Protocol of the Session on September 12, 2008

Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen uns bewusst darüber sein, dass sich in der Geschichte der Erde Flora und Fauna laufend verändert haben. Es sind neue Arten entstanden, die im Bericht auch erwähnt werden, aber auch Arten verschwunden. Für die FDP bedeutet Natur auch immer Wandel, nicht das Konservieren willkürlich gewählter Zustände. Das zeigt sich zum Beispiel in Sachsen an der Rückkehr der Wölfe. Ich bin mir sicher, dass es neben den Wölfen noch weitere Beispiele von Tier- und Pflanzenarten gibt, die sich wieder vermehrt in Sachsen finden werden. Tabellen über das Aussterben von verschiedenen Farnen und Samenpflanzen, wie sie im Bericht zu finden sind, sind zu einseitig.

Der Klimawandel wird aller Voraussicht nach auch zu mehr neuen oder fast ausgestorben geglaubten Arten in Sachsen führen.

Um dem Klimawandel ein Stück weit Einhalt zu gebieten, gilt es auch, den Schadstoffhaushalt zu ermitteln und zu reduzieren. Die 31 Luftmessstationen in Sachsen können vielerorts dazu beitragen.

Mein Dank gilt in ganz spezieller Art und Weise dem Umweltministerium für den Versuch, in meiner Heimatregion die durch Tschechien verursachte Luftverschmutzung zu ermitteln.

Zum Schluss meiner Rede möchte ich Sie, Herr Lebensminister Kupfer, bitten, meinen EuropaabgeordnetenKollegen Holger Krahmer zu unterstützen, der die Überarbeitung der Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung in Angriff nimmt, um dieses Problem bei unseren Nachbarn zu beenden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Klimawandel wird uns noch lange Zeit beschäftigen. Auch hier bei uns im Sächsischen Landtag kann ich voraussagen, dass in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten das Klima etwas rauer werden wird.

In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile das Wort der Fraktion GRÜNE; Herr Lichdi.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich auch, dass wir zu dieser prominenten Stunde – das ist durchaus nicht üblich – den Umweltbericht, der uns wirklich wichtige Daten gibt, diskutieren können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Andrea Roth, Linksfraktion)

Ich möchte mich auch an dieser Stelle bei den Mitarbeitern der sächsischen Umweltverwaltung bedanken. Derjenige, der sich etwas mit der Materie auskennt – und das war nicht bei allen Rednern, die bisher hier vorn gestanden haben, der Fall –, kann ermessen, welch große Arbeit, welch großes Engagement dahintersteckt.

(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei der Linksfraktion und Beifall des Abg. Martin Dulig, SPD)

Das größte globale Umweltproblem unserer Zeit ist der Klimawandel. Ich freue mich ausdrücklich über die zutreffende Situationsbeschreibung zum Klimawandel im Umweltbericht. Ich wünsche mir aber, dass es tatsächlich bei allen Abgeordneten dieses Hauses ankommt. Ich nenne hier insbesondere auch die Mitglieder des Arbeitskreises Umwelt der CDU-Fraktion sowie den gewesenen Umweltminister und derzeitigen Kultusminister Prof. Wöller. Sie wissen alle, worauf ich anspiele.

Die Staatsregierung hat sich bei der Klimaprognose und dem Vordenken von Klimaanpassungsmaßnahmen durchaus Verdienste erworben. Sie war damit an erster Stelle in Deutschland.

(Beifall des Abg. Steffen Flath, CDU)

Der große Mangel war und ist aber, dass die Staatsregierung damit ihre klimaschutzpolitische Tätigkeit, Herr Fraktionsvorsitzender Flath, und falsche Weichenstellungen in der Energiepolitik der Neunzigerjahre übertünchen wollte. Zutreffend weist der Umweltbericht darauf hin, dass Klimaanpassungsmaßnahmen nur dann Sinn machen, wenn die Erhöhung der Durchschnittstemperatur im Rahmen bleibt. Dieser Rahmen ist eben durch das ZweiGrad-Ziel bestimmt. Nun stehen aber alle Zeichen darauf, dass eine Begrenzung der Erwärmung in diesem Jahrhundert auf zwei Grad bei Weiterlauf der Trendentwicklung äußerst unwahrscheinlich ist. Sie kennen die Daten. Der

Umweltrat der Vereinten Nationen hält sogar sechs Grad bis zum Jahr 2100 für möglich. Die AG Klimafolgen Ihres Ministeriums, Herr Minister Kupfer, rechnet derzeit mit einer Steigerung von 2,5 bis 3,5 Grad in diesem Jahrhundert. Im Klimabericht findet man dann aber leider nichts mehr zum Klimaschutz; totale Fehlanzeige. Denn dann müsste man ja die Fragen der Energiepolitik aufgreifen.

Stattdessen wird das klimapolitische Versagen bemäntelt. Es ist zwar richtig, Frau Windisch, dass Sachsen die CO2Emission seit 1990 um 46 % reduziert hat.

