Protocol of the Session on June 19, 2008

Fazit: Kinder lernen, indem sie die Welt entdecken. Wir haben die gemeinsame Verantwortung, Kindern diese Erfahrungen zu ermöglichen. Wir haben die Verantwortung, die politischen Weichen so zu stellen, dass die Kinder diese Erfahrungen machen können.

Nun zu der Frage, wie wir diesem Anspruch gerecht werden. Es ist heute schon von vielen Rednern die Bertelsmann-Studie zu den frühkindlichen Bildungssystemen in Deutschland, die vor wenigen Wochen veröffentlicht worden ist, zitiert worden. Ich will das ebenfalls mit der einen oder anderen Feststellung ergänzen. Es ist gesagt worden, dass angesichts des föderalen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland mit 16 unterschiedlichen Systemen auch in der frühkindlichen Bildung ein exakter Vergleich nicht möglich ist. In jedem Bundesland gibt es andere Voraussetzungen und andere Prioritätensetzungen.

Von daher, meine Damen und Herren, haben uns die Ergebnisse der Studie für Sachsen nicht überrascht. Sie zeigen an vielen Stellen – wo ein Vergleich einigermaßen möglich ist –, dass Sachsen hervorragend aufgestellt ist. Ich will das mit einigen Zahlen untersetzen. Mit Ausgaben in Höhe von 2 226 Euro pro unter zehnjährigem Kind liegen wir über dem Durchschnitt der ostdeutschen Bundesländer. Sachsen gab damit 6,1 % der Nettoausgaben der öffentlichen Haushalte für die frühkindliche Bildung aus. Diese Zahlen, meine Damen und Herren, resultieren noch aus dem Jahre 2005. Jeder von Ihnen, der irgendwann einmal in den Haushalt für die Jahre 2006 bis 2008 und in den jetzt in Vorbereitung befindlichen Haushalt 2009/2010 schaut, weiß, dass sich diese Summe um ein Vielfaches erhöht hat und wir inzwischen garantiert knapp unter der Zehn-Prozent-Marke liegen.

(Beifall bei der CDU)

Das sind die Realitäten, meine Damen und Herren!

Ein weiterer Punkt, der von Ihnen, meine Damen und Herren der Opposition, nicht genannt worden ist und den ich deshalb nennen möchte: Es geht um das Qualifikationsniveau der Erzieherinnen und Erzieher. Dort konnten wir umfassend punkten. Das ist die Wahrheit! Das konsequent umgesetzte Fachkräfteprinzip hat dazu geführt, dass fast 90 % des Personals in den Kitas über einen Fachschulabschluss verfügen. Das ist keine Normalität in Deutschland, wenn Sie, meine Damen und Herren, andere Fakten anführen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei circa 70 %.

Fast 4 % des Personals mit einem Hochschulabschluss sind in Sachsen bereits realisiert, und Sie haben selbst darauf hingedeutet, dass wir einen Weg zur Erhöhung dieses Bereiches gehen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei ungefähr 3 %. Auch dies sind Daten, die man in der Öffentlichkeit erwähnen muss.

(Beifall bei der CDU)

Der Report erwähnt außerdem die zahlreichen Projekte, mit denen wir Impulse für die fachliche Weiterbildung der Kindertagesstätten geben. Er erwähnt eine Vielzahl von Projekten, die in Sachsen diesbezüglich auf den Weg gebracht werden und inzwischen viele Nachahmer gefunden haben.

Wir haben als einziges Bundesland verbindliche Regelungen und Standards zur Zusammenarbeit zwischen Kitas und Grundschulen geschaffen – als einziges! Auch die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel ist in Deutschland nach wie vor ein Unikat, meine Damen und Herren.

