Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt der nunmehr 15. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit vor. Er dokumentiert wie die Vorjahresberichte, dass die Behörde
in all ihren Aufgabenbereichen kontinuierlich auf hohem Niveau arbeitet. Deshalb danke auch ich wie mein Vorgänger und andere im Namen meiner Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Landesbeauftragten, Herrn Michael Beleites, und den Mitarbeitern seiner kleinen und im Berichtszeitraum noch geschrumpften Behörde ausdrücklich für ihre engagierte Arbeit.
Ich möchte wie Kollege Martens hier noch einmal die Menschen nennen, die ehrenamtlich in den Opferverbänden und Erinnerungsinitiativen arbeiten. Auch ihnen gilt unser Dank. Auch durch ihre Arbeit ist dieser Bericht zustande gekommen.
Wie notwendig die Beratungsarbeit der Behörde nach wie vor ist, zeigt schon allein das starke Interesse an den Beratungsterminen, das nach wie vor dokumentiert wird. Das ist nicht nur ein Zeichen für das gestiegene Interesse – auch durch Medienberichte angeregt – am Bespitzelungs- und Repressionsinstrument Staatssicherheit, sondern auch eine Bestätigung der dezentralen Beratungsinitiative, die im Berichtszeitraum 304 Gespräche erbrachte.
Unsere Fraktion begrüßt es ausdrücklich, dass die vielfältige und wichtige Bildungsarbeit der Behörde in den Schulen fortgeführt worden ist. Für viele von uns hier im Saal ist die DDR-Vergangenheit Teil der eigenen Biografie. Einige haben das hier deutlich gemacht. Für die heutigen Schülerinnen und Schüler ist sie einfach Geschichte. So gering, wie das Wissen darüber oft ist – auch ich bin erschrocken, wenn ich solche Berichte lese –, so sehr erlebe ich unter jungen Leuten ein wachsendes Interesse und zunehmend Fragen. Für die Beantwortung solcher Fragen ist die Bildungsarbeit des Landesbeauftragten mit ihrem ganzen Spektrum von Projektarbeit, Vorträgen, Zeitzeugengesprächen und Podiumsdiskussionen von außerordentlicher Bedeutung. Wir erwarten deshalb, dass dieser Bereich in den kommenden Jahren fortgeführt und ausgebaut wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Bereich der Zuwendungen tritt ein Betrag von 400 Euro für die Ausstellung „Christliches Handeln in der DDR“, ein Schülerprojekt des Clara-Wieck-Gymnasiums Zwickau, hervor. Das ist eine wirklich kleine Zuwendung für ein Projekt mit großer Wirksamkeit. Der Versuch des IM Schubert und seines Anwaltes, gegen die Klarnamendarstellung gerichtlich vorzugehen, hat Schlagzeilen gemacht.
In der heutigen Ausgabe der „Freien Presse“ spricht ein Opfer, Sabine Popp, die auch von IM Schubert bespitzelt wurde. Sie hatte sich im jugendlichen Alter aufgelehnt und Losungen wie „Freiheit statt Sozialismus“ auf die Straße gesprüht, war verhaftet und verhört worden, mit sieben Monaten Untersuchungshaft überzogen und später zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Im Stasi-Stil wurden dann Gerüchte mit dem Ziel gestreut, ihren Ruf
Die Schlusssätze des Interviews sind, denke ich, für diese Debatte von außerordentlicher Bedeutung. Sabine Popp sagt: „Ich fühle mich heute noch irgendwie schuldig. Aber die Aufarbeitung tut mir gut.“
Ich glaube, diese Sätze von Frau Popp stehen stellvertretend für Opferschicksale; denn sie zeigen, wie tief die Spuren der Repressionen noch Jahrzehnte später sind. Andererseits zeigen sie aber auch die Bedeutung, die eine offene Aufarbeitung gerade für die Opfer hat.
Im Falle des Holm S., alias IM Schubert, wird heute immer noch deutlich, mit welchen Lügen und Verdrehungen die Täter und ihre Anwälte arbeiten.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass dort sozusagen eine Pogromstimmung beschworen wurde, und deshalb aus einem offenen Brief von Mitgliedern anderer kirchlicher Gruppen zitieren, der an Holm S. gerichtet und wie folgt überschrieben ist: „Erinnern kann nicht gerichtlich verboten werden! – Für Dich scheinen diese Erinnerungen unangenehm zu sein. Du kannst vielleicht für kurze Zeit die Nennung Deines Namens in einer Ausstellung verhindern. Du verhinderst jedoch nicht, dass sich Menschen an Dein Wirken in ihren oppositionellen Kreisen erinnern. Du verhinderst außerdem nicht, dass sie ihre Erinnerungen von damals mit Deinen Berichten an das MfS vergleichen. Auch kannst Du nicht verhindern, dass sich Menschen, die wegen ‚staatsfeindlicher Hetze’ ins Gefängnis kamen, sich an Deinen Beitrag zu ihrer Verhaftung erinnern. Die Vergangenheit lässt Dich und uns offenbar nicht in Ruhe. Wir glauben, dass es kein Mittel ist, gerichtlich gegen Erinnerungen vorzugehen. Wir schlagen als ersten Schritt zur Bewältigung ein gemeinsames Gespräch vor. Dazu sind einige von uns bereit. Wenn Du Konsequenzen für Dein heutiges Leben befürchtest, weil Dein Name in einer Ausstellung veröffentlicht ist, bedenke die Konsequenzen, mit denen wir aufgrund Deiner Tätigkeit für das MfS zu rechnen hatten. Von uns musst Du jedenfalls keine Repressalien (oder gar ein Pogrom, wie Dein Anwalt sagt) befürchten.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, diese Worte machen deutlich, welche Rolle offene und ehrliche Erinnerungen für die Aufarbeitung spielen. Ich bin überzeugt, zu einer solchen offenen und ehrlichen Erinnerung gehört das Gesicht ebenso wie der Klarname.