(Beifall des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Aber die Pro-Kopf-Emissionen – und auf diese kommt es an – liegen trotzdem weit über dem deutschen Durchschnitt und um den Faktor 7 über der 2050 noch zulässigen Emission von 1,7 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich auch sehr gefreut, dass der Bericht ein EE-Ziel, ein Ziel zum Ausbau der erneuerbaren Energien für das Jahr 2020 von 25 % für realistisch hält. Der Bericht ist damit mutiger als die offizielle Politik der Staatsregierung. Das freut mich. Bis jetzt, meine Damen und Herren, sind die Weichen aber noch nicht gestellt, um dieses immer noch zu klein gesetzte Ziel zu erreichen.

Frau Windisch, jetzt sind wir wieder bei der Frage der absoluten und relativen Zahlen. Sie haben zu Recht die Frage der Energieintensität angesprochen. Natürlich haben wir dort Erfolge erzielt. Aber das kann doch nicht unser Ziel sein. Unser Ziel kann doch nicht nur sein, die Versäumnisse der DDR-Mangelwirtschaft aufzuarbeiten, sondern unser Ziel muss sein, bei den umweltpolitischen Notwendigkeiten und Erkenntnissen vorn zu sein. Da haben wir einfach zur Kenntnis zu nehmen, dass die Energieintensität in Baden-Württemberg – und ich dachte, da wollten wir einmal aufschließen – doppelt so gut ist wie die in Sachsen. Da haben wir also noch ganz erheblichen Nachholbedarf. Es nützt an dieser Stelle überhaupt nichts, wenn wir uns immer wieder die DDR mit ihrer natürlich katastrophalen Umwelt- und Gesellschaftspolitik zum Vorbild nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Auch weil Sie es, Frau Windisch, angesprochen haben, möchte ich noch etwas zur Feinstaubfrage sagen.

Im Bericht steht richtigerweise drin: 36 % der Feinstaubemissionen gehen auf den Verkehr zurück und eben nicht auf den Saharastaub, wie mir hier immer mal wieder zwischen den Bänken zugezischelt oder zugerufen und wie so oft kolportiert wird. Jetzt sind für Leipzig, Dresden und Chemnitz Luftreinhaltepläne in Kraft gesetzt worden. Der Bericht erwähnt das zutreffend, nur leider erwähnt er nicht, dass diese Luftreinhaltepläne völlig ungeeignet sind.

Diese Luftreinhaltepläne erreichen nach Ihrer eigenen Aussage nicht das Ziel, im Jahre 2010 die Feinstaubemission auf das zulässige Maß zurückzuführen. In eben

diesen Luftreinhalteplänen Ihres Hauses kann man feststellen, dass auch die NO2-Werte, die ab 2010 einzuhalten sind, natürlich nicht eingehalten werden können.

Meine Damen und Herren! Aufgrund der Kürze der Zeit kann ich auf die vielen anderen wichtigen Fragen nicht eingehen. Frau Kollegin Kagelmann hat zu Recht auf die Fragen Fauna-Flora-Habitat, auf die Geschichte der Biodiversität hingewiesen. Die Zeit verhindert es leider, darauf einzugehen.

Meine Damen und Herren! Insgesamt ist der Bericht durchaus ein bemerkenswertes Dokument. Es lohnt sich, ihn zu studieren. Er kann aber leider nur so gut sein, wie die Politik der Staatsregierung ist, und die ist eben umweltpolitisch unzureichend.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Ich erteile das Wort der Fraktion der CDU; Herr Prof. Mannsfeld, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Umweltberichte haben – wie könnte es anders sein – immer eine fachliche und eine politische Komponente.

In meinem ersten Redebeitrag möchte ich mich ausdrücklich mit der fachlichen Komponente auseinandersetzen. Insbesondere fällt mir nämlich auf, dass völlig zu Unrecht die Naturressource Boden – und damit ist natürlich das Problem Flächenverbrauch verbunden – bei der Behandlung umweltpolitischer Themen immer etwas zu kurz kommt.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Der Boden ist nicht nur das wichtigste Produktionsmittel für Land- und Forstwirtschaft, nein, er erfüllt im Hinblick auf Grundwasserneubildung, als Lagerstätte, als Flächenfaktor für die Bebauung und natürlich auch als Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt unverzichtbare Funktionen im Naturhaushalt. Aber durch Versiegelung, Abgrabung, Aufschüttung, Zerschneidung oder Bodenerosion nimmt er großflächig Schaden oder verschwindet teilweise als Naturpotenzial vollkommen.