Der sächsische Bildungsplan und seine Verbreitung werden ebenfalls sehr positiv bewertet. Nicht im Detail erfasst werden die weiteren Initiativen zur Qualitätsverbesserung in den Kindertagesstätten wie auch die gesetzliche Verankerung von Qualitätssicherungssystemen. Aber auch dabei, meine Damen und Herren, wäre mir um eine differenzierte Vergleichsstudie überhaupt nicht bange; wir würden auch hier auf jeden Fall auf den vorderen Plätzen liegen.

Ebenfalls müsste die Erweiterung des Bildungsplanes auf die Bereiche Tagespflege und Hort sowie die Rahmensetzung für eine erfolgreiche Kooperation zwischen Hort und Grundschule erwähnt werden. Auch dabei gibt es keine Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Ländern.

Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat so, dass die Studie auf den gültigen Personalschlüssel in Krippe und Kindergarten abgehoben hat. Darin steht deutlich, dass diese Situation auf den Prüfstand gehört. Auch dies wissen wir und wir haben es vielfach diskutiert und stellen uns dieser Aufgabe. Ich kann Sie nur aufrufen, uns in der Haushaltsdebatte bei dieser Veränderung, die heute – und auch gestern vom Ministerpräsidenten – bereits genannt worden ist, zu unterstützen.

Die Erzieherinnen und Erzieher haben in den vergangenen Jahren die inhaltliche Weiterentwicklung ihrer Arbeit, dem Bildungsplan und die Gestaltung des Überganges an die Grundschule mit einem großen Engagement begleitet. Dies gilt nicht nur für die Erzieherinnen und Erzieher, sondern auch für die Fachberater, für die Träger und die wissenschaftlichen Mitarbeiter an der Technischen Universität sowie für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in meinem Hause. An dieser Stelle möchte ich all jenen noch einmal herzlich Danke sagen; denn hierbei ist in der Tat Hervorragendes geleistet worden, und dies muss auch deutlich hervorgehoben werden.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Sie haben in der gestrigen Regierungserklärung gehört, dass wir auf einem guten Weg sind, aber dass das eine oder andere noch verändert bzw. verbessert werden muss. Doch ich denke, Ihnen allen ist klar, meine Damen und Herren der Opposition, dass Bildungsaktivitäten nicht im 24-Stunden-Takt zu ändern sind, sondern dass eine geraume Zeit benötigt wird, um Qualität anzubieten. Wir haben den frühkindlichen Bereich so, wie wir uns das in der Koalition vorgenommen haben, in den letzten vier Jahren umfassend verändert und umfassend qualifiziert. Wir haben zwei Punkte, die bis zum Ende der Legislaturperiode noch im Programm stehen, bereits jetzt erfüllt.

Der eine Punkt, die Veränderung des Personalschlüssels, ist angesprochen worden; der zweite Punkt, die Modernisierung der Ausbildung der Erzieher(innen) – darüber berichtete Frau Dr. Schwarz bereits –, ist seit Längerem in einer interministeriellen Arbeitsgruppe auf einem guten Weg, sodass wir heute an dieser Stelle deutlich sagen können: Ein Jahr im Voraus haben wir die Dinge, die wir in der Koalition vereinbart haben, bereits eins zu eins umgesetzt.

Dies, meine Damen und Herren, ist eine gute Voraussetzung, den Bereich der frühkindlichen Bildung in das Kultusministerium überzuleiten – ich darf noch einmal ganz deutlich sagen –: nicht als Teil des schulischen Bildungsbereiches, sondern als eigenen, qualifizierten frühkindlichen Bildungsbereich. Mir ist nicht bange, dass hierbei die gute fachliche Arbeit im Kultusministerium mit meinem Kollegen Dr. Roland Wöller weitergeführt wird. Wir werden auch in den nächsten Wochen und Monaten – dies kann ich Ihnen hiermit versprechen – eine Reihe von Qualitätsverbesserungen durchführen, und ich bedanke mich nochmals herzlich für das Verständnis der Koalitionsfraktionen und für die große Unterstützung.

Danke.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren, damit ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von den Fraktionen der CDU und der SPD zum Thema „Frühkindliche Bildung auf gutem Weg“, abgeschlossen.

