Protocol of the Session on March 5, 2008

Damit etwas politische Sauberkeit in die politische Auseinandersetzung Einzug hält und die Leser auch wissen, von welchem tendenziösen Parteiblatt sie mehr oder weniger schlecht informiert werden, bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit daran erinnern, welche Position die sächsische CDU im Jahre 2003 in dieser Sache noch vertreten hat. Damals wurde nämlich in der sächsischen CDU die Forderung laut, eine Bundesratsinitiative zu starten, um gegen die SPD-Medienbeteiligungen vorzugehen. Zufälligerweise habe ich zahlreiche Presseerklärungen und Stellungnahmen aus dem Jahr 2003 vorliegen, als der damalige CDU-Generalsekretär Winkler Folgendes sagte: „Die Monopoly-Spieler der SPD gefährden die Pressefreiheit.“ Das ist eine Aussage, der sich die NPD-Fraktion im Jahre 2008 anschließt.

(Beifall bei der NPD)

Aber weil es so schön ist: Vor fünf Jahren, als die CDU noch nicht durch diese ungeliebte Koalition gefesselt war, sagte Hermann Winkler: „Die Monopoly-Spieler der SPD gefährden die Pressefreiheit.“

Damit wir diesem roten Medientendenzbetrieb einen rechtsstaatlichen Riegel vorschieben können, bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der NPD – Stefan Brangs, SPD: Der spricht im Fieber!)

Meine Damen und Herren! Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich frage, ob der Berichterstatter des Ausschusses das Wort wünscht. – Das ist ebenfalls nicht der Fall. Dann schlage ich Ihnen vor, dass wir entsprechend der Geschäftsordnung über den Gesetzentwurf artikelweise abstimmen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung selbst.

Aufgerufen ist das Gesetz zur Änderung des Sächsischen Pressegesetzes. Dem liegt ein Gesetzentwurf der NPDFraktion zugrunde. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der NPD-Fraktion, zuerst über die Überschrift. Wer der Überschrift seine Zustimmung geben möchte, den

bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür ist das mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über Artikel 1, Änderung des Sächsischen Pressegesetzes. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür ist Artikel 1 mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über Artikel 2, Inkrafttreten. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten und damit abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Da alle Einzelbestimmungen vom Plenum abgelehnt worden sind, erfolgt keine weitere Beratung entsprechend § 44 Abs. 7 unserer Geschäftsordnung. Damit ist die 2. Beratung abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Einführung gemeindlicher Gedenktage an die friedliche Revolution 1989

Drucksache 4/9870, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 4/11285, Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses

Den Fraktionen wird zur allgemeinen Aussprache das Wort erteilt. Es beginnt die Fraktion GRÜNE, danach CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte darum, dass die Fraktion GRÜNE das Wort nimmt. Herr Weichert, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf erhalten die sächsischen Kommunen und Gemeinden die Möglichkeit, einen Feier- und Gedenktag an die friedliche Revolution 1989 einzurichten. Die 89er Revolution hatte kein revolutionäres Zentrum – weder räumlich noch personell und auch nicht theoretisch. Das Besondere und die Stärke dieser Revolution waren, dass viele Menschen an vielen Orten gleichzeitig das Richtige gemacht haben, und sie haben damit die Welt verändert.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der Linksfraktion, der SPD und der FDP)

Lokale Geschichte steht derzeit hoch im Kurs. Es ist wichtig, Besucher und uns folgende Generationen auf die damaligen Ereignisse hinzuweisen und die Orte zu kennzeichnen, an denen bürgerschaftliche Zivilcourage einer bis an die Zähne bewaffneten Staatsmacht frei und offen gegenüberstand und an denen damit ein Stück Weltgeschichte mitgeschrieben wurde. Tag und Orte des Gedenkens, Arten der Vermittlung und Form der Ausgestaltung

wollen wir der Fantasie und der lokalen Identität der Bürgerschaft überlassen.

Meine Damen und Herren! Wir haben für die Erinnerungskultur in unserem Land eine Verantwortung. Was spätere Generationen in die Geschichtsbücher schreiben, können wir nicht beeinflussen. Aber wir können die Erinnerung an das, was wir selbst erlebt haben, wachhalten und weitergeben. Das meine ich mit Erinnerungskultur.

Erinnern Sie sich bitte an den Film „Nikolaikirche“ von Frank Beyer nach dem gleichnamigen Roman von Erich Loest, an die Szene, in der der Leipziger Bezirks-StasiChef vor der Wand mit den Schwarz-weiß-Monitoren steht und völlig fassungslos die Bilder von der Montagsdemo auf dem Leipziger Ring am 9. Oktober 1989 anschaut. Er sagt: „Mit allem haben wir gerechnet, aber nicht mit Gebeten und Kerzen.“ Das, meine Damen und Herren, war das Einzigartige dieser Revolution und das war das Friedliche an dieser Revolution.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Ohne dieses Ereignis hätte es nicht vier Wochen später die Maueröffnung in Berlin und die Überwindung des Eisernen Vorhangs in Deutschland gegeben, wohl auch nicht so schnell danach die deutsche Einheit und das Ende der

Teilung Europas. Die friedlich erkämpfte Freiheit hat die Einheit erst möglich gemacht.

Meine Damen und Herren! Noch einen kleinen visionären Ausblick: Ich könnte mir vorstellen, dass im Jahr 2089, am 9. Oktober, anlässlich des 100-jährigen Begehens der friedlichen Revolution 1989 dieser Tag ein europäischer Nationalfeiertag ist.

Auf jeden Fall ist dieser Gesetzentwurf ein Schritt in diese Richtung und ich bitte Sie herzlich um Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Ich erteile das Wort der Fraktion CDU. Herr Schowtka, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwölf Jahre nationalsozialistische Schreckensherrschaft und 44 Jahre kommunistische Diktatur konnten in den Herzen der Menschen, die zum Schluss in dem Teil Deutschlands lebten, der sich wie zum Hohn „Deutsche Demokratische Republik“ nannte, nicht die Sehnsucht nach Freiheit töten.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Herr Schowtka begreift nichts! – Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Als diese Sehnsucht immer größer und stärker wurde als die während so vieler Jahre gespürte Angst, versammelten sich die Menschen zu Friedensgebeten, um danach nur mit Kerzen auf die Straße zu gehen und die ersehnte Freiheit einzufordern. Dass dieses spontane Aufbegehren Hunderttausender, hinter dem keine mächtige Organisation oder langfristige Planung stand, im Angesicht einsatzbereiter Streitkräfte gewaltlos und unblutig verlief, kann unter Berücksichtigung aller Umstände im Nachhinein nur als ein Wunder erklärt werden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Diese wunderbaren Geschehnisse, die in Dresden, Leipzig, Plauen und anderswo in Sachsen ihren Ausgang hatten und der kommunistischen Diktatur den Todesstoß versetzten, – –

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Schowtka?

erfahren im Herbst 2009 ihre 20-jährige Wiederkehr. Das ist ein Jahrestag, der es wie kein anderer verdient, feierlich gewürdigt zu werden – aus Freude und Dankbarkeit, dass es so und nicht anders gekommen ist, wie zum Beispiel auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking im selben Jahr, eine Gelegenheit, um den Jungen, die vor 20 Jahren noch nicht dabei sein konnten, zur Kenntnis zu bringen, was damals geschehen ist; denn es dürfte wohl ein Glücksfall in der damit nicht gerade reich

gesegneten Geschichte unseres Volkes sein, dass viele von uns Akteure und Teilnehmer einer siegreichen und friedlichen Revolution sein durften.

Das können nicht viele von sich sagen. Deswegen müssen wir auch die zunehmenden Versuche zurückweisen, das, was vor 20 Jahren und davor geschehen ist, schon wieder anders deuten zu wollen: die DDR nostalgisch zu verklären, Mauer und Stasi zurückzuwünschen, wie es jüngst aus Kreisen linker Mandatsträger verlautete.

Für uns ist die sich so nennende LINKE so lange keine demokratische Partei, solange sie sich nicht von ihrer kommunistischen Vergangenheit distanziert, Stasi und Mauerbau rückhaltlos verurteilt und die Opfer der Diktatur ehrlich um Vergebung bittet.

(Beifall bei der CDU)

Dass DIE LINKE immer noch nicht bereit ist, mit ihrer Vergangenheit als SED zu brechen, zeigt ja auch ihre demonstrative Abwesenheit beim Festakt des Landtages zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober vergangenen Jahres, als sie wohl den Festredner Joachim Gauck fürchtete, der das für sie brisante Thema „Freiheit und Verantwortung“ gewählt hatte. Meine Damen und Herren! Joachim Gaucks beeindruckende und tiefsinnige Rede ist nachdenkenswert und sollte in der jüngst vom Landtagspräsidenten herausgegebenen kleinen Broschüre von Ihnen nachgelesen werden.

Meine Damen und Herren! Den mutigen Revolutionären vom Herbst 1989 sind wir zu unendlichem Dank verpflichtet, denn ohne die von ihnen praktizierte Zivilcourage dürften wir nicht in diesem Hohen Hause weilen und um Demokratie ringen. Dankbarkeit sollten insbesondere auch jene fühlen, die ohne persönliches Risiko in den bewegten Zeiten von 1989 bereitwillig die Früchte der friedlichen Revolution geerntet haben und heute sichere Positionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bekleiden, und sei es, weil sie im Westen ihre Lebensplanung unter rechtsstaatlichen Verhältnissen selbst gestalten konnten oder im Osten rechtzeitig die Fahne wechselten, im Unterschied zu jenen Menschen, die in der DDR aufgrund ihrer Einstellung diskriminiert waren und nach der Revolution kaum Chancen hatten, in Positionen zu gelangen, für die sie Ausbildung und Studienabschlüsse nicht erwerben konnten.

Wie können wir jenen unseren Dank abstatten, die ihre besten Jahre in Sibirien oder in den Verließen des SEDRegimes verbringen mussten und heute, oft seelisch und körperlich gebrochen, eine weit geringere Rente erhalten als viele einzelne Stützen des kommunistischen Regimes? Gerade gegenüber diesen mutigen Menschen und Opfern des Stalinismus deutscher Prägung schäme ich mich und finde es unerträglich und geschmacklos, dass die von der SED zur Linken mutierte Partei in diesem aus der Revolution geborenen Parlament immer wieder versucht, die Verhältnisse in der untergegangenen DDR schönzureden,

(Caren Lay, Linksfraktion: Zum Thema!)

wie es Ihr Fraktionsvorsitzender Dr. Hahn vor knapp drei Monaten in der Debatte zum Freiheitsdenkmal in Leipzig unter Verwendung aller möglichen demagogischen Argumente praktizierte und dabei sein Bedauern über den tatsächlichen Verlauf der Geschichte in Richtung auf die Wiedervereinigung Deutschlands ausdrückte.

Nein, meine Damen und Herren, die Deutung unserer jüngsten Vergangenheit dürfen sich die Revolutionäre von 1989 nicht aus der Hand nehmen lassen. Das sind wir den Opfern des Stalinismus und vor allem unserer jungen Generation schuldig. Gott sei Dank wird diese Verpflichtung in jüngster Zeit auch von Film und Fernsehen stärker wahrgenommen, wie die beeindruckenden Filme „Das Leben der Anderen“ oder „Die Frau vom Checkpoint Charly“ zeigen.

Der vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verfolgt ein Anliegen, das auch meine Fraktion seit Langem umtreibt. Insofern darf ich in diesem Zusammenhang mit Recht das Sprichwort „Zwei Seelen – ein Gedanke“ zitieren und freue mich, dass sich die Bündnisgrünen an ihre revolutionären Wurzeln im Osten erinnern, die wir mit ihnen teilten, als wir gemeinsam gegen den SED-Staat aufstanden.