Protocol of the Session on June 19, 2008

Diese Kommunen erhalten in den Jahren 2009 und 2010 eine sogenannte Vorsorgerücklage, die sie entsprechend verbuchen können. Diese wird in den Folgejahren kontinuierlich aufzulösen sein, um den Rückgang der Solidarpaktmittel und anderes abzumildern. Darüber wird man sich verständigen müssen. Das wird wieder in harten Verhandlungen und Diskussionen erfolgen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns einfach auf den Gesetzentwurf der Staatsregierung warten. Dann beginnt die Stunde des Parlamentes. Ich denke, viele Dinge, die wir in diesem Gesetzentwurf sehen möchten, werden von der Staatsregierung in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden in der Art und Weise angelegt sein, wie ich es gerade auszuführen versucht habe.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Danke schön. – Für die NPD-Fraktion spricht der Abg. Delle.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem vorliegenden Antrag der Linksfraktion wird meine Fraktion zustimmen. Ich möchte aber kurz ein paar grundsätzliche Gedanken zum FAG ausführen.

Ungewöhnlich oder sogar befremdlich ist aus der Sicht der NPD-Fraktion der Umgang des Landtags mit der politisch äußerst wichtigen Grundsatzfrage der Aufteilung der Finanzmasse zwischen dem Freistaat und den Kommunen einerseits und zwischen den kreisfreien Städten und dem kreisgebundenen Raum andererseits. Ich halte es

für eine Anomalie, dass diese Aufteilung nirgendwo im FAG explizit erwähnt ist. Infolgedessen gibt es auch keine Stellschraube im Gesetz, mit der die Verteilung vom Landtag geändert werden könnte. Dass man dieses bombastisch als vertikalen bzw. horizontalen Gleichmäßigkeitsgrundsatz bezeichnet, ändert nichts daran, dass es aus der Sicht der NPD-Fraktion schon etwas sonderbar ist, wenn der Gesetzgeber in der zentralen politischen Ermessensfrage, der Aufteilung der Finanzmittel zwischen der staatlichen und der kommunalen Ebene und zwischen den Zentren und dem flachen Land, überhaupt keine Entscheidungen trifft und infolgedessen üblicherweise auch nicht darüber diskutiert wird.

Beim vertikalen Finanzausgleich ist die grundlegende Entscheidung das Verhältnis zwischen der Finanzmasse des Freistaates und der Finanzmasse der Kommunen. Dieses liegt bei etwa 35 : 65. Das ist aber nirgendwo gesetzlich geregelt. Stattdessen wird im Gesetz zur Festlegung der Finanzausgleichsmassen etc. die sogenannte Verbundquote festgelegt. Diese ergibt sich aber rein rechnerisch aus dem Sollverhältnis von 35 : 65, und zwar in Abhängigkeit vom Istverhältnis vor dem Finanzausgleich. Es ist etwas skurril, dieses reine Rechenergebnis in einem Gesetz zu beschließen, nicht aber das zugrunde liegende Finanzmasseverhältnis.

Beim horizontalen Finanzausgleich, der im Zusammenhang mit der Gebietsreform Probleme aufwirft, ist die Situation aber fast schon makaber; denn hier ist die Schlüsselgröße, nämlich das Verhältnis zwischen der Finanzkraft pro Kopf in den kreisfreien Städten und der Finanzkraft pro Kopf im kreisgebundenen Raum, im Gesetz überhaupt nicht festgelegt – weder direkt noch indirekt. Es ist nur festgelegt, dass es ein solches Verhältnis gibt, dass dieses grundsätzlich gleichzubleiben hat und aller zwei Jahre durch einen Beirat der Staatsregierung zu überprüfen ist. Eine Mitwirkung des Parlaments ist überhaupt nicht vorgesehen und zumindest in der laufenden Legislaturperiode noch nie vorgekommen.

Ich halte das, mit Verlaub gesagt, für einen Konstruktionsfehler, so beeindruckend das Wort „Gleichmäßigkeitsgrundsatz“ auch klingen mag. Die Gebietsreform und ihre Konsequenzen für den horizontalen Finanzausgleich bringen nun dieses Versteckspiel der Staatsregierung – so möchte ich es einmal nennen –, an dem sich aber auch alle anderen Parteien beteiligen, offenbar in Gefahr. Jetzt muss sich der Landtag zumindest mit der horizontalen und vielleicht sogar mit der vertikalen Finanzmasseverteilung befassen, weil die betroffenen Kommunen Druck machen werden, sowohl die ehemaligen kreisfreien Städte als auch die kleinen und mittleren kreisangehörigen Gemeinden.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der NPD)

Für die FDPFraktion spricht der Fraktionsvorsitzende, Herr Zastrow.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich meine letzten circa drei Minuten Redezeit dafür nutze, um auf einen aus unserer Sicht entscheidenden Konstruktionsfehler im künftigen FAG hinzuweisen, und zwar auf die Konstruktion des sogenannten Vorsorgefonds.