Ich rufe auf

2. Aktuelle Debatte

Das Böse ist immer und überall – die Position Sachsens zur aktuellen Verschärfung der Sicherheitsgesetze

Antrag der Linksfraktion

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Da kommt es schon! – Allgemeine Heiterkeit)

Ich denke, dieser Zwischenruf war etwas deplatziert.

Zunächst hat die Linksfraktion das Wort, danach folgen CDU, SPD, NPD, FDP und GRÜNE. Herr Bartl, Sie haben das Wort.

„Das Böse ist immer und überall“ – wo der Herr Justizminister ist, wissen wir momentan nicht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst Ihnen, Herr Staatsminister Dr. Buttolo – gedacht war es auch für Herrn Staatsminister Mackenroth –, die Sie gestern durch den Ministerpräsidenten erneut für die beiden Kernämter des wehrhaften Rechtsstaates wiederernannt worden sind, wie sich das gehört, unsere Gratulation und unsere guten Wünsche für eine gesunde und stets verständige Amtsführung!

(Zuruf von der CDU: Meinen Sie das ehrlich?)

Zu den Vorstellungen der neuen Regierung auf dem Terrain der Innen- und Rechtspolitik hat Ministerpräsident Tillich in seiner gestrigen Regierungserklärung so gut wie nichts verlautbaren lassen, außer einem einzigen Satz, wenn ich mich recht erinnere, der allerdings wichtig genug war und für den wir ihn beim Wort nehmen werden: das Versprechen, für eine anforderungsgerechte personelle und sächliche Ausstattung der sächsischen Polizei zu sorgen – was hoffentlich auch bedeutet, dieses unsinnige personelle Abbauprojekt und dieses oder jenes völlig unsinnige Reformvorhaben, zum Beispiel die sächsische Bereitschaftspolizei betreffend, neu zu durchdenken. Ansonsten herrscht auf diesem Gebiet großes Schweigen. Das hat uns auch nicht überrascht. Die Sicherheits- und Rechtspolitik ist nicht das Terrain, auf welchem der Ministerpräsident seine Vorstellungen ins Schaufenster stellt.

Deshalb wollen wir Ihnen, Herr Innenminister, sowie dem Herrn Staatsminister der Justiz – ihm aus meiner Sicht sogar etwas vorrangiger – Gelegenheit geben, ein wenig Farbe zu bekennen, wohin die Reise gehen soll. Ich hoffe sehr, dass Herr Mackenroth, wenn er es vielleicht woanders hört, so offenherzig wie in seinem Grundsatzvortrag vom 3. Juni vor der Forschungsstelle für deutsches und europäisches Verfassungsrecht der Technischen Universität Dresden ist. Dazu waren wir logischerweise als Opposition nicht geladen,

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Das ist richtig!)

sodass wir auf die entsprechenden Informationen der Medien angewiesen sind.

Darum haben sich besonders die „DNN“ in der Ausgabe vom 04.06.2008 verdient gemacht. Darin lese ich die Position des sächsischen Justizministers wie folgt: „Da Kriminalität und terroristische Gewalt nicht nur nach außen die Grenzen des Staates, sondern auch im Innern Grenzen von Rechtsräumen überschneiden, müssen grundlegende Ordnungsprinzipien überdacht werden. Dazu gehört die Trennung zwischen innerer und äußerer Rechts- und Kompetenzordnung.“ Da frage ich mich – und dazu hätte ich gern Herrn Staatsminister Mackenroth gefragt –: Was heißt das? Ist dies das verklausulierte Plädoyer für den Einsatz der Bundeswehr im Innern – immer dann, wenn Politiker eine vermeintliche Bedrohungslage sehen, die das erfordert?

(Karl Nolle, SPD: Ja, natürlich! Was denn sonst? Was glaubst du denn?)

