haben wir schon frühzeitig im Sächsischen Naturschutzgesetz umgesetzt. Das ist die Voraussetzung für ein sachgerechtes Management der Gebiete und die europarechtskonforme Prüfung der Zulässigkeit aller Projekte und Pläne, die sich auf deren Erhaltungszustand auswirken können.
Während sich das ökologische Netz „Natura 2000“ europaweit gerade im Aufbau befindet, ist die sächsische FFH- und Vogelschutzgebietsmeldung von der EUKommission als vollständig und abschließend anerkannt worden. Nebenbei gesagt, gehört Sachsen bei den Vogelschutzgebieten zu den wenigen Bundesländern, die vollständig gemeldet und von der Europäischen Kommission grünes Licht erhalten haben. Wir sind daher von dem wegen unzureichender Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie gegen die Bundesrepublik Deutschland angestrengten Vertragsverletzungsverfahren nicht berührt.
FFH-Gebiete nehmen etwa 9 % der Landesfläche Sachsens ein. Gemeinsam mit den Vogelschutzgebieten umfasst das ökologische Netz „Natura 2000“ beachtliche 15,9 % der Landesfläche, die als Kernstück des Schutzgebietssystems zur Sicherung der natürlichen und biologischen Vielfalt im Freistaat Sachsen beitragen. „Natura 2000“ ist ein grenzüberschreitendes Netz, dessen Funktionsfähigkeit als überregionale Perspektive betrachtet werden muss. Erst im europäischen Verbund können Lebensräume für Pflanzen und Tiere gesichert werden. Daher hat jeder Mitgliedsstaat alle sechs Jahre einen Bericht über den Zustand ausgewählter Arten und Lebensräume zu erstellen.
Die Bestandsaufnahme des ersten Berichtes zum Ende des letzten Jahres gibt für Sachsen Anlass zu vorsichtigem Optimismus, wenn man bedenkt, dass Arten und Lebensräume bewertet wurden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttre
tens der FFH-Richtlinie als bedroht eingestuft waren. So wird für 27 der 47 sächsischen Lebensraumtypen der Erhaltungszustand derzeit als günstig eingeschätzt. Allerdings müssen elf Lebensraumtypen als unzureichend und sechs als schlecht in ihrem Zustand eingestuft werden.
Wir werden daher in unseren Schutzbemühungen für die FFH-Gebiete nicht nachlassen. Mit Stand April 2008 liegen für 104 Gebiete bestätigte Managementpläne vor. Das ist also die formale Bestätigung. Dahinter stecken konkrete, mit den Landnutzern abgestimmte Maßnahmen, um den naturschutzfachlich wünschenswerten Zustand dieser Flächen zu erhalten. Wir streben an, bis Ende 2010 die Planung für alle 270 FFH-Gebiete abzuschließen.
Lassen Sie mich auf die Debatte insofern eingehen, als die Managementplanung in zeitlicher Hinsicht gerügt worden ist. Im Jahr 2003 haben wir mit dem Planungsprozess begonnen. Beispielsweise haben Bayern erst 2006 und Baden-Württemberg 2005 damit begonnen. Dort liegen bis jetzt nur wenige Pläne vor. Sachsen-Anhalt beginnt mit der förmlichen Planung erst in diesem Jahr. Meine Damen und Herren, das ist eine Leistung aller Beteiligten, auch meines Hauses, für die ich ganz herzlich Dankeschön sage.
Meine Damen und Herren! „Natura 2000“ ist kein Selbstzweck. Aufbau und Schutz des europäischen ökologischen Netzes dienen dem Erhalt der biologischen Vielfalt. An der Erreichung dieses Zieles – und nur daran, meine sehr verehrten Damen und Herren, und nicht an Flächenprozenten oder der Anzahl genehmigter bzw. versagter Eingriffe – wird die Wirksamkeit dieses Bausteins im „Instrumentenmix“ des Naturschutzes zu messen sein. Der Schutz der biologischen Vielfalt ist neben dem Klimaschutz eine tragende Säule sächsischer Umweltpolitik.