In dem vorliegenden Bericht gibt es wiederum Ausführungen zum Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Ich möchte nochmals eine Publikation herausgreifen, die ich Ihnen bereits im vergangenen Jahr, sozusagen vorab, ans Herz gelegt hatte. Ich meine den Band „Druckstellen – die Zerstörung einer Künstlerbiografie durch die Stasi“. Hier ist auf bewegende Weise nachzulesen, wie ein Dresdner
Mail-Art-Künstler wie Jürgen Gottschalk über seine künstlerische Arbeit in das Visier der Staatssicherheit geriet, wie sie zielgerichtete Zersetzungsmaßnahmen angesetzt und ihn schließlich der Haft unter unmenschlichen Bedingungen unterworfen hat. In diesem kleinen Büchlein ist zugleich die Diplomarbeit des für ihn zuständigen Stasi-Offiziers gegenübergestellt, in der die Zersetzungsmaßnahmen quasi wissenschaftlich geplant worden sind.
Ich habe selten – deshalb sage ich das an dieser Stelle noch einmal – einen Band gelesen, der auf so knappem Raum so aufschlussreiche Erkenntnisse über das Wirken der Staatssicherheit mit sich gebracht hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Jahresbericht macht deutlich, dass die Arbeit des Landesbeauftragten und seiner Behörde noch für lange Zeit unverzichtbar ist.
Das Wissen über diese diktatorische Vergangenheit ist wichtig für die Gestaltung einer freiheitlichen und demokratischen Gegenwart und Zukunft. Wir nehmen deshalb den Tätigkeitsbericht zustimmend zur Kenntnis. Dem Landesbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wünschen wir viel Kraft für die weitere Arbeit. Ich darf Ihnen bereits heute die Unterstützung unserer Fraktion für die weitere Arbeit zusichern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Abg. Dr. Friedrich haben mich provoziert. Ich finde, dass sie wieder einmal zum Ausdruck gebracht haben, dass DIE LINKE nicht in der Lage ist, unsere jüngste Vergangenheit objektiv zu beurteilen. Die Bemerkungen zum demokratischen Sozialismus zeigen, dass diese Partei meilenweit entfernt ist von der Demokratie, die wir in unserem Grundgesetz sehen und verteidigen. Ich stimme deshalb auch den Wissenschaftlern zu, die in zunehmender Zahl DIE LINKE als eine extremistische Partei bezeichnen.
Die Angriffe gegen meinen Kollegen Schowtka zeigen, dass es in erster Linie um eine Beleidigung ging. Das war sie auch. Wenn Herr Friedrich ein Demokrat sein will, dann fordere ich ihn auf, sich dafür bei Herrn Schowtka zu entschuldigen.
Ausführungen von Herrn Jähnichen entschieden zurückweisen. Er behauptet, DIE LINKE würde nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Das Gegenteil ist der Fall. Das geht aus all den Beschlüssen hervor, die mein Fraktionskollege Herr Friedrich heute auch zitiert hat.
Selbstverständlich sind auch unsere Ausführungen und die Definition vom demokratischen Sozialismus, die sich in unserem Parteiprogramm genauso findet wie in dem der SPD, mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies zur sachlichen Richtigstellung. – Ansonsten möchte ich mich von Ihren Ausführungen an dieser Stelle nicht provozieren lassen.
Meine Damen und Herren! Es liegt ein Antrag der Linksfraktion vor – ich gehe davon aus, dass das in der Fraktion abgestimmt ist –, der be
gehrt, dass die Beschlussempfehlung nicht zur Zustimmung empfohlen wird, sondern zur Kenntnis genommen werden soll.
Ich lasse über diesen Antrag der Linksfraktion abstimmen, dass die Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses zur Kenntnis genommen wird. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist bei Stimmen dafür dieser Antrag abgelehnt worden.
Ich lasse abstimmen über die Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses, Drucksache 4/10877. Wer der Beschlussempfehlung die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen ist dem mehrheitlich zugestimmt.
Nachträgliche Genehmigung gemäß Artikel 96 Satz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungen
Es ist keine Aussprache vorgesehen. Ich frage dennoch, ob ein Abgeordneter das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall. – Wünscht der Berichterstatter des Ausschusses, Herr Pfeifer, das Wort? – Das ist auch nicht der Fall.
schusses, vorliegend in Drucksache 4/12118. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei drei Stimmenthaltungen ist der Beschlussempfehlung zugestimmt worden. Der Tagesordnungspunkt 10 ist beendet.
Dritter Erfahrungsbericht der Sächsischen Staatsregierung zur Situation von Frauen im öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen und zur Umsetzung des Sächsischen Frauenförderungsgesetzes (Dritter Frauenförderungsbericht)
Drucksache 4/12162, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend
Das Präsidium hat dafür eine Redezeit von 10 Minuten je Fraktion festgelegt. Es beginnt die Fraktion der CDU, danach Linksfraktion, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.