Protocol of the Session on July 10, 2008

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion Herr Brangs, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat so, dass wir als Koalition bereits Mitte 2005 einen Antrag eingebracht haben, der sich mit der Fortführung der Investitionszulage beschäftigt hat. Es ist auch so, dass wir damals eine Begründung gewählt haben, in der es heißt, dass wir das tun, um Handwerk und Industrie genau die Möglichkeiten für Investitionen zu geben, die sie brauchen, um so regionale Wirtschaftsstrukturen zu fördern. Wir sind in der Tat nach wie vor der Auffassung, dass das ein zentrales Instrument für die Investitionsfähigkeit in Ostdeutschland ist. Insofern ist die Begründung, die wir damals gegeben haben, die gleiche, die wir auch heute geben, um diesen Antrag einzureichen.

Die Investitionszulage hat sich bewährt und ist auch von den Investoren sehr gut angenommen worden. Das wird vor allem durch eine Reihe von Zahlen belegt, die die Ansiedlungspolitik deutlich machen. Sowohl national als auch international tätige Unternehmen haben sich in Sachsen angesiedelt. Wir glauben, dass die Fortsetzung dieser Investitionszulage über das Jahr 2009 hinaus notwendig und gerade für die neuen Länder von großer Bedeutung ist.

Insofern habe ich mich auch ein wenig gewundert, um nicht zu sagen, geärgert, als ich vor einiger Zeit die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ lesen durfte. Ab und zu darf ich das auch; ich will zugeben, dass ich das nicht regelmäßig tue. Ich habe einen Kommentar lesen dürfen, den ich gern zitieren möchte. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ wurde zu dem Thema Investitionszulage

Folgendes gesagt: „Damals wie heute war diese Entscheidung politisch und nicht ökonomisch motiviert und grundfalsch. Die Investitionszulage, die den Steuerzahler 650 Millionen Euro im Jahr kostet, ist das widersinnigste aller Förderinstrumente und gehört nicht verlängert, sondern abgeschafft – je schneller, desto besser. Gerade dass sie im Osten so beliebt ist, macht sie verdächtig.“

Ich glaube, wer so etwas schreibt, hat von den tatsächlichen Problemen in Ostdeutschland keinerlei Ahnung.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Er kann maximal vielleicht einmal bei einem WellnessWochenende in Dresden gewesen sein, aber er hat sich nicht die Mühe gemacht, in die Oberlausitz, ins Erzgebirge oder in andere Regionen zu gehen, wo wir diese Investitionszulage dringend brauchen.

Insofern ist es richtig, dass wir weiter über die Einzelinvestitionen reden, denn sie schaffen wettbewerbsfähige Arbeitsplätze. Es ist wichtig, dass sie zur Verbesserung regionaler Wirtschaftskreisläufe beitragen.

Daher begrüßen wir es als Koalition außerordentlich, dass sich die Regierungschefs der ostdeutschen Länder Anfang Mai darauf verständigt haben, dass sie eine Verlängerung dieser Zulage wollen. Wolfgang Tiefensee als Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Länder hat wiederholt geäußert, dass es dort zu einer Regelung kommen muss.

Mein Kollege hat es bereits gesagt, ich will es nur noch einmal kurz erwähnen, weil ich glaube, dass die Zahlen so beeindruckend sind, dass man sie nicht oft genug nennen kann: Wir haben in Sachsen tatsächlich im Jahr 2007 eine Zahl erreicht, die uns an die Spitze der deutschen Bundesländer gebracht hat, was die Schaffung von Arbeitsplätzen anbelangt. Das hat etwas damit zu tun, dass man sehr vorausschauend Investitionen auch gerade für jüngere Unternehmen im Bereich der neuen Technologien gefördert hat. Es hat auch etwas damit zu tun, dass wir mit diesen öffentlichen Mitteln eine Anschubfinanzierung realisiert haben.

Man sollte ganz klar sagen, dass die Regelungen, die wir damals getroffen haben, auch zukünftig nicht falsch sind. Wir müssen alles daransetzen, dass wir eine Übereinstimmung mit der laufenden EU-Förderperiode bekommen, die Ende 2013 ausläuft. Insofern brauchen wir dringend eine Anpassung.

Bei der Diskussion der letzten Tage ist mir aufgefallen, dass es sowohl bei unserem Koalitionspartner als auch in unserer eigenen Partei, der SPD, unterschiedliche Ansätze zum Thema Grundsatzpapiere für die Zukunft des Aufbaus Ost gab, die sich aber im Kern eigentlich sehr ähneln. Beide Parteien haben diese Papiere vorgestellt. Man findet auch in diesen Papieren die Fortschreibung der Investitionszulage bis zum Jahr 2013 sowie die Beibehaltung der Förderhöhe in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“.

