Dann gab es ungefähr im Jahr 2005 eine Diskussion. Damals hatten wir 5 Millionen Arbeitslose. In den Jahren zuvor hatten wir einen deutlichen Rückgang bei sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen. Das konnte gestoppt werden. Trotzdem gab es noch einen offenen Punkt: Wie kann man eine Lohnuntergrenze einziehen? - Wir als CDU haben 2010 einen entsprechenden Beschluss auf dem Bundesparteitag gefasst, dass eine Lohnuntergrenze unter größtmöglicher Wahrung der wichtigen und tragenden Säulen unserer sozialen Marktwirtschaft einzuführen ist, nämlich, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam festlegen, wie hoch der gesetzliche Mindestlohn ist. Insofern kam dann die Mindestlohnkommission zustande. Viele Befürchtungen, die es gab, zum Beispiel ob der Mindestlohn möglicherweise zu hoch angesetzt wurde, wurden nicht bestätigt. Im Gegenteil ist es so, dass das DIW festgestellt hat, dass der vereinbarte Bruttostundenlohn nach 2015 um 15 Prozent angestiegen ist. Wir erleben auch bei Tarifen außerhalb der Erfassung des Mindestlohns, dass wir seit Beginn des letzten Jahrzehnts einen deutlichen Anstieg der Reallöhne erlebt haben. Das haben wir uns mit den zuvor durchgeführten Reformen „erkauft“, das haben wir damit erst möglich gemacht. Das hatte zur Folge, dass viele Menschen mehr Geld im Geldbeutel hatten.
Die Frage nach der Einkommensgleichheit ist auch wichtig. Im Vergleich zur Vermögensungleichheit, wo wir sicherlich noch hohen Nachholbedarf haben, ist es so, dass es bei uns in Deutschland - wenn man den Gini-Koeffizienten als anerkanntes Maß zur Messung der Ungleichheit nimmt - gerechter zugeht als im Durchschnitt der OECD-Staaten. Es ist ein großes Verdienst, dass die Einkommensungleichheit
in Deutschland in den letzten zehn Jahren nicht zugenommen hat. Das war in anderen Staaten anders. In China, Russland und Indien hat sie weiter zugenommen. Deswegen taugen sie auch in diesem Bereich nicht als Vorbild.
Wir müssen offen und ehrlich ansprechen, dass heute ungefähr ein Viertel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weniger als 2.300 Euro brutto im Monat haben. Das ist trotz sparsamer Haushaltsführung sehr eng. Für diese Menschen ist es sehr schwer, den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Trotz vieler Leistungen für Familien mit Kindern gehört die Gründung einer Familie zu den höchsten Armutsrisiken. Da wurde zwar viel getan, aber es bleibt noch viel zu tun. Das größte Armutsrisiko aber ist Arbeitslosigkeit. Deswegen gilt es, Arbeitslosigkeit zu verhindern und zu bekämpfen. Ob die Anhebung des Mindestlohns das geeignete Mittel ist, wage ich zu bezweifeln. Wenn man sich die Zahlen anschaut, sieht man, dass weniger als 30 Prozent der Mindestlohnempfänger in armutsgefährdeten Haushalten leben. Nur ein Viertel der Personen in armutsgefährdeten Haushalten arbeitet überhaupt. Das heißt, ob der Mindestlohn geeignet ist, um Armut zu bekämpfen, ist fraglich. Es gibt, glaube ich, geeignetere Möglichkeiten, das zu tun.
Ich möchte trotzdem noch den Bereich der Pflege ansprechen. Hier wurde etwas getan. Die Ausbildungsgänge zur Kinderkrankenpflege und Altenpflege wurden zum 01. Januar 2020 zusammengeführt. Es gibt jetzt einen gesetzlichen Anspruch zur angemessenen Ausbildungsvergütung.
Es gibt noch einen zweiten Punkt, den ich ansprechen möchte, der tatsächlich geeignet ist, Armut zu bekämpfen. Das sind Allgemeinverbindlichkeitserklärungen, von denen man wieder stärker Gebrauch machen muss. Es gab einen entsprechenden Beschluss auf Vorschlag des Saarlandes und der zuständigen Ministerin, dass im Bereich der Pflege Allgemeinverbindlichkeitserklärungen eine größere Rolle spielen müssen. Der Vorschlag des Saarlandes wurde vom Bundesrat mehrheitlich angenommen.
Drittens. Wir müssen dafür sorgen, dass Tarifpartner gestärkt werden, denn eine der zentralen Säulen der Erfolgsgeschichte sozialer Marktwirtschaft ist die Tarifautonomie.
Viertens. Wir müssen bei den Arbeitnehmern ganz explizit dafür werben, sich zu organisieren und Mitglied einer Gewerkschaft zu werden. Wo werden hohe Löhne bezahlt? - Das ist dort, wo der Organisationsgrad in den Gewerkschaften hoch ist. Im Dienstleistungsbereich, wo der Mindestlohn oft herhalten muss, ist der Organisationsgrad sehr gering. Das heißt, wir müssen dafür werben, dass man sich in Gewerkschaften solidarisiert und organisiert.
Fünftens. Ein vom Parlament willkürlich festgelegter Mindestlohn ist abzulehnen. Ich verweise auf das, was Eugen Roth eben angedeutet hat, nämlich auf die Beschlüsse, die auch die CDU gemacht hat. Wir haben beim letzten Bundesparteitag im Dezember fast einstimmig einen Beschluss gefasst. Wir haben gesagt, dass die Mindestlohnkommission ihre Geschäftspolitik ändern muss. Sie darf eben nicht nur nach der Tarifindexentwicklung gehen, sondern sie muss vorhandene Spielräume ausloten und nutzen. Wir haben auch gesagt, dass wir hier bessere Möglichkeiten sehen, den Mindestlohn ansteigen zu lassen. Das ist passiert. Der Mindestlohn wird in vier Schritten in den nächsten zwei Jahren von 9,35 Euro auf 10,45 Euro steigen. Das ist ein Anstieg von über 11 Prozent. Einen so hohen Anstieg gab es noch nie in der Geschichte. Das heißt plus 11,8 Prozent und eine Lohnsumme von plus 2 Milliarden Euro.
Sechstens. Es gibt die Meinung, dass der Mindestlohn Arbeitsplätze gefährde. Ich würde sagen, das trifft nur zum Teil zu, denn wir erleben Mindestlöhne insbesondere in den Bereichen, wo es nicht um internationalen Wettbewerb geht, sondern wo es darum geht, was hier vor Ort getan wird.
So komme ich zum siebten Punkt, der Stärkung des Binnenkonsums. Wir haben schon vor Corona erlebt, dass es zu einem Trend der Deglobalisierung kommt. Das heißt, Wertschöpfungsketten werden neu aufgestellt. Es wird auch darum gehen, dass wir auf der einen Seite weiterhin unsere tiefe Verflechtung als Deutschland mit der Weltwirtschaft nutzen, aber auf der anderen Seite wird es auch darauf ankommen, den Binnenkonsum zu stärken. Dazu kann der Mindestlohn einen Beitrag leisten.
Achtens. Der beste und höchste Mindestlohn nützt uns nichts, wenn er nicht kontrolliert wird. Deswegen ist Olaf Scholz als Finanzminister und Chef der Finanzkontrolle Schwarzarbeit in der Pflicht, dass die Einhaltung der Mindestlöhne kontrolliert wird. Wir haben gesehen, dass es mit der Einführung des Mindestlohns den Effekt gab, dass Arbeitsstunden zurückgefahren worden sind. Ob das immer nur der Realität entsprach oder ob es auch andere Hintergründe hat, gilt es zu kontrollieren. Man vermutet, dass 2 Millionen Menschen der Mindestlohn vorenthalten wird. Deswegen ist Olaf Scholz als Finanzminister, Chef des Zolls und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit in der Pflicht, tätig zu werden.
Der folgende Punkt ist mir persönlich sehr wichtig, ich werde ihn auch mantraartig wiederholen: Man muss Menschen befähigen, durch ihre eigenen Löhne eigenes Vermögen zu bilden. Es geht um eine starke Förderung der privaten Vermögensbildung. Es gibt wenig Industriestaaten auf der Welt, wo die private Vermögensbildung so gering ausgeprägt ist wie bei uns, wo also die Menschen, im Median betrachtet, ein so geringes Vermögen haben wie bei
uns. In der Zukunft werden die Vermögenseinkommen stärker steigen als die Arbeitseinkommen. Es gibt jedenfalls nichts, was andeutet, dass sich das ändern wird. Deswegen geht es auch um eine Förderung der Aktienkultur, der Mitarbeiterbeteiligung und um eine Reform der kapitalgedeckten Altersvorsorge.
Wir als CDU haben der privaten Versicherungswirtschaft die Pistole auf die Brust gesetzt. Beim letzten Parteitag haben wir den Beschluss gefasst, dass wir der Versicherungswirtschaft noch zwei Jahre Zeit geben, Riester günstiger und besser zu machen. Sollte das nicht passieren, wird es ein staatliches Vorsorgeprodukt geben, das ganz klar die Kosten deckelt und die Menschen trotzdem befähigt, an den steigenden Vermögenseinkommen teilzuhaben.
Es geht vor allem - Nummer 9 - darum, dass wir für eine ordentliche gesetzliche Rente sorgen. Dazu zählt eben auch, dass die Regelaltersrente steigt. Wir im Saarland wissen in besonderer Weise, wie wichtig eine hohe Rente für die Armutsbekämpfung ist, denn nirgendwo in Deutschland sind die Regelaltersrenten höher als bei uns. Bei den Männern sind sie am höchsten bundesweit, bei den Frauen ebenfalls überdurchschnittlich. Es gab Verbesserungen auch bei der Erwerbsminderungsrente; die Erwerbsminderung war eine häufige Ursache dafür, dass Menschen in Armut abgeglitten sind. Nun, seit dem 01.01.2019, ist es so, dass auch wieder die volle Zurechnungszeit im Bereich der Rente erfolgt. Das hat allein schon im letzten Jahr dazu geführt, dass die neuen Erwerbsminderungsrenten 10 Prozent höher waren als zuvor.
Wie wertvoll das ist, sehen wir im Bereich der Berufsunfähigkeit. Sie wurde vor 20 Jahren von RotGrün aus dem Katalog der gesetzlichen Rente gestrichen. Heute ist es für viele schwierig, überhaupt noch eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, jedenfalls ist sie sehr teuer. Deswegen hat das hier eine große Bedeutung.
Ich glaube auch, dass die Grundrente geeignet ist, Armut zu bekämpfen. Das tut sie in einer, wie ich finde, sehr fairen Art und Weise, indem sie nicht nach dem Gießkannenprinzip einfach Geld verteilt, sondern indem Berechnungsgrundlage der Grundrente eben auch die selbst erworbenen Rentenansprüche sind. Diese Ansprüche werden dann erhöht. Auch das ist, so denke ich, ein wichtiger Punkt, der dazu beitragen wird, dass Armut bekämpft werden kann.
Als zehnten Punkt möchte ich nennen - das hat faktisch eine geringere Bedeutung, ich meine aber schon, dass wir das diskutieren müssen -, ob die Personalausgaben für hohe Gehälter, seien es Sportler, seien es angestellte Manager, komplett als Betriebsausgaben absetzbar sein müssen. Einerseits ist es natürlich Sache der Unternehmen, wie sie ihre Manager oder auch ihre Sportler bezahlen.
Andererseits kann es aber, so meine ich, nicht sein, dass exorbitante Gehälter vom Staat subventioniert werden. Das hat letztlich auch viel mit dem Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung zu tun.
Vor allem aber wird es in Zukunft auch darauf ankommen, dass wir nachqualifizieren. Wir stehen, hier im Saarland im Besonderen, in den nächsten Jahren vor herausfordernden Zeiten. Auto und Stahl stehen vor strukturellen Änderungsprozessen. Es kommt nun darauf an, das heute vorhandene exzellente Fachkräftepotenzial zu erhalten, es aber auch neuen Gegebenheiten anzupassen. Deswegen wird zur Bekämpfung der Armut auch ganz entscheidend sein, dass wir in Fort- und Weiterbildung investieren, dass wir die entsprechenden Möglichkeiten zur Qualifikation schaffen.
Angesichts all dessen werden wir Ihren Antrag ablehnen. Die Beschlussfassung eines Parlaments über die Höhe des Mindestlohns stellt keinen geeigneten Weg zur Lösung des Armutsproblems dar. Das hat auch mit einem anderen Prinzip der christlichen Soziallehre zu tun, nämlich dem Prinzip der Subsidiarität. Es geht darum, diejenigen Einheiten zu stärken, die zum Treffen dieser Entscheidungen besser geeignet sind. Das sind die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern, und zwar in der Mindestlohnkommission.
Es wurde bereits vieles getan, ich führe das nur noch stichwortartig aus: Pflege-Mindestlohn, die Erwerbsminderungsrente, die Grundrente. Es bleibt noch vieles zu tun: Wir werden uns darüber unterhalten müssen, wie wir es besser als bisher schaffen, auch Minijobber abzusichern, zum Beispiel auch in der Arbeitslosenversicherung. Es wird darum gehen, einen besseren Übergang von Minijob und Midijob in Beschäftigung zu ermöglichen. Heute ist es häufig so, dass Menschen, die in der Grundsicherung sind und Arbeit aufnehmen, einen Nachteil haben. Auch insoweit besteht Reformbedarf. Alles in allem aber ist der Beschluss eines Parlaments über die Höhe des Mindestlohns nicht geeignet, Armut zu bekämpfen; es gibt bessere Methoden. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde gerade sehr viel Richtiges gesagt, auch so manche Zukunftsmusik war darunter, was noch alles besser gemacht werden soll. Ich kann mich deshalb kurzfassen.
Herr Lafontaine, „nicht nur klatschen“ schreiben Sie in Ihrem Antrag. Ja, das ist natürlich richtig. Derjenige, der Kranke pflegt, macht eine wichtige Arbeit und sollte auch ordentlich bezahlt werden. Allerdings sollte man das Klatschen - jetzt nur einmal als „Klatschen“ genannt - auch nicht ganz so geringschätzen. Denn die Leute, die in der Krankenpflege arbeiten, die in der Pflege generell arbeiten, haben während der Zeit der Pandemieentwicklung angesichts der in dieser Zeit in der Pflege geleisteten Arbeit und auch generell der in der Pflege geleisteten Arbeit einen gewissen Ansehensgewinn zu verbuchen. Das ist etwas, was diesen Leuten sicherlich zumindest auch ein wenig guttut.
Was die vielen anderen betrifft, die ebenfalls eine Arbeit verrichten, die nicht herausragend entlohnt wird, die nur auf Höhe des Mindestlohns belohnt wird: Auch sie verrichten oftmals sogenannte systemrelevante Arbeit. Was nun die Mindestlohnkommission betrifft, so meine ich, dass sie eine wichtige Funktion erfüllt, die einen gewissen Interessenausgleich auf sachlicher Basis herstellt. Natürlich wünscht man möglichst jedem einen möglichst guten Lohn, aber es gibt eben auch immer Grenzen des vernünftig Machbaren.
Ich hatte einmal, es ist schon Jahre her, die Gelegenheit zu einer Diskussion mit dem bekannten Journalisten Günter Wallraff, bei der es ebenfalls um diese Problematik ging. Es waren auch einige kleine Unternehmer anwesend. Diese Unternehmer haben eindringlich berichtet, bei einem zu hohen Mindestlohn müssten sie einfach auch Leute entlassen. Auf die Frage an Herrn Wallraff, was er denn mit diesen Entlassenen tun möchte, die ja auch nichts anderes finden - meistens, weil es an Qualifikation fehlt -, auf diese Frage wusste auch Herr Wallraff keine Antwort.
Ich wollte mich aber ja kurzfassen. Diese Mindestlohnkommission, überhaupt, wie der Mindestlohn im Moment geregelt ist, das ist einigermaßen vernünftig. Nichtsdestotrotz wird ständig darüber diskutiert. Man sollte aber diese Regelung so belassen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fasse mich wieder kurz. - Die Argumente, die hier vorgetragen wurden, verkennen den Ausgangspunkt dieser ganzen Diskussion. Ausgangspunkt der Diskussion war, dass die Gewerkschaften zu schwach sind, um richtige Löhne durchzusetzen.
Andernfalls käme ja niemand auf die Idee, das Parlament anzurufen. Zu dieser Frage muss man sich aber doch verhalten: Ist man der Meinung, dass die Gewerkschaften stark genug sind, möge man sich entsprechend verhalten. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass das überhaupt nicht zutrifft, andernfalls wäre ich nie auf diese Idee gekommen. Man muss auch die Frage beantworten, ob man wirklich meint, mit 9,35 Euro sei diese Arbeit ordentlich belohnt. Das betrifft viele Arbeitsfelder, beispielsweise Reinigungskräfte. Dazu muss man sich verhalten.
Sehen Sie, die große Crux ist doch, dass im Sozialen noch so viele skandalöse Zustände entstehen können - es ändert sich einfach nichts! Die Einkommen und die Vermögen entwickeln sich doch ständig weiter auseinander. Sie ändern daran nichts! Es wird unendlich viel geredet, es gibt unendlich viele Parlamentssitzungen - nichts aber ändert sich. Einkommen und Vermögen werden sich auch in diesem Jahr weiter auseinanderentwickeln, vor allem bei den Vermögen.
Sie haben, Herr Kollege Müller, etwas dazu gesagt, was für eine bestimmte Arbeit bezahlt werden muss. Ich habe es vorhin schon gesagt, ich möchte es nun noch etwas zuspitzen: Für mich leistet eine Pflegehilfskraft, die einem alten Menschen hilft, die ihm Zuwendung gibt, wichtigere gesellschaftliche Arbeit als irgendein Idiot, ein Investmentbanker, der Millionengehälter hat und Millionen verspielt. Das ist meine feste Überzeugung.
Sie mögen das anders sehen, das ist aber meine feste Überzeugung. Deshalb bin ich auch manchmal so empört.
Warum komme ich zur Auffassung, dass die Parlamente versagen? Durchschnittlich 800 Euro hat der Rentner in Österreich pro Monat mehr. 800 Euro im Monat! Nichts passiert bei uns. Wir hören das, es interessiert keinen. Und genau das ist der Punkt, weshalb sich viele Leute von der Politik abwenden. Von den Kolleginnen und Kollegen, die sozial engagiert sind - es sind ja einige von Ihnen sozial engagiert -, hätte ich mir gewünscht, dass ein anderer Vorschlag gemacht worden wäre. Dann hätten wir den hier beschlossen. Es fehlt aber einfach am Engagement, sich für diese Leute einzusetzen. Das bedauern wir.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte direkt zum Punkt kommen: Herr Lafontaine, zur Überschrift Ihres Antrags „den Beschäftigten in systemrelevanten Berufen nicht nur Beifall klatschen (...) " sage ich: Doch, das ist ein Dankeschön. Das ist ein Dankeschön, das sie verdient haben. Sie sagen in Ihrem Antrag auch „(...) tatsächlich helfen".
Und damit komme ich zum Punkt: Ich bin der festen Überzeugung, dass tagelange und monatelange Besprechungen ‑ ‑ Ich wäre Ihnen dankbar, Herr Lafontaine, wenn Sie mir zuhören würden! - Wenn wir nur darüber reden und wenn wir uns gegenseitig beschimpfen, dann haben wir für diese Leute noch nichts getan. Ich behaupte einmal, dass alle Abgeordneten dieses Hauses sozial engagiert sind. Das haben Sie ja bestritten. Ich sage Ihnen: Wenn wir das machen, werden Sie alle gemeinsam mich dabei unterstützen, dass wir im Bundesrat die Bundesregierung auffordern, ein Konzept für eine bundesweite allgemeinverbindliche tarifliche Regelung der Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege zu erarbeiten. Der Bund muss einfach mit den Tarifparteien an einen Tisch. Für dieses Anliegen bitte ich auch um Ihre Unterstützung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist eigentlich geschehen? Am 02. März haben wir alles geschlossen, den Zoo, die Restaurants, die Kneipen, Kinos. Kein Verein durfte Sport treiben, die Vereinsheime waren zu. Kulturelle Veranstaltungen fanden nicht mehr statt. Überall wurde beklagt, dass die Kindergärten zu sind, dass die Schulen zu sind. Die Eltern mussten sich nicht nur einfach Urlaub nehmen, viele junge Familien waren in der Situation, auf unbezahlten Urlaub zurückgreifen zu müssen, um das Kind oder die zwei oder drei Kinder zu Hause versorgen zu können. Das war nicht gut.
Ich habe aber nicht gehört, dass von entsprechenden Familien, die auch jung oder vielleicht auch ein bisschen älter sind, das Problem berichtet wurde, Urlaub nehmen zu müssen, auch unbezahlten Urlaub nehmen zu müssen, für Monate die Arbeit auszusetzen, um einen demenzkranken Menschen zu Hause pflegen zu können, um einen bettlägerigen Pflegebedürftigen pflegen zu können. Ich habe nicht als Problem gelesen, dass viele Menschen nun mutterseelenallein in ihren Häusern gelebt haben, während zuvor die Nachbarin kam, während zuvor jemand vorbeikam, der geputzt und dafür gesorgt hat, dass alles in Ordnung war. Haben Sie das gelesen? Ich habe es nicht so oft gelesen. Aber auch das war Urlaub, auch das war unbezahlt.
Warum sage ich das so? Wissen Sie, was geöffnet war? Wissen Sie, wer gearbeitet hat? - Das waren unsere Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger,