Protocol of the Session on December 4, 2017

Es liegt noch eine Zwischenintervention von Herrn Dennis Lander vor.

Liebe Frau Kollegin Heib. Ich weiß, dass Sie jetzt etwas sauer sind, aber lassen Sie uns bitte sachlich bleiben. Als Erstes werfen Sie mir Unkenntnis vor, dann zitieren Sie mich. Das ist schon eine witzige Situation. Aber zur Staatsanwaltschaft: Wenn ich falsch liege, dass im Frühjahr 2018 auf 61,5 Stellen aufgestockt werden soll, dann berichtigen Sie mich. Wenn ich damit falsch liege, dass im späteren Jahresverlauf auf 66 Stellen aufgestockt werden soll,

dann berichtigen Sie mich. Alle anderen Zahlen, Daten und Fakten können Sie beim Richterbund erfragen. Wenn Sie mit denen nicht so gerne reden, dann können Sie das auch der SZ entnehmen, gerne sende ich Ihnen die entsprechenden Artikel zu. Oder, wenn Sie das auch nicht so gerne wollen, schicke ich Ihnen auch gerne unsere Protokolle mit dem Richterbund. - Vielen Dank.

Herr Kollege Lander, es geht gar nicht darum, was ich gerne möchte oder nicht möchte. Zu den Zahlen, die Sie eben genannt haben: Hätten Sie mir zugehört, hätten Sie genau gewusst, dass ich diese Zahlen genannt habe. Bis Ende dieses Jahres 60 Stellen bei der Staatsanwaltschaft, bis April 61,5 und bis Ende 2018 66 Stellen. Das habe ich eben in meiner Rede - das können Sie später im Protokoll nachlesen - ausgeführt. Das haben Sie aber nicht in Ihren Ausführungen erwähnt. Sie haben ganz anderes gesagt, Herr Lander, und von daher habe ich gesagt: Ordnen Sie sich, schauen Sie, welche Argumente Sie vorbringen, wann Sie welche Zahlen nennen. Wenn Sie das machen, dann sind Ihre Redebeiträge so, dass man Ihnen folgen kann. - Danke.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Heib. - Ich rufe für die AfD-Fraktion Herrn Abgeordneten Rudolf Müller auf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gerade von Frau Heib eine Menge Ausführliches, Richtiges und teilweise auch Beruhigendes oder etwas, das beruhigend sein soll, gehört. Sie werden Verständnis dafür haben, dass wir von der Opposition auch die weniger beruhigenden oder gar nicht beruhigenden Dinge zur Sprache bringen.

Wir beklagen hier eine gewisse Kurzfristigkeit der Aktion. Heute Morgen war die Rede von China als kommender oder schon existierender Weltwirtschaftsmacht. Das möchte ich in Bezug auf Kurzfristigkeit und Langfristigkeit kurz aufgreifen. Mir ist ein Satz untergekommen, der mir so gut gefallen hat, dass ich ihn Ihnen nicht vorenthalten wollte. Als der große chinesische Reformer Deng Xiaoping vor etwa 30 Jahren gefragt wurde, ob die Französische Revolution der Weltgeschichte eine entscheidende Wende gegeben habe, sagte er nach kurzer Überlegung, es sei noch etwas früh, darauf eine Antwort zu geben.

Von dieser sehr langfristigen Perspektive nun zu dem, was wir als ein etwas kurzfristiges und möglicherweise gefährliches Agieren betrachten. Also von

(Abg. Heib (CDU) )

einem ganz großen Schaden, einer großen, ganz lange laufenden Entwicklung zu einem relativ kleinen Staat, zu Deutschland, und zu einem noch kleineren Teilstaat, unserem Saarland und zu einer klar erkennbaren Entwicklung zu weniger Recht und Sicherheit, die sich nicht nur an den Betonklötzen rund um unsere Weihnachtsmärkte ablesen lässt, was Herr Pauluhn und Frau Berg jetzt sogar schon als besondere Fürsorge verkaufen wollen.

