Protocol of the Session on July 10, 2008

angefangen habe, über das Klima und erneuerbare Energien zu reden. Damals hatten wir, was die aktiven Mitkämpferinnen und Mitkämpfer betrifft, einstellige Zahlen in diesem Sächsischen Landtag.

Der Koalitionsvertrag der Fraktionen SPD und CDU hat dieses Thema aufgenommen; Kollege Mannsfeld hatte es bereits genannt. Mit unserem Antrag – ich wiederhole noch einmal die wichtige Passage – forderten wir damals „einen Maßnahmenkatalog der Staatsregierung, mit dem diese auf die vom Menschen verursachten und damit beeinflussbaren Faktoren der Klimaerwärmung in Sachsen reagieren“ soll.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das hat sie hiermit gemacht. Noch unter dem damaligen Umweltminister Tillich gab es Vorgespräche. Das hat eine Weile gedauert, bis wir alles so weit hatten. Aber dann ist es entsprechend vorangegangen.

Um diesen Aktionsplan zu verstehen, möchte ich es, ohne dass wir uns vorher abgesprochen haben, ähnlich wie Kollege Mannsfeld handhaben. Ich möchte Ihnen die Ziele der SPD für die sächsische Energieversorgung vorstellen. Man kann daraus ableiten und verstehen, was an Einzelmaßnahmen und Ideen in diesem Aktionsplan steht.

Wir als SPD haben uns auf drei Schwerpunkte ausgerichtet: erstens die sparsamste Verwendung von Energie, zweitens die höchste Ausbeute an nutzbarer Energie und drittens eine nachhaltige Erschließung eigener erneuerbarer Energiequellen, sodass wir ab 2060 ohne fossile und nukleare Energiequellen Stromerzeugung zu 100 % und Wärmeversorgung zu circa 80 % durch die Nutzung erneuerbarer Energien leisten können.

Bei der Energieeinsparung wollen wir im Gebäudesektor die energetische Sanierung des vorhandenen Gebäudebestandes und die Einhaltung hoher energetischer Standards bei Neubauten fordern und fördern. Die entsprechenden Richtlinien und Verordnungen sind in ihren Vorgaben in Richtung Passivhausstandards zu entwickeln und zu verzahnen. – Das finden Sie hier wieder.

Im Verkehrssektor wird sich Sachsen für eine energetisch verantwortbare Mobilität engagieren, die auch die wahren Kosten der verschiedenen Arten der Mobilität transparent macht. Zur Energieeinsparung bedarf es der stärkeren Förderung verbrauchs- und emissionsarmer Antriebe, eines effizienten und attraktiven Personennahverkehrs unter Einbindung und Nutzung des Individualverkehrs und der Förderung energiearmer Gütertransportalternativen gegenüber dem Straßenverkehr.

Im produzierenden Sektor – Industrie, Landwirtschaft und Gewerbe – soll der Freistaat über die gezielte Innovationsförderung nicht nur für Sachsen selbst Energieeinsparungen erreichen, sondern entsprechende energie- und ressourcenschonende Technologien auch exportieren und damit nachhaltig Arbeitsplätze schaffen.

Im Dienstleistungssektor stellen wir uns vor, dass der Freistaat im Handel die produktionsnahe und verpackungsarme Vermarktung von Produktion und die Nutzung papierloser Kommunikation fördert.

Im privaten Sektor ist die Energieberatung durch den Freistaat unter anderem durch den Aufbau regionaler Energieagenturen in den neuen zehn Landkreisen zu unterstützen, die auch kommunale Gebäude betreuen.

(Beifall der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Für die höchste Ausbeute der genutzten Energie – das war unser Punkt zwei – sind Verluste bei der Energieumwandlung in nutzbare Energie und Verluste bei deren Transport zum Verbraucher zu senken. Vor allem sind die Verluste bei der thermischen Stromerzeugung – diese sind alle größer als 40 % – zu verringern. Deshalb muss der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vorangetrieben und mindestens beim Neubau von Anlagen zur Bedingung gemacht werden.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die Nutzung der Abwärme, nicht nur für unmittelbare Heiz- und Kühlzwecke, zum Beispiel bei der Klimatisierung, muss ebenso vorangetrieben werden wie die Weiterentwicklung verlustarmer Speichersysteme.

