Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den Zahlen ist von meinen Vorrednern schon ausführlich Stellung genommen worden. Ich will am Anfang noch eine Kleinigkeit richtigstellen: Es ist Tatsache, dass auf dem Landesfeuerwehrtag in Reichenbach neben der größten Fraktion auch Vertreter anderer Fraktionen, unter anderem der SPD-Fraktion und auch der Linksfraktion, anwesend waren. Das vielleicht noch als Hinweis.
Ich möchte Sie zunächst auf ein historisches Datum hinweisen – ich denke, dass die heutige Debatte einen guten Anlass dazu bietet –, und zwar auf den 17. Juli 1841. An diesem Tag wurden im Rathaus zu Meißen, nicht weit von hier, die ersten Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Meißen feierlich im Rathaus verpflichtet. Damit war die erste freiwillige Feuerwehr – in der Form, wie sie auch heute noch existiert – in Deutschland geboren und das Meißner Modell hat in der Folgezeit, wie wir wissen, sehr viele Nachahmer gefunden und hat sich etabliert. Die Meißner haben damals schon die Zeichen der Zeit erkannt und waren Vorreiter einer Entwicklung, die aus der heutigen Gesellschaft, also aus der Gesellschaft der Gegenwart, gar nicht mehr wegzudenken ist. Ich denke, das ist ein guter Punkt, noch einmal an dieses historische Datum zu erinnern.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich im Namen der SPD-Fraktion bei allen Kameradinnen und Kameraden
ihnen Dank und Anerkennung dafür auszusprechen, dass sie sich tagtäglich uneigennützig in den Dienst der Gemeinschaft stellen. Sie setzen das humanistische Ideal um, in Not geratenen Menschen zu helfen, sie investieren viel Zeit und Kraft in ihr Engagement bei den Feuerwehren und setzen dabei auch ihre Gesundheit und nicht selten das eigene Leben aufs Spiel. Das kann nicht hoch genug gewürdigt werden und die Politik tut gut daran, dieses Engagement nach besten Kräften zu unterstützen.
Wir stehen im Freistaat Sachsen vor diversen Zukunftsherausforderungen. Natürlich ist die Finanzkrise momentan das dominierende Thema, und die Diskussionen darüber liegen quasi wie ein Nebelschleier über uns. Ich werbe aber dafür, dass wir trotz des Nebels die anderen Herausforderungen nicht gänzlich aus den Augen verlieren und dazu gehört nun einmal auch die Zukunft der Feuerwehr im Freistaat Sachsen. Es ist oft der Satz gefallen „Wer die Zukunft gestalten will, muss sich mit der Gegenwart auseinandersetzen.“ Das bedeutet für den Bereich der Feuerwehr – das hat Herr Dr. Martens hier schon richtig dargelegt –: Wir müssen den Entwicklungsstand analysieren, die Defizite erkennen, uns mit den Ursachen auseinandersetzen und dann anschauen, welche Tendenzen für die weitere Entwicklung absehbar sind. Genau dieser Gegenwartsauseinandersetzung dient die heutige Debatte. Das ist auch gut so, auch wenn wir in der einen oder anderen Frage sicherlich unterschiedlicher Meinung sind. Aber das versteht sich von selbst.
Wie ist nun die Situation? – Zu der Entwicklung, die die sächsischen Feuerwehren seit 1990 genommen haben, ist festzustellen, dass sich zum einen die Tätigkeitsbereiche stetig erweitert haben. Es sind neue Aufgaben hinzugekommen – technische Hilfe, Katastrophen- und Umweltschutz –, die Anforderungen sind enorm gewachsen. Auf der anderen Seite ist aber in dieser Zeit, in den letzten 18 Jahren, auch sehr viel Geld investiert worden. Es ist in die Erneuerung der Einsatztechnik, der Ausrüstung, in den Neubau und die Sanierung von Gerätehäusern und Unterkünften investiert worden. Diejenigen, die die Situation der Feuerwehr in der DDR, wie sie sich Ende der Achtzigerjahre dargestellt hat, noch aus eigenem Erleben kennen – das werden einige der älteren Kolleginnen und Kollegen sicherlich nachempfinden können –, werden diese positive Entwicklung, diese bedeutenden Fortschritte, die gemacht worden sind, sicherlich am besten nachvollziehen können.
Obwohl sich sehr viel getan hat, sind wir noch lange nicht am Ende. Weitere Anstrengungen sind im Bereich der Investitionen notwendig, und der Freistaat Sachsen wird auch zukünftig den Kommunen finanziell unter die Arme greifen, um diese Anstrengungen zu bewältigen. Die SPD-Fraktion bekennt sich ganz klar zu dieser Verantwortung des Freistaates gegenüber den Kommunen.
Wie sieht es nun beim Personal aus? – Die Zahlen sind von den unterschiedlichen Rednern auch unterschiedlich bewertet worden. Wenn man sich das anschaut, kann man eigentlich sagen: Die Mitgliederzahl bei den freiwilligen Feuerwehren ist leicht rückläufig. – Herr Dr. Martens hat es, glaube ich, als „bedenklich“ bezeichnet, die Staatsregierung bezeichnet es als „insgesamt relativ gleichbleibend“. Es ist also sicherlich eine Interpretationsfrage. Es ist allerdings auch nicht die Kernfrage, denn viel wichtiger, denke ich, ist die Beurteilung der Einsatzfähigkeit.
