Protocol of the Session on May 29, 2008

Trotzdem muss ich die eigentliche Botschaft des Antrags unterstreichen. Medienpolitik beschränkt sich nicht auf populistisches Getöse, sondern ist komplexe Feinarbeit.

Meine Damen und Herren von der Koalition! Fassen Sie sie an, machen Sie die großen Versprechungen der letzten Tage wahr und lassen Sie künftig auch die Opposition daran teilnehmen, bevor alles festgezurrt ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es noch Redebedarf vonseiten der Abgeordneten? – Das ist nicht der Fall. Herr Minister Sagurna, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag enthält eine Fülle von Einzelpunkten.

Einige sind neu, andere sind bereits Gegenstand von einem oder zwei vorherigen Anträgen in diesem Haus gewesen. Einige erheben Forderungen, die mit Verfassungsrecht nicht in Einklang zu bringen sind. Wir müssen uns ein bisschen vorsehen, Herr Hilker und auch Herr Herbst. Wir als Staatsregierung und auch die Abgeordneten des Landtages in ihrer Funktion sind Staat und wir können nicht hergehen und uns einzelne Sendungen im MDR oder sonst wo im öffentlich-rechtlichen Rundfunk herauspicken und sagen, die gefällt uns, sie bekommt mehr Geld, und die andere gefällt uns nicht, die setzen wir ab. Das ist nicht mit dem Stichwort Staatsferne gemeint gewesen, als wir zu Recht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als eine wichtige Organisationsform in Deutschland eingeführt haben. Ich will das nicht als schweren Vorwurf vorbringen, aber wir müssen ein bisschen Acht geben.

Wir können natürlich jede Sendung unabhängig von der Frage, wie viel wir zu bezahlen bereit sind, trefflich in Grund und Boden schimpfen, aber wir sollten diese beiden Dinge nicht miteinander verknüpfen.

(Beifall bei der CDU)

Andere Punkte in diesem Antrag verkennen die Systematik der Rundfunkfinanzierung und es werden außerdem Vorschläge unterbreitet, die als Rückschritt bei der Entwicklung der Medienordnung betrachtet werden können.

Wir haben auch Punkte, denen wir zustimmen können, und zwar schon seit Längerem. All diesen Punkten ist aber eines gemeinsam: Sie sind nicht Gegenstand des 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrages. Das ist hier auch schon angeklungen. Ich sage das so deutlich, um vielleicht einer beabsichtigten Vermengung verschiedener Themen der Medienpolitik vorzubeugen und Informationsdefizite zu beheben. So schwierig das auch ist – 10., 11., 12. und 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag –, wir müssen dem folgen können und auch mitmachen. Diese Staatsverträge folgen alle der technischen Entwicklung, und die ist nicht vorhersehbar. Deshalb muss die Politik immer etwas hinterherkommen.

Der 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag enthält die Umsetzung des jüngsten Vorschlages der KEF zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der nächsten Gebührenperiode 2009 bis 2012. Das heißt, beim 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag geht es um die nächste anstehende Erhöhung der Rundfunkgebühren.

Die Länder haben sich dieses Mal ganz bewusst auf eine Trennung zwischen der Frage der Gebührenhöhe und den strukturellen medienpolitischen Entscheidungen geeinigt. Es gibt nur eine kleine Ausnahme, die bereits erwähnt worden ist, das ist die weitere Finanzierung der gemeinsamen Stelle für Jugendschutz im Internet, „jugendschutznet“, über den 31. Dezember 2008 hinaus. Die Regelung eilt etwas. Deswegen ist das hier enthalten. Die Arbeit der Stelle ist wichtig. Das sage ich auch im Gegensatz zur Auffassung der NPD-Fraktion.

Heute und morgen tagt die Jugend- und Familienministerkonferenz und wird hierzu noch einen Beschluss fassen.

Der 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist im Wesentlichen eine Regelung der Gebührenhöhe. Dies vorausgeschickt, nehme ich gern Stellung zu den medienpolitischen Themen, die jetzt noch in der Diskussion sind und im Antrag der Linksfraktion angesprochen wurden.

Erstens: Was darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk gebührenfinanziert tun?

Zweitens: Woran knüpft die Gebührenpflicht?

Drittens: Wie ist das Finanzaufkommen auf die Anstalten zu verteilen?

Ein Kernpunkt der medienpolitischen Diskussion ist die Frage, wie der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt definiert wird. Insoweit greift der Antrag der Linksfraktion hier etwas zu kurz, da lediglich auf den Verzicht der Bindung der öffentlichrechtlichen Anstalten zur Begrenzung der OnlineAusgaben abgehoben wird. Nebenbei bemerkt: Wenn eine öffentlich-rechtliche Anstalt sich selbst verpflichtet, wieso soll dann der Gesetz- oder Staatsvertragsgeber die Sache regeln? Es ist gute Praxis, wenn man in den Verhandlungen ein gemeinschaftliches Ergebnis erzielt, dass man dann keine weiteren Maßnahmen mehr braucht, um sie durchzusetzen.