Es ist also vollkommen richtig, dass wir dann, wenn wir über regionale Potenziale reden und diese Potenziale erkennen, auch zielgerichtet fördern müssen. Dann können wir auch nachhaltig Wachstum generieren. Insofern ist es wichtig zu erkennen, dass „der Osten“ nicht gleich „der Osten“ ist, dass wir da auch eine sehr ausdifferenzierte Wirtschaftsstruktur haben und dass es nach wie vor neben Regionen, die weiterhin deutlich industrieschwach sind, auch andere gibt, die aufstrebende Kernstandorte sind und positiv auf das Umland ausstrahlen. Aber gerade diese Wachstumszentren müssen weiterentwickelt werden, dort muss die Qualität gesichert werden und vor allen Dingen ist das eine gemeinsame Aufgabe des Bundes, der Länder und der Regionen.

Zu dem Thema der Arbeitslosigkeit will ich nicht weiter ausführen. Mein Kollege hat dazu gerade gesagt, dass wir dort Zahlen haben, die aufhorchen lassen. Aber – das zu sagen ist wichtig – wir müssen auch darüber sprechen: Wenn wir nicht zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung den ökonomischen Aufholprozess realisieren, dann aber doch zumindest zum 30. Wir sollten alles daransetzen,

(Zuruf des Abg. Heiko Hilker, Linksfraktion)

dass wir dann das wirtschaftliche Niveau Westdeutschlands erreichen. – Bitte? –

(Heiko Hilker, Linksfraktion: 40. Jahrestag!)

Ja, gut. Darüber können wir dann noch mal reden, wenn wir den 30. erreicht haben. – Insofern sollte es unser Ziel sein, gemeinsam alles daranzusetzen und alle Wege möglich zu machen, um dieses Ziel zu erreichen.

Für die SPD ist es wichtig, dass in diesem Zusammenhang sozialpolitische Ziele in den Vordergrund gestellt werden. Im Mittelpunkt unserer Forderung ist es insofern konsequent, dass wir darüber nachdenken, die Angleichung der Löhne und Gehälter in den Fokus zu stellen. Natürlich geht es uns auch um das Thema des gesetzlichen Mindestlohnes, der nach unserer Auffassung in Ost- und Westdeutschland die gleiche Höhe haben sollte und als unterste Haltelinie zu verstehen ist. Wir fordern – auch das ist in den Papieren nachzulesen – ein einheitliches Rentensystem für Ost und West.

(Beifall des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

Denn nach Ansicht der meisten in den ostdeutschen Bundesländern werden die hohe Arbeitslosigkeit und die gebrochenen Erwerbsbiografien dazu beitragen, dass die Menschen in Ostdeutschland zukünftig in großen Teilen von Altersarmut betroffen sein werden, und dazu müssen wir etwas tun.

(Staatsminister Thomas Jurk: Dagegen!)

Dagegen, richtig. Danke schön, das war richtig: Etwas entgegen tun und nicht dafür. Wir müssen etwas dagegen tun, dass diese Altersarmut entsteht.

Unser Koalitionspartner stellt in seinem 10-Punkte-Papier vorrangig auf die Heilungskräfte des Wachstums ab, auf die Einführung von Kombilohnmodellen und vor allem

auf die weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und die Schaffung von zusätzlichen Öffnungsklauseln im Bereich der Tarifverträge. Aus unserer Sicht sind das untaugliche Mittel. Aber es gibt auch eine Reihe übereinstimmender Maßnahmen zwischen beiden Parteien und ich glaube, dass genau das die Grundlage unseres gemeinsamen Regierens sowohl im Bund als auch hier in Sachsen ist. Wir sind der Auffassung, dass wir Schwerpunktsetzungen im Bereich der innovationsorientierten Wirtschaft noch stärker in den Blickpunkt rücken müssen. Wir sind der Auffassung, dass wir die Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung verbessern müssen, die Erhöhung der Attraktivität des Forschungsstandortes, den Ausbau von leistungsfähiger Infrastruktur und die Verbesserung der Bildung und Ausbildung erreichen müssen. Insofern gibt es eine hohe Übereinstimmung.

Aber eines möchte ich zum Schluss dann auch sagen, indem ich mich noch einmal auf den Antrag der FDP beziehe: Es ist wirklich so, da muss ich Kollegen Bolick recht geben. Wir haben uns den Antrag genau angeschaut und haben fast identische Textbausteine in dem 10Punkte-Programm der CDU und dem jetzigen Antrag der FDP finden können. Man könnte jetzt sagen: Das ist der Versuch, die Schleimspur zu verbreitern, um sozusagen das Angebot, endlich doch bitte regieren zu dürfen, dann auch noch weiter ernst nehmen zu können. Ich kann nur an die Erwiderung auf die Regierungserklärung Ihres Kollegen Zastrow erinnern. Das war schon mehr oder weniger eine Bewerbungsrede für das Mitregieren als Oppositionspartei. Ich fand es ein wenig unwürdig. Sei es drum! Sie müssen wissen, ob Sie das so machen wollen, ob Sie hier auch weiter so agieren wollen. Dass Sie mit aller Macht an die Regierung wollen, das ist klar. Aber ob Sie es können, da habe ich meine Zweifel.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Ich auch!)

