Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Die positive Botschaft des Umweltberichtes wird auch von der Opposition anerkannt.
Die Flüsse sind sauberer geworden, die Luft ist klarer. Es gibt mehr geschützte Räume für Tiere und Pflanzen und
es gibt viel beachtete Erfolge im Kampf um die Rettung von bedrohten Arten. Dabei ist es geradezu tragikomisch, dass die spektakulärsten Erfolge im Artenschutz häufig wenig Gegenliebe in der Öffentlichkeit erfahren und einige von ihnen von unterschiedlichen Lobbygruppen erbittert bekämpft werden.
Der eigentliche Zweck solcher Berichte besteht allerdings im Aufzeigen von Entwicklungsdefiziten als künftige Handlungsaufträge an die Staatsregierung. Die wichtigsten Probleme werden gleich im Vorwort benannt: Klimawandel, Ressourcenknappheit, Flächenverbrauch. Zu zwei dieser Themen möchte ich mich äußern.
Flächenverbrauch: Nach einem Rückgang der Flächeninanspruchnahme steigt dieser seit 2004 wieder deutlich an. Die guten Vorsätze nach der Jahrhundertflut – Stichwort Wasserspeicherfähigkeit und Rückhalteflächen – überlebten also lediglich einen Sommer. Sachsen setzt weiter auf Straßenneubau. Gewerbeparks und Industrieansiedlungen werden zu oft noch auf die grüne Wiese gestellt und Sachsens Kommunen weisen immer neues Bauland am Stadtrand aus, um dann im Innenstadtbereich Wohnungsleerstand zu bekämpfen. Mit weitreichenden Folgen: Wo Wiese und Acker unter Beton verschwinden, verschwinden auch ehemals dort beheimatete Tier- und Pflanzenarten, viele von ihnen für immer.
So fällt das Resümee der Aktivitäten im Kapitel Natur und Landschaftsschutz realistischerweise pessimistisch aus. Trotz Schutzgebietssystem, Biotopverbund und Artenschutzprogrammen muss bei der Entwicklung von Flora und Fauna konstatiert werden, dass Sachsen aufgrund des zunehmenden Aussterbens von Arten weiter verarmt und eine Trendwende seit 1990 nicht erreicht wurde. Mehr als 50 % der Farn- und Samenpflanzen und der Wirbeltiere stehen auf der „Roten Liste“.
Naturschutzvereine und zahlreiche Landbewirtschafter ackern inzwischen verbissen gegen den Trend des fortgesetzten Artenschwundes, indem sie unter anderem Biotope pflegen oder gezielt entwickeln – seit Jahrzehnten vielfach auch ehrenamtlich. Dafür wurden sie mit entsprechenden Förderinstrumenten unterstützt, aus Sicht der Naturschützer nicht gerade üppig, nie ausreichend, was den Gesamtbedarf an Maßnahmen betrifft. Immer wieder müssen Naturschützer und Landschaftspfleger dabei gegen bürokratische Hemmnisse ankämpfen. Als 2003 beispielsweise ein solches zentrales Förderinstrument der Biotoppflege, nämlich die Landschaftspflegerichtlinie, durch die Naturschutzrichtlinie abgelöst wurde, stauten sich die Anträge bei der Bewilligungsbehörde, weil die erforderliche neue Richtlinie der EU zu spät zur Bestätigung vorgelegt worden war. Als dann endlich im November die sächsischen Mittel flossen, konnte ein Großteil der beantragten Maßnahmen nicht mehr durchgeführt werden. Diese Verwaltungspanne findet natürlich keine Erwähnung im Umweltbericht. Nichtsdestotrotz hätte eine kritische Analyse möglicherweise neue Kalamitäten vermieden, denn was sich das SMUL mit der noch relativ
frischen Richtlinie „Natürliches Erbe“ geleistet hat, ist ein Schildbürgerstreich ohne Beispiel. Wie sich die Bilder gleichen: Die alte Naturschutzrichtlinie lief wieder völlig überraschend für die Behörde Ende 2007 aus. Die neue wurde wieder viel zu spät in Brüssel eingereicht. Die Übergangslösung von allgemeinen Ausschreibungen von Pflegeleistungen mussten die Umwelt- und Landschaftspflegeverbände als Affront gegen ihr jahrelanges Engagement in der Biotoppflege verstehen.
