Protocol of the Session on March 11, 2020

Der ökologische Aspekt ist auch verständlich. Natürlich werden da Papierberge produziert, aber es gibt bisher keine akzeptable Lösung außer dem Ausdruck. Was wir brauchen, sind standardisierte Lösungen, elektronische Lösungen. Die Bundesregierung verweigert sich dem bisher. Sie hat in einer Anfrage der LINKEN-Bundestagsfraktion erklärt, sie unterstützt nicht, dass nach standardisierten Verfahren gesucht wird. Für uns gilt der Grundsatz: Bonpflicht ist keine Papierpflicht. Darauf hat auch der Finanzminister in dieser Woche hingewiesen. Er hat eine App vorgestellt. Das wäre zum Beispiel eine Lösung. Man muss natürlich sehen, dass das steuersicher funktioniert. In Portugal gibt es Systeme mit elektronischen Belegen. Dort funktioniert es. Das ist also in anderen Ländern der Fall. Wir plädieren eher dafür, dass ein Standard festgelegt wird. Schon heute ist der Ausdruck nicht zwingend, das haben wir eben bereits gehört. Man kann über Bagatellgrenzen als Zwischenlösung diskutieren. Frankreich will das machen, das hat man für den Herbst angekündigt. Wir wollen alle, dass eine vernünftige Lösung kommt. Eine Bundesratsinitiative, wie sie in einem Satz skizziert wurde, lehnen wir allerdings ab. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN und vereinzelt bei der SPD.)

Christina Baltes von der SPD-Landtagsfraktion ist die nächste Rednerin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch Kassenmanipulation entsteht dem Bund, wie eben schon von Herrn Flackus und Herrn Oberhausen erwähnt, ein jährlicher Steuerschaden von bis zu 10 Milliarden Euro. In Restaurants, Kiosken und auf Wochenmärkten spielt sich Deutschlands größter Steuerskandal ab. Vor den Augen aller versickern Umsätze, die nie in einer Steuererklärung stehen. Der Handel war vorgewarnt, das Gesetz wurde bereits vor drei Jahren verabschiedet. Ausnahmen von der Belegausgabe hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Es steht den Händlern jedoch frei, wie sie die Quittungen ausgeben. Die Belegausgabepflicht ist bewusst technologieoffen ausgestaltet. Wege aus der Papierflut gibt es dennoch zum Beispiel über das Bonussystem Payback, an dem viele Verbraucherinnen und Verbraucher teilnehmen. Die Quittung

(Abg. Oberhausen (CDU) )

kann per E-Mail zugesandt oder über QR-Strichcode übermittelt werden.

Meine Herren der AfD, kann sich das unser Land leisten? Um was es geht es denn bei der Kassenbonpflicht? - Es geht um nicht mehr oder weniger als um Umsatzsteuereinnahmen in Milliardenhöhe. Kassen werden manipuliert, Umsätze nicht richtig verbucht oder später wieder ausgebucht. Die Kassenbonpflicht garantiert Steuerehrlichkeit für alle. Sie ist ein Gebot der Fairness gegenüber den ehrlichen Geschäftsinhabern, denn nur ein Beleg mit Transaktionsnummer und elektronischer Signatur des Kassensystems schließt Manipulation aus.

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Die entgangenen Steuereinnahmen beziffert der Bundesrechnungshof auf 10 Milliarden Euro pro Jahr. Er sieht die Gleichmäßigkeit der Besteuerung bargeldintensiver Betriebe als nicht sichergestellt. Steuern werden hinterzogen, indem die Umsätze nach unten manipuliert werden. Manipulierte Kassen können aber auch zur Geldwäsche verwendet werden, indem Umsätze nach oben gesetzt werden. Fair und korrekt abrechnende Einzelhändler haben einen riesigen Wettbewerbsnachteil gegenüber den unehrlichen Wettbewerbern. Wie sagt man so schön? „Der ehrliche ist der Dumme“, eben weil es unfaire Wettbewerber gibt, die die Mehrwertsteuer hinterziehen, die Lieferkette manipulieren und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schwarz oder prekär beschäftigen.

