Die Erwärmungstendenzen im Weltklima der vergangenen 120 Jahre bestreitet heute wohl niemand mehr. Aber entgegen mancher Schreckensszenarien muss auch immer wieder daran erinnert werden, dass alle Vorhersagen von der Güte der diversen Daten in den Klimamodellen abhängen. Hierzu gab es erst vor zwei Monaten den schon lange notwendigen Hinweis, dass kleinräumige, also nichtglobale Modelle zum Beispiel unter Einbeziehung von Meeresströmung wie des Golfstromes – von Aspekten also, die in den Weltmodellen vielfach völlig unterrepräsentiert sind – zu modifizierten Ergebnissen führen und damit erneut belegen, dass natürlich bedingte Schwankungen des Klimas im Verhältnis zum anthropogenen Emissionsgeschehen nicht so wie bisher unterdrückt werden.
Nein. – Die Überschriften in Zeitungen reichten seinerzeit von „Der Kälteschock“ bis „In Europa wird es kühler“. Eine andere Zeitung titelte: „Zehn Jahre Pause für den Klimawandel“.
Meine Damen und Herren! Ich erwähne diese neuen Einsichten ausdrücklich, weil das immer wieder genannte Prognosemodell für Sachsen „Vertex“ ständig an eine
verbesserte Datenlage angepasst werden müsste. Um jedoch nicht missverstanden zu werden, gleich zu Beginn die Aussage, dass alle Ziele zur Verminderung von Emissionen und zur Benennung von Anpassungsstrategien für unser Bundesland gut und richtig sind. Aber da die Einleitung dieses Aktionsplanes von dieser Grundlage ausgeht, habe ich mir erlaubt, auf die aktuelle Situation hinzuweisen.
Wenn man den Folgen von Klimaveränderung – in welcher Intensität auch immer – begegnen will, gibt es nur eine zentrale Frage, denn die Zukunftsfrage ist in diesem Zusammenhang die Energiefrage; und als Industrieland mit verhältnismäßig hoher Bevölkerungsdichte ist Sachsen in besonderem Maße auf eine sichere Energieversorgung zu wirtschaftlichen Bedingungen angewiesen. Sichere und bezahlbare Energie ist eine Grundvoraussetzung für Wachstum und anhaltenden Wohlstand.
Die Gleichrangigkeit von Energie- und Klimafrage führt zwangsläufig zu Zielkonflikten, und alle Vorredner haben diese Situation bereits partiell beschrieben und sind teilweise darauf eingegangen. Diese Zielkonflikte müssen jedoch politisch durch vernünftige Kompromisse gelöst und die vier Säulen nachhaltiger Politik – Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Sozialverträglichkeit – in einem integrativen Konzept als gleichrangige Ziele verfolgt werden.
Die CDU-Landtagsfraktion bekennt sich zu einem solchen integrativen Konzept, das die genannten Ziele nachhaltig und gleichrangig verfolgt, und wir sind überzeugt, dass klimaverträgliche Energieumwandlung und -nutzung mit Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Sozialverträglichkeit vereinbar ist, solange extreme Veränderungen im Energiemix vermieden werden und zugleich keine Energieart tabuisiert wird. – Zu den Einzelheiten möchte ich Folgendes sagen:
Erstens. Wir wollen dafür sorgen, dass ein hinreichendes Energieangebot vorgehalten wird, damit die Preise nicht durch zunehmende Knappheit immer weiter in die Höhe getrieben werden.
Zweitens. Wir wollen Investoren, die bereit sind, moderne Braunkohlenkraftwerke im Sinne der vorhin bereits benannten Brückentechnologie bei uns zu bauen und zugleich in hochmoderne Speichertechnologien für CO2 zu investieren.
Insofern, Frau Dr. Runge, nehme ich das, was Sie vorgetragen haben und was seit einiger Zeit in verschiedenen Fachzeitschriften und anderswo kolportiert wird, durchaus gern auf. Aber dazu zwei Anmerkungen:
Gerade um diesen Wirkungsgradverlust zu erkennen, zu vermeiden und um Verbesserungen zu erzielen, werden
Pilotprojekte gestartet, und ich kann Ihnen nur raten: Besuchen Sie diese Anlage vor Ort und lassen Sie sich die Dinge einmal im Detail erläutern,
und wenn Sie dort waren, verehrte Kolleg(inn)en der Linksfraktion, dann verstehe ich nicht, dass man zu dieser Aussage kommen kann.
Die zweite Anmerkung: Zur Frage des bestehenden bzw. noch nicht bestehenden rechtlichen Rahmens würde ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Bundesrat bereits im März den Weg zur Umsetzung einer europäischen Richtlinie freigemacht hat, damit diese Aspekte auch in Deutschland einen rechtlichen Hintergrund haben.
Drittens. Wir wollen Anreize für einen vernünftigen und umweltschonenden Energieverbrauch geben und setzen uns daher für eine deutliche Steigerung des Anteiles der erneuerbaren Energien im Energiemix ein. Wir halten das sehr ambitionierte Ziel einer Erhöhung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von gegenwärtig etwa 11,5 % auf 20 oder gar 30 % im Jahr 2020 für machbar. Wir setzen auf ein maßvolles Repowering bei der Windenergie, auf Biomasse, Fotovoltaik sowie auf Solar- und Geothermie.
Viertens. Bei Biomasse muss gewährleistet sein, dass ihre Erzeugung und Nutzung nicht unverhältnismäßig zulasten der Lebensmittelproduktion, des Artenschutzes und der Vielfalt unserer Kulturlandschaft erfolgt.
Fünftens. Sachsen verfügt über eine umfangreiche Forschungskapazität auf dem Energiesektor. Wir erwarten eine fortschreitende Intensivierung der Energieforschung; sie muss ein zentraler Baustein der sächsischen Innovationsstrategie sein. Insbesondere geht es um die Erforschung und Entwicklung energieeffizienter und klimaschonender Systeme – von der CO2-armen Kraftwerkstechnik über innovative Speichertechnologien, intelligente Netztechnik, Wasserstofftechnologie, Solarenergie und die Weiterentwicklung der etablierten regenerativen Energien bis hin zur Entwicklung moderner Kraftstoff- und Antriebstechnologien.
Sechstens. Der kürzeste Weg zum Umwelt- und Klimaschutz ist die Steigerung der Energieeffizienz durch die
Vermeidung von Energievergeudung. Experten schätzen die wirtschaftlich darstellbaren Einsparpotenziale auf nahezu 20 % in fast allen Verbrauchssektoren ein.
Wir unterstützen alle diese nachhaltigen und wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen und Anreize zur Erschließung der Einspar- und Effizienzpotenziale in der Industrie, den Privathaushalten, den Gebäuden der öffentlichen Hand und im Verkehrssektor. Dazu zählen insbesondere ein konsequentes Energiemanagement durch die Großverbraucher, Maßnahmen der energetischen Gebäudesanierung, Anreize zur Vermeidung unnötigen Energieverbrauchs, zum Beispiel Stand-by-Schaltungen, oder die Modernisierung von Heizungsanlagen. Wir unterstützen Checks zur Ermittlung der Energieeffizienz in Industrie und Handwerk, die Ausweitung öffentlicher und privatwirtschaftlicher Energieberatungsangebote sowie die Schaffung von Anreizen zur Produktion und zum Erwerb energiesparender und umweltschonender Autos.
Meine Damen und Herren! Einer McKinsey-Studie folgend könnten in Deutschland allein im Gebäudebereich rund 63 Millionen Tonnen CO2 wirtschaftlich sinnvoll eingespart werden. Gemessen an der Gesamtbevölkerung würde auf Sachsen dabei eine Größenordnung der Einsparung von 3 bis 3,5 Millionen Tonnen CO2 entfallen.