Um den Artenschwund zu stoppen, haben wir in den vergangenen acht Jahren 177 Millionen Euro an Landesmitteln für den Naturschutz ausgegeben. Wir haben davon Projekte für besonders gefährdete Arten – zum Beispiel für Flussperlmuschel, Lachs und Weißtanne – finanziert. Wir haben Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung von Lebensräumen wie Bergwiesen, Mooren und Trockenrasen, gefördert. Auch ein artenreicher Wald sorgt für die vielfältigen Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Daher haben wir mit weiteren 5,1 Millionen Euro im Zeitraum von 2001 bis 2007 private und körperschaftliche Waldbesitzer beim Umbau des Waldes hin zu einem artenreichen Mischwald unterstützt.
Um die Aufgaben zum Schutz der biologischen Vielfalt fortsetzen zu können, sind nach derzeitigem Stand weitere 216 Millionen Euro in den Jahren 2007 bis 2013 vorgesehen. Davon sind allein in der Richtlinie „Natürliches Erbe“ 100 Millionen Euro für die Förderung von Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen für die biologische Vielfalt reserviert.
Für diese Richtlinie können seit vorgestern Anträge für investive Maßnahmen des Naturschutzes und der naturschutzbezogenen Öffentlichkeitsarbeit gestellt werden. Die Antragsformulare stehen im Internet.
Ich räume ein, dass es richtig ist, Kritik zu üben. Mir geht der Prozess auch nicht schnell genug. Aber sowohl die Europäische Union als auch wir sammeln erste Erfahrungen bei der Förderung des Naturschutzes. Wir haben die Auflagen der Europäischen Union bei der Mittelverwendung strikt einzuhalten. Wir bauen ein völlig neues ITVerfahren auf. Derzeit befinden wir uns in Konsultation mit der Europäischen Union über die EU-rechtliche Notifizierung. Meine Damen und Herren, Sie können sicher sein, dass wir alle Anstrengungen unternehmen, um dies so schnell wie möglich voranzutreiben.
Der flächenmäßig größte Teil unserer Biotope wird über die Richtlinie Agrar-Umwelt-Maßnahmen und Waldmehrung erhalten. Das sind fast 90 % der geplanten Mittel der durch Naturschutzförderung zu erhaltenden Flächen. Der Schwerpunkt liegt bei der Grünlandpflege. Dabei gepflegte Biotope sind zum Beispiel Flachland- und Bergmähwiesen, magere Frischwiesen oder Berg- und Nasswiesen.
Kollege Lichdi, es stimmt nicht, was Sie sagen. Gerade bei diesen Agrar-Umwelt-Maßnahmen achten wir auf strikt einzuhaltende Standards. Die Förderung gibt es nur, wenn die Maßnahmen über den Cross-ComplianceAnforderungen und der guten fachlichen Praxis liegen. Allein im vergangenen Jahr wurden dazu für 29 000 Hektar Fläche freiwillige Verpflichtungen für eine naturschutzgerechte Acker-, Grünland- und Teichbewirtschaftung eingegangen. Für 2008 liegen schon jetzt 600 Anzeigen für Förderbegehren vor. Des Weiteren beteiligt sich der Freistaat an Projekten, die von Dritten, beispielsweise vom Bund, finanziert werden. Aktuell sind das das Lausitzer Seenland, die Bergwiesenlandschaft Osterzgebirge oder das Presseler Heidewald- und Moorgebiet.
Meine Damen und Herren! Bei der Umsetzung unserer Maßnahmen setzen wir vor allem auf Kooperation und Freiwilligkeit. Wir arbeiten mit den Land-, Forst- und Teichwirten zusammen; denn nur in dem Umfang, wie es uns gelingt, den Konsens mit den Flächeneigentümern und Landnutzern zu erreichen, bringen wir den Naturschutz weiter voran. Mit abgestimmten Lösungen statt Ver- oder Geboten haben wir gute Erfahrungen gemacht, zum Beispiel beim Vertragsnaturschutz oder den FFHManagementplänen.
Meine Damen und Herren! Ich weiß auch, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger in ihrer Freizeit freiwillig und unentgeltlich für die Sache des Naturschutzes, für die heimische Fauna und Flora engagieren, und dies oft seit Jahrzehnten. Sie verdienen daher unsere Anerkennung und unseren Dank, auch in diesem Hohen Haus.
Der Schutz der biologischen Vielfalt ist in Sachsen in guten Händen. Es stehen ausreichende Finanzmittel für die Naturschutzförderung zur Verfügung. Wir verfügen über eine Vielzahl ordnungsrechtlicher, administrativer und zuwendungsrechtlicher Instrumente. Dazu gehört für mich auch das Europäische ökologische Netz „Natura 2000“, dessen sächsischen Teil wir weiterhin sichern werden.
Hoffen wir, dass es uns damit gelingt, dem Artensterben entgegenzuwirken; denn die Vielfalt der Pflanzen und Tiere ist Teil der Schöpfung. Sie zu bewahren ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, der wir uns auch im Interesse der künftigen Generationen mit größtem Engagement stellen müssen.
Ich bitte Sie daher weiterhin um Ihre Unterstützung und bedanke mich ausdrücklich für die Diskussion.
Wünschen die Fraktionen jetzt noch einmal in die Debatte einzusteigen? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren, damit ist die Debatte zur Großen Anfrage beendet.
Es gibt einen Entschließungsantrag, den wir an dieser Stelle einbringen und behandeln können. Der Entschließungsantrag mit der Drucksachennummer 4/11951 liegt Ihnen vor. Frau Kagelmann, bitte.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Den Entschließungsantrag der Linksfraktion habe ich in meinem ersten Redebeitrag im Wesentlichen bereits eingebracht. Ich möchte deshalb meine Zeit nutzen, kurz auf die Diskussion einzugehen.
Herr Staatsminister Wöller, Sie haben recht. Große Anfragen allein bringen natürlich nicht den Naturschutz in Sachsen voran, aber sie machen auf Defizite aufmerksam. Das ist ihre vornehmliche Aufgabe. Große Anfragen sind nun mal ein wichtiges Mittel der Opposition, um an nötige Informationen zu kommen. Wenn wir dann an dieser Stelle stehen und immer wieder darauf aufmerksam machen, dass die Antworten der Staatsregierung auf unsere Großen Anfragen sehr zu wünschen übrig lassen, dann sollten Sie sich lieber auf diese Kritik konzentrieren.
Herr Staatsminister Wöller, den Dank an die ehrenamtlichen Naturschützer finden Sie in unserem Entschließungsantrag unter Punkt 3 I. Das sollte vielleicht die Möglichkeit sein, auch für die Kollegen der Koalitionsfraktionen, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen.
Herr Prof. Mannsfeld, wir müssen schon sauber trennen. Sie haben natürlich recht, was die Vogelschutzgebiete
betrifft. Aber diese waren nicht Gegenstand der Großen Anfrage und deshalb auch nicht Gegenstand meiner Ausführungen. Bei den Zahlen haben Sie berechtigterweise auch auf Differenzen hingewiesen. Ich habe mich allerdings eben auf die Große Anfrage bezogen. Daher rühren die Zahlen aus der Antwort der Staatsregierung vom Dezember 2007. Ich freue mich natürlich, dass es inzwischen in der Managementplanung Fortschritte gibt. Ich teile aber nicht den Optimismus, den auch Kollege Lichdi hier an den Tag gelegt hat, dass damit alle Probleme vom Tisch wären.
Zum Bericht der EU-Kommission, den Sie angesprochen haben, Herr Prof. Mannsfeld. Auf diesen Widerspruch habe ich ja hingewiesen. Dieser Bericht hätte aus meiner Sicht Grundlage der Bewertung über die Wirkung des ökologischen Netzes „Natura 2000“ sein können. Aber in Frage 17 der Antwort der Sächsischen Staatsregierung findet man davon nichts. Genau das habe ich betont.
