Ein ganz wichtiger Punkt ist die künftige Wahl des Landesbehindertenbeauftragten. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir das hinbekommen haben. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir diese Frau oder diesen Mann hier im Hohen Haus wählen. Heute ist mir ganz besonders wichtig, der bisherigen Beauftragten, meiner lieben Freundin Christa Maria Rupp, ein herzliches Wort des Dankes zu sagen. Wer Christa Maria Rupp kennt, weiß, dass sie trotz ihrer Blindheit eine Frau ist, die mitten im Leben steht und die Herzenswärme versprüht. Sie hat wirklich mit ihrem Intellekt und ihrer Scharfzüngigkeit den Menschen sehr viel geholfen. Schade, dass sie heute Morgen nicht hier sein kann. Ich möchte ihr an dieser Stelle ein ganz herzliches Wort des Dankes sagen.
Die Ministerin wird sie noch verabschieden. Es wird Gelegenheit gegeben sein, sich ganz ausdrücklich bei ihr für ihre wertvolle Arbeit zu bedanken. Ich will noch etwas sagen, was uns Christa Maria Rupp zu verstehen gegeben hat. Sie geht jetzt, weil sie sagt, es ist schon sehr viel Arbeit, aber ihre Behinderung spielt auch eine Rolle. Das müssen wir hinterfragen. Wenn man in einem Raum sitzt, wo sie als einzige nichts sieht und andere Teilnehmer in den Runden durch Gestik, Mimik und dergleichen sich Dinge zuschustern, dann müssen wir auch das noch einmal hinterfragen. Ich glaube, das gibt uns Christa Maria
Eine der viel gestellten Fragen ist: Wer wird der oder die Neue? Wir haben uns in der Koalition noch keine Gedanken über Namen gemacht, aber eines sage ich ganz klar: Auch hier lassen wir uns von etwas leiten. Wir haben einen Pflegebeauftragten in diesem Hause gewählt, den wir alle parteiübergreifend schätzen und der für die Pflege d e r Mensch in diesem Land ist. Ich kann uns allen nur anraten, dass wir bei der Bestellung unseres Behindertenbeauftragten genau den gleichen Weg wählen sollen. Da soll keine Politik und keine Parteizugehörigkeit eine Rolle spielen. Das muss jemand sein, der für die Rechte der behinderten Menschen eintritt. Wir sollten uns gemeinsam Gedanken machen, wer diese Persönlichkeit sein kann.
Deswegen legen wir heute fest, dass wir in diesem Hohen Hause die künftige oder den künftigen Beauftragten wählen. Was die Stellenschaffung angeht, sind wir dabei, formale Dinge zu klären. Ich glaube, nach der Sommerpause sind wir in der Lage, wenn alle Voraussetzungen geschaffen sind, die Wahl durchzuführen. Deswegen kann man sich jetzt schon an dem einen oder anderen Tag in der Sommerpause, an dem man nicht so mit Stress und Druck belegt ist, Gedanken machen, wer diese Persönlichkeit sein kann.
Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir diese unabhängige Monitoringstelle beim Deutschen Institut für Menschenrechte in enger Zusammenarbeit mit dem Landesbeauftragten für Behinderte einrichten werden. Diese Stelle in Berlin ist eine Stelle, die sich in den Dingen bestens auskennt. Hier müssen wir uns das eine oder andere, was noch nicht so positiv ist, ins Stammbuch schreiben lassen. Deswegen ist das eine gute Entscheidung.
Ich will noch ein paar Sätze zum Thema Bauen sagen. Wir haben dazu in diesen Tagen ja auch so manche Schlagzeile gehört. Ich sage es ganz unumwunden: Wenn ich meine Sprechstunden - ob in der Politik oder in der Lebenshilfe - durchführe, dann kommen sehr viele Menschen, die Wohnraum suchen. Die Kolleginnen und Kollegen sagen mir parteiübergreifend, dass das bei jedem so ist. Deswegen haben wir hier eindeutig Nachholbedarf.