Ist das die Position des Sächsischen Staatsministers der Justiz? Weiter lese ich, und zwar als Zitat in den „DNN“: „Die Unterscheidung von Polizei und Militär, die nach unterschiedlichen materiellen Rechtsregimes agieren, wird dieser Auflösung des Gegensatzes von innerer und äußerer Sicherheit Rechnung tragen müssen.“ – Bemerkenswert frontal. Schäuble – oder Jung –, ich hör dich in Sachsen trapsen! Was heißt das, Herr Staatsminister Mackenroth? Heißt das, dass für Sie die Änderung des Grundgesetzes erforderlich ist und Sie dahin gehend votieren, das Militär auch sicherheitspräventiv zum Einsatz zu bringen?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gern.

Bitte, Herr Lichdi.

Vielen Dank, Herr Kollege Bartl. – Teilen Sie meine Vermutung bzw. Befürchtung, dass der Herr Staatsminister der Justiz möglicherweise diese verheerenden Ideologie des Feindstrafrechtes zustimmen könnte? Denn wenn ich diese Sätze, die Sie jetzt zitiert haben, höre, dann vermute ich, dass er möglicherweise dieser irrigen Rechtsmeinung anhängen könnte.

Er hat, Herr Kollege, in diesem Grundsatzvortrag vor der Forschungsstelle als Verfassungsminister des Freistaates Sachsen gesagt, das Feindstrafrecht müsse es vielleicht nicht unbedingt sein, der Rechtsstaat finde vielleicht unter der Schwelle noch eine Möglichkeit – sinngemäß brachte er es so zum Ausdruck –, dies zu vermeiden und den Gefahren zu begegnen. So weit ging er nicht ganz.

Was im Weiteren kommt, ist natürlich die absolute Denkweise im Sinne dieses sogenannten Feindstrafrechtes; das ist die absolute Befürwortung unseres Verfassungsministers vor der Forschungsstelle für deutsche und europäische Verfassungsentwicklung hier an der Dresdner Universität, dass er letztendlich einen völligen Paradigmenwechsel will, und zwar die völlige Auflösung des Trennungsprinzips zwischen Militär, Polizei und Verfassungsschutz, also Geheimdiensten usw. Das will ich auch beweisen.

Nächster Satz, „DNN“: „Um auf Augenhöhe mit Terrorismus und Organisierter Kriminalität bleiben zu können“, – so Mackenroth – „müsse der Rechtsstaat auch im Vorfeld der neuartigen Bedrohungslagen ansetzen. Vorfeldstrafbarkeit, polizeirechtliche Risikovorsorge und nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung seien erforderlich, um schon vor der Entstehung von Gefahren vorzubeugen.“

Verdammt noch mal! Was ist das für ein Staatsminister der Justiz im Freistaat Sachsen, der seinen Eid auf die Verfassung dieses Landes geschworen hat, eine Verfassung, die alle Fehler, Irrungen, Wirrungen, Vergehen und Verbrechen der DDR aufgenommen hat? Was ist für ihn nach dieser Definition Vorfeldstrafbarkeit? Was ist Vorfeldstrafbarkeit? Was – zum Teufel! – ist polizeiliche Risikovorsorge als Verfassungskategorie?

Ich frage den Staatsminister Mackenroth, wie er zum Artikel 83 Abs. 3 Satz 1 der Sächsischen Verfassung steht, die das Trennungsprinzip voll normiert.

(Robert Clemen, CDU: Er ist gar nicht da!)

Dass er nicht da ist, ist Feigheit vorm Feind.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Vor dem Bösen!)

Oder vor dem Bösen. – Weiterhin lese ich in den „DNN“ die Mahnung von Herrn Staatsminister Mackenroth: Wer vorschnell jedwede Überlegung für neue Sicherheitsgesetze wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit vom Tisch wische, der werde dem staatlichen Schutzauftrag nicht gerecht. Donner und Doria! Das ist doch ein in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmaliger Vorgang, dass sämtliche in den letzten vier Jahren –