Sachsen hat als einziges Bundesland die Mittel des Solidarpaktes I in voller Höhe zielgenau für Investitionen
verwendet. Das trägt die Handschrift der Politik des Landtages und der Sächsischen Staatsregierung der letzten 15 Jahre.
Dennoch müssen wir konstatieren: Die Folgen der deutschen Teilung sind noch längst nicht überwunden. Von einem selbsttragenden Aufschwung sind wir noch weit entfernt. Auch der Freistaat hat den entscheidenden Schritt in die wirtschaftliche Eigenständigkeit noch nicht geschafft.
Angesichts einer Arbeitslosigkeit, die sich in den neuen Bundesländern erschreckend verfestigt hat, ist Folgendes dringend erforderlich:
Erstens. Ein kräftiges Wirtschaftswachstum in Gesamtdeutschland. Das heißt für uns die Fortsetzung der eingeleiteten Reformen auf Bundesebene und keine weitere Behinderung der Wirtschaft, wie sie etwa das Antidiskriminierungsgesetz vorsieht.
Zweitens. Eine besondere Wirtschaftspolitik für den Aufbau Ost. Hierzu hat unser Ministerpräsident in den vergangenen Jahren konkrete Vorschläge auf den Tisch gelegt.
Zur weiteren Finanzierung der deutschen Einheit wurden der bis 2019 laufende Solidarpakt II beschlossen und den ostdeutschen Ländern Mittel in Höhe von 156 Milliarden Euro zugesagt.
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass das Antidiskriminierungsgesetz vollumfänglich auf EU-Richtlinien beruht
Ist Ihnen weiterhin bekannt, dass, wenn Deutschland das Antidiskriminierungsgesetz nicht endlich umsetzt, Strafzahlungen drohen?
Unser Problem ist generell, dass wir schon EU-Richtlinien umsetzen müssen, wir das aber möglichst eins zu eins tun und nicht noch ein, zwei oder drei Dinge hinzufügen sollten. Aber genau das passiert mit dem Antidiskriminierungsgesetz.
Der Korb I, ausgestattet mit 105 Milliarden Euro, dient in Form von Sonderbedarfszuweisungen zur Deckung des infrastrukturellen Nachholbedarfs und zum Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft.
Obwohl der Solidarpakt II seit nunmehr fast drei Monaten in Kraft ist, ist die Ausgestaltung des Korbes II leider noch völlig unklar. Für den gesellschaftlichen und vor allem wirtschaftlichen Aufbau benötigen die neuen Länder, also auch unser Freistaat, dringend Rechts- und Planungssicherheit. Die ist mit politischen Absichtserklärungen nun mal nicht gegeben. Als Erstes ist deshalb zu klären, was überhaupt Inhalt des Korbes II sein soll und für welchen Zeitraum seine Mittel eingesetzt werden. Gerade der Faktor Zeit ist für uns von besonderer Bedeutung, steht doch fest, dass beispielsweise das EU-Beihilferegime oder die Strukturförderung schon weit vor dem Jahr 2019 erheblich reduziert werden oder wegfallen sollen. Für uns hat deshalb die oberste Priorität im Korb II eindeutig die Wirtschaftsförderung im weitesten Sinne. Das betrifft die Frage, was für die weitere wirtschaftliche Entwicklung von zentraler Bedeutung ist. Das betrifft die wirtschaftsnahe Infrastruktur, einzelbetriebliche Förderung, Forschung und Entwicklung.
Angesichts der strukturellen Defizite, der geringen Eigenkapitalausstattung unserer Unternehmen, des immer noch zu geringen Anteils der Industrie an der Wertschöpfung und des internationalen Wettbewerbsdrucks liegt dies völlig auf der Hand. Hierfür sind vor allem drei Säulen maßgebend: erstens GA-Mittel, zweitens EUStrukturfonds und drittens die Investitionszulage.
Die Wirksamkeit der GA-Förderung ist unbestritten, sowohl in diesem Hohen Haus als auch seitens der Wirtschaftsinstitute. Umso unverständlicher sind die gravierenden Kürzungen der Bundesmittel in den letzten Jahren, die trotz aller Anstrengungen vom Freistaat nicht im erforderlichen Maße abgefangen werden können.
Bei den EU-Strukturfonds muss der Bund alles dafür tun, dass nicht durch statistische Effekte eine gleichmäßige Entwicklung in allen Landesteilen unmöglich wird. Wie sollen wir unseren Menschen in der Lausitz, im Südraum Leipzig oder in Torgau erklären, dass für sie durch einen Zehntelpunkt über 75 % des Bruttoinlandsprodukts ihre Zukunftschancen sinken?
Wir halten die Investitionszulage auch in Zukunft für ein geeignetes Instrument der Wirtschaftsförderung. Sie hat nämlich einen unschätzbaren Vorteil: Rechtsverbindlichkeit und damit Planungssicherheit für unsere Unternehmen.
Wenn immer über das Gießkannenprinzip diskutiert wird, dann sage ich dazu Folgendes: Ziel jeder Investitionsförderung ist es schließlich nicht, unrentable Investitionen rentabler zu machen, sondern vielmehr Investitionsentscheidungen zu beschleunigen, zu uns zu lenken und zu einem schnellen Aufbau des Kapitalstocks beizutragen. Dieses Ziel erreicht die Investitionszulage allemal.
Wie auch immer – Verringerungen des Mittelvolumens im Bereich der EU-Strukturfonds müssen ebenso wie eventuelle Verringerungen der EG-Zulage zu einer Kompensation durch den Bund führen, und zwar am besten durch Aufstockung der GA.
Meine Damen und Herren! Ich habe nur kurz angerissen, dass gerade die Einzelheiten des Korbs II, was den Inhalt, vor allem aber auch die Zeitschiene betrifft, für unsere neuen Länder von außerordentlicher Wichtigkeit sind. Deshalb hat die Regionalkonferenz der Ministerprä
sidenten der ostdeutschen Länder am 31.01.2005 Sachsen zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern beauftragt, die Verhandlungen mit dem Bund zur gesetzlichen Fixierung des Korbs II zu führen. Geben wir sächsischen Abgeordneten dafür heute den notwendigen Rückenwind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Ziel des Solidarpakts II war es, wie im Juni 2001 beschlossen wurde, in einem letzten Kraftakt finanziell den Aufbau Ost abzuschließen. Ob das so wird, wird die Zukunft zeigen. Wichtig und richtig ist, dass es diesen Solidarpakt II gibt. Das Problem dabei besteht, dass Sachsen zurzeit allein das Kriterium erfüllt – wie mein Vorredner schon gesagt hat –, die Mittel zweckentsprechend für Investitionen zur Schließung der Infrastrukturlücke einzusetzen. Das weitere Dilemma besteht darin, dass die 105 Milliarden Euro im Korb I leider nicht vonseiten des Bundes die Handhabe bieten, darauf Einfluss zu nehmen, dass diese Mittel zielentsprechend eingesetzt werden. Aber der Bund hat die Möglichkeit im Korb II, er nutzt sie nur noch nicht.
Daher ist es natürlich eine spannende Frage, ob hier der Freistaat Sachsen seine Rolle als Klassenprimus, nämlich diese Mittel als Einziger so richtig zu verwenden, auch für die Zukunft halten kann. Ich sage einmal vorsichtig nach den Studien des Haushaltsentwurfs und der mittelfristigen Finanzplanung: Noch können wir es halten.
Von daher ist natürlich richtig, dem Bund hier eine Brücke anzubieten, zu sagen, okay, Sachsen will planerische Sicherheit. Das macht Sinn. Wir bieten – wir können es uns leisten – im Gegenzug an, Sanktionen in Kauf zu nehmen, wenn diese Mittel nicht zweckentsprechend eingesetzt werden. Inwieweit wir diesen Kurs gegenüber den anderen ostdeutschen Ländern durchhalten können, ist eine ganz andere Geschichte. Aber zu diesem Antrag kann man im Fazit sagen, dass man ihm zustimmen kann. Das ist eine vernünftige Sache. Die SPD-Fraktion schließt sich dem an.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was Sie hier gesagt haben – Herr Petzold, vor allem aber auch Herr Pecher –, ist ja alles wahr, es ist leider wahr. Das Problem ist nur, dass es überhaupt nicht neu ist, wenn man sich an die Entstehungsgeschichte, an die Auseinandersetzungen um den Solidarpakt II erinnert – ich kann das ganz gut. Es ist also einerseits nicht neu und zum anderen ist es auch eigentlich gar nicht Inhalt Ihres Antrages. Das wiederum, was Sie beantragen, ist auch nicht neu, es ist eigentlich ein alter Hut, sage ich einmal etwas lax, wobei ich natür
lich Ihre Forderung, nämlich diese bereits angesprochenen 51 Milliarden Euro im Korb II für den Aufbau Ost gesetzlich zu verankern, voll unterstütze. Das ist überhaupt keine Frage. Das Problem ist nur, dass ich diese Forderung bereits in sehr viel zugespitzterer Form erlebt habe. Das ist noch gar nicht so lange her. Es war sogar schon davon die Rede, dies möglicherweise im Grundgesetz zu verankern. Ich frage mich jetzt, ob aus Ihrem Antrag vielleicht ein gewisses Misstrauen spricht gegenüber dem Einsatz dieser Mittel oder der Höhe oder was damit wird oder eine gewisse Aufsässigkeit gegen die Obrigkeit.