Gerade dieser Tage hat das ZDF erneut den Bundesländern detaillierte freiwillige Begrenzungen im OnlineBereich angeboten. Wir werden uns das ansehen. Grundsätzlich kann und soll den öffentlich-rechtlichen Anstalten eine Betätigung im Online-Bereich nicht verwehrt werden. Aus meiner Sicht ist aber strikt darauf zu achten, dass ein ganz enger inhaltlicher und zeitlicher Bezug zum klassischen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht.

Herr Hilker, wenn das, was Sie sagen, dass die Anstalten im Online-Bereich doch das machen können sollen, was sie wollen, umgesetzt würde, dann hätten wir am Ende des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages sofort die Einstellung von mindestens 500 weiteren OnlineRedakteuren bei ARD und ZDF. Was das dann mehr kostet, würden Sie hinterher hier wieder beklagen, was die Höhe der Rundfunkgebühren betrifft. Wir sollten da ganz vorsichtig sein und das Wachstum der Ausgaben bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten gerade im OnlineBereich deutlich begrenzen. Dies ist gegebenenfalls auch noch weiter einzugrenzen in den Bereichen, die mit dem Erwerb teurer Rechte verbunden sind. Hierfür werden wir uns im Interesse des Gebührenzahlers einsetzen.

Weitere Grenzen sehen wir dort, wo andere funktionierende Märkte beeinträchtigt würden, wie zum Beispiel bei der elektronischen Presse, die den Verlagen vorbehalten ist. Wir brauchen keine öffentlich-rechtliche Zeitung im Internet.

Wir werden uns überall dort einsetzen, wo der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überdehnt würde, wenn wir es zuließen.

Im Vergleich zu den beiden klassischen Säulen Hörfunk und Fernsehen haben Online-Betätigungen einen unterstützenden und dienenden Charakter der öffentlichrechtlichen Anstalt. Sie sollten nicht die dritte Säule des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein.

So viel zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Online-Bereich. Im Kern bleibt es dabei, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in besonderem Maße der Ausgewogenheit und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt, der Integration, der Bildung und der Kultur zu dienen hat. Er ist ein wertvolles Gut, welches angemessen zu finanzieren ist. Wie diese Finanzierung gerecht zu verteilen ist, das ist weiter Gegenstand der medienpolitischen Diskussion.

Das alte Modell, wonach Anknüpfungspunkt für die Rundfunkgebührenpflicht das Bereithalten eines Empfangsgerätes war, hat aus unserer Sicht ausgedient. Die Staatsregierung wird sich daher für die Haushalts- bzw. eine Unternehmensabgabe einsetzen, also ein Gebührenmodell, das an den Haushalt bzw. die Betriebsstätte oder den Firmensitz anknüpft. Das käme übrigens auch dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten entgegen, der sich schon dazu geäußert hat.

(Allgemeine Unruhe im Saal)

Jeder Haushalt, jedes Unternehmen kommt mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Kontakt und profitiert von ihm, sodass ein legitimes und in die Zukunft gerichtetes Gebührenmodell nur eine Haushaltsabgabe sein kann.

(Glocke der Präsidentin)

Dann wäre übrigens auch, Herr Hilker, dieser Blödsinn mit Erst- und Zweitgerät, den Sie hier zu Recht angeprangert haben, irgendwann einmal zu Ende. Ich kenne noch ganz andere Geschichten von Lastkraftwagenfahrern, die einmal für das Radio im Lastwagen bezahlen, einmal für das Radio im Privatauto und einmal für das Radio zu Hause.

(Lachen der Abg. Dr. Monika Runge, Linksfraktion)

Die Linksfraktion will eine Verschlüsselung der Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Abgesehen von den nicht unerheblichen Kosten, die auf die Rundfunkteilnehmer bei einer Verschlüsselung zukommen würden und die auch ohne Machbarkeitsprüfung und Folgekostenabschätzung, wie Sie sie verlangen, auf der Hand liegen, widerspricht dies dem Grundgedanken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der frei für alle empfangbar sein soll und auch will.

Zum Schluss noch eine Anmerkung zur Verteilung der Gebührenmittel zwischen den ARD-Anstalten. Das derzeitige Finanzsystem ist so ausgestaltet, dass das finanzielle Volumen zwar bedarfsgerecht erfasst wird, die

Ausschüttung sich dann allerdings nach der Anzahl der im jeweiligen Sendegebiet angemeldeten und zahlenden Rundfunkteilnehmer richtet.