Und ob Sie es jemals schaffen werden, da habe ich noch größere Zweifel. Sie werden es, glaube ich, auf jeden Fall nicht schaffen, wenn Sie Anträge unseres Koalitionspartners abschreiben. Denn wenn Sie sich die Begründung Ihres Antrages anschauen, entlarven Sie sich selbst. Dort sagen Sie nämlich: „Der Osten braucht keine Fortführung der bisherigen Subventionspolitik, sondern Deregulierung und die Möglichkeit, eigene Wege zu gehen und so einen selbsttragenden Aufschwung zu schaffen. Das wird den neuen Ländern seit 18 Jahren verwehrt.“

Ich frage Sie: In welcher Republik, in welchem Land leben Sie eigentlich, dass Sie die Auffassung vertreten, dass der Aufschwung in diesem Land seit 18 Jahren verwehrt wird?

(Verwunderung bei der FDP – Staatsminister Thomas Jurk: Sie kennen Ihren eigenen Antrag nicht!)

Die Zahlen sprechen eine vollkommen andere Sprache.

Vor allem gibt es auch eine Reihe von Beschlüssen der FDP, zum Beispiel die Beschlüsse zur Investitionsstrategie in Ostdeutschland. Darin spricht die FDP von einer

Sonderwirtschaftszone und sie sagt dann heute, etliche Jahre später: Wir taufen jetzt die Sonderwirtschaftszone in eine Modellregion Ost um. – Sie möchte dann trotz alledem Öffnungsklauseln im Bereich des Kündigungsschutzes, sie möchte ein Absenken des Lohnniveaus, sie möchte das Aufweichen des Tarifrechts. All das sind Forderungen, die mit unserer Ansicht von Politik nicht übereinstimmen.

In Wirklichkeit wollen Sie damit die Verhandlungsposition der Gewerkschaften weiter schwächen.

(Lachen bei der FDP)

Dem muss man als Sozialdemokrat und Gewerkschafter sehr deutlich widersprechen. Wenn Sie also glauben, dass Sie in Sachsen einen Wettbewerb über die niedrigsten Löhne gewinnen können, dann werden Sie nicht die Fachkräfte bekommen, die Sie brauchen, um weiter einen lang anhaltenden Aufschwung zu generieren. Gute Arbeit verlangt nach gutem Lohn. Mit einer Niedriglohnstrategie werden Sie den vollkommen falschen Weg einschlagen und niemals – das prognostiziere ich Ihnen – die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West erzielen. Es geht als zentrales Element nämlich darum, dass man auf der einen Seite wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat mit Wettbewerbsfähigkeit herstellt – mit Innovation, mit Wissenschaft, mit Forschung, mit Bildung – und auf der anderen Seite gute, motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, die entsprechend entlohnt werden.

Insofern glaube ich, dass die Instrumente in unserem Antrag zielführend sind. Daher bitte ich um Zustimmung zum Antrag der Koalitionsfraktionen und um Ablehnung des FDP-Antrages.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Jetzt kann die FDP gleich darauf reagieren; Herr Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Prof. Bolick, wenn es um schlecht gemachte Gesetze oder um das Thema geht, wer von wem abschreibt, möchte ich Sie einfach mal an die Geschichte des Ladenöffnungsgesetzes erinnern.

(Beifall bei der FDP)

Das war ein klassisches Beispiel dafür, wie Gesetze schlecht gemacht werden, auch juristisch schlecht, und wie man von jemandem abschreibt. In der Schule würde man sagen: Note 5, Aufgabe nicht erfüllt.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

Ich möchte jetzt gern zu unserem Antrag sprechen. Statt sich schwerpunktmäßig vorrangig damit zu beschäftigen, wie man Steuergelder auf der einen Seite den Unternehmern und Bürgern wegnimmt und auf der anderen Seite

als Subventionen wieder großzügig ausgibt, also den großzügigen Staat spielt, sind andere Ideen gefordert. Ich darf eine dieser Ideen zitieren: „Durch Öffnungsklauseln in bundesgesetzlichen Regelungen wollen wir es ermöglichen, eigene Lösungswege zu entwickeln und umzusetzen. Unser Leitbild ist der föderale Wettbewerb um das bessere Konzept. Dies gilt insbesondere für das Planungs- und Genehmigungsrecht im Blick auf Erleichterungen bei Unternehmensansiedlungen.“

Die Kollegen von der CDU sollten wissen, aus welchem Papier ich hier zitiert habe. Es ist nicht das „MerkelTillich-Papier“, das am 30. Juni 2008 in Halle verabschiedet wurde. Nein, es ist das Wahlprogramm von CDU und CSU zur Bundestagswahl 2005.

(Hört, hört! von der FDP)

Das Papier wurde am 11. Juli 2005 von den Bundesvorständen der CDU und CSU beschlossen, also exakt vor drei Jahren.

(Zuruf des Abg. Heinz Lehmann, CDU)