Um einmal nachzuhaken: Das Problem ist bekannt. Es ist von Anfang an nicht gelöst und es gibt möglicherweise Gründe, warum das so gemacht wurde.
In Ihrer Begründung haben Sie über die Äußerungen des Kanzlers in Weißwasser gesprochen. Das können Sie nachlesen. Ich interpretiere diesen Satz nur so, dass Sie dort wissentlich das, was Schröder gesagt hat, fehlinterpretieren und jetzt öffentlich einfordern. Sie interpretieren es einfach als ein Versprechen, das er aber nicht gegeben hat. Jedenfalls ist es dem Zitat nicht zu entnehmen.
Ihr Antrag besteht darin, dass Sie die Staatsregierung ersuchen wollen, sich gegenüber Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung für dieses Anliegen einzusetzen. Meine Frage an Sie: Meinen Sie das wirklich ernst? Soweit ich weiß, hat Prof. Milbradt all das bereits getan und er ist überall gescheitert. Weder seine Westkollegen als Ministerpräsidenten, egal von welcher Partei, noch Frau Merkel von der CDU, ja, nicht einmal Herr Stolpe, der zuständige Aufbau-Ost-Minister von der SPD, haben sich bisher für diese Idee erwärmen lassen. Doch warum nicht? Beschließen wir es also noch einmal, soll er es ruhig noch einmal versuchen!
Noch eine kleine polemische Frage: Warum schränken Sie eigentlich die Adressaten so unnötig ein? Was spräche dagegen, auch die Uno und die EU mit einzubeziehen?
Meine Damen und Herren! Nehmen wir einmal an, der Bund hätte einfach nicht das Geld, Zusagen aus einer Zeit einzulösen, als Hans Eichel noch frohen Mutes in die lichte Zukunft blickte. Wir haben es ja im Wahlkampf kürzlich gehört, dass die fetten Jahre vorbei sind, sogar die Diäten sollen runter. Wäre dann nicht wenigstens die Überlegung nahe liegend oder nachvollziehbar, die Bezahlung einer solchen immensen Zeche künftigen Regierungen zu überlassen? Ich jedenfalls kann mich gut der damaligen Tricksereien erinnern. Im Klartext: Die erforderliche Summe, die damals in der Verhandlung stand, wurde heruntergeredet, wurde reduziert. Die Auszahlung wurde degressiv auf einen aus meiner Sicht unvernünftig langen Zeitraum gestreckt – es geht nicht um die Degression, sondern um diesen Zeitraum – und ein erheblicher Teil davon ohne genauere Modalitäten in diesen ominösen Korb II gesteckt, all das natürlich unter den realen politischen Kräfteverhältnissen.
Nehmen wir nun zu guter Letzt einmal rein hypothetisch an, der Landtag beschlösse heute wunschgemäß. Um ja keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: An mangelnder Unterstützung durch die PDS soll das nicht scheitern. Also angenommen, es findet sich heute trotz
meiner Rede eine ausreichende Mehrheit, der MP fährt erneut nach Berlin zur zweiten Runde und scheitert wieder. Was dann? Wie geht Ihr Plan B?
Um ein Bild aus der vergangenen Wahlperiode zu wiederholen: Wollen Sie dann Truppen zusammenziehen und in Berlin einmarschieren? Ich warne Sie! Bisher hat immer Preußen gewonnen, Sachsen verloren.
Zum Schluss. Als ich vor langer Zeit einmal meinen Generaldirektor – das war zu DDR-Zeiten – mühsam dazu gebracht hatte, in Berlin beim Minister eine für uns damals hochwichtige Angelegenheit in die Wege zu leiten und trotzdem nichts passierte, fragte ich anschließend in seinem Büro nach und bekam keine Antwort. Auf mein Drängen, es gegebenenfalls noch einmal zu versuchen, lautete die gereizte Gegenfrage: „Ja, was glaubst du denn? Der GD will sich doch nicht noch einmal rausschmeißen lassen!“ Kurz darauf war es mit der DDR zu Ende.
Meine Damen und Herren! Ich halte diesen Antrag im Grunde für überflüssig, aber für zustimmungsfähig.