Das führt dazu, dass diejenigen Sender, die stärker als andere von Abwanderungen oder Gebührenbefreiungen betroffen sind, in Relation zu anderen Anstalten weniger am Gebührenaufkommen teilhaben können, andere eben überkompensierend mehr.

Derzeit trifft dies einige kleine Anstalten und beginnend jetzt auch im besonderen Maße den MDR. Durch Wegzüge und steigende Befreiungs- und Förderungsausfallquoten entstehen dort besondere Belastungen. Der noch verbliebene ARD-interne Finanzausgleich ist zur Klärung dieses Problems kein Instrument. Ich sehe darin eher ein strukturelles Problem, das von Grund auf angegangen werden muss. Die Länder werden hier die KEF in die Pflicht nehmen und um eine fundierte Stellungnahme mit geeigneten Lösungsansätzen bitten. Aus meiner Sicht ist hier ein völlig neuer Strukturvorschlag erforderlich, der eine bundesweit gerechtere Verteilung der Gebührenmittel zum Ziel hat. Dem MDR ist vieles vorzuwerfen, aber sicherlich nicht, dass er in einem Sendegebiet sendet, wo die Menschen woanders hingehen und wo die Menschen weniger Kinder bekommen und wo die Menschen älter werden.

(Allgemeine Unruhe im Saal)

Hierfür wird sich die Staatsregierung einsetzen. Platz finden könnte übrigens ein solcher Vorschlag zum Beispiel auch im 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, da eine solche Regelung erst nach 2013 in Kraft treten könnte, weil dann die Gebührenperiode wieder zu Ende ist.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Gunther Hatzsch, SPD)

Das Schlusswort hat die Linksfraktion; Herr Abg. Hilker.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist sehr laut geworden. Seien Sie doch bitte so freundlich …

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer sich etwas näher mit ARD und ZDF und der Gebührenempfehlung beschäftigt, konnte zumindest in der letzten Zeit feststellen, dass ARD und ZDF zuallererst an sich denken und zuletzt an die Gebührenzahler.

Wie sonst ist es zu erklären, dass die beiden Intendanten vergessen haben, zum Beispiel eine Gebührenerhöhung für den Kinderkanal anzumelden? Jetzt haben sie es festgestellt und waren bereit, nach fünf Jahren den Etat um 2 Millionen Euro zu erhöhen. Wohlgemerkt, ARD und ZDF sollen insgesamt 400 Millionen Euro mehr bekommen.

Wie ist es zu verstehen, dass man, wenn man in den Haushaltsausschüssen der öffentlich-rechtlichen Sender

sitzt, zumindest der Rundfunkräte, feststellen kann, dass die Gebührenerhöhung einfach prozentual hochgerechnet wird?

Da gibt es – ich sage mal – kein Förderprogramm „Sachsenspiegel“ oder „MDR-aktuell“ oder „Volksmusik“. Nein, es ist eine einfache Hochrechnung und die detaillierten Finanzrechnungen bleiben die entsprechenden Verwaltungsdirektoren bis heute schuldig.

Sicher, Herr Hermsdorfer, können Sie sagen: Unsere Vorschläge beinhalten nichts Gutes und nichts Neues. Und Herr Hatzsch, Sie können auch behaupten, dass viele Vorschläge mit politischen Vorgaben behaftet sind. Und Herr Minister Sagurna, Sie können auch sagen, dass das im 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht zu ändern ist. Aber ich frage Sie: Das Problem der GEZ ist doch seit fünf, sechs Jahren bekannt, wieso kann es dann nicht schnell gelöst werden? Es liegen doch dazu Vorschläge auf dem Tisch.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Das Problem der Hartz-IVEmpfänger und derjenigen, die wenig Geld haben und zuzahlen müssen, ist auch seit Jahren bekannt. Es liegen Tausende Petitionen bei den Petitionsausschüssen vor. Die Petitionsausschussvorsitzenden haben sich geäußert. Sie haben Resolutionen beschlossen. Wieso kann das nicht innerhalb kürzester Zeit beschlossen werden, und zwar mit dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der zum Ende dieses Jahres gelten soll?

Nein, ich sage Ihnen: Veränderungen sind möglich, Sie wollen sie einfach nur nicht. Sie können uns doch hier nicht ernsthaft auf den 13. oder 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vertrösten. Deswegen werden wir unsere Forderungen in diesem Zusammenhang immer wieder vortragen.

Herr Dr. Gerstenberg, die KEF kann Vorschläge noch einmal durchrechnen. Wir hatten es im Jahre 2005, dass die Ministerpräsidenten Abstriche haben wollten; nachdem übrigens auch Ministerpräsident Milbradt damals eine Begrenzung der Online-Bereiche vorgeschlagen hat. Dann haben die Anstalten die Selbstverpflichtung vorgenommen. Das war ja nicht ihr freier Wille, sondern es war der Druck der Politik.