Immerhin hat der Finanz- und Justizminister schon zaghaft reagiert, wir haben das eben gehört. Vor einigen Jahren wurde noch mit einem Rückgang der Kriminalität gerechnet und geplant, unter anderem wegen der demografischen Entwicklung. Unter älteren Leuten gibt es in der Regel weniger Kriminalität. Aber das Gegenteil ist eingetreten. Das ist das besonders Beunruhigende. Es geht natürlich im Justizplan noch um alle möglichen anderen Dinge, die von der Justiz zu regeln sind, aber das, was eben besonders beunruhigt, ist die offenbar plakativ steigende Kriminalität. Statt weniger Staatsanwälten, Richtern, Polizisten und Justizvollzugsbeamten werden ganz einfach mehr gebraucht. Der Vorsitzende des Richterbundes - auch schon zitiert - Werner Kockler, der auch Staatsanwälte vertritt, spricht von einer Arbeitsbelastung pro Staatsanwaltschaft von 150 Prozent. Die Zahl ist auch schon gefallen.

Die Erhöhung der Planstellen für Staatsanwälte von 60 auf 66 bis Ende 2018 - so sind die Zahlen, wie ich sie wahrgenommen habe - ist natürlich ein Schritt in die richtige Richtung und zeigt, dass das Problem immerhin erkannt ist, denn aktuell ist das Saarland nach Kocklers Worten Spitzenreiter im Bund, was die Arbeitsbelastung der Staatsanwälte betrifft. Das ist ein Zustand, den man nicht auf Dauer aufrechterhalten kann. Um auf eine Dauerbelastung von 100 Prozent herunterzukommen, wäre also nach seinen Worten eine Aufstockung um 80 Planstellen nötig.

Was ist jedoch die vermutliche Reaktion auf überhöhte Belastung der Staatsanwaltschaften? Es werden mehr Verfahren eingestellt als angemessen wären, offiziell wegen Geringfügigkeit, in Wirklichkeit inoffiziell - ganz einfach wegen fehlender Bearbeitungskapazität. Das heißt, sogenannte Kleinkriminalität wird immer weniger effektiv verfolgt und zur Verurteilung gebracht, was die „Kundschaft“ der Staatsanwälte immer dreister werden lässt und die Bürger immer mehr verunsichert und verbittert.

Die Stagnation bei der Bekämpfung steigender Kriminalität lässt sich an den Zahlen im Einzelplan 10 Justiz - ablesen. Die Gesamtausgaben steigen von 204,7 Millionen Euro in 2017 auf 205,7 Millionen in 2018. Das ist eine Million, meine Damen und Herren, aber eine Million kann wenig sein. Hier ist es wenig, denn diese nominale Steigerung entspricht 0,5 Prozent, also weniger als die offizielle Inflations

rate. Das ist also eine reale Minderung des absolut notwendigen Aufwandes.

Im größten und wichtigsten Kapitel - Ordentliche Gerichte und Staatsanwaltschaften - geht es um ziemlich genau 100 Millionen Euro, nominal sogar etwas weniger, real also noch weniger. Man könnte hier auf den Verdacht kommen, dass lediglich Stellen von den Amtsgerichten zu den Staatsanwaltschaften verschoben werden, um auf den versprochenen Stellenzuwachs zu kommen, was dann natürlich zu Ausfällen bei den Amtsgerichten führen würde.

Im zweitgrößten Kapitel - Justizvollzugsanstalten geht es um 31,2 Millionen Euro, zuvor 30,5 Millionen Euro, also eine Steigerung von nominal circa 2 Prozent, was auch nur die erwartete Inflation ausgleicht, mehr nicht. Dabei ist auch in diesem Bereich, insbesondere bei den JVAs Saarbrücken und Ottweiler Handlungsbedarf und Investitionsbedarf gegeben. Das zeigt sich zum einen an offenbar berechtigten Eingaben von Gefangenen, die ja auch Menschenrechte haben. Zum anderen zeigt sich das an einem extrem hohen Krankenstand des Personals von 15 Prozent, was ein untrügliches Zeichen von schlechten Arbeitsbedingungen ist. Auch gibt es Klagen von Beamten und Angestellten wegen jahrelanger oder gar jahrzehntelanger Nicht-Beförderung. Dass da die Lust an der Arbeit schwinden kann, ist nur menschlich.

Meine Damen und Herren, ein geordnetes und gut funktionierendes Justizwesen ist eine ganz grundsätzliche Bedingung für einen funktionierenden demokratischen Staat. Darüber sind wir uns einig. Das haben Sie auch zum Ausdruck gebracht. Den Gehorsam der Bürger gegenüber den Gesetzen, die wir hier machen, gibt es aber auf Dauer nur gegen Schutz vor Kriminalität und ihren ganzen Begleiterscheinungen. Immer mehr Bürger können von Diebstählen, Einbrüchen und Einbruchsversuchen und Schlimmerem berichten. Auch bei der Ministerpräsidentin hat es aus Sicht der Einbrecher schon geklappt, und das trotz regelmäßiger Polizeikontrollen im Umfeld ihres Wohnhauses. Das zeigt - ganz exemplarisch - die offensichtliche, zunehmende Dreistigkeit, mit der agiert wird.

