht einschätzen. Das Jahr 2010 ist höchst unklar. Wollen Sie sich im Wahlkampf 2009 ernsthaft an einem Blümchen- und Fantasiehaushalt für das Jahr 2010 messen lassen? Das soll die Grundlage dafür sein, wie es nach der Wahl in Sachsen weitergehen soll? Ich halte das für demokratisch sehr bedenklich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war die einreichende Fraktion. – Jetzt folgt die CDU-Fraktion. Sie hat ihre Rednerliste noch einmal überarbeitet. Herr Abg. Schimpff, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Pünktlich zur Einbringung des Doppelhaushaltes für 2009/2010 haben die GRÜNEN den Antrag gestellt, im Detail nur einen Einjahreshaushalt für 2009 zu beraten und zu beschließen. Das war der richtige Zeitpunkt, aber der falsche Antrag.

Warum machen wir seit Jahren – wenn ich mich recht entsinne seit 1995/96, damals unter dem Finanzminister Georg Milbradt – Doppelhaushalte in Sachsen? Sie geben unserem Freistaat und unseren Kommunen Planungssicherheit für größere Projekte. Unsere Haushaltsbeschlüsse werden perspektivisch sicherer, wenn sie nicht von Jahr zu Jahr jeweils in eine andere Richtung gelenkt werden können.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das ist Fantasie!)

Wir werden es in den Haushaltsberatungen wieder spüren und merken es doch jetzt schon in den Beratungen der Fraktionen, dass das Beschleunigen oder Strecken von Veränderungen, dass Abschichtungen oder Umsetzungen oder Aufbau von Geldmitteln und Stellen klarer und verlässlicher sind, wenn wir sie für zwei Jahre planen können.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Dann wird alles anders!)

Seit dem Übergang zu Doppelhaushalten ist das berüchtigte Dezemberfieber im Freistaat Sachsen merklich abgeklungen. Die Übertragbarkeit von Mitteln ist leichter geworden. Doppelhaushalte ermöglichen einen jahresübergreifenden Geldfluss.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Deshalb sind andere Bundesländer und auch einige Kommunen dem sächsischen Beispiel gefolgt und zu Doppelhaushalten übergegangen.

(Zurufe der Abg. Antje Hermenau und Michael Weichert, GRÜNE)