Durch Förderung dezentraler im Verbund mit zentraler Energiegewinnung können einerseits Transportverluste vermieden und andererseits schwankende Nachfrage besser ausgeglichen werden. Die Einbindung industrieller Prozesswärme in zentrale und dezentrale Kraft-WärmeKopplungssysteme ist auszubauen. Der mittelfristige Ausstieg aus der Braunkohlenverstromung muss schon heute vorbereitet werden, um ihn sozialverträglich und für die betroffenen Regionen wirtschaftlich fruchtbar zu gestalten.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Für die Restlaufzeit der Kohlenkraftwerke sind die effizientesten und klimaverträglichsten Technologien zu nutzen. Braunkohle soll nach unserem Willen genau wie Erdöl auch weiter als chemischer Rohstoff gefördert und veredelt werden.

Im Verkehrsbereich muss eine stärkere Förderung des Ersatzes fossiler Kraftstoffe durch alternative Kraftstoffe, angefangen bei der Erforschung und Entwicklung bis hin zur Umrüstung von Kraftfahrzeugen und Tankstellen, zu einem Ausstieg von fossilen Kraftstoffen führen. Das werden wir nicht allein durch Biokraftstoffe schaffen.

Für die Landesentwicklungsplanung fordern wir eine Neubewertung der Vorgaben für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, insbesondere für Wind- und Wasserkraftanlagen.

Beim dritten Punkt, die vorwiegende Nutzung erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung betreffend, ist eine Änderung in der Struktur der Anlagen von zentralen Großanlagen in Richtung möglichst vernetzter, zentral gesteuerter dezentraler Anlagen, Stichwort zum Beispiel

virtuelle Kraftwerke, möglich. Damit können wir unser energiepolitisches Hauptziel der Umwandlung der heutigen, fast monopolartigen zentralisierten Energieerzeugung hin zu einer dezentral basierten Energieversorgung umsetzen. Das ist etwas ganz anderes als das, was uns die NPD in ihrem Antrag vor Kurzem weismachen wollte.

Viertens. Die Veränderung in der Erzeugung und Nutzung von Energie und die Erschließung neuer Energiequellen, aber auch Energiespeicher bedürfen eines entsprechenden Vorlaufes in Forschung und Entwicklung. Sie stellen ein großes wirtschaftliches Wachstumspotenzial dar. Sachsen hat in vielen Bereichen – Solar-, Windenergietechnik – gute Voraussetzungen, an denen angeknüpft werden kann. Zur Erschließung des Potenzials bedarf es weiterer Unterstützung durch die Politik, zum Beispiel – so stellt sich die SPD das vor – durch ein Innovationsförderprogramm im Umfang von etwa 20 Millionen Euro. – So weit zu den energiepolitischen Zielen der SPD-Fraktion.

Vieles – es ist ja betont worden, dass das ein gemeinsames Papier ist – finden Sie im Aktionsprogramm „Klima und Energie“ der Staatsregierung wieder. Das ist auch klar, denn wir als Koalition haben die Voraussetzungen dafür geschaffen – Kollege Mannsfeld nannte es – und in den Ministerien ist daran entsprechend gearbeitet worden. Manches fehlt, wie zum Beispiel die Einführung von JobTickets, die jetzt erfolgreich im SMWA umgesetzt werden – ein nachahmenswertes Beispiel in Zeiten, da es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann wir die Zwei-EuroGrenze beim Liter Sprit erreicht haben werden.

Manche Dinge müssen neu gedacht werden, zum Beispiel die Form der Energiespeicherung. Was machen wir denn heute? Ich bringe ein einfaches Beispiel, weil ich nicht so viel Redezeit wie andere Fraktionen habe. Bei der Kohle speichern wir die Energie vorher, bevor wir sie veredeln, veredeln hier im Sinne von Stromerzeugung. Wir fördern die Kohle in Australien, packen sie in Lkws oder Container. Das ist schon die erste Form der Speicherung. Dann kommt sie auf ein Schiff, das ist die nächste Form der Speicherung. Dann kommt sie wieder in einen Container, das ist die dritte Form der Speicherung. Erst dann, wenn wir den Strom brauchen, wird die Kohle verbrannt. Was wir brauchen, ist eine Umkehrung.

