Protocol of the Session on March 7, 2008

Ich habe sie klar beantwortet.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie also, um die Argumentation zu untermauern, dass ich noch einmal auf das Zitat des Ministerpräsidenten zurückkomme. Der Ministerpräsident sagte: „Ein neues Finanzierungsabkommen sollte nicht Anlass für Verhandlungen in kürzeren Abständen, sondern dauerhafte Verhandlungsgrundlage für die Stiftung sein. Es sollte möglichst unbefristet gelten und mit einer Anpassungsklausel versehen sein.“ Genau dies, meine Damen und Herren, ist in den genannten beiden Punkten unseres Antrages enthalten.

Auch der letzte Punkt unseres Antrages ist dringend annahmebedürftig. Hier fordern wir eine perspektivische Neuausrichtung des bisherigen Stiftungsmodells einer Zuwendungsstiftung hin zu einer Stiftung mit Stiftungskapital. Wir wissen uns bei dieser Forderung nicht nur mit den Vertretern der Sorben einig, sondern auch mit Kommunalpolitikern aller demokratischen Parteien in der Lausitz. Unter den dortigen Landräten macht das von uns vorgeschlagene Modell sogar unter der Bezeichnung „Ehrliche Stiftung“ Furore. Unser Vorschlag gibt darüber

hinaus dem Stiftungsmodell einen neuen Impuls und entzieht die Stiftung dem immer wieder auch von sorbischen Kulturschaffenden, nicht zuletzt auch von dem leider zu früh verstorbenen Jurij Brězan, erhobenen Verdacht, die Stiftung könnte als ökonomisches Gängelband des Staates gegenüber den Sorben missbraucht werden.

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir abschließend noch auf Folgendes hinzuweisen. Für unseren Antrag sprechen neben den genannten minderheitenrechtlichen und minderheitenpolitischen Gründen auch europa- und außenpolitische Argumente.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Bereits Angela Merkel hat sich in ihrer Rede vor 17 Jahren mit der Stiftungsgründung auch einen Impuls „für die europäische kulturelle Verständigung, insbesondere in Richtung Osteuropa“ erhofft. Die Ministerpräsidenten Biedenkopf und Milbradt haben, wenn auch in seltener Einmütigkeit, so doch zu Recht, wiederholt auf die außenpolitische Komponente der Minderheitenpolitik gegenüber den Sorben hingewiesen. Besonders wichtig ist es, dass der gewaltfreie Politikansatz der Sorben, der leider nicht allen Minderheiten in Europa eigen ist, durch die Bundesebene respektiert wird.

Meine Damen und Herren! In der Hoffnung, dass Sie die Ernsthaftigkeit aller meiner Erwägungen zur Kenntnis genommen haben, ersuche ich die Abgeordneten der demokratischen Fraktionen um Zustimmung zu unserem Antrag aus allen genannten Gründen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich erteile der NPDFraktion das Wort; Herr Dr. Müller, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kosel, es wird Sie sicherlich verwundern, dass die NPD-Fraktion als Fraktion der Nationaldemokraten beiden Anträgen zustimmen wird. Ich werde mich in den Ausführungen allerdings etwas kürzer fassen als Sie.

Selbstverständlich ist die Finanzierung der Stiftung für das sorbische Volk notwendig. Es ist für die NPDFraktion sehr bezeichnend, dass der Bund, der für Zuwanderung aus aller Herren Länder und für Kriegsspiele in aller Herren Länder Geld übrig hat, für eine seit Jahrhunderten in Deutschland ansässige Minderheit aber die Gelder einsparen will.

