Protocol of the Session on June 19, 2008

und wo es nicht einmal Einsparungen bringt, dann ist das eine Phase, zu der ich emotional sage: Es ist doch gottverdammt verlogen, hier etwas hochzuziehen, was noch gar nicht da ist, und auf der anderen Seite rigoros zu privatisieren.

(Beifall bei der SPD)

Sie spielen hier den Retter in einer Richtung, die überhaupt noch nicht da ist. „Zünd’ an, es kommt die Feuerwehr!“, genau dieses Spiel spielen Sie hier.

(Stefan Brangs, SPD: Genau!)

Gestatten Sie mir nun – wenn ich die Zeit noch habe –, zum rationalen Grund unserer Ablehnung zu kommen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Die Koalition spricht mit gespaltener Zunge! – Interne Wortwechsel zwischen Abgeordneten der Linksfraktion und der SPD)

Noch einmal: Ich verweise auf die Kleine Anfrage, darin steht ganz konkret, dass dieser Rechtsformwechsel zurzeit in der Prüfung ist,

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Die Beschlussvorlage ist fertig!)

und um es vorwegzunehmen: Die SPD-Fraktion spricht sich derzeit gegen einen Rechtsformwechsel des Staatsbetriebes aus; denn gerade beim jetzigen Stand der Dinge können wir keinen Nutzen erkennen. Diese Auffassung ist auch nicht neu. Wir haben seit 2006, als das SMF begann, diese Privatisierung, diesen Rechtsformwechsel vorzubereiten und zu prüfen, immer wieder den Prozess hinterfragt. Wir haben Gespräche mit dem Betriebsrat geführt; ich weiß nicht, ob Sie dies getan haben. Wir haben mit der

Gewerkschaft ver.di darüber gesprochen, und wir haben uns im Rahmen der Verwaltungs- und Funktionalreform sehr intensiv mit der Zukunft von Staatsbetrieben beschäftigt und das Für und Wider abgewogen.

Bisher gibt es nur erste Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zur Privatisierung des Staatsbetriebes Schlösser, Burgen und Gärten. Die Ergebnisse wird man letztendlich abwägen. Eine Abwägung nicht aus rein finanziellem Aspekt, sondern aus kulturpolitischem Aspekt fehlt noch ganz. Wir werden hier hinterfragen: Was wird gewonnen, wenn der Staatsbetrieb privatisiert werden sollte? Wo sollen Rationalisierungspotenziale oder zusätzliche Gewinnmöglichkeiten liegen? Gibt es diese überhaupt? Was wird mit den Nutzern? Am Investitionsbedarf oder Pflegeaufwand eines Schlosses wird sich mit Sicherheit nicht viel ändern. Ein kulturpolitischer Mehrwert, Flexibilisierung, Budgetierung, Vorteile für die Bewirtschaftung, besseres Sponsoring oder Mäzenatentum muss erst für uns nachvollziehbar dargelegt werden. Einzig fiskalische Vorteile durch rein privatwirtschaftliche Personalbewirtschaftung zählen für uns nicht. Nur um Arbeitnehmer von der allgemeinen Lohnentwicklung abzuschneiden, werden wir einen Rechtsformwechsel nicht mittragen.

(Beifall bei der SPD – Karl Nolle, SPD: Sehr gut! Bravo!)

Diejenigen, die bereits in der vergangenen Legislaturperiode im Landtag saßen, kennen unsere Position; sie ist nicht neu. Wir haben uns auch damals schon gegen diese Bestrebungen ausgesprochen. An dieser Auffassung hat sich für die SPD-Fraktion bis heute nichts geändert.

Meine Damen und Herren von der Linksfraktion und von den GRÜNEN, es hätte dieses Antrages nicht bedurft. Mit uns wird es eine unsolide Änderung der Rechtsform nicht geben. Wir haben das seit 2006 verhindert, und wir werden diesbezügliche Bestrebungen des SMF auch jetzt nicht mitzeichnen. Dazu sind wir schließlich auch in der Koalitionsregierung.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Die NPDFraktion; Herr Abg. Gansel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Zittau wird Wien, Görlitz Paris“ – so betitelte erst kürzlich der Sachsen-Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ seinen Artikel über den Aufstieg Mitteldeutschlands und insbesondere Sachsens zu einem bei internationalen Filmproduzenten hoch geschätzten Drehort. Besonders gefragt sind die vielen Burgen, historischen Bauten sowie Gärten Mitteldeutschlands. Sie bieten den Filmleuten eine Originalkulisse, die man in den geschichtsarmen Vereinigten Staaten von Amerika nicht findet und erst aufwendig und mit hohem finanziellem Aufwand nachbauen müsste.

So wurde erst jüngst der hochkarätige Film „Die Gräfin“ in Sachsen abgedreht, für den unter anderem zwei der schönsten sächsischen Burgen – die Meißner Albrechtsburg und die von der Zschopau umflossene Burg Kriebstein – als Filmkulisse dienten. Sachsen bietet eben noch ein authentisches Geschichtskolorit, während viele Orte im Westen durch zu viele Filmproduktionen diesbezüglich ihren Reiz bereits verloren haben.

Damit dieses Geschichtskolorit erhalten bleibt, müssen nach Auffassung der NPD-Fraktion die Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten auch weiterhin als Staatsbetrieb verwaltet werden. Der Erhalt und die Pflege der teilweise als Weltkulturerbe eingestuften Bauten müssen weiterhin Vorrang vor betriebswirtschaftlichem Effizienzwahn und kaltem Profitstreben haben. Einer wirtschaftlichen, ja selbst gewinnorientierten Verwaltung steht die Rechtsform des Staatsbetriebes aber auch gar nicht im Weg. Das zeigt sich unter anderem daran, dass schon jetzt internationale Filmteams für die sächsischen Schlösser und Burgen begeistert werden können und diese für die Filmkulissen auch gutes Geld zahlen. Außerdem hat der Sächsische Rechnungshof festgestellt, dass bei der Verwaltung des Kulturerbes keine Wirtschaftlichkeitskriterien vergleichbar der Privatwirtschaft anzulegen sind.

Eine Privatisierung der sächsischen Schlösser, Burgen und Gärten böte keinen einzigen durchschlagenden Vorteil, sie wäre hingegen mit vielen nicht abschätzbaren Risiken verbunden. Zunächst einmal würde sich der Freistaat Sachsen mit der Liquidierung des Staatsbetriebes um jede gemeinwohlorientierte Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeit für seine eigenen Schlösser, Burgen und Gärten bringen. Eine Privatisierung wäre im Grunde genommen sogar verfassungswidrig, da – das hat selbst der Redner der CDU herausgestellt – Kultur als solche Verfassungsrang hat. Sie wäre auch deswegen verfassungswidrig – hierüber besteht in der Staatsrechtsliteratur Einigkeit –, weil es genuine Staatsaufgaben gibt, die Privatisierungsabsichten klare Grenzen setzen. Für die NPD ist klar, dass die Erhaltung und Sanierung des baulichen nationalen Kulturerbes unter Wahrung aller denkmalpflegerischen Belange zu ebendiesen genuinen Staatsaufgaben zählen, die vor dem neoliberalen Privatisierungswahn zu schützen sind.

Eine Privatisierung der sächsischen Schlösser, Burgen und Gärten verstieße darüber hinaus gegen das demokratische Legitimationsgebot allen staatlichen Handelns; denn es ist wohl unstrittig, dass die Privatisierung eines wesentlichen Teils des sächsischen Kulturerbes durch einen einfachen Kabinettsbeschluss ein angemaßter und demokratisch nicht legitimierter Willkürakt wäre. CDU, SPD und FDP sei hier noch einmal ins Stammbuch geschrieben, dass man das nationale Kulturerbe schlicht und ergreifend nicht an Privatinvestoren verschleudern darf, für die zwar alles einen Preis, aber nichts mehr einen Wert hat.

Viele Landsleute aus dem Westen, aber auch Besucher aus der ganzen Welt waren gerührt, als sie nach dem Mauer

fall das für sie unbekannte Mitteldeutschland besuchten und hier etwas vorfanden, was sie andernorts vermisst hatten: eine deutsche Kulturlandschaft mit der Aura des Altehrwürdigen und mit dem Charme einer vorkapitalistischen Authentizität, die mittlerweile teilweise verloren gegangen ist.

Arnulf Baring erklärte am 24. Oktober 2005 in einem Interview mit dem „Spiegel“: „Ich habe meine Frau, die aus Hamburg stammt, überhaupt erst dadurch für Deutschland begeistern können, dass wir in die Lausitz gereist sind, in Bautzen und Görlitz waren, wunderschönen alten Städten. Die meisten wissen bis heute nicht, dass es so etwas bei uns gibt, dass es ein großer Reichtum für das wiedergewonnene eigene Land ist, diese Welt für sich zu entdecken.“ So der Historiker und Universitätslehrer Arnulf Baring 2005.

Meine Damen und Herren! Diesen Reichtum müssen wir auch weiterhin schützen und bewahren. Der Gedanke, dass beispielsweise die Meißner Albrechtsburg an Privatinvestoren verhökert wird und nach einer Privatisierung zu einer Art Disneyland verkitscht werden könnte, ist jedenfalls unerträglich. Die NPD-Fraktion wird deswegen aus Grundsatzüberzeugung dem Antrag der Linken und der GRÜNEN zur Beibehaltung der Rechtsform des Staatsbetriebes und damit zum Erhalt der sächsischen Schlösser, Burgen und Gärten zustimmen.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion, bitte; Herr Abg. Zastrow.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Sie wollen keinen Eintritt in Pillnitz, aber die Privatisierung!)

Da gibt es ganz andere Möglichkeiten, Herr Dr. Hahn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, meine verehrten Kollegen von den Linken, es geht ein Gespenst um in Sachsen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Jawohl!)

Aber das ist eben anders als bei jenem Gespenst, das Ihnen quasi vor genau 160 Jahren von zwei deutlich überschätzten Philosophen in Ihre Gründungsfibel getextet worden ist

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Herr Zastrow, zum Thema!)

und daraufhin tatsächlich zum Schaden der Menschen durch Europa geisterte.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Neoliberal!)

Herr Hahn, bleiben Sie ganz ruhig!

Seit dem Kommunistischen Manifest haben Sie es ja mit Gespenstern, Herr Hahn. Deswegen haben Sie wieder ein

neues Gespenst entdeckt, und zwar das Privatisierungsgespenst.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Nein, der Eintritt in die Gärten!)

Aber eines ist ganz klar: Sie stochern komplett im Nebel. Sie wissen nichts Genaues. Sie sind einfach nur dem Reflex erlegen, den das Wort Privatisierung immer bei Ihnen auslöst. Das ist die eine Seite, wahrscheinlich die eher natürliche Seite bei Ihnen.

Für die zweite Seite Ihres Handelns – das haben meine Vorredner schon zum Ausdruck gebracht – habe ich allerdings weit weniger Verständnis, auch wenn man wahrscheinlich feststellen muss, dass auch das in Ihrer Natur liegt. Denn Sie versuchen mit Vermutungen, mit vagen Deutungen und Behauptungen schlichtweg den Eindruck zu erwecken, als ginge es um den Ausverkauf der sächsischen Burgen, Schlösser und Gärten.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Sie werden immer langweiliger!)

Sie spinnen künstliche Horrorszenarien, die mit dem eigentlichen Sachverhalt überhaupt nichts zu tun haben. Das können wir als FDP beim besten Willen nicht akzeptieren.

(Beifall bei der FDP)

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich mit dem Sachverhalt etwas eingehender beschäftigen, statt wieder einmal eine ganze Kuhherde durchs Dorf zu jagen, nur weil von Privatisierung die Rede ist. Deswegen schlage ich Ihnen vor, die Diskussion an dieser Stelle vom Kopf auf die Füße zu stellen.

Es geht bei den Überlegungen zur künftigen Schlösserverwaltung nur um eine vielleicht effizientere Betriebs- und Organisationsform. Es ist uns allen, glaube ich, klar, dass natürlich all die Kunst- und Kulturschätze, die wir haben, weiterhin im Eigentum des Freistaates bleiben.

Was allerdings falsch daran sein soll, wenn man die ineffiziente Struktur eines Staatsbetriebes überprüft und vielleicht durch eine zeitgemäßere Struktur ablösen will, das kann ich nicht erkennen.

(Beifall bei der FDP)

Die Vorteile einer möglichen GmbH-Lösung liegen aus unserer Sicht auf der Hand. Sie ermöglicht mehr Flexibilität und Unabhängigkeit, vor allem natürlich auch von Ministeriumsentscheidungen. Eine GmbH entscheidet selbst weitestgehend eigenständig über ihre Strategie, auch über ihr Personal und dessen Bezahlung sowie die Anzahl der Stellen. Es gibt dann keine staatlich verordneten Stellenpläne mehr.