In den Debatten der zurückliegenden Monate, die sich hauptsächlich dem Thema Biodiversität gewidmet hatten, habe ich bereits darauf hingewiesen – weil es da einen untrennbaren Zusammenhang gibt –, dass seit 1990 in Sachsen circa 70 000 Hektar überbaut, asphaltiert und anderweitig natürlichen Funktionen entzogen worden sind. Die diesbezügliche Grafik im Bericht auf Seite 79 zeigt darüber hinaus auch keinen einheitlichen Verlauf. Denn nach einer Abnahme der täglichen Versiegelungsfläche auf rund 3 Hektar im Jahre 2004 waren wir 2006 bereits wieder bei 4,5 Hektar angekommen. Traut man den jüngsten Veröffentlichungen des Statistischen Landesamtes – und ich traue ihnen –, dann sind wir 2007 schon wieder bei weit über 5 Hektar Flächenverbrauch

angekommen. Insofern müssen auch unsere zukünftigen Zielstellungen, die in diversen Strategiepapieren verborgen sind, bis 2010 auf 2,5 Hektar oder 2020 gar auf 1,3 Hektar zu kommen, durchaus immer an die aktuellen Entwicklungen angepasst werden.

Wir müssen dieses Rückgangsziel aber unter allen Umständen ausgeben und versuchen, ihm entsprechende positive Flankierungen zu geben. Denn denken wir doch einmal daran: Während die Bevölkerung seit 1990 in Sachsen um 14 % zurückgegangen ist, hat es eine Steigerung der versiegelten Fläche, also des entwerteten Bodens, um 15 % gegeben. Das heißt im Umkehrschluss übersetzt: Immer weniger Menschen haben mehr Fläche in einen naturfernen Zustand überführt.

Ich glaube, dieser Zahlenvergleich kann deutlich machen, wohin die Reise gehen muss. Deshalb sind auch die im Bericht benannten Pilotprojekte zum kommunalen Flächenmanagement sehr zu begrüßen. Denn sie zeigen den richtigen Weg auf, dass nicht die ständige Inanspruchnahme landwirtschaftlichen Bodens für Bauvorhaben stattfinden darf, sondern die Revitalisierung innerstädtischer Flächen das Gebot der Stunde ist und deswegen diese Pilotprojekte ganz wichtig sind.

Dazu brauchen wir aber auch die Unterstützung der Kommunen, in deren Zuständigkeit wesentliche Instrumente zur Reduzierung des Flächenverbrauchs liegen.

Andererseits – wir wollten ja zunächst ganz fachlich an die Dinge herangehen – sind eben auch rund 50 % aller sächsischen Ackerböden erosionsgefährdet, sodass Zwischenfruchtanbau, Mulchsaatverfahren und anderes unbedingt zur Erhaltung der Bodendecke und zur Verhinderung von Nährstoffverlagerungen in die Gewässer praktiziert werden müssen. Vielfach bedingt durch geogene Vorprägungen, haben wir auch noch eine größere Anzahl von Böden – das können Sie auf Seite 84 nachlesen –, die Schadstoffe enthalten, womit Vorkehrungen für die Lebensmittel- und Futtermittelerzeugung verbunden sind.

Kurzum, die Umsetzung des Bodenschutzrechts, die Erhaltung land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen ohne jegliche Kontamination und die Erhaltung der Transferfunktion bei Grundwasserneubildungen sind und bleiben eine ernst zu nehmende aktuelle Umweltaufgabe.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

In diesem Zusammenhang noch ein kurzer erfreulicher Ausblick auf eine aktuelle Entwicklung, nämlich den Schritt der Staatsregierung, die Altlastenfreistellung mit dem Bund kürzlich endgültig geregelt zu haben. Das stellt eine höchst willkommene Ergänzung für eine weitere Reduzierung beim Flächenverbrauch dar; denn bisher hat das Altlastenrisiko viele Investoren davon abgehalten, in Sachsen Grundstücke zu erwerben und damit wirtschaftliche Innovation auszulösen. Mit dem neuen Doppelhaushalt beginnend kann der Freistaat nun unabhängig von zähen Verhandlungen mit dem Bund und fachbezogen die

Revitalisierung innerstädtischer Brachen steuern und den Flächenverbrauch im Außenbereich zurückfahren.

Meine Damen und Herren, obwohl, was das Stichwort Altlastenfreistellung betrifft, schon hervorragende Beispiele, wie man auf den Seiten 85 bis 87 nachlesen kann, gegeben sind, ist dieser aktuelle Baustein gegen den Flächenverbrauch ein wichtiger und effizienter Beitrag zum Bodenschutz. Das sollte bei der Diskussion des Umweltberichtes auch einmal hervorgehoben werden.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN sowie der Abg. Andrea Roth, Linksfraktion)

Wird von der Fraktion der SPD noch das Wort gewünscht? Frau Dr. Deicke? – Nein. Dann erteile ich das Wort der Linksfraktion; Frau Roth, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mich heute auf das Kapitel Abfälle, konkret Sonderabfälle, konzentrieren, da wir in diesem Jahr hier im Hohen Haus schon mehrfach heftig zum Problem Wasser und Abwasser debattiert haben.