Siebtens. Die Nutzung dezentraler Blockkraftheizwerke in Verbindung mit dem Einsatz erneuerbarer Energien ermöglicht eine deutliche Senkung der CO2-Emissionen sowie eine nachhaltige Steigerung der Energieeffizienz. Das heutige Stromnetz ist auf eine zentrale Erzeugungs- und Versorgungsstruktur ausgerichtet. Die flächendeckende Nutzung erneuerbarer Energieträger und der vermehrte Einsatz von Technologien zur dezentralen Stromerzeugung können daher zu Spannungs- und Frequenzschwankungen im Netz führen. Damit das vermieden werden kann und der sichere Betrieb von Haushaltsgeräten und Produktionsanlagen auch künftig gewährleistet bleibt, fordern wir eine zügige Anpassung der Stromnetze und ihrer Regelanlagen an die neuen Erzeugungsstrukturen. Mit großem Interesse und großer Aufmerksamkeit habe ich von Ihnen, Herr Minister Jurk, gehört, dass ein erstes Positionspapier zum Stichwort Stromnetze in Arbeit ist.
Achtens. Die dezentrale Verstromung von Biogas ohne Wärmenutzung ist in der Regel wenig effizient. Um erneuerbare Energien sinnvoll zur Gasversorgung und damit auf dem Wärmemarkt nutzen zu können, sind umgehend die notwendigen technischen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz zu schaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn sich die sächsische Energiepolitik, die in diesem Sinne stets auch Klimapolitik ist, an diesen und anderen – ich gebe zu, von mir nur ausgewählt vorgetragenen – Eckpunkten orientiert, kann Sachsen als Energie- und Industrieland die Vorgaben von EU und Bund zum Klimaschutz einhalten und erreichen. Zu dieser Zielvorstellung kann der vorgelegte Aktionsplan Klima und Energie eine sinnvolle Ergänzung zu den bisherigen Festlegungen leisten.
Wohl wurde die Umsetzung der insgesamt nach meiner Auszählung rund 280 bis 283 Einzelmaßnahmen einer interministeriellen Arbeitsgruppe übertragen; jedoch muss abschließend auch festgestellt werden, dass der vorgelegte Maßnahmenkatalog vielfach noch sehr allgemein gehalten ist.
Die Frage steht: Wie soll man das, was dort aufgeschrieben wurde, eigentlich umsetzen? Mehrfach werden Formulierungen verwendet, die nicht gerade von wissenschaftlicher Durchdringung der Materie zeugen.
Wir regen deshalb an, dass der Landtag im Jahr 2010 in Form eines Zwischenberichtes über die Umsetzung und gegebenenfalls Ergänzung des Planes unterrichtet wird. Dennoch ist der Aktionsplan ein wichtiger Beitrag zu einer ganzheitlich angelegten Klima- und Energiepolitik.
Ich denke, die beiden Staatsminister haben es genannt und demonstriert: Es ist im Grunde genommen ein neuer Arbeitsstil eingezogen, den man sehr begrüßen und unterstützen sollte, indem die zuständigen Ressorts wirklich in ganzheitlicher Sicht die Elemente und Aspekte von Klima- und Energiepolitik anstreben. Insofern haben die Koalitionsfraktionen mit ihrer Initiative, durch einen Antrag dieses Programm überhaupt initiiert zu haben, vielleicht doch eine richtige Entscheidung getroffen.
Dieses Maßnahmenpaket ergänzt die bisherigen Aussagen unter anderem im Klimaschutzprogramm und zeigt Wege auf, wie die zentralen Ziele bis 2020 – die Senkung der Treibhausgasemissionen, die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien am Energieverbrauch und die Steigerung der Energieeffizienz – in Sachsen in der kommenden Zeit erreicht und umgesetzt werden. Die Staatsregierung darf davon ausgehen, dass speziell die Koalitionsfraktionen die Umsetzung und Weiterentwicklung stets aktiv begleiten werden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die bisherige Entwicklung der gesamten Problematik, über die wir hier reden, ist aus heutiger Sicht gesehen eine Entwicklung gewesen, die am Anfang sehr zäh war und dafür jetzt umso schneller vorangeht. Diejenigen, die damals schon hier waren, wissen, dass ich gemeinsam mit Kollegen Gaber von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Anfang der Neunzigerjahre – –