Wie absurd und falsch dieser aus der Sicht der FDP ist, sieht man, wenn man sich die Situation in meiner Heimatstadt Dresden anschaut. Nach den Berechnungen der dortigen Kämmerei fehlen Dresden durch den Vorsorgefonds in den nächsten beiden Jahren rund 80 Millionen Euro, die wir als Stadträte in Dresden beispielsweise in die Sanierung von Schulen, in den Neubau von Kitas, in neue Gewerbeflächen und in Ansiedlungen investieren wollten. Diese Investitionen müssen jetzt, wenn das FAG so kommt, verschoben werden. Das ist eine Tatsache, die die Bürgerinnen und Bürger, aber auch wir als kommunale Mandatsträger mit Sicherheit nicht akzeptieren können.

Es wird immer gesagt, dass Schuldenfreiheit die beste Zukunftsvorsorge ist. Dresden ist schuldenfrei und hat – anders als beispielsweise der Freistaat Sachsen – inzwischen ein Neuverschuldungsverbot in seiner Hauptsatzung verankert. Die Luft, die sich Dresden durch den Verkauf der WOBA, aber auch durch viele andere Konsolidierungsmaßnahmen geschaffen hat, soll nun durch die Staatsregierung – übrigens eigenartigerweise in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden – wieder weggenommen werden, weil man der Meinung ist, dass diese Stadt Zukunftsvorsorge betreiben soll. Ich frage Sie ehrlich: Sind wir hier vielleicht in Schilda? Denn das ist ungefähr so, als wenn der größte Schuldenmacher unter der Sonne dem fleißigsten Sparer erklärt, dass dieser auf zu großem Fuß lebe. Das kann schlichtweg nicht sein. So kann man mit einer Stadt wie Dresden nicht umgehen!

(Beifall bei der FDP)

Wir werden deshalb dem Antrag der Linksfraktion zustimmen und bitten die Staatsregierung inständig, den Vorsorgefonds noch einmal gründlich zu überdenken. Das jetzt favorisierte Modell und sein gleichmachender Ansatz benachteiligt schlichtweg die Leistungsträger unter den sächsischen Kommunen, und es benachteiligt auch diejenigen, die durch mutige und oftmals auch unpopuläre Entscheidungen ihre Haushalte in den letzten Jahren in Ordnung gebracht haben; und das kann unser neuer Ministerpräsident unmöglich gemeint haben, als er gestern in seiner Regierungserklärung den Leistungsbegriff im Munde geführt hat.

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ich bitte Sie, Ihre Position dazu noch einmal zu überprüfen. Es wäre ein massiver Rückschritt für diejenigen, die in Sachsen in den letzten Jahren eine ordentliche Politik auf der kommunalen Ebene gemacht haben. So darf es am Ende nicht Gesetz werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. – Auch die Fraktion der GRÜNEN kommt mit der Fraktionsvorsitzenden ins Rennen; Frau Hermenau, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Was die Linksfraktion hier einfordert, verstehe ich als Selbstverständlichkeit. Es ist selbstverständlicher Umgang einer jeden Regierung mit dem Parlament, das Parlament in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung und Wichtigkeit umfassend, frühzeitig und vollständig zu informieren, sobald die Willensbildung der Regierung abgeschlossen ist. Wenn es lang und breit in der Zeitung diskutiert worden ist, scheint mir die Willensbildung in der Regierung abgeschlossen zu sein, also haben Sie völlig recht mit Ihrem Antrag, Herr Scheel.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Worum geht es hier und heute? Das Gesetz zum kommunalen Finanzausgleich gehört zweifelsfrei zum Wichtigsten, was das Land überhaupt zu regeln hat. Die allermeisten der rund 500 sächsischen Kommunen sind ohne Finanzzuweisungen aus dem Finanzausgleich nicht überlebensfähig, und normalerweise erfolgt die Information und Beteiligung des Parlamentes zum kommunalen Finanzausgleich durch die Regierung mit der Übersendung des Haushaltsentwurfes zum Doppelhaushalt im Herbst dieses Jahres. Normalerweise ist das so auch in Ordnung, daran habe ich überhaupt nichts zu kritisieren; denn die Anpassungen im kommunalen Finanzausgleich, die im zweijährigen Rhythmus der Haushaltsplanung stattfinden, sind im Normalfall ja auch nicht struktureller Natur, sondern legen, vereinfacht gesagt, die genauen Beträge des Ausgleiches fest. Es wird also im Prinzip nur nachgerechnet, wie viel Geld das Land jeder Kommune überweist und wie es innerhalb der kommunalen Familie verteilt wird. So läuft das normalerweise, und normalerweise ist das auch in Ordnung, weil es eben nur diese Rechnung wiedergibt.

