(Aufgrund der durch die Corona-Pandemie not- wendigen Hygienemaßnahmen wird das Redner- pult bei jedem Rednerwechsel desinfiziert und die Mikrofon-Schaumstoffhüllen werden gewech- selt.)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um einen möglichst weitgehenden Schutz der saarländischen Kommunen vor den finanziellen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu erleichtern und die Handlungsfähigkeit zu garantieren, hat die Landesregierung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. In einem finanziellen Kraftakt hat sie für die Gemeinden einen Schutzschirm gegen Steuerausfälle aufgespannt und vom laufenden Haushalt 2020 bis zum Jahr 2022 190 Millionen Euro bereitgestellt. Zum Ersatz von Mehraufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach SGB II stehen den Gemeindeverbänden in diesem Zeitraum 25 Millionen Euro zur Verfügung. Schließlich stehen insgesamt weitere 180 Millionen Euro bereit, um das Volumen des kommunalen Finanzausgleichs auf dem Niveau der Haushaltsplanung 2019 zu stabilisieren. Das Ihnen vorliegende Artikelgesetz zum Schutz der Kommunen dient der Umsetzung all dieser Maßnahmen.
Das Gesetz über den kommunalen Schutzschirm regelt in Artikel 1 zunächst die Verteilung der Steuerersatzleistungen. Die Leistungen für Gewerbesteuerausfälle errechnen sich auf der Grundlage des Gewerbesteueraufkommens vor der Pandemie. Die Ersatzleistungen für den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer werden nach dem Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteils verteilt. Die Verteilung der Leistungen für Kosten der Unterkunft erfolgt nach dieser Aufwendung. Die kommunalen Spitzenverbände haben gegen diese Verteilungsregulierung keine Einwände erhoben.
Die Gewährleistung des Volumens des kommunalen Finanzausgleichs macht in Artikel 4 eine Änderung des § 6 des Kommunalen Finanzausgleichsgesetzes erforderlich, die zum 01.01.2021 in Kraft treten soll. Weitere Änderungen sind Folgen durch das Steuerersatzleistungssystem. Bei den übrigen Artikeln der Änderung des Gesetzes über den Saarlandpakt und der hierzu ergangenen Ausführungsverordnung handelt es sich einzig und allein um Anpassungen.
Schon für 2020 stehen insgesamt 95 Millionen Euro zum Ausgleich der Steuerausfälle und für die Kosten der Unterkunft zur Verfügung. Es ist deshalb dringend erforderlich, diese Mittel noch in diesem Jahr an die Kommunen auszuzahlen. Deshalb ist es wichtig, dass das vorliegende Gesetz sehr zeitnah beschlossen wird. Die Vorbereitungen in meinem Haus sind abgeschlossen, die Bescheide können in kürzester Zeit erteilt und die Gelder ausgezahlt werden. Wichtig ist, dass das Gesetz schnellstmöglich in Kraft tritt. Daher bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz.
Ich danke dem Herrn Minister und eröffne die Aussprache. - Die Aussprache wird vom parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE Jochen Flackus eröffnet.
Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Der vorliegende Gesetzentwurf beschäftigt sich mit den COVID-Folgen für die Kommunen. Der Finanzminister hat eben auch in seiner Einbringungsrede Stellung genommen. Es ist ein wichtiger Punkt und muss hohe Priorität haben. Das ist völlig klar. Wir werden diesem Gesetzentwurf in der Ersten Lesung zustimmen, gleichwohl möchte ich die Gelegenheit ergreifen, im Vorgriff auf die morgige Debatte zur Situation der Kommunen und zu dem Kleingedruckten, was wir hier auch haben, etwas zu sagen.
Es gibt keinen Zweifel, dass Corona besonders die Kommunen betroffen hat. Deshalb ist es richtig, dass der Bund reagiert und diese Hilfsprogramme aufgelegt hat. Es ist auch richtig - und das unterstreiche ich nachdrücklich -, dass der Landtag und die Regierung reagiert haben. Ich glaube, dass wir immer mit einer Stimme an dieser Stelle darüber gesprochen haben, dass die Kommunen hohe Priorität haben müssen und die Kommunen nun mal der Beginn von allem sind, was die Landespolitik sehr stark beeinflusst, allem voran die Investitionstätigkeit. Deshalb ist es bitter nötig, dass man etwas tut.
Man muss auch kritisch darauf blicken. Professor Truger von der Universität Duisburg, ein Mitglied der Sachverständigenkommission der Bundesregierung, hat in diesen Tagen veröffentlicht, dass in den nächsten Jahren trotz Bundeshilfen - er hat den Zeitraum von fünf Jahren genannt - 60 Milliarden Euro Miese bei den Kommunen entstehen. 60 Milliarden Euro! Das ist schon eine beeindruckende Zahl. Deswegen ist das kein Grund zum Selbstlob und dafür, uns selbst auf die Schulter zu klopfen, wenn wir jetzt sagen, dass wir einiges machen. Wir müssen schon gucken, dass diese Hilfen nachhaltig wirken und
dauerhaft angelegt werden. Momentan haben wir das Problem, dass 2021 und 2022 beziehungsweise dieses Jahr die Schwerpunkte sind. Insgesamt sollen die Kommunen in diesen Jahren 30 Milliarden Euro bekommen. Man muss sich anschauen, was die Kommunen insgesamt im Jahr ausgeben. 2020 ist nämlich das Zehnfache geplant. Diese Hilfen beziehen sich auf 10 Prozent der Gesamtausgaben. Es droht also durchaus eine Finanzierungslücke.
Gucken wir auf das Saarland. Für uns ist wichtig, dass neben den Gewerbesteuerausfällen, bei denen wir in der Schlange der Bundesländer ohnehin weiter hinten stehen, die Kosten der Unterbringung bedacht werden. Das ist ein ganz zentraler Punkt. Bisher hat der Bund - wie wir wissen - nur 50 Prozent übernommen, jetzt ist er auf 74 Prozent hochgegangen. Das ist ein gutes Signal.
Das ist ein gutes Signal, aber die kommunale und politische Forderung vieler Parteien war immer, 100 Prozent dieser Kosten zu übernehmen, die bei den Kommunen und Kreisen aufschlagen. Warum? - Es sind Bundesgesetze, die diese Kosten verursachen. Wir unterstützen nachdrücklich diesen Punkt. Deshalb darf man an dieser Stelle die Diskussion nicht beenden, sondern man muss dranbleiben.
Bei den Kosten der Unterbringung sieht man ein Grundproblem der Hilfen, die der Bund zur Verfügung stellt. Es wird wenig bis gar nicht auf die armen und reichen Kommunen geachtet. Das Beispiel Gewerbesteuer: Bayern und Baden-Württemberg sind ohne Zweifel in einer besseren Situation als das Saarland. Sie sind in einer komfortablen Situation mit Rücklagen und allem, was dazugehört. Wir sind der Meinung, dass das Prinzip eben nicht die Gießkanne sein kann, sondern es muss das Prinzip sein, dass der, der es stärker braucht, stärker berücksichtigt werden muss. Das Prinzip darf eben nicht sein: Wer hat, dem wird gegeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erwarten wirklich - ich habe das hier bereits in anderen Kontexten schon einmal gesagt - mehr Solidarität von den reichen Bundesländern und Kommunen, wenn sie auf andere heruntergucken.
Zum zweiten Punkt, der im Kleingedruckten zu finden ist: Das kommunale Haushaltsrecht steht vielerorts nicht für Krisenfälle, es ist dafür auch nicht gemacht worden. Das ist schwierig. Wir dürfen jetzt nicht - sozusagen - gegen die Krise sparen. Das darf nicht passieren, auch nicht in den Kommunen. Es besteht die Gefahr, dass durch Einnahmeausfälle und Gewerbesteuerausfälle - wir haben schon darüber diskutiert - weitere Einschnitte in das soziale und kulturelle Leben stattfinden. Was aber noch fast schwieriger oder dramatischer ist, ist die Privatisie
rung. Was wir alle hier im Landtag nicht wollen, ist, dass die Investitionstätigkeit der Kommunen behindert oder verschlechtert wird. Wir müssen deshalb über das Jahr 2022 hinaus diskutieren.
Herr Finanzminister, Sie haben eben die Zeiträume beleuchtet und wir wollen uns morgen auch noch etwas darüber unterhalten. Sie haben es eben schon angedeutet, auch unter Vorbehalt der wirtschaftlichen Entwicklung. Das ist natürlich richtig, aber wir müssen darüber diskutieren. Ich glaube nicht, dass wir - dementsprechend, wie sich Corona gerade entwickelt - 2023 schon sagen können, es geht wieder alles wie vorher und wir können den Saarlandpakt, den wir auch unterstützt haben, weiterfahren, wie wir das getan haben.
Finanzminister Scholz hat im Mai vorgeschlagen Sie, Herr Strobel, haben es am Rande auch erwähnt ‑, dass die Altschuldenfrage noch einmal diskutiert wird. Wir haben momentan in Deutschland 130 Milliarden Euro Altschulden bei den Kommunen. Herr Scholz hat nun angeboten, 45 Milliarden Euro davon zu übernehmen. Die Front der Ablehnung war - ich würde mal sagen - wie gewohnt, aber auch sehr groß. Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, die CDU-Bundestagsfraktion, aber auch grüne Landespolitiker waren dagegen. Wir befürchten, dass durch diese breite Ablehnungsfront das Thema lange vom Tisch ist. Sie können sich an dieser Stelle, soweit es Sinn macht, auf uns verlassen, Herr Finanzminister. Wir wollen diese Diskussion eben nicht abschließen. Ich glaube, für das Saarland ist es eine Schlüsselfrage, dass wir die Altschuldenproblematik in irgendeiner Form noch einmal diskutieren können.
Ich fasse einmal zusammen: Die Maßnahmen des Bundes und auch die des Landes sind richtig, zum Teil aber halbherzig. Das gilt vor allem für die Zeitachse. Wir müssen auf der Zeitachse länger planen als nur die Jahre 2021 und 2022. Wir dürfen aus strukturellen und systematischen Gründen mit diesen Überlegungen nicht stoppen. Politisch müssen wir uns gerade auf Bundesebene einsetzen. Wir diskutieren hier auch immer über die Wirkung unserer Vertreter im Bundeskabinett. Das Thema Kosten der Unterbringung ist ein Riesenproblem für die Unternehmen und die Gebietskörperschaften. Wir müssen die 100 Prozent endlich erreichen. Die 74 Prozent sind ein wichtiger und richtiger Schritt, aber 100 Prozent müssen her. Auch das Thema Altschulden - ich habe es gerade beschrieben - muss weiter diskutiert werden und das Land muss weiter seine Beiträge leisten, soweit das auf dieser Ebene machbar ist.
Wenn diese Punkte klar politisch alimentiert werden, sind wir bereit, das weiter zu unterstützen. Wir stehen wie bisher an der Seite der Kommunen. Das kann und muss noch länger dauern. Wir können an
dieser Stelle nicht stoppen. Insgesamt müssen die Hilfsleistungen des Bundes und die Fördergelder ankommen, deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf in Erster Lesung und der Überweisung in den Ausschuss zustimmen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Der nächste Beitrag in der Aussprache kommt von der CDU-Landtagsfraktion. - Ich erteile dazu dem Abgeordneten Sascha Zehner das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, meine Ausführungen in drei Teile zu untergliedern. Zunächst möchte ich gerne auf die Bedeutung der Kommunen eingehen, die man nicht oft genug unterstreichen kann. Zum Zweiten möchte ich darlegen, was konkret mit dem heutigen Gesetz verbunden ist. Zum Dritten möchte ich über die daraus zu ziehenden Ableitungen sprechen.
Wenn man die Quellenlage der politikwissenschaftlichen Publikationen betrachtet, so findet man einen roten Faden, der sich durch die Literatur zieht wie kaum ein zweiter. Über das gesamte Spektrum der demokratischen Politik zeigt sich ein gleichsam feststehender Terminus, der die Kommunen als Keimzelle der Demokratie bezeichnet. Das ist das Kernanliegen, um das es uns heute geht. Wir wollen unsere Kommunen stärken. Wir wollen, dass unsere Landkreise und Kommunen handlungsfähig bleiben. Wir als Koalition wollen und werden mit dem in Erster Lesung anstehenden Gesetz zum Schutz der Kommunen gegen die finanziellen Folgen der COVID-19-Pandemie unseren Teil dazu beitragen, meine Damen und Herren.
Ich möchte Sie alle einladen - und ich bin dem Kollegen Flackus dankbar, dass er schon signalisiert hat, dass auch die Opposition zustimmen wird -, diesen Weg gemeinsam mit uns zu gehen, um den Kommunen und Landkreisen zukünftig jene Luft zum Atmen zu verschaffen, die unser kommunales System braucht.
Lassen Sie mich Ihnen einige Beispiele für die Bedeutung der Keimzelle der Demokratie geben. Um den unschätzbar wichtigen Stellenwert der Landkreise, Städte und Gemeinden für unseren Rechtsstaat und als Basis für unser demokratisches Gemeinwesen zu erkennen, müssen wir als Abgeordnete des saarländischen Landtages nicht einmal weitblickend sein, was wir uns selbst sonst immer auferlegen,
sondern es reicht, dass wir uns die Frage stellen, wo die Wurzeln für uns als Parlamentarier liegen.
In ganz vielen Fällen - bei der überwiegenden Mehrheit der diesem Hohen Hause angehörenden Abgeordneten - haben das politische Engagement und die politische Teilhabe in genau diesen Städten und Gemeinden im Ortsrat über den Gemeinderat bis zum Kreistag ihre Wurzeln. So nimmt die Mehrheit der Mitglieder des Landtages auch im Ehrenamt ein kommunales Mandat wahr oder verfügt wie der Minister für Inneres, Bauen und Sport, der eben das Gesetz eingebracht hat, über langjährige kommunalpolitische Erfahrung. Mir selbst ist die Kommunalpolitik ein zentrales Anliegen und ich bin stolz, inzwischen im 27. Jahr - und damit mehr als die Hälfte meines Lebens - dem Rat der Landeshauptstadt Saarbrücken angehören zu dürfen. In der Gemeinde habe ich meine politischen Wurzeln und habe jedes Jahr intensiv miterleben und mitgestalten dürfen, welch unerlässlichen Bezugsrahmen die Kommune nicht etwa nur für die Politik bildet, was man vielleicht noch als l’art pour l‘art abtun könnte, sondern vielmehr ist die Gemeinde universeller Bezugspunkte der Menschen für das Demokratieverständnis und für den Zusammenhalt, der weit mehr bedeutet als Pragmatismus im Sinne einer Zweckgemeinschaft.
Wenn wir uns die Mühe machen und kurz innehalten und uns, unsere Bekannten und Nachbarn befragen, wie sie sich definieren, so wird auf die Frage, wo man sich zu Hause fühlt, in den allermeisten Fällen von Perl bis Homburg, von Saarbrücken bis Neunkirchen mit genau dem Namen der Gemeinde geantwortet werden, in dem jeder einzelne nicht nur einen Wohnsitz, sondern als gelebtes Gemeinwesen weit über den Begriff der Gebietskörperschaft hinaus einen individuellen Lebensmittelpunkt, eine Heimat gefunden hat. Wir definieren uns gerade nicht über abstrakte Dinge, sondern mit Fug und Recht als Bürgerinnen und Bürger über jene Gemeinden und Landkreise, in denen wir unser tägliches Leben verbringen.
Das geschieht nach meiner festen Überzeugung nicht, weil es um irgendeine diffuse und abstrakte Gebietskörperschaft geht, sondern weil jeder von uns genau wie die überwiegende Mehrzahl der Menschen in unserem als kleinstes Flächenland bezeichneten Saarland mit der Heimatstadt oder der Heimatgemeinde mit einem lebendigen, funktionierenden Gemeinwesen verbunden sind. Das beginnt mit dem von der Kommune getragenen Kindergarten, den wir besucht haben, geht weiter über Spielplätze, Sportstätten und Schwimmbäder über die Investitionstätigkeit, die unser Arbeitsleben ermöglicht und prägt, reicht über die Stadtbibliothek über die Jugendzentren und Vereine, die von der Gemeinde sach- und fachkundig, aber eben auch materiell unterstützt werden, geht über vielfältige kulturelle Angebote wie der heimatkundliche Verein oder das
Filmfestival Max Ophüls in Saarbrücken und endet längst nicht damit, dass Kreise und Gemeinden vielfältige soziale Einrichtungen vorhalten, ohne die ein gedeihliches Miteinander viel schwerer wäre.
Darum, sehr verehrte Damen und Herren, grenzt diese Selbstdefinition über die Zugehörigkeit zu einer Stadt oder Gemeinde eben nicht ab oder gar aus, sondern trägt im Gegenteil dazu bei, eine Gemeinschaft zu formen, die im Ortsteil beginnt und uns zu dem macht, was wir in der Koalition als unser Selbstverständnis definiert haben: Als überzeugte Europäer sind wir weltoffen, als bekennende Saarländer sind wir engagiert und als Teil unserer Wohnund Heimatgemeinden sind wir verwurzelt und geerdet.
Das - nicht mehr und nicht weniger - ist es, was wir heute schützen, sicherstellen und stärken: die Gemeinde als Keimzelle unserer Demokratie. Damit sind der Schutz der Kommunen vor den finanziellen Folgen der Pandemie und die weitere Handlungsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden ein genauso wichtiger wie notwendiger Beitrag zum Schutz und Fortbestand unserer Demokratie, wie es der Erhalt des Wirtschaftsstandortes Saarland ist, wie es der Schutz der Vereine und Verbände ist oder wie es die vielfältigen anderen Aufgaben sind, die im Rahmen des hier einstimmig verabschiedeten Nachtragshaushalts mit einem Gesamtvolumen von 2,1 Milliarden Euro abgebildet werden.
Wir genügen damit aber auch unserem Auftrag, der uns aus Art. 28 Abs. 2 GG sehr pragmatisch aufgegeben ist: „Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung.“ - Und jetzt kommt die entscheidende Stelle: „Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung (…).“
Finanzielle Eigenverantwortung bedeutet in allererster Linie auch, die Gemeinden in die Lage zu versetzen, nicht als Bittsteller auftreten zu müssen, sondern als selbstbewusste Träger öffentlicher Belange auch in schwierigen Zeiten autonom agieren zu können. Diesbezüglich hat sich das Saarland bereits seit einiger Zeit in herausragender Weise an die Spitze der Bewegung gestellt. Mit dem Saarlandpakt haben wir sichergestellt, dass rund die Hälfte der als Altschulden vorhandenen Kassenkredite durch das Land von den Schultern der Kommunen genommen wird. Allein für die Landeshauptstadt Saarbrücken reden wir dabei von einer Summe, die sich am Ende des Tages auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag belaufen kann.
Es wäre aber zu kurz gesprungen und würde die erzielten Erfolge ad absurdum führen, würden wir als Landesgesetzgeber nicht auch an die Zukunft denken und in diesen schweren Zeiten den geschaffenen Spielraum wieder einengen. Bereits heute sind die konkreten Folgen der pandemiebedingten Sonderlasten absehbar. Als Saarländer und als Interessenwalter der saarländischen Kreise und Kommunen stehen wir mit diesem Problem nicht alleine da, auch alle anderen Länder finden sich in einer ähnlichen Situation. Im Positiven hingegen, das wird durch diesen Gesetzentwurf deutlich, werden wir über ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal verfügen, da in keinem anderen Bundesland außer dem Saarland der Landesgesetzgeber bereit ist, ein Versprechen an die kommunale Familie auch finanziell mit einem so konkreten Rettungsschirm zu verbinden.
Lassen Sie mich, an die Ausführungen des Ministers Peter Strobel anknüpfend, einige konkrete Anmerkungen machen, was das Gesetz umfasst. Der eingeleitete finanzielle Gesundungsprozess wird trotz der coronabedingten Mindereinnahmen und Mehrausgaben durch einen umfassenden Ausgleich der kommunalen Finanzen gestärkt. Zentrale Anknüpfungspunkte sind einerseits die Steuermindereinnahmen und andererseits die Übernahme von Mehrbelastungen durch Kosten für Unterkunft und Heizung, KdU, zudem die feste Entschlossenheit, die Kommunen nicht infolge der beim Land anfallenden und schon absehbaren deutlichen Verschiebungen beim kommunalen Finanzausgleich schlechterzustellen, als dies noch auf Basis der Steuerschätzung Ende 2019 zu vermuten war.
Als Eckpfeiler tragen drei Säulen das Dach, mit dem wir unsere Kommunen nicht im Regen stehen lassen. Die erste Säule bildet die hälftige Übernahme der Gewerbesteuerausfälle, die durch den Bund zugesagt ist. Wir gehen auch hier weiter und bekennen heute schon klar, dass nicht nur 2020, sondern auch in den Jahren 2021 und 2022 das Saarland 50 Prozent der Gewerbesteuerausfälle übernehmen wird. Diesbezüglich geht mein dringender Appell an die Bundesebene und die Gemeinschaft der Länder, sich das Saarland als Vorbild zu nehmen und auch in den Jahren 2021 und 2022 die Kofinanzierung der Kommunen in Form der Übernahme der Gewerbesteuerausfälle zu übernehmen. Kommunale Daseinsvorsorge darf nicht an politischer Couleur scheitern oder an Grenzen von Bundesländern enden.
Zweitens ist festzuhalten, dass das Land bei den Kosten der Unterkunft aktiv wird. Der Bund hat seinen Anteil von 50 Prozent auf bis zu 75 Prozent angehoben. Auch hier gehen wir aber im Sinne einer Stärkung der Gemeinden einen großen Schritt weiter: Trotz der Tatsache, dass das Saarland alles an