Ich bin dem Innenminister Klaus Bouillon sehr dankbar, dass er jetzt diverse Punkte auflegt, damit wir es besser schaffen, Wohnraum auch für Rollstuhlfahrer zu schaffen. Wir haben im Gesetz dazu einiges aufgenommen, wofür ich auch den Bauleuten
dankbar bin. Das war eine nicht immer einfache Diskussion. Ich erinnere an die Anhörung. In der ganztägigen Anhörung haben wir am Morgen die Behindertenverbände gehört, was deren Punkte sind. Am Nachmittag haben wir die Bauwirtschaft - die Architekten und Ingenieure - gehört. Da sind im Prinzip zwei Welten aufeinander getroffen. Unsere Aufgabe als Politik war es, diese beiden Welten etwas miteinander zu versöhnen. Ich glaube, das ist uns ganz gut gelungen. Die Umsetzung können wir aber nicht alleine machen. Wir brauchen die Wohnungsbaugesellschaften. Einige Kolleginnen und Kollegen sind in den kommunalen Parlamenten tätig. Das sollten wir dort mit Verve angehen. Dort sollten wir darauf drängen, dass sich in den Segmenten wirklich einiges verbessert. Wir haben auch Daten gesetzt, wann wir das noch einmal evaluieren wollen. Ich glaube, deswegen ist das ein Punkt, an dem sich noch sehr viel tun wird. Ich fordere jeden auf, sich einzubringen, damit es uns gelingt voranzukommen.
Es leuchtet hier schon auf, wir haben heute verkürzte Redezeit. Ich könnte noch so viel sagen, was mir im Herzen brennt. Ich habe nur eine Bitte, die ich schon zu Anfang gesagt habe: Die Menschen, die wir als behindert bezeichnen, haben es wirklich verdient, dass wir uns ganz tatkräftig für sie einsetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen und alle, die heute da sind, dazu fordere ich Sie sehr herzlich auf. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Die nächste Wortmeldung kommt von der Fraktion DIE LINKE. - Ich darf dem Abgeordneten Ralf Georgi das Wort erteilen.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Verbandsvertreter der Behindertenverbände begrüßen. Schön, dass Sie da sind!
Herr Kollege Scharf, ich möchte an Herrn Igel erinnern, der sich hier im Saarland durch alle Instanzen sein Recht hat einklagen müssen. Das war wohl auch eine Sache, die durch das Land besser hätte geregelt werden können. Er hat jetzt Gott sei Dank recht bekommen. Es ist immer schön, wenn Sommerfeste stattfinden, aber die richtige Hilfe sollte im Saarland auch stattfinden.
Das ist so. Frau Ministerin, das ist so. Er hat ja recht bekommen. - Man könnte sagen, was lange währt, wird endlich gut. Schließlich ist die UN-Behindertenrechtskonvention seit zehn Jahren rechtsverbindlich. Ein zentraler Bestandteil dieser Konvention ist das Recht auf eine barrierefreie Teilhabe. Jetzt soll dieses Recht auf Landesebene geändert werden. Leider wird auch jetzt mit dem neuen Gesetz nicht alles gut, denn nach wie vor gibt es viel zu viele Ausnahmen und Schlupflöcher.
Da erklären CDU und SPD, sie wollen die Förderrichtlinien in der sozialen Wohnraumförderung zur Schaffung rollstuhlgerechter Wohnungen verbessern. Gleichzeitig legen sie hier einen Abänderungsantrag vor, der die Pflicht zum barrierefreien Bauen wieder aufweicht. Die Landesbehörden sollten nämlich laut dem ursprünglichen Entwurf verpflichtet werden, „bauliche Anlagen nur dann zu fördern, wenn sie die in § 4 formulierten Voraussetzungen für Barrierefreiheit erfüllen.“ Diesen Punkt möchte die Große Koalition um den Satz ergänzen: „Dies gilt nicht, wenn die Förderung ausschließlich private Nutzer begünstigt.“ Das ist eine weitere Ausnahme, ein weiteres Schlupfloch. Das ist ganz sicher nicht dazu angetan, mehr barrierefreien Wohnraum zu schaffen.