Wir haben zukünftig Energiequellen, die nicht zu jeder Zeit zur Verfügung stehen. Wir haben nicht jederzeit Wind, wir haben nicht jederzeit Sonne usw. Wir müssen aber diese Zeiten ausnutzen. Die Energie muss erzeugt werden, wenn sie zur Verfügung steht. Wir müssen es schaffen, die Energie, die wir dann in Strom umgewandelt haben, hinterher wieder in andere verwertbare Energie zu bringen, ohne dass sich der Wirkungsgrad in Größenordnungen extrem verringert, sodass es nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist. An dieser Stelle haben wir großen Nachholbedarf, auch in Sachsen, was die Forschung betrifft. Wir haben hier gute Ansätze, wenn wir allein bedenken, welchen Entwicklungsschritt die Lithiumbatterien und Ähnliches in letzter Zeit gegangen

sind. Aber hier ist noch eine Menge zu tun. Sachsen kann sich gut daran beteiligen und viele Arbeitsplätze schaffen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

In Zukunft muss die staatliche Investitionsförderung sehr viel stärker an energetischen Aspekten ausgerichtet werden. Das ist hier schon gesagt worden. Aus unserer Sicht sind die Förderkriterien Energieeffizienz, um es noch einmal zu wiederholen, die Nutzung erneuerbarer Energien auch auf entsprechenden Gebäudeflächen über den eigenen Bedarf hinaus. Wir haben eine Menge Flächen, und es kann nicht sein, dass wir die ganze Landschaft mit Fotovoltaikflächen zupflastern, während wir noch eine Menge unbebaute Geländeflächen usw. haben, die auf eine Nutzung warten. Eine Ausnahme ist – das sehe ich natürlich auch so –, wenn irgendwo ein alter Flughafen ist, der schon so belastet ist, dass allein die Beseitigung der Altlasten so teuer würde, dass es viel praktischer ist – das haben wir auch befürwortet –, wenn dort eine entsprechend große Fotovoltaikanlage installiert wird.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Es ist wichtig, dass sich Sachsen darüber klar wird, dass eine Kommune auch dann erhöhte Anfangsinvestitionen für energetisch nachhaltige Maßnahmen bekommt, wenn sie zum Beispiel unter dem Finanzierungsvorbehalt steht, dass sie sozusagen schon überschuldet ist. Sie bekommt dann in der Regel diese Gelder nicht, aber das hilft ihr nicht, sondern es hilft ihr sehr viel mehr, wenn sie trotzdem Gelder bekommt – wobei sie natürlich nachweisen muss, dass es sich in vier bis fünf Jahren positiv auf den Haushalt dieser Kommune auswirkt. Hier können wir noch eine Menge tun. Es gibt schon eine grundsätzlich richtige Orientierung im Aktionsplan, die fortgeführt werden muss.

Aufgabe unserer beiden regierungstragenden Fraktionen wird es sein, die Umsetzung dieses Aktionsplanes mit eigenen Vorstellungen und Anträgen zu begleiten und für seine Umsetzung ausreichende Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.

Zu den konkreten Maßnahmen des Aktionsplanes nur ganz wenige Anmerkungen meinerseits.

Landesentwicklungsplan – Regionalplanung. Ich halte die quantitative Vorgabe für sehr wichtig, was die breite regionale Beteiligung betrifft. Wir werden das auch sehr kritisch begleiten. Ich erhoffe mir zum Beispiel in der Region, aus der ich komme, dem Erzgebirge, Wertschöpfung durch erneuerbare Energien, die heute so noch nicht geleistet wird. Ich halte es für wichtig, dass die Erstellung regionaler Energie- und Klimaschutzkonzepte ausdrücklich aufgenommen wird. Wir haben Ansätze mit energieautarken Regionen, die diese Konzepte brauchen. Ich halte es auch für ganz wichtig, dass die Überprüfung der Auswirkung der Raumordnungspläne ausdrücklich vorgesehen ist.

Frau Runge, hierin kann ich Ihnen recht geben: Manchmal stimmt die Abwägung nicht, wenn ich sehe, wie bestimmte Windkraftanlagen von ganz unterschiedlichen Ebenen – das geht bei der Kommune los über den Landkreis usw. – einfach abgebügelt werden, weil sie jemand nicht will oder weil irgendein Landrat der Meinung ist, dass er, wenn er in seinem Kreis drei Windanlagen hat, das Erneuerbare-Energien-Ziel erreicht hat oder Ähnliches. Hier gibt es noch eine Diskrepanz, die gut diskutiert werden muss. Wir müssen die Leute mitnehmen; wir können es nicht gegen die Menschen durchsetzen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Zu erneuerbaren Energien, Energieeffizienz in Industrie und Gewerbe. Ich halte das für sehr wichtig, ökologisch und ökonomisch; der Wirtschaftsminister hat einiges dazu gesagt. Aus unserer Sicht kommt auch der SAENA eine große Bedeutung zu, und es ist deshalb diskutierenswert, dass wir über eine Personalaufstockung nachdenken sollten. Die SAENA ist eigentlich heute schon überfordert mit den vielen Aufgaben, die sie hat. Ich könnte mir das gut vorstellen. Es gibt Diskussionen, wie man die SAENA nennen sollte, sie heißt SAENA. Vielleicht können wir uns irgendwann einmal auf ein eigenes Wort einigen. Sie wissen alle, was gemeint ist, das ist die Energieagentur.