Aber dieses Mal geht es um mehr. Es geht eben nicht nur um die Neuberechnung des an die Kommunen zu überweisenden Geldbetrages; dieses Mal geht es darüber hinaus um grundlegende Reformen in der Architektur des kommunalen Finanzausgleiches. Nach meinem Empfinden sind das grundlegende Reformen, die eine wesentlich frühere Information des Parlamentes nicht nur rechtfertigen, sondern auch erforderlich machen; denn die Fraktionen müssen sich genauso in einem Diskussionsprozess ein Bild über die ganze Problematik machen, und dafür wäre es schon ganz gut, dass man weiß, was sich die Regierung bis dahin so ausgedacht hat. Wir können natürlich auch gleich nur Gegenmodelle entwickeln; aber wenn Sie ins Gespräch kommen wollen, dann wäre es schon hilfreich, man würde Ihre Ideen kennen und einschätzen können.

In der letzten Haushaltsausschusssitzung wurde seitens des Staatssekretärs Voß deutlich gemacht, dass es beim üblichen Verfahren bleiben soll, also Bekanntgabe der

Details zum Finanzausgleich erst im September zusammen mit dem Doppelhaushalt. Die Kollegen wissen ganz genau, was das heißt: Wenn der Doppelhaushalt kommt, dann hat jede Fraktion „Land unter“ und ist mit den Haushaltsberatungen beschäftigt. Da wird man keine grundlegenden strategischen Entscheidungen und Reformen des kommunalen Finanzausgleiches mehr in der gebotenen Ruhe und Gründlichkeit diskutieren können, und das sind ziemlich wichtige Fragen: Welches raumordnerische Leitbild verbirgt sich hinter der Neustrukturierung des Ausgleiches? Wie erfolgt die finanzielle Gewichtung der größeren Zentren und Städte? Erhalten diese künftig über die Anpassung der Hauptansatzstaffeln mehr Geld, wie es diverse Stimmen seit längerer Zeit fordern? Mit welchen Mitteln können künftig die ehemals kreisfreien Städte rechnen? Werden sie vielleicht mittelfristig über den kommunalen Finanzausgleich schlechter gestellt als vor der Verwaltungsreform? – All dies hätte ich gern diskutiert; Herr Scheel offensichtlich auch.

Zum Vorsorgemodell, das Herr Zastrow so gern diskutiert hätte, mache ich erst einmal eine Bemerkung, Herr Rößler – geschäftsleitend, um der Legendenbildung in diesem Parlament vorzubeugen und das Ganze auch im Protokoll festzuhalten. Ich habe diese Idee mit dem Vorsorgemodell im Haushaltsausschuss in Anlehnung an das Modell vorgetragen, das das Land Rheinland-Pfalz praktiziert – dort ist übrigens die FDP mit an der Regierung, Sie können Ihre Kollegen einmal abfragen, Herr Zastrow –, und bin damit bei Ihnen auf Interesse gestoßen. Dann gab es andere, die ebenfalls Überlegungen in die Diskussion eingespeist haben, und es ist alles aufgegriffen worden. Das ist für mich völlig okay. Es ist ein produktiver Prozess,

(Beifall der Abg. Marko Schiemann und Volker Bandmann, CDU)

und wenn kein Copyright draufgenagelt ist, dann bleiben Sie wenigstens in der Debatte seriös und sagen Sie, woher die Ideen in diesem Fall gekommen sind.