Anfang September sollen nun die Zuwendungsbescheide rausgegangen sein. Es ist bereits wieder Herbst. Doch damit fließen längst nicht alle Mittel. Für investive Maßnahmen konnten zwar Anträge schon im Frühjahr gestellt werden, aber zumindest bis Mitte dieser Woche wurden die Anträge durch die Naturschutzbehörden nicht bearbeitet, weil – man höre und staune – die entsprechende Behandlungsrichtlinie noch nicht vorliegt. Ist das nun Unfähigkeit oder Böswilligkeit? Oder sollte die großartige Funktionalreform – –
Herr Staatsminister Kupfer, ich fordere Sie auf, sich heute und hier dazu zu äußern, wann und wie Ihr Haus gedenkt, diese dringende Angelegenheit endlich zum Abschluss zu bringen. Es geht hier um ganz praktischen Naturschutz und ganz nebenbei geht es auch um ganz konkrete Arbeitsplätze in der Landschaftspflege.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit einigen Wochen liegt der auf 124 Seiten umweltschonendem Recyclingpapier gedruckte Umweltbericht für den Zeitraum von 2002 bis 2006 vor. Auf Antrag der Koalition sollte sich die heutige Aktuelle Debatte mit den Ergebnissen des Berichtes auseinandersetzen. Ob es dazu allerdings einer Aktuellen Debatte bedarf, möchte ich bezweifeln, weil der Bericht eigentlich schon im Juli auf der Tagesordnung des Landtags war und dort von der Koalition kein Redebedarf angemeldet wurde. Aber sei es drum. Die Koalition hat sich damit einmal mehr ihr Podium geschaffen, und die Staatsregierung hat, wie es Kollegin Deicke vorhin ausdrückte, eine Pflicht erledigt. Ich finde diese Wortwahl im Übrigen sehr unglücklich, denn Umwelt- und Naturschutz sollten nicht nur Pflicht, sondern auch Bedürfnis sein.
Nun aber zu den Ergebnissen des Umweltberichtes. Wer das Werk aus dem Umweltministerium liest, soll zu dem Schluss kommen, dass es in Umweltfragen in Sachsen eigentlich nur bergauf geht. Die Realität, meine Damen und Herren, sieht aber leider nicht ganz so rosig aus wie im Bericht dargestellt. Auf das Ausgangsniveau hatte
bereits Frau Windisch verwiesen. Ich möchte an dieser Stelle keinesfalls in Abrede stellen, dass Fortschritte erzielt wurden und werden. Der allgemeinen Jubelstimmung des Ministers kann sich meine Fraktion aber nicht anschließen. In vielen Fragen der sächsischen Umweltpolitik gibt es noch immer erheblichen Handlungsbedarf.
Damit komme ich zum Hauptkritikpunkt meiner Fraktion an dem vorliegenden Bericht. Dieser beschränkt sich leider allein auf die Darstellung der Entwicklung in den vergangenen Jahren und geht in keiner Weise auf die zukünftigen Handlungsfelder der Umweltpolitik in Sachsen ein. Wir als NPD-Fraktion erwarten aber von einem Umweltbericht der Regierung, dass aus den in diesem Bericht zusammengefassten Daten auch Konsequenzen gezogen und Perspektiven aufgezeigt werden, die politische Entscheidungen zur Folge haben können.
Dazu einige Beispiele: Für uns ist es nicht ausreichend zu wissen, wie stark die Flächenversiegelung in den letzten Jahren gestiegen ist. Wir wollen stattdessen wissen, wie der Flächenverbrauch endlich gestoppt werden kann. Darüber findet man im Bericht kein Wort, auch nicht über die fortschreitende Zerschneidung der Landschaft und kein Wort dazu, wie der weitere Verlust heimischer Tier- und Pflanzenarten wirksam verhindert werden soll. Dem Bericht fehlen aber nicht nur die zukünftigen Handlungsfelder. Es fehlen auch ein paar Worte zu den Versäumnissen und verpassten Chancen in der Umweltpolitik der von der CDU und später von der Koalition geführten Landesregierung, also ein Hauch Selbstkritik.
Als Beispiel möchte ich hier die Neufassung des Sächsischen Naturschutzgesetzes nennen, zu der meine Fraktion eine Reihe von Änderungsvorschlägen eingebracht hatte. Die Chancen für einen wirksameren Schutz von Natur und Landschaft, die diese Gesetzesnovelle geboten hätte, wurden nicht genutzt. Versäumnisse gab und gibt es auch beim Schutz des ökologischen Netzes Natura 2000. Beispielsweise wurden FFH- und Vogelschutzgebiete zu spät und in zu geringer Zahl gemeldet, sodass Nachmeldungen nötig wurden, womit sich die Reihe der Versäumnisse weiter fortsetzt. Auf Seite 93 des Berichtes wird erwähnt, dass seit 2002 an der Erarbeitung der Managementpläne und der Unterschutzstellung der FFH-Gebiete gearbeitet wird. Dass bisher faktisch kaum eines der Gebiete tatsächlich rechtlich gesichert oder unter Schutz gestellt wurde, wird dabei geflissentlich verschwiegen.