Was die erneuerbare Energie und Energieeffizienz in Gebäuden und Haushalten betrifft, so wird das die große Masse der Einsparungen bringen. Aus unserer Sicht haben deshalb die Verbraucherzentralen, die in diesem Papier ausdrücklich genannt werden, eine wichtige Aufgabe. Sie brauchen Unterstützung. Wenn ich die Ankündigungen in den Haushaltsvorberatungen richtig verstanden habe, werden sie auch mit höheren Mitteln ausgestattet.

Wichtig sowohl für Industrie und Gewerbe als auch für Gebäude und Haushalte ist die Kontrolle der Einhaltung der Energieeinsparverordnung. Das ist nicht nur in Sachsen ein absoluter Schwachpunkt. Hier müssen wir als Parlament tätig werden, damit das wirksam durchgesetzt wird.

Ich gebe Ihnen noch eine andere Idee mit auf den Weg: Ich halte es für durchaus überlegenswert, die erste Energieberatung, vor der die Betroffenen entweder Angst haben, weil sie nicht so richtig Geld ausgeben wollen, oder bei den kleinen Betrieben, die gar keine Zeit dafür haben, weil sie mit ihren Aufträgen vollkommen überlastet sind, zumindest finanziell zu unterstützen. Das würde Sachsen energiepolitisch und ökonomisch eine Menge bringen.

Zum Verkehr – einem bisher vernachlässigten Bereich: Die geplante Überarbeitung des Landesverkehrsplanes ist aus meiner Sicht ein mutiger Schritt, wenn man bereit ist, die Anmerkungen der deutschen und internationalen Verkehrswissenschaftler zu berücksichtigen.

Zur staatlichen Verwaltung habe ich bereits einiges ausgeführt. Ich möchte lobend die neue Richtlinie der SIB erwähnen, die noch unter dem damaligen Finanzminister Metz angestoßen wurde; das ist ein sehr fortschrittliches

Papier. Der GRÜNEN-Antrag zur klimaneutralen Dienstreise findet sich in dem vorliegenden Papier ebenfalls wieder. – Zur Forschung habe ich einiges gesagt.

Zusammenfassend: Wir stehen am Anfang einer Neuausrichtung sächsischer Politik. Die SPD unterstützt diese Neuausrichtung und wird sie konstruktiv und aktiv begleiten.

Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort; Herr Dr. Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Vormerkung kann ich mir nicht verkneifen: nämlich, dass sich der Grad der Wertschätzung, welche den Abgeordneten dieses Parlaments durch die Staatsregierung – hier vertreten durch ihre Minister Jurk und Kupfer – entgegengebracht wird, auch daran ablesen lässt, dass der sogenannte neue „Aktionsplan Klima und Energie“ des Freistaates Sachsen gestern zuerst den Medienvertretern vorgestellt wurde und nicht den gewählten Volksvertretern im Sächsischen Landtag. Nun gut.

Vor dem Hintergrund, dass sich die Regierungsfraktionen nicht auf eine Neufassung des bisher sehr einseitig braunkohlenlastigen Energieprogramms für Sachsen einigen konnten, haben wir nun wenigstens einen Aktionsplan für Klima und Energie vorliegen; denn ein neues sächsisches Energieprogramm ist eigentlich längst überfällig, um die Ressourcen zu schonen, den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden und die Abhängigkeit von Energieimporten zu vermindern. Dass es eine Fortschreibung des Energieprogramms bisher nicht gab und man das Thema aufgrund von Streitigkeiten in der Koalition für diese Legislaturperiode einfach ausgesetzt hat, ist für die NPD-Fraktion nach wie vor absolut inakzeptabel.

Erfreulich ist, dass nun aber zumindest ein wesentlicher Teil des Energieprogramms behelfsweise im vorliegenden Aktionsplan aufgegriffen wurde. Keinesfalls entbindet dies aber die Regierung von ihrer Pflicht, neben dem Aktionsplan endlich ein überarbeitetes Energieprogramm vorzulegen. Das Gleiche gilt für das Klimaschutzprogramm des Freistaates aus dem Jahr 2001.