Frau Deicke, zu Ihnen muss ich unbedingt noch etwas sagen, und zwar zum Naturschutzbeirat. Es ist natürlich nicht ganz fair: Sie wissen, dass ich erst seit kurzer Zeit dem Naturschutzbeirat angehöre. Aber lassen wir das einmal dahingestellt sein. Für Sie gilt auch, was ich bereits Prof. Wöller ans Herz gelegt habe: Große Anfragen sind nun einmal recht und billig für die Opposition, und Sie können es gern uns überlassen, wie wir die Fragen formulieren. Die Fragen sollen provozieren, sie sollen auf Defizite aufmerksam machen. Das ist nun einmal ihre Aufgabe.
Aber wenn wir schon beim Naturschutzbeirat sind, Frau Deicke – wir haben beide bei der letzten Zusammenkunft nebeneinander gesessen –: Ist Ihnen entgangen, dass gerade das Problem der Klagebefugnis dort eine wichtige Rolle gespielt hat? Dort hat nämlich der Vertreter des NABU sehr lang und breit auf die fehlende Klagebefugnis der Naturschutzvereine bis zur förmlichen Rechtssicherung der FFH-Gebiete hingewiesen, dies bedauert und die Staatsregierung aufgefordert, deshalb tätig zu werden. Es verwundert mich dann schon, wenn Sie hier in dieser Art und Weise auftreten.
Zum Entschließungsantrag, meine Damen und Herren. Wir haben im ersten Teil des Entschließungsantrages lediglich ganz konkrete Fakten beschrieben, wie sie uns auch mehrfach von Naturschützern vorgetragen wurden. Im Abschnitt II haben wir folgerichtig Maßnahmen daraus abgeleitet, die wir zur Kontrolle des Fortgangs der förmlichen Unterschutzstellung für notwendig erachten.
Noch einmal zur grünen Gentechnik. Herr Günther, hier wird nichts „untergewurstelt“. Die Position der FDP ist bekannt, aber Sie kennen natürlich aus den vergangenen Diskussionen auch unsere Position. Herr Lichdi hat das richtig angesprochen. Brandenburg macht es uns vor. Wir brauchen uns keinen Kopf mehr zu machen. Es geht. Wir sollten diesem Beispiel einfach folgen.
Wenn ich in meinem Einführungsbeitrag für unkonventionelle Lösungen plädiert habe, so ist mir natürlich nicht entgangen, dass für einen Großteil der Naturschutzmaßnahmen der Richtlinie „Natürliches Erbe“ eine beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission erforderlich ist. Aber unkonventionelle Lösung heißt eben auch, dass die Staatsregierung nach Möglichkeiten einer Zwischenfinanzierung suchen muss, denn das Problem ist ja nicht gerade neu, auch wenn die Richtlinie neu ist. Deshalb muss man sich ja ins Zeug legen. Brüssel ist auch nicht unbedingt am anderen Ende der Welt, da kann man auch einmal hin. Man muss nicht immer nur den langen Postweg benutzen.
Wir meinen, es ist dringend erforderlich, dass ein Signal ausgeht, dass die Mittel für wiederkehrende Pflegemaßnahmen jetzt zu fließen beginnen; denn wir können es natürlich nicht den Naturschutzvereinen und Schafhaltern aufbürden, diese Maßnahmen vorzufinanzieren.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende einer, wie ich finde, durchaus sinnvollen Debatte über ein Problem, das uns alle beschäftigt, liegt uns jetzt ein Entschließungsantrag vor, den ich aber im Sinne der hier geführten Debatte und der ausgetauschten Argumente weitestgehend für verzichtbar halte.
Man kann sich eigentlich nicht hier hinstellen und sagen, in dem Abschnitt I teilen wir Fakten mit, denen der Landtag nur noch zustimmen muss. Dann muss man schon einmal hinterfragen, ob es auch ein Faktum ist, dass die sächsische Meldung wirklich hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Das hat mit Blick auf die Zeitabläufe 1998 bis 2002 keinen Sinn. Sachsen hat seine Hausaufgaben erfüllt, ist dafür anerkannt worden, selbst wenn der Prozess nicht einfach war.