Ich möchte betonen, dass ich an dieser Stelle aufgrund der begrenzten Redezeit nur auf einzelne Aspekte des Berichtes eingehen kann. Es gibt noch eine Reihe weiterer Kritikpunkte meiner Fraktion, etwa bei der Umsetzung präventiver Hochwasserschutzmaßnahmen, der Ausbreitung der Agrogentechnik in Sachsen oder der Energiepolitik. Ich möchte für meine Fraktion abschließend feststellen, dass wir in vielen Bereichen der Umweltpolitik andere Ansätze verfolgen als die derzeitige Regierungskoalition. Den Umweltbericht der Staatsregierung hat meine Fraktion vor der Sommerpause auch ohne Zustimmung einfach zur Kenntnis genommen. Für die Zukunft
erwarten wir von der Regierung, dass sie sich nicht nur auf die Erfassung und Dokumentation umweltrelevanter Daten beschränkt, sondern daraus auch Handlungsfelder für die Landespolitik ableitet und die dafür nötigen Haushaltsmittel bereitgestellt werden. Sonst bleibt der Schutz der Umwelt in Sachsen weiterhin ein auf Recyclingpapier gedrucktes Lippenbekenntnis.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sehr geehrte Herren Staatsminister Kupfer und Wöller!
Herr Lebensminister Kupfer, Sie dürfen heute mit uns aktuell über den Sächsischen Umweltbericht, den unser aktueller Kultusminister Wöller im März vorgelegt hat, diskutieren. Auch unser Ministerpräsident Tillich könnte aufgrund seiner vorherigen Tätigkeit sicherlich noch die eine oder andere Ausführung leisten, selbstverständlich auch Herr Flath.
Wir haben einen Bericht mit hübschen Bildern und Grafiken auf umweltfreundlichem Papier vorliegen. Einige Kollegen unter uns werden sicherlich diese Aktuelle Debatte nutzen, um diverse Endzeitszenarien in den schillerndsten Farben zu erörtern. Ich möchte keine Namen nennen, aber der Herr Lichdi weiß, wen ich meine.
An dieser Stelle muss klar und deutlich gesagt werden, was sich in den letzten 18 Jahren bei uns in Sachsen zum Vorteil für die Umwelt getan hat. Es war sehr viel. Man könnte sagen, die Umwelt in Sachsen erholt sich von 40 Jahren real existierendem Sozialismus.
Apropos Sozialismus: 1988 wurde „Gegenstand und Methode der politischen Ökonomie“ veröffentlicht: „Die politische Ökonomie des Sozialismus hat dazu beigetragen, dass durch die Gestaltung der sozialistischen Produktionsverhältnisse, der sozialistischen Leitung, Planung und Stimulierung ein ökologisch gleichwertiger Stoffwechselprozess zwischen Mensch und Natur gesichert werden kann. Die politische Ökonomie des Kapitalismus hat zu erklären, aus welchen Gründen es im Kapitalismus
zu krisenhaften Störungen in diesem Stoffwechsel kommt und welche Positionen die progressiven Kräfte im Klassenkampf zu diesen Fragen einnehmen.“
Sozialismus und Umwelt bedeutet, was ich in Zahlen aus dem Kreis Borna von 1989 nenne: Emissionsausstoß 691 000 Tonnen Schwefeldioxid, 134 000 Tonnen Staub, 86 000 Tonnen Kohlenmonoxid, 30 000 Tonnen Stickoxide. Der Kapitalismus hat dafür gesorgt, dass wir in Sachsen saubere Luft haben, und nicht der Sozialismus.
Ich darf daran erinnern, was auch schon Frau Windisch ausgeführt hat: In meinem geliebten Erzgebirge wurde von den Sozialisten der gesamte Wald weggeätzt. Ich bin stolz darauf, dass in meinem Erzgebirge endlich wieder Wald wachsen kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen uns bewusst darüber sein, dass sich in der Geschichte der Erde Flora und Fauna laufend verändert haben. Es sind neue Arten entstanden, die im Bericht auch erwähnt werden, aber auch Arten verschwunden. Für die FDP bedeutet Natur auch immer Wandel, nicht das Konservieren willkürlich gewählter Zustände. Das zeigt sich zum Beispiel in Sachsen an der Rückkehr der Wölfe. Ich bin mir sicher, dass es neben den Wölfen noch weitere Beispiele von Tier- und Pflanzenarten gibt, die sich wieder vermehrt in Sachsen finden werden. Tabellen über das Aussterben von verschiedenen Farnen und Samenpflanzen, wie sie im Bericht zu finden sind, sind zu einseitig.