Insbesondere möchte ich auf den Punkt der Tageseinsatzbereitschaft eingehen. Da gibt es in der Tat Probleme, und das liegt ganz einfach daran, dass viele Kameradinnen und Kameraden in den Feuerwehren ihre Arbeitsstellen außerhalb des Gemeindegebiets haben und somit tagsüber nicht für Einsätze zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund sind viele Kommunen daran interessiert, Kräfte für die Feuerwehr zu gewinnen, die ihren Arbeitsplatz im Ort oder in der Nähe des Ortes haben. Deshalb wird – das ist auch ein Diskussionspunkt – in vielen Stadt- und Gemeinderäten darüber diskutiert, ob bei Neueinstellungen in die kommunale Verwaltung die Zugehörigkeit zur örtlichen Feuerwehr zu berücksichtigen ist. Das ist eine nachvollziehbare Forderung, aber es ist rechtlich keine einfache Situation. Ich denke, es gibt hier auch keinen Königsweg bzw. kein Patentrezept. Das muss immer im Einzelfall im Rahmen eines gründlichen Abwägungsprozesses vor Ort entschieden werden. Da kann der Freistaat in der Tat wenig tun.
Vielleicht noch ein Wort zu den Jugendfeuerwehren. Dort sieht es in der Mitgliederentwicklung nicht so gut aus, wobei ich denke, dass der Rückgang nicht dramatisch ist; insbesondere, wenn man sich die Zahlen anschaut, die dokumentieren, wie sich die Übernahme von Kameradinnen und Kameraden aus der Jugendfeuerwehr in den aktiven Dienst gestaltet. Da geben die Zahlen eigentlich schon Anlass zu – wenn auch verhaltenem – Optimismus. Das zeigt allerdings auch, dass die Nachwuchsarbeit gut funktioniert, dass gute und engagierte Nachwuchsarbeit bei unseren Feuerwehren gemacht wird. Das muss man hier auch mal deutlich sagen. Es finden sich immer wieder Einzelbeispiele, wo es Nachholbedarf gibt, das ist klar. Die Lehre, die wir daraus ziehen müssen, ist: Wir dürfen bei der Nachwuchsgewinnung nicht nachlassen, und auch hier muss der Freistaat weiterhin Unterstützung leisten.
Noch ein Wort zu den Kinderfeuerwehren. – Gemeint sind natürlich die unter Zehnjährigen. – Da haben wir erfreuliche Zuwächse in den Mitgliederzahlen zu verzeichnen. Das ist erst einmal eine gute Botschaft. Da zeigt sich ganz klar, dass innovative Modelle der Nachwuchsgewinnung – da denke ich zum Beispiel an die Arbeitsgemeinschaften an den Grundschulen –, die auf die Jugendfeuerwehr vorbereiten, erfolgreich praktiziert werden. Da verwundert es mich schon ein bisschen, dass Sie jetzt wieder mit Ihrer Bambinifeuerwehr-Gesetzgebungsdebatte anfangen, Herr Dr. Martens.
Werfen wir doch mal einen Blick nach Sachsen-Anhalt oder in eines der anderen Länder, die diese Kinderfeuerwehr gesetzlich verankert haben. Sachsen-Anhalt hat diese im Jahr 1994, glaube ich, als eines der ersten Bundesländer gesetzlich verankert. Allerdings wird das in der Praxis nur sehr zögerlich angenommen. Sachsen-Anhalt hat sehr große Probleme in der Nachwuchsgewinnung, und diese Gesetzgebungsaktivität hat nicht dazu beigetragen, das Nachwuchsproblem zu lösen.
Bei uns sieht es so aus, dass gerade dort, wo die pädagogische Qualität und die Qualifikation da sind und wo diese auch notwendig sind, um die Kinder in den Grundschulen altersgerecht an die Feuerwehr heranzuführen, erfolgreich gearbeitet wird. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt. Es gibt sachsenweit schon knapp 1 000 Kinder unter zehn Jahren, die – wenn man die Zahlen nimmt, die die Staatsregierung geliefert hat – in den Jugendfeuerwehren engagiert sind. Das ist in der Tat eine gute Entwicklung. Das muss aber noch weiter ausgebaut werden.
Ich empfehle Ihnen: Gehen Sie doch einmal vor Ort in die Kommunen, in denen das praktiziert wird. – Ich empfehle Ihnen da diverse vogtländische Kommunen. Das darf ich als Vogtländer vielleicht auch einmal positiv hervorheben. Dort ist man sehr aktiv. – Dann wird Ihnen klar werden, dass es dieser Placebo-Gesetzgebung überhaupt nicht bedarf, denn die Verantwortlichen vor Ort machen es einfach. Sie packen an, sie stellen sich der Nachwuchsgewinnung mit innovativen Modellen. Das ist bürgerliches Engagement in Reinkultur und das sollten wir von der Landesebene her – insbesondere die Staatsregierung – tatkräftig unterstützen.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Die Koalitionsfraktionen stehen geschlossen für die weitere finanzielle und auch ideelle Unterstützung der Feuerwehren im Freistaat Sachsen.
Die in der Zukunft notwendigen Investitionen in den Brandschutz müssen sichergestellt werden. Die vielfach hervorragende Jugendarbeit der freiwilligen Feuerwehr muss weiterhin unterstützt werden. Die Kommunen müssen unterstützt werden, um in die Lage versetzt zu werden, angemessene Aufwandsentschädigungen zu zahlen.
Damit, denke ich, meistern wir die Herausforderungen der Zukunft, insbesondere natürlich auch im Hinblick auf die demografische Entwicklung. Die Koalition wird dafür die Rahmenbedingungen schaffen, auch in den anstehenden Haushaltsberatungen. Ich darf in diesem Zusammenhang noch einmal auf unseren Entschließungsantrag hinweisen, der nämlich genau diese Forderungen an die Staatsregierung adressiert, und bitte recht herzlich um Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Alarm bei der Feuerwehr“, „Sachsens Feuerwehr sendet Notruf“, „Sachsens Feuerwehr ist abgebrannt“, das sind die Überschriften, mit denen die Presse dieses Mal die Große Anfrage der FDP medienwirksam aufgriff. Glücklicherweise heißt es doch noch nicht „Sachsenland ist abgebrannt“. Aber was nicht ist, kann ja noch kommen, nämlich dann, wenn die Entwicklung, die in den Antworten der Staatsregierung aufgezeigt wurde, weiter an Dynamik gewinnt.
Der Feuerwehr geht es in Sachsen, insbesondere in den Regionen, die man nicht unbedingt als Leuchttürme bezeichnen würde, mehr schlecht als recht.
Es ist also lobenswert, dass hier einmal eine Fleißarbeit abgelegt wurde, die durch den umfangreichen Antwortteil mit Tabellen und Statistiken, den die Staatsregierung beizutragen verpflichtet war, von acht auf 144 Seiten anwuchs. Was die sächsische Bevölkerung dem umfangreichen Frage- und Antwortspiel entnehmen kann, überrascht nicht: Der Feuerwehr geht es schlecht, die Ausstattung hat schon bessere Zeiten gesehen.
So manches Teil der technischen Ausrüstung gehört wohl eher in ein Feuerwehrmuseum als in die Bereitschaftsräume oder in den Fuhrpark einer freiwilligen Feuerwehr.
Wieso soll es uns überraschen, dass es der Feuerwehr schlecht geht, dass es ihr an Geld, Ausrüstung, Ausbildung, Leuten und Nachwuchs fehlt? Das ist doch der Zustand des ganzen Landes: Die Menschen am Aussterben oder am Abhauen.
Genau das ist es, was in der Enquetekommission zur demografischen Entwicklung so schamhaft wie verlogen mit „demografischem Wandel“ umschrieben wird. Es ist die bevölkerungspolitische Katastrophe, die mittelfristig auch die Feuerwehren, insbesondere die freiwilligen Feuerwehren, ausbluten lässt.
Die Konsequenz daraus ist natürlich, dass man Feuerwehren auf dem Land zusammenfassen muss, selbst in Städten wie Meißen und Coswig, wo nicht nur die Häuser leer stehen, sondern auch die Sollstärke der Mitglieder der Feuerwehren um mehr als ein Viertel unter dem Soll liegt.
Die Konsequenz daraus ist natürlich, dass die Schutzzielfestlegung – also etwa das Erreichen der Brandstelle nach
13 Minuten – in vielen ländlichen Räumen nicht mehr eingehalten werden kann. Bis die Feuerwehr demnächst eintrifft, könnte so manches Häuschen und so manche Datsche abgebrannt sein.
Es ist nicht allein das Geld, an dem es mangelt. Viel stärker beklagen die Feuerwehrleute, die wir gefragt haben, die mangelnde Motivation, die mangelnde Attraktivität, das mangelnde Gemeinschaftsgefühl, den fehlenden Einsatz, die fehlenden Vorbilder fernab der Sonntagsreden.
Wo steht das Denkmal für die sage und schreibe 1 802 Mitglieder, die in den letzten fünf Jahren bei der Erfüllung ihres oftmals freiwilligen Einsatzes verletzt wurden? Wo ist das Denkmal für die acht im Einsatz tödlich verunglückten Kameraden?
An dieser Stelle darf ich im Namen der NPD-Fraktion allen Feuerwehrleuten im Freistaat Sachsen für ihre verantwortungsvolle, harte und mutige Arbeit danken.
Stattdessen drängt die FDP in ihrer Anfrage darauf, dass endlich auch bei der letzten Dorffeuerwehr die bislang verbindliche Vorgabe der HuPF-Norm für Feuerwehrschutzbekleidung rückgängig gemacht wird, weil irgendwo in Brüssel ein paar Eurokraten, denen sich die FDP gern positiv in Erinnerung bringen möchte, das als europarechtswidrig betrachten.