Das Vorsorgemodell, das wir seit Längerem fordern, wird nun Realität, aber ich hätte gern schon noch einige Details über die ganze Sache gewusst: Nach welchen Kriterien wird die Summe berechnet, die künftig für schlechtere Zeiten angespart werden soll? Wer berechnet diese Summen? Unter welchen Bedingungen wird wie viel Ersparnis an die Kommunen ausgeschüttet, und wieso wird dieser Betrag in einer bizarren Arbeitsteilung hälftig von Kommunen und Freistaat verwaltet? Gab es kein besseres Modell, das anzubinden, um zu verhindern, dass der Finanzminister in schlechten Zeiten vielleicht ins Töpfchen hineingreifen kann – wie beim Pensionsfonds?

Ich finde, das ist alles noch nicht in dem Topf, in dem es kochen soll, und die kommunalen Spitzenverbände werden mir noch einmal erklären müssen, warum sie der Meinung waren, dass sie diesem Modell zustimmen müssten. Sie hatten wahrscheinlich Angst, dass es ihnen so geht wie mit dem Pensionsfonds und dass sie wenigstens zur Hälfte verhindern wollen, dass hineingegriffen

wird. Ich halte das aber nicht für gut. Das Modell ist meiner Meinung nach kritikwürdig.

Wer verwaltet nun seitens der Regierung diese angesparten kommunalen Mittel? Ich vermute und fürchte, es wird die überteuerte SAB sein – wieder einmal ohne Ausschreibung; ein neues Geschäft, das ist irgendwie auch schon so eine „Regierungs-ABM“ mit der SAB. Ich bin der Auffassung, dass es dabei noch außerordentlich viel zu diskutieren gibt, sowohl bei der Frage der strategischen Neuausrichtung des kommunalen Finanzausgleiches als auch bei der Art und Weise, wie dieser kommunale Anpassungs- und Regulierungsfonds laufen soll. Vor diesem Hintergrund ist eine zeitnahe Information des Parlamentes mehr als geboten, wenn Sie wollen, dass es in diesem Parlament auch wirklich vernünftig diskutiert wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Danke schön. – Das war die Runde der Fraktionen. Gibt es seitens der Fraktionen noch weiteren Aussprachebedarf? – Ich frage die Staatsregierung. – Herr Prof. Unland, Staatsminister der Finanzen, ist am ersten Arbeitstag gleich zum zweiten Mal gefordert. Aber warum soll es Ihnen besser gehen als den anderen?

Stimmt! – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die gewünschte sofortige Beteiligung dieses Hohen Hauses bezüglich der Strukturentscheidung zum kommunalen Finanzausgleich ist nicht möglich, das wissen Sie; denn es gibt klare Verfahrensregeln, und die Entscheidungsfindung innerhalb der Staatsregierung ist noch nicht abgeschlossen.

Das Kabinett wird sich mit der Fortentwicklung des Finanzausgleichsgesetzes Anfang Juli befassen. Die Beschlüsse der Staatsregierung werden dann umgehend in Gesetzesform gegossen und dem Sächsischen Landtag zugeleitet, damit es hier entsprechend diskutiert werden kann.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Im Juli? Ins Protokoll!)

Anfang Juli kommt es ins Kabinett.

Das ist erst einmal die Ihnen bekannte Regel und das Ihnen bekannte Verfahren, und auch dieses Mal wird diese Verfahrensweise eingehalten werden.

Bei den Reformüberlegungen haben wir uns von der Entschließung des Landtages vom 23. Januar 2008 zum Verwaltungsneugliederungsgesetz leiten lassen. Die erste Prämisse war hierbei, dass sowohl den ehemaligen kreisfreien Städten – Sie kennen sie: Zwickau, Plauen, Görlitz und Hoyerswerda – als auch den aufnehmenden Landkreisen im Rahmen der Umschichtung der Mittel keine Nachteile entstehen. Sollte dies nicht in jedem Fall systemimmanent erreicht werden, so wollen wir einen Anpassungsfonds bilden.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Ein weiterer Punkt der Entschließung sah eine regionale Nachsteuerung für Landkreise vor, die finanzielle Belastungen aus der Aufnahme ehemaliger kreisfreier Städte zu verkraften haben. Wir haben zu diesem Zweck umfangreiche Untersuchungen durchgeführt und denken, die derzeitigen Reformvorstellungen unseres Hauses werden geeignet sein, die Eckpunkte der genannten Entschließung vollständig umzusetzen.

Hierzu wurde bereits in einem Gespräch mit den kommunalen Landesverbänden am 23. Mai 2008 eine Einigung erzielt. In dem Sinne – wie gesagt – möchten wir fortführen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der SPD)