(Beifall des Abg. Peter Klose, NPD)

Aber, meine Damen und Herren, Geld ist nicht alles. Zum Erhalt eines lebenswerten Siedlungsraumes für die Sorben sind natürlich auch Arbeitsplätze nötig. Sachsens Spitzenwerte in der Arbeitslosigkeit liegen nach meinem Kenntnisstand auch im sorbischen Siedlungsbereich. Das führt zu einer Abwanderung der reproduktiven Generation. Sachsens Wirtschaftsministerium hat einen gewissen Anteil daran, etwas dagegenzusteuern. Da die Zahl der

Menschen, die sich zur sorbischen Volksgruppe zugehörig fühlen, gerade mal einer mittelgroßen Kreisstadt entspricht, ist es fast voraussehbar, wann das sorbische Volk in Deutschland ausgestorben sein wird.

Da fällt mir die Antwort des Arbeitsministers von Sachsen auf die Anfrage von Mirko Schmidt ein: Wenn sorbisch ist, wer sich zu dem Volk bekennt, ist natürlich die Kuh vom Eis. Das ändert nichts an der Tatsache, dass die eigentlichen Traditionen, die zu einem Volk gehören und die über Generationen weitergegeben werden, mit der Zeit verschwinden werden. Wenn wir da nicht Einhalt gebieten – und das ist eine Sache, die das sächsische Parlament machen kann –, dann hilft das Geld aus Berlin auch nicht weiter.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion erhält das Wort; Frau Schütz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Die im Land lebenden Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit sind gleichberechtigter Teil des Staatsvolkes. Das Land gewährleistet und schützt das Recht auf Bewahrung ihrer Identität sowie auf Pflege und Entwicklung ihrer angestammten Sprache, Kultur und Überlieferung, insbesondere durch Schulen, vorschulische und kulturelle Einrichtungen.“ So steht es in Artikel 6 unserer Sächsischen Verfassung.

Was die Schutzpflicht betrifft, so gibt es in diesen Tagen ein ernstes Problem, nämlich die auskömmliche Finanzierung der sorbischen Institutionen. Was den Freistaat betrifft - da sind wir uns mit allen demokratischen Fraktionen einig –, ist die Lage eindeutig. Der Freistaat hat seine Verpflichtungen ernst genommen und stellt der Stiftung für das sorbische Volk schon seit Jahren einen konstanten Betrag zur Verfügung. Das ist keine Selbstverständlichkeit, wenn man daran denkt, dass der Sächsische Rechnungshof in mehreren Jahresberichten die Haushaltsführung bei einzelnen sorbischen Institutionen bemängelt hat.

Die Kritik des Rechnungshofes ist aber vor Ort ernst genommen worden. Wie der Rechnungshof im Haushalts- und Finanzausschuss berichtet hat, findet ein konstruktiver Dialog zwischen den Beteiligten statt. Was eine auskömmliche Finanzierung für die sorbischen Institutionen konkret in der Höhe umfasst, kann ich nicht abschließend bewerten. Die Anträge von CDU- und SPD-Fraktion und auch der Linksfraktion sind an dieser Stelle sehr allgemein gehalten. Das ist aber hier nicht das Thema, zumal die Verhandlungen mit dem Bund und dem Land Brandenburg noch laufen.

Was ich aber bewerten kann, ist das rigide Vorgehen des Bundes und des Landes Brandenburg, der beiden anderen Partner der Finanzierung. Beide zusammen sind immerhin für zwei Drittel der Finanzierung verantwortlich. So sieht

es die Finanzierungsvereinbarung von 1998 vor, die letztes Jahr ausgelaufen ist. Herr Kosel hat schon darauf hingewiesen. Was aus dieser Finanzierungsverantwortung inzwischen geworden ist, sieht man in den jeweiligen Haushalten. Im Bundeshaushalt wurde gegenüber der ursprünglichen Finanzierung in den Anfangsjahren weniger Geld beim Zuschuss an die Stiftung für das sorbische Volk eingestellt, und zudem wurden in diesem Jahr auch noch Gelder gesperrt. Der Stiftung stehen vom Bund damit seit Jahresbeginn insgesamt über 3 Millionen Euro weniger zur Verfügung als zu Beginn des Finanzierungsabkommens.

Auch Brandenburg kürzte seinen Anteil. Dort hat man den Zuschuss bereits reduziert und im Haushaltsplan 2008 eine Sperre vorgesehen. Die Gelder sollen dort so lange gesperrt sein, bis ein neues Finanzierungsabkommen abgeschlossen ist. So etwas mag haushaltsrechtlich zulässig sein, ist aber politisch das vollkommen falsche Signal.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion)

Das Land Brandenburg signalisiert nämlich so dem Bund, dass die Stiftung das Geld offenbar erst einmal nicht braucht. So kann man mit den Betroffenen vor Ort nicht umgehen. Sachsen hat zum Glück keine derartige Sperre ausgesprochen, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion)

Gleichwohl muss das Problem nun gelöst werden, und zwar langfristig. Beide Anträge unterstützen die Staatsregierung bei den Verhandlungen mit dem Bund und indirekt auch mit dem Land Brandenburg. Dem werden wir selbstverständlich zustimmen. Man muss sich aber auch Gedanken darüber machen, wie man mit dem Problem weiter umgeht, wenn sich zwei von drei Verhandlungspartnern störrisch stellen und die Förderung der sorbischen Institutionen im Ergebnis zum Großteil lieber den Sachsen überlassen.

Die Idee der Linken – eine Stiftung mit Stiftungskapital – wäre eine denkbare Alternative. Im Kern muss es aber schlussendlich darum gehen, eine langfristige Finanzierung sicherzustellen. Das Grundproblem hat man 1998 mit der alten Finanzierungsvereinbarung nicht gelöst. Der Vertrag war ja nur bis Ende 2007 terminiert. Derartige Lösungen, die das Problem nur zeitlich verschieben, müssen im Interesse der Sorben und auch im Interesse aller Sachsen bei neuen Verhandlungen vermieden werden, sonst sitzen wir in ein paar Jahren zum selben Thema wieder im Plenum zusammen, und das wäre sehr schade.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Frau Hermenau, Sie haben das Wort für Ihre Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich schlendere ja nun des

Öfteren durch Bautzen. Das liegt daran, dass ich dort mein Regionalbüro habe. Dann sehe ich natürlich immer diese vielen sorbischen Namen, die ja überall ausgewiesen sind und neben den deutschen stehen.

Jedes Mal berührt mich dann die Neugier auf dieses Geheimnis einer Sprache, die man eben nicht auf Anhieb versteht, sondern sich nach und nach erschließen oder lernen muss. Manchmal helfen da auch Erinnerungen an vor sehr langer Zeit gelernte russische Vokabeln.

(Marko Schiemann, CDU: Was?)

In meiner Kindheit habe ich von der Mittagsfrau und von den Lutki gelesen und später mit Vorliebe Jurij Breźan, den ich dann auch noch persönlich kennenlernen durfte. Inzwischen habe ich viele sorbische Künstler kennengelernt, die ihre Seele in Wort, Bild und Ton ausdrücken. Das hat mich schon jetzt für mein Leben bereichert.

Nach und nach lernt man dann die Menschen kennen, die diese Sprache sprechen. Sie sind manchmal etwas vorsichtig im Umgang mit Deutschen, weil sie unangenehme Erfahrungen mit ihnen gemacht haben. Ihr Vertrauen muss man sich eben ehrlich erarbeiten. Aber das macht es ja auch so wertvoll. Manche verschließen sich gern gegen Nichtsorben, weil sie glauben, nur auf diese Weise das Spezielle ihres Lebens bewahren zu können. Andere wollen sich bewusst öffnen, weil sie in der Offenheit Chancen sehen.

Die meisten dieser Menschen sind sehr bodenständig. Wer eine Stunde lang nur über Flachs reden kann, der entkommt der Mittagsfrau, die ihn sonst zu köpfen droht. Und in der Welt der Sorben muss man eben – wie man sieht – sein Handwerk verstehen.

All das macht sie zu einer, wie ich finde, interessanten, eingeschworenen, kleinen Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft braucht die anderen, uns, um auf Dauer kulturell bestehen zu können und nicht in ihrer Umgebung Tag für Tag mehr zu verblassen. Wir reden hier also über einen engagierten, leidenschaftlichen, ehrlichen Minderheitenschutz, weil die Vielfalt, insbesondere auch die kulturelle, zu schützen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der Abg. Stefan Brangs, SPD, und Torsten Herbst, FDP)

Nun haben die Koalitionsfraktionen und DIE LINKE jeweils einen Antrag eingebracht, um die technische Umsetzung des politischen Minderheitenschutzes, die staatliche Finanzierung, voranzutreiben; so weit, so gut.

Aber leider liest sich der Koalitionsantrag, als sei er etwas lustlos gestellt. Die moralische Verpflichtung wird gesehen. Die innere Leidenschaft ist außerordentlich begrenzt. Das mag an den anhaltenden schwierigen Debatten unter und auch mit den Sorben über die Ausgestaltung des Finanzierungsabkommens liegen. Das konnte in den letzten Jahren durchaus etwas ermüden. Aber Politik sollte nicht lustlos einwilligen, auch wenn die Verhandlungen schwierig sind, sondern tatkräftig und zielführend

entscheiden, wenn die Zeit dafür reif ist. Wir werden dem Koalitionsantrag zustimmen. Wir hätten uns ein bisschen mehr Leidenschaft gewünscht, sehen aber darüber hinweg.

Im Moment versuchen – das ist die Lage – offenkundig alle, sogar die Stiftung der Sorben selbst, Zeit zu gewinnen, um eigene Interessen auszusitzen, Geld zu sparen – beim Bund und in Brandenburg sieht man das –, und um vielleicht auch keine anstrengenden Entscheidungen treffen zu müssen; eventuell sogar hier in Sachsen. Das atmet übrigens ganz massiv auch der Antrag der Linken, der zwar deutlich differenzierter als der Antrag der Koalition ist, aber sich ebenfalls um eine unliebsame, aber nötige Entscheidung drückt.

Ich sage einmal als ehemaliges Mitglied des Haushaltsausschusses des Bundestages: Ich weiß noch, dass die Vereinbarung, die Herr Kanther als damaliger Innenminister getroffen hatte, eine massive Degression vorsah. Dann kam Rot-Grün an die Regierung und hat sich jedes Jahr bemüht, die Gelder wieder hochzubringen, damit nicht irgendwelche Pflöcke eingeschlagen werden. Das ist eine unendlich lange Geschichte. Aber was Sie vorschlagen, Herr Kosel von der Linken, nämlich die Stiftung im Prinzip mit Stiftungskapital völlig unabhängig von allem zu machen, führt nicht dazu, dass die strukturellen Reformen gemacht werden, auf die es ganz dringend ankommt. Es fehlt doch der Stiftung ganz massiv an Demokratie. Das wissen Sie auch.

Gestern wurde ein Aufruf veröffentlicht, den die Vertreter der kulturellen Einrichtungen der Sorben verfasst haben. Sie sind in größter Sorge um ihre sorbische nationale Substanz. Sie bezeichnen sich als Identifikationszentren und markieren damit eigentlich klar, dass sie die sorbische Sprache und Kultur vor Ort lebendig halten und nicht die über allen thronende Stiftung. Auch sie fordern natürlich eine verlässliche Finanzierung.

Wir hängen also in einem Politikmikado fest, an dem übrigens, wie ich finde, die Stiftung des sorbischen Volkes durchaus beteiligt ist. Wer das beenden will, der muss eben tätig werden und konkrete Forderungen aufstellen.

Wie durchschlägt man nun diesen gordischen Knoten? – Indem wir Nichtsorben den Sorben ein faires Angebot machen. Das Erste wäre, dass der Finanzierungsbedarf der Stiftung einerseits und der Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen der Sorben andererseits gutachterlich und vor allem unabhängig erhoben wird. Sie können nicht die Stiftung damit beauftragen. Dann machen Sie den Bock zum Gärtner.