Es spricht nichts dagegen, die Familie, die ein kleines Häuschen baut und selber nutzen will und die Fördermittel bezieht, von dieser Pflicht auszunehmen. Aber private Wohnungsbauunternehmen, die für Privatleute Wohnraum schaffen, sollen eben gerade nicht ausgenommen werden. Genau das ist aber das Ziel von CDU und SPD. Ich zitiere aus der Begründung: „Die Ergänzung (…) soll insbesondere sicherstellen, dass bei der Förderung von Projekten der sozialen Wohnraumförderung im Saarland weiterhin auch Baumaßnahmen gefördert werden können, die explizit nur die Reduzierung von einzelnen baulichen Barrieren zum Ziel haben, sowie Baumaßnahmen, bei denen die Reduzierung von Barrieren nicht stattfindet.“
Es ist doch ein Versäumnis gewesen, dass in den letzten Jahren keine einzige neue Sozialwohnung gebaut worden ist. Es wurde tatenlos zugeschaut, wie immer mehr geförderte Wohnungen aus der Mietpreisbindung gefallen sind und wie die Wartelisten für bezahlbaren Wohnraum immer länger wurden. Und Ihre Antwort darauf soll also sein, dass private Wohnungsbauunternehmen keine Barrieren mehr abbauen sollen. Was ist denn bitte schön mit Menschen mit Behinderungen und mit den Älteren, die auf bezahlbare Wohnungen angewiesen sind? Ich finde, das ist beschämend.
Natürlich kostet ein barrierefreies Bauen und ein konsequentes Beseitigen bestehender Barrieren Geld. Aber das kann kein Argument sein, Menschen mit Behinderungen und auch älteren Menschen die Teilhabe zu verweigern. Man kann es gar nicht oft genug sagen: Die Steuergeschenke für Reiche und Großkonzerne kosten das Land seit dem Jahr 2000 jährlich rund 130 Millionen Euro, die Städte und Gemeinden weitere rund 240 Millionen jährlich. Wer kann da behaupten, für barrierefreies Wohnen wäre kein Geld da?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in der Anhörung gab es viel Kritik. Der BSK-Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter im Saarland hat erklärt, dass dieser Entwurf das Ziel verfehlt, Benachteiligungen beziehungsweise Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Bestehende Diskriminierungen können nicht wie hier im Gesetzentwurf durch überwiegend kosmetische Änderungen beseitigt werden. Ich finde, das sind deutliche Worte.
Auch die meisten anderen Experten und Fachverbände haben die vielen unverbindlichen Formulierungen kritisiert, ebenso das Fehlen klarer Sanktionsmöglichkeiten. Wir haben diese Kritik der Experten in unserem ‑ ‑
Natürlich, dann waren Sie nicht in der richtigen Anhörung. - Wir haben diese Kritik der Experten in unserem Abänderungsantrag aufgegriffen. Wir wollen eine Sanktionierung bei Missachtung der Barrierefreiheit, eine Streichung der Einschränkung durch die sogenannte und nicht näher definierte „unangemessene wirtschaftliche Belastung“, wir wollen die Landesbauordnung so ergänzen, dass künftig in Häusern mit mehr als zwölf Mietwohnungen jede sechste Wohnung barrierefrei, uneingeschränkt mit Rollstuhl nutzbar sein muss, wir wollen die Barrierefreiheit als Voraussetzung für eine Förderung auch auf die Kommunen erweitern, wir wollen bei der Besetzung des Behindertenbeauftragten den Landesbehindertenbeirat mit einbinden und wir wollen, dass die Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen berechtigt sind, an allen Sitzungen auf kommunaler Ebene beratend teilzunehmen. Wir
wollen die Definition von Menschen mit Behinderungen im Hinblick auf autistische Menschen weiter fassen und auch die Beeinträchtigung der Sinn- beziehungsweise der Wahrnehmungsverarbeitung aufnehmen. Wir wollen, dass verbindliche Zeitpläne zum weiteren Abbau von Barrieren festgelegt werden, dass Menschen mit Hörbehinderung und Menschen mit Sprachbehinderung
einen Anspruch auf geeignete Kommunikationshilfe - wir jetzt hier - bekommen und dass der Landesbeauftragte die Landesregierung und den Landtag nicht nur in Grundsatzangelegenheiten, sondern in allen Angelegenheit der Menschen mit Behinderungen berät. Wir bitten daher um Zustimmung zu unserem Antrag.
Und jetzt zu Ihnen, Herr Thul: Ein paar Punkte haben auch CDU und SPD in ihrem Abänderungsantrag aufgegriffen, aber dieser Antrag enthält eben auch die neue Einschränkung für barrierefreies Bauen, und insgesamt ist der Gesetzentwurf zu unverbindlich, zu unklar, zu inkonsequent. Deshalb können wir diesem Entwurf nicht zustimmen. - Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe gleich auf das ein, was der Kollege Georgi uns zu Unrecht vorwirft. Ich möchte aber vorher unseren Menschen mit Behinderungen erklären, was wir eigentlich mit diesem Gesetz vorhaben. Der Kollege Scharf hