Protocol of the Session on December 8, 2020

Aber es gibt leider auch andere Punkte, die wir sehr kritisch sehen, beispielsweise die sogenannte Lex Lorig. Dabei soll ein Rathauschef, der das Vertrauen entweder der Bevölkerung oder des Gemeinderates verspielt hat, selbst beantragen können, in den Ruhestand versetzt zu werden - und das natürlich ohne dabei die Pensionsansprüche zu verlieren. Das Ziel dabei ist natürlich ganz klar: Man möchte verhindern, dass Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber sich an ihr Amt klammern, wenn sie eigentlich zurücktreten müssten, aus Angst, sie könnten ihre Pensionsansprüche verlieren. Angesichts der aktuell grassierenden Politikverdrossenheit, denken wir, ist das der falsche Weg, deshalb werden wir uns zumindest in dieser Frage enthalten.

(Beifall von der LINKEN.)

Dem Änderungsantrag können wir leider ebenfalls nicht zustimmen, denn dort wird ja weiterhin am Auswertungsverfahren nach D´Hondt festgehalten. D´Hondt ist ein Zählverfahren, das vor allem die großen Parteien bevorzugt. Die Folge ist natürlich, dass die kleinen Parteien, und das können wir in den Ge

(Abg. Schäfer (CDU) )

meinderäten beobachten, nicht so in den Ausschüssen vertreten sind, wie das eigentlich sein sollte. Stattdessen fordern wir eine Verteilung der Sitze nach Schepers, weil damit der Wählerwille unserer Meinung nach viel genauer abgebildet wird.

(Beifall von der LINKEN.)

Schepers hat ja auch in Deutschland Tradition, immerhin werden nach diesem Verfahren schon seit 40 Jahren die Ausschusssitze im Bundestag verteilt, außerdem wird es angewandt bei der allgemeinen Wahl zum Bundestag, bei der Wahl zum Europaparlament, bei der Bürgerschaftswahl in Bremen und den Landtagswahlen in NRW, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz. Aber das Saarland weigert sich zurzeit noch, von D`Hondt abzurücken. Wir finden, das muss sich dringend ändern, deshalb können wir hier heute auch nicht zustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank. - Der nächste Redner ist Reiner Zimmer von der SPD-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Ausschussvorsitzende und der Abgeordnete Schäfer haben die wesentlichen Punkte der Koalitionsfraktionen schon vorgetragen. Dennoch will ich noch auf einige Punkte eingehen, denn ich glaube, sie sind ganz wichtig.

Lieber Kollege Lander, etwas an Ihrer Position kann ich gar nicht verstehen. Der Landtag gibt den Kommunalparlamenten mehr Rechte, das ist, glaube ich, das Besondere an dem, was heute hier vorliegt, und auch in der Summe das Gute an diesem Gesetz. Ich selbst bin seit Langem kommunalpolitisch tätig, im Gemeinderat, im Ortsrat, ich bin Ortsvorsteher. Was kann man sich Schöneres wünschen, als vom Landtag das Recht zu bekommen, über Dinge selbst entscheiden zu können? Das finde ich gut und dafür bin ich dem Hause und auch dem Städte- und Gemeindetag, der diese Forderung an die Regierung und die Fraktionen herangetragen hat, sehr dankbar.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich will unmittelbar auf Ihren Beitrag, Herr Lander, eingehen. Sie sprachen von einer Lex Lorig. Ich glaube, das ist der falsche Ansatzpunkt. Hier geht es nicht darum, eine konkrete Situation in einer Kommune zu beseitigen. Man könnte auch, das hat der Kollege Schäfer ja schon gemacht, über den Oberbürgermeister der Stadt Duisburg reden. Ich glaube, jedem Menschen muss es in seinem Arbeitsleben gestattet sein, auch Fehler zu begehen. Niemand von uns, weder hier im Hause noch sonst wo, ist

fehlerfrei. Wenn aber der Umstand, dass man in einem Wahlamt das Vertrauen seiner Räte oder auch der Bevölkerung verliert, dazu führen kann, dass man seine Pensionsansprüche verliert, dann stimmt, glaube ich, etwas in diesem Lande nicht. Das passiert auch draußen nicht. Ich will jetzt gar nicht mal auf Vorstände von großen Unternehmen eingehen, die wirklich große Fehler machen und dann in aller Regel mit einer guten Abfindung beglückt werden, wenn sie das Unternehmen verlassen. Kommunale Wahlbeamte lassen wir bei der heutigen Gesetzeslage im Regen stehen.

Und hier, lieber Kollege Lander, ist das strafrechtliche Verhalten ja nicht mit einbezogen. Bei strafrechtlichem Verhalten entscheiden Gerichte, das ist so und das wird auch so bleiben. Aber was wir tun, ist auch in die Zukunft gerichtet. Wenn wir Menschen finden wollen, gute Mitarbeiter, gute Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die sich aus vorherigen Positionen in ein solches Amt wählen lassen, sollten wir ihnen die Sicherheit geben, in ihrer Amtszeit auch einen Fehler machen zu dürfen, ohne dass sie das die Absicherung ihres Lebensabends kostet. Von daher kann ich Ihre Position nicht ganz nachvollziehen.

Ich komme zu Ihrem zweiten Punkt. Verteilung nach D`Hondt - das missfällt den kleineren Parteien, ich erlebe schon so lange, wie ich Kommunalpolitik mache, dass das infrage gestellt wird. Ich glaube aber, darum geht es jetzt nicht. Wir diskutieren heute nicht das Wahlverfahren, sondern wir diskutieren, dass die Ausschüsse ein Spiegelbild des Gemeinderates sein müssen. Wir erleben in den letzten Jahren ständige Veränderungen in den Gemeinderäten und Fraktionen. Ich könnte Ihnen aus meiner eigenen Kommune erzählen. Wir sind ein kleines Gemeindeparlament mit acht Parteien oder Wählergruppen. Direkt nach der Wahl stellte sich heraus, dass die GRÜNEN nicht miteinander können - sie haben sich gespalten. Die AfD konnte nicht miteinander - sie hat sich gespalten. Es entstehen sechs oder sieben andere Fraktionsbildungen, die eigentlich überhaupt nichts mit dem Wählerwillen zu tun haben! Andere würden sagen, das ist Wählerbetrug. Nun hat man am Anfang der Legislaturperiode Ausschüsse gebildet, und die bleiben dann so. Sie spiegeln nicht den Wählerwillen wider und nicht die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat. Hier geben wir den Kommunen ein Mittel an die Hand, um das richtigzurücken. Auch damit sind Sie nicht einverstanden. Ich hätte mir gewünscht, dass gerade die Fraktion DIE LINKE, die ja doch in fast allen saarländischen Kommunalparlamenten vertreten ist, ihren Kolleginnen und Kollegen dieses Recht überträgt, selbst entscheiden zu können, wie sie damit umgehen. Leider ist das nicht so.

Ich will zu einem ganz wesentlichen Punkt kommen, der für meine Fraktion eine ganz wichtige Sache ist.

(Abg. Lander (DIE LINKE) )

Die SPD stellt, wie Sie alle wissen, auch in den Kommunalparlamenten quotierte Listen auf. Wir würden es jedenfalls gerne, aber leider ist es nicht möglich, weil wir nicht die nötige Anzahl an Frauen finden, die bereit sind, dort mitzuarbeiten. Warum ist das so? Zu diesem Punkt haben der Kollege Schäfer und die Kollegin Berg gesprochen. Wir ermöglichen es jetzt, dass ein Recht entsteht, Kosten für Kinder- und Seniorenbetreuung bei der Kommune einzufordern.

Warum tun wir das? Seien wir doch mal ehrlich, für 15,20 Euro Sitzungsgeld für drei, vier, oder fünf Stunden Gemeinderatssitzung kriegen Sie keine Kinderbetreuung, die sich abends fünf oder sechs Stunden mit An- und Abfahrt bei Ihnen zu Hause hinsetzt. Und wenn das Ehrenamt nur noch zur Folge hat, dass man sich in der Öffentlichkeit oft beschimpfen lassen muss - das ist ja ein anderer Punkt -, und man dann auch noch aus seinem eigenen Geldbeutel bei jeder Sitzung Geld drauflegen muss, dann stimmt etwas in diesem Lande nicht. Ich glaube, das ist oftmals ein massiver Hinderungsgrund für Frauen, sich kommunalpolitisch zu engagieren. Die SPD hat etwas mehr als 30 Prozent Frauenanteil in der Mitgliedschaft, in den kommunalen Räten finden wir aber prozentual viel weniger Frauen. Ich bin dankbar dafür, dass wir das jetzt ändern. Das ist eine gute Sache, damit können Frauen auch dort aktiver werden, und es sind nun mal mehrheitlich Frauen, das will ich hier sehr deutlich sagen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es gibt vieles, auf das ich noch eingehen könnte, aber in Anbetracht der vorgerückten Zeit will ich auf das meiste verzichten. Ich will nur noch ein oder zwei Dinge sagen. Selbst in unserer Kommune habe ich es in der letzten Legislaturperiode erlebt, dass sich Leute wählen lassen und dann von den rund 60 Sitzungen in fünf Jahren nur an sage und schreibe fünf Sitzungen teilnehmen.

(Minister Jost: Bei manchem bin ich froh, wenn er nicht kommt. - Lachen.)

Da muss ich dem Kollegen Jost recht geben, er ist ja auch Ortsvorsteher. Das ist so.

(Heiterkeit. - Zuruf des Abgeordneten Com- merçon (SPD). - Sprechen.)

Ich bin da im Ortsrat auch manchmal ganz froh. Ich habe auch einen ganz speziellen Ortsrat; man konnte das vor Kurzem in der Zeitung lesen. Ich hatte kürzlich eine Sitzung des Ortsrates mit 28 Tagesordnungspunkten! Da wäre man auch manchmal froh, wenn der ein oder andere nicht Mitglied in diesem Ortsrat wäre, wenn aus einer Fraktion 18 Anträge für eine einzige Ortsratssitzung kommen. Damit könnte ich die Wirtschaftsministerin sehr lange befassen. Die wollen einen Verkehrskreisel, die wollen eine

Überquerungshilfe, da wäre der halbe Haushalt für den Straßenbau weg, wenn man das alles umsetzen würde.

Aber Spaß beiseite, ich glaube, und das ist wichtig, dass das so nicht geht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist Wählerbetrug, wenn man sich wählen lässt und seinem Amt nicht gerecht wird. Dann sage ich: Lassen Sie es doch. - Jedes Ratsmitglied, jedes Ortsratsmitglied hat die Möglichkeit, wenn er aus welchem Grunde auch immer nicht kommen will oder kann - sei es, dass er es nicht mehr leisten kann oder die Zeit nicht mehr hat -, sein Mandat niederzulegen und es für andere freizumachen, die gerne bereit sind, die Zeit aufzuwenden, wenn sie sich zur Wahl gestellt haben, und sich dann auch um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, die ihnen mit ihrer Stimme das Vertrauen geschenkt haben, zu kümmern. Von daher finde ich das sehr gut, und wir waren uns da auch schnell einig, dass es hier ein Sanktionsrecht geben muss. Da könnte ich die Lex Eppelborn im Speziellen anführen. Da gab es einen Kollegen der AfD-Fraktion, der gesagt hat: „Ich arbeite von zu Hause“, und dann über Jahre nicht mehr gekommen ist. So geht es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Der Redner scrollt auf seinem Tablet.)

Kollege Jost, ich spare Papier, damit mehr Bäume stehen bleiben können. - Ich glaube, das sind die wesentlichen Punkte. Es gibt vieles Weitere, über das wir noch reden könnten, aber in Anbetracht der Uhrzeit bitte ich jetzt um Zustimmung zu der Gesetzesvorlage, auch um Zustimmung zu dem Änderungsantrag. Schade, dass die LINKE da nicht mitgehen kann, dass sie ihren Kolleginnen und Kollegen in den Räten nicht zutraut, selbst entscheiden zu können. Ich als Gemeinderatsmitglied und als Ortsvorsteher bin dem Parlament sehr dankbar, dass wir mehr Rechte bekommen, um über unsere Angelegenheiten in der Kommune selbst zu entscheiden. Herzlichen Dank und ein freundliches Glückauf!

Herzlichen Dank. - Der nächste Redner ist der Fraktionsvorsitzende der AfD-Fraktion Josef Dörr.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte eigentlich nur zwei Sätze sagen, aber Herr Zimmer zwingt mich mit seiner unsachlichen Äußerung dazu, doch ein paar Ausführungen zu machen.

Ich kenne die Person, die in Eppelborn längere Zeit gefehlt hat, die hat wegen einer schweren Krankheit dort längere Zeit gefehlt. Und das hätten Sie vielleicht, wenn Sie das anführen, auch dazusagen müssen. Das ist eine politisch engagierte Person,

(Abg. Zimmer (SPD) )

die wäre sehr gerne in die Sitzungen gegangen, es war ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich.

(Lautes Sprechen.)

In dem Gesetzentwurf steht ja auch: Wenn jemand unentschuldigt fehlt - das ist ein wichtiges Kriterium kann die Geschäftsordnung des Gemeinderates bestimmen, dass diese Person mit dem Dreifachen der monatlichen Entschädigung sanktioniert wird.

Ansonsten denke ich, dass dieser Gesetzentwurf eine positive Weiterentwicklung ist. Was D`Hondt betrifft, das ist ein altes Problem, es gibt auch noch andere Auszählverfahren, nämlich unter anderem Hare/Niemeyer. Wenn die FDP im Saarland in einem Bündnis in die Regierung kam, war immer das Erste, was sie vereinbart hat, dass statt D`Hondt Hare/ Niemeyer eingeführt wird. Das wird dann auch, wenn die Große Koalition nicht mehr ist und eine andere Koalition kommt, vielleicht wieder so geschehen. Aber insgesamt ist das Gesetz eine positive Weiterentwicklung, deshalb werden wir zustimmen. Danke schön.

Vielen Dank. Es gibt zwei Kurzinterventionen. - Zuerst erteile ich Herrn Zimmer das Wort, bitte kommen Sie ans Saalmikrofon.

Herr Abgeordneter Dörr, ich muss hier einmal ganz deutlich feststellen, dass man den Kollegen, auch wenn er - wie Sie sagen - krank war, überall sonst sehen konnte, nur eben nicht in Ausübung seines Mandats. Es gab ein großes Interview und einen Zeitungsbericht, die das deutlich anders darstellen. Das Streichen seiner Bezüge durch die Bürgermeisterin hat seinen Grund. Ich habe das im eigenen Gemeinderat erlebt. Das geht so nicht.

Herr Dörr, wollen Sie mit Ihrer Antwort warten, bis Alwin Theobald sich dazu geäußert hat? Der Kollege kommt aus Eppelborn, er wird genau dazu etwas sagen. Dann können Sie auf beide Äußerungen gemeinsam antworten. - Herr Theobald bitte.

(Zuruf des Abgeordneten Commerçon (SPD). Lachen.)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Es ist tatsächlich so, dass der Kollege ab der konstituierenden Sitzung im Gemeinderat gefehlt hat. Anfangs war das sicherlich wegen einer Erkrankung. In den folgenden fünf Jahren fehlte er aber unentschuldigt beziehungsweise ohne sich abzumelden oder der Frau Bürgermeiste

rin Müller-Closset auch nur irgendetwas Entschuldigendes an die Hand zu geben. Er hätte teilnehmen oder sich entschuldigen können. Die Anmerkung des Kollegen Zimmer ist durchaus berechtigt.

(Beifall von der CDU.)

Vielen Dank. - Herr Dörr, Sie haben das Wort. Bitte antworten Sie vom Saalmikrofon aus. Dann kann das Rednerpult für den nächsten Redner vorbereitet werden.

Herr Theobald, ich weiß nicht, ob Sie immer dabei waren, wenn die Person, von der hier die Rede ist, mit der Bürgermeisterin gesprochen hat und ob diese Person sich entschuldigt hat oder nicht. Ich kann Ihnen aber versichern, dass diese Person erst seit ein paar Monaten gesund ist. Weil ich diese Person sehr schätze, freue ich mich sehr darüber. Sie war nicht körperlich krank, weil sie etwa Knie- oder Ellenbogenprobleme hatte, sondern sie war psychisch erkrankt, und zwar schwer. Sie konnte vielleicht zum Metzger gehen, aber nicht zum Gemeinderat. Ich weiß nicht, was bei Ihnen im Gemeinderat alles los war, aber das konnte sie eben nicht ertragen.

(Zuruf des Abgeordneten Thielen (CDU).)

Ob sie sich entschuldigt hat, das wissen Sie, Herr Thielen, nicht.

(Abg. Thielen (CDU) : Das ist dokumentiert. Abg. Theobald (CDU): Ja, das ist dokumentiert!)

Weitere Interventionen und Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.