Die Aufklärungsrate ist sehr gering. Die Verurteilungsrate ist noch geringer. Bei der Suche nach den Ursachen muss man nicht lange suchen. Jeder weiß, es sind die offenen, unkontrollierten Grenzen unseres Landes. Nur die Regierung schließt stets messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Bis zur Beseitigung der verantwortungslosen Verursachung brauchen die Altparteien wohl noch einige schmerzhafte Wahlergebnisse. Bis dahin muss aber das Justizwesen wenigstens aufrechterhalten, verbessert und ordentlich bezahlt werden. Sparen Sie

(Abg. Müller (AfD) )

also bitte nicht! Sparen Sie nicht länger an der Sicherheit unserer Bürger, damit andere in der gemeinsamen Währung umso mehr Schulden machen können. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD.)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter. - Ich rufe als weitere Wortmeldung Frau Elke Eder-Hippler von der SPD-Landtagsfraktion auf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte schon, es kommt gar nicht mehr die übliche AfD-Rhetorik, aber zum Schluss hat er ja doch noch die Kurve gekriegt und uns mit seinen üblichen Sprüchen beglückt. Vielen Dank, Herr Müller.

(Abg. Müller (AfD) : Das werden Sie noch öfter hören.)

Das fürchte ich auch, ja. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns liegt heute der Haushaltsentwurf 2018 für einen Bereich vor, der die wesentlichen Grundsätze unserer demokratischen Grundordnung mitprägt, nämlich die Justiz. Wenngleich dieser Bereich in der Öffentlichkeit nicht immer allergrößte Beachtung erfährt, so entscheiden sich hier doch wesentliche gesellschaftliche Fragestellungen, denn es ist unübersehbar, dass die Frage, wie die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sicher leben und im Vertrauen auf die öffentliche Ordnung ihren Alltag meistern können, zu einer zentralen politischen Herausforderung geworden ist.

Umfassende Sicherheit - wirtschaftliche, soziale und öffentliche Sicherheit - hat sich zu einem zentralen Wert demokratischer Gesellschaften entwickelt, und zwar für alle Schichten der Gesellschaft. Oder anders gesagt: Wenn die Demokratie gleiches Bürgerrecht auf ein sicheres Leben nicht garantiert, dann ist der innere Frieden in Gefahr und demokratiefeindliche, autoritäre Parteien gehen auf Stimmenfang. Das Ergebnis sehen wir leider auch in diesem Haus.

Für uns muss klar sein: Wir stehen für einen starken Rechtsstaat, der die Verantwortung für die Sicherheit und den Schutz seiner Bürger ernst nimmt. Nur sehr reiche Menschen können sich einen schwachen Staat leisten. Es ist unsere Verantwortung, dass unser Staat Recht und Ordnung auch für die Schwächsten in unserer Gesellschaft gewährleistet.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Für einen solchen Rechtsstaat ist eine starke Justiz unabdingbar. Dafür setzen wir mit diesem Haushalt die Grundlage. Ich bin unserem Bundesjustizminister Heiko Maas ausdrücklich dankbar, dass er im

Sommer dieses Jahres Politiker in allen Bundesländern hinsichtlich einer starken Justiz in die Pflicht genommen hat. Zu Recht hat er darauf hingewiesen, dass noch wichtiger als die schwarze Null ein handlungsfähiger Rechtsstaat ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Zusammenhang mit einem starken Rechtsstaat und der Gewährleistung der inneren Sicherheit wird besonders in jüngster Zeit über eine Stärkung der Polizei gesprochen. Das ist gut und richtig so. Es kann allerdings nur ein erster Schritt sein. Wer mehr Polizei will, damit mehr Straftaten aufgeklärt werden, wird zwangsläufig auch mehr Arbeit für Staatsanwaltschaften, Gerichte und Justizvollzugsanstalten produzieren. Das ist nun mal so. Es genügt nicht, mehr Polizisten zu haben, die die bösen Jungs und Mädels einfangen, wenn weiter nichts passiert. Die Kette muss man weiterdenken und deswegen muss man konsequenterweise auch den zweiten Schritt gehen, denn die besten Gesetze nützen nichts, wenn diese nicht ordentlich vollzogen werden.

(Zuruf: Genau!)

Wichtig ist doch am Ende, dass die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in den Rechtsstaat behalten. Dabei ist es eine entscheidende Frage, ob eine Straftat innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes auch vor Gericht landet. Deshalb muss es nicht nur mehr Polizisten, sondern auch mehr Staatsanwälte und Richter vor allem in der Strafjustiz geben. Ich wünsche uns allen, dass wir in Zukunft genauso intensiv für mehr Staatsanwälte, Richter und Justizvollzugsbeamtinnen und -beamte eintreten, wie wir es für mehr Polizisten tun. Beides gehört untrennbar zusammen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und teil- weise bei der LINKEN.)

Wir haben im Rahmen dessen, was für uns machbar ist - es ist mehrfach erwähnt worden: wir stehen immer noch unter der Obhut des Stabilitätsrates -, getan, was wir konnten und wir tun es auch in Zukunft. Der Kollege Lander hat das, was jetzt mit der Flexibilisierung des Stellenplans betrieben wird, Flickschusterei genannt. Nein, das ist keine Flickschusterei, das ist Nutzen sämtlicher Spielräume zum Wohle der Bevölkerung und zum Wohle der Beschäftigten.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Mit dieser Flexibilisierung können die Möglichkeiten des Stellenplans besser genutzt werden - Dagmar, du hast es erwähnt -, und dies wird im Bereich Justiz insbesondere dazu dienen, im Jahr 2019 die Stelleneinsparquote zu erfüllen und zugleich die dann fertigen Anwärterinnen und Anwärter in ein Beamtenverhältnis übernehmen zu können.

(Abg. Müller (AfD) )

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Rechtsprechung liegt in den Händen der unabhängigen Gerichte. Die Ausstattung der Justiz mit Personal- und Sachmitteln liegt jedoch in den Händen des Haushaltsgesetzgebers und des Justizministers. Dabei bedeutet der vorliegende Einzelplan 10 die Fortführung einer in der vergangenen Legislatur begonnenen Politik, die für eine Stärkung unserer Justiz und einen starken Rechtsstaat steht. Darüber freue ich mich ganz besonders und bitte um breite Zustimmung.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Die nächste Worterteilung geht an Justizminister Stephan Toscani.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich zum ersten Mal in der neuen Aufgabe des Justizministers auch den Justizhaushalt begründen darf.

Meine Damen und Herren, was Abgeordnete der Opposition, der AfD und der LINKEN, hier dargestellt haben, ist schlichtweg ein Zerrbild der Situation in unserer saarländischen Justiz. Ich habe, als ich gemeinsam mit Roland Theis das Amt angetreten und die Verantwortung übernommen habe, in den letzten Monaten in allen Bereichen der Justiz kompetente, engagierte und hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenlernen dürfen, die im Saarland eine funktionsfähige Justiz gewährleisten. Das ist die Wirklichkeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Unser Leitbild, das wir gemeinsam in der Großen Koalition verfolgen, ist zum einen ein starker Rechtsstaat, zum anderen eine bürgernahe Justiz. An diesen Zielen arbeiten wir gemeinsam. Dazu brauchen Sie zwei Dinge. Sie brauchen auf der einen Seite gut funktionierende Institutionen und Organisationen, auf der anderen Seite brauchen Sie eine ordentliche Personalausstattung.

Im Bereich Institutionen und Organisationen haben wir im Haushalt 2018 zwei wesentliche Veränderungen vor uns. Es geht einmal um die Organisationsreform unserer Amtsgerichte. Da gibt es eine neue Struktur, die ist in Vorbereitung. Zum Januar nächsten Jahres werden wir eine neue Struktur haben. Wir werden landesweit an bestimmten Amtsgerichten bestimmte Materien konzentrieren und wir werden regional zwischen kleineren benachbarten Amtsgerichtsstandorten Kooperationsschienen etablieren. Damit behalten wir alle Amtsgerichtsstandorte im Saarland, wir haben also weiterhin eine bürgernahe Justiz. Zum anderen stellen wir sicher, dass

die Abläufe in unseren Amtsgerichten noch effizienter werden als bisher.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)