Dreh- und Angelpunkt des Betrugs sind die manipulierten Kassen. Deshalb ist das Gesetz ein wirksamer Beitrag, um Steuerhinterziehung zu vermeiden und den ehrlichen Wettbewerb zu stärken. Deshalb hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Frage des FDP-Bundestagsabgeordneten Christian Dürr in der Regierungsbefragung am 18. Dezember 2019 im Deutschen Bundestag auf die Frage, wann die Bundesregierung die Bonpflicht abschaffe, folgendermaßen geantwortet - ich zitiere, mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident -: „Ich fürchte, gar nicht. Schließlich geht es darum, den Steuerbetrug an der Ladenkasse stärker zu bekämpfen. Wir können nicht sehenden Auges einfach akzeptieren, dass dem Staat Milliarden an Steuergeldern verloren gehen.“

Sehr geehrte Herren der AfD, wie die Kanzlerin in ihrer Antwort im Deutschen Bundestag möchte auch ich Sie auf die WirtschaftsWoche vom 13. Dezember 2019 hinweisen, wo in einem sehr lesenswerten, umfangreichen Artikel die Problematik beleuchtet wird. Dabei ist die WirtschaftsWoche nicht verdächtig, unkritisch über Gesetze zu berichten. Ich möchte ein Beispiel geben. Der Schaden über die Jahre wird

dort als weitaus höher gesehen als der Steuerskandal bei den Cum-Ex- und Cum-Cum-Aktienbetrügereien. In diesem Artikel wird auch auf die Erfolge im europäischen Ausland hingewiesen, dass zum Beispiel in Österreich branchenübergreifend das Umsatzsteueraufkommen um 3 Prozent stieg.

Werte Kolleginnen und Kollegen, mit meinen Ausführungen hoffe ich, dass ich Sie von der Wichtigkeit der Bonpflicht überzeugen konnte. Ich bin ebenso hoffnungsvoll, dass sich recht schnell technische Lösungen finden werden, die die Flut der Bons eindämmen und Steuergerechtigkeit gewährleisten. In diesem Sinne werden wir den Antrag der AfD ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 16/1232. Wer für die Annahme der Drucksache 16/1232 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1232 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Mitglieder der AfD-Fraktion, abgelehnt die Mitglieder der Koalitionsfraktionen und der DIE LINKE-Landtagsfraktion.

Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Beschäftigte in Vorschuleinrichtungen sollen die Befähigung zum Grundschullehrer haben (Drucksache 16/1233)

Zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Josef Dörr das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein Schulantrag von uns, den ich wie immer unter das folgende Motto stelle: Die beste Schule ist für unsere Kinder gerade gut genug. Wir wollen eine Leistungsschule, in welche die Kinder gerne gehen, in der sie gefordert und gefördert werden. Wir wollen im Saarland eine Bildungshochburg haben und eine Bildungsindustrie erreichen. Das ist ein wichtiger Punkt. Dazu können wir selbst etwas beitragen. Was heute beantragt ist, gehört dazu.

Ich nenne Ihnen einmal ein paar Binsenweisheiten, die jeder kennt: Unser höchstes Gut sind unsere Kinder. Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Die ers

(Abg. Baltes (SPD) )

ten Lebensjahre sind die wichtigsten Lebensjahre. Sie sind die entscheidenden Lebensjahre. - In einem Sprichwort zusammengefasst: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Wir wissen und sagen das, aber wenn es an die Tat geht, dann fehlt oft entweder der Mut oder der Fleiß oder was sonst auch immer und wir lassen alles beim Alten. Wir wissen zum Beispiel ganz genau, dass Bildung und Betreuung unserer Kinder in der wichtigsten Zeit in ihrem Leben, in den ersten Lebensjahren, bevor sie zur Schule gehen, noch zu wünschen übriglassen. Wir haben dort sehr gut ausgebildete Erzieherinnen, meistens sind es Frauen. Es gibt inzwischen auch einige Erzieher. Früher waren es Kindergartenschwestern oder Kindergartenfräuleins. Dazu sind sie aber zu gut ausgebildet. Die Aufgaben, die heute auf sie zukommen, sind vielfältiger und schwieriger. Dazu kommt, dass Kinder jetzt nicht nur mit drei Jahren in den Kindergarten gehen; sie gehen schon vorher in den Hort. Sie werden eigentlich schon von Anfang an betreut. Es gibt die verschiedensten Einrichtungen. Es gibt immer wieder Klagen, dass Kinder oft nur - zum Beispiel auch in der Nachmittagsbetreuung - betreut werden. Früher hat man gesagt, sie werden verwahrt. Es gab ein Schimpfwort: Du verhältst dich so, als ob du aus der Verwahrschule kämst. Das heißt, da ist nichts Gutes aus dir geworden.

Das ist eine Sache, die unsere Nachbarn in Frankreich schon länger wissen. Schon vor 50 Jahren aber wahrscheinlich ist es schon viel länger her - habe ich meine Kinder nach Frankreich gefahren, damit sie in der École maternelle unterrichtet wurden. Das geht ab dem dritten Lebensjahr. Dort hat man praktisch schon in den Kindergärten - genannt École maternelle - ausgebildete Lehrerinnen.

Warum machen wir das nicht auch? Mir ist klar, es wird sowieso abgelehnt. Das sage ich hier, weil eben gesagt worden ist, Sie stellen dieselben Anträge immer wieder. Natürlich stellen wir die immer wieder, weil sie immer abgelehnt werden. Die Leute sollen ja auch sehen, was hier immer abgelehnt wird. Das sollte durchaus bekannt sein. Das wird wahrscheinlich abgelehnt, weil man sagt, das kann man nicht bezahlen oder das ist praktisch nicht möglich und so weiter. Natürlich ist alles praktisch möglich.

Man kann von einem Land wie dem Saarland natürlich nicht verlangen, dass auf einen Schlag flächendeckend sämtliche Kindergärten mit Lehrerinnen oder Lehrern ausgestattet werden. Aber es wäre zum Beispiel doch nicht schlecht, wenn in jedem Kindergarten auch eine Person wäre, die weiter ausgebildet ist. Wir haben auch schon vorgeschlagen, dass Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer

zu Sonderpädagogen ausgebildet werden sollen, damit sie die Probleme dort selbst erledigen können, wo man die sogenannten multiprofessionellen Einsatzkräfte einsetzen will, was natürlich in der Praxis gar nicht geht.

Das wäre ein qualitativer Fortschritt, den jetzigen Erzieherinnen und Erziehern zumindest die Möglichkeit zu geben, sie zu Lehrerinnen und Lehrern auszubilden und das fortschreitend anzubieten. Das ist unser Antrag. Im Sinne der Kinder wären wir froh, wenn Sie sich das einmal überlegen würden.

(Beifall von der AfD.)

Ich eröffne die Aussprache und rufe für die SPDLandtagsfraktion auf Frau Abgeordnete Martina Holzner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Bildung, Erziehung und Betreuung sind die Aufgaben einer Kindertageseinrichtung, Herr Dörr, und folglich auch die einer Erzieherin. Ich selbst habe vor vielen Jahren den Beruf der Erzieherin erlernt. Herr Dörr, sollte bei Ihnen möglicherweise das Bild oder die verstaubte Idee vom Berufsbild der Erzieherin als eine babbelnde Kaffeetante oder - wie Sie es eben gesagt haben - einem Kindergartenfräulein im Kopf sein, dann würde mich das nicht wundern.

(Vereinzelt Lachen. - Beifall.)

Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal in einer Kita waren.

(Sprechen. - Heiterkeit und Lachen.)

Haben Sie sich vor Ihrem Antrag überhaupt mit der Arbeit in den Kitas beschäftigt?

(Zuruf: Nein.)

Waren Sie einmal zu Gast in einer Fachschule für Sozialpädagogik?

(Zurufe: Nein.)

Haben Sie sich einmal die Fachschulausbildung von Erzieherinnen, die sehr viel spezifischer auf die möglichen Einsatzgebiete und die tägliche Arbeit von Erzieherinnen ausgerichtet ist als das Studium Lehramt der Primarstufe, angesehen?

(Zurufe: Nein. - Lachen und Heiterkeit.)

(Abg. Dörr (AfD) )

Kennen Sie die Inhalte der Studiengänge, beispielsweise an der HTW im Studiengang Pädagogik für frühe Kindheit?

(Zurufe: Nein. - Abg. Dörr (AfD) : Ja. Alles ja.)

Unsere Kitas sind Bildungseinrichtungen. Wir haben im Saarland tolle Kindertageseinrichtungen, die sehr gute Arbeit leisten.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Die pädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen sind nicht nur sehr gut darin ausgebildet, Bildungsinhalte zu vermitteln, sondern auch die psychologisch, didaktisch, methodisch, pädagogisch, emotional vermittelten Aspekte der Bildung und Erziehung in Kitas zu beachten. Viele wichtige Grundlagen in der Erziehung werden in unseren Kitas gelegt und - Herr Dörr - nicht erst im letzten Kita-Jahr. Es passt zu Ihrem Bild, dass Kinder erst einmal ein paar Jahre in den Kitas spielen und im letzten Jahr eine Vorbereitung auf die Schule erhalten sollen.

Nein. Kinder lernen ab dem ersten Tag in der Kita. Genau so sind auch die Bildungs- und Lernkonzepte der Erzieherinnen und Erzieher angelegt. Sie sehen, das geht ganzheitlich und fördert in allen Bereichen. Im letzten Kita-Jahr, dem sogenannten Kooperationsjahr, gibt es eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Grundschule. Hier arbeiten Lehrer und pädagogische Fachkräfte gemeinsam, um einen guten Übergang zur Schule zu gewährleisten.

Nein, es geht nicht nur um die kognitiven Fähigkeiten eines Kindes, sondern um viel mehr: Um selbstbewusste, eigenständige und starke Kinder, die offen sind für Neues, die Durchsetzungsvermögen und Regelverständnis, Selbstbewusstsein und Problemlösungskompetenzen erlernt haben und sehr gut vom ersten Tag an durch die Kita vorbereitet wurden. Um es auf den Punkt zu bringen, dazu brauchen Beschäftigte in Vorschuleinrichtungen keine Ausbildung als Grundschullehrer. Um es weiter auf den Punkt zu bringen, nein, man kann sich auch nicht aus einem anderen System einen Baustein herauspicken - wie hier die École maternelle -, um diesen dann mit dem Ziel der Selektierung zu etablieren, was Sie in vielen Ihrer Anträge versuchen.

(Vereinzelt Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das, was für Erzieherinnen und Erzieher wichtig ist und woran wir arbeiten, ist, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Dafür haben wir bereits einiges getan. Ich nehme als Beispiel nur die Erhöhung der Leitungsfreistellung oder dass circa 30 besonders belastete Kitas eine Viertelstelle mehr pro Gruppe

bekommen. Mit der Fachkräfteoffensive unter Einführung der praxisorientierten Erzieherinnenausbildung - kurz PiA -, die zusätzlich zum vorhandenen Personalschlüssel in der Einrichtung sind, haben wir erstmals 93 bezahlte Ausbildungsstellen geschaffen. Sie sehen, uns ist die Qualität und die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte wichtig. Wir wertschätzen ihre Arbeit. Wir werden mit der Novellierung des SKBBG weitere Verbesserungen in den Einrichtungen schaffen.

Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis möchte ich zum Schluss meine Rede mal wieder Montessori zitieren. „Nicht das Kind soll sich der Umgebung anpassen, sondern wir sollten die Umgebung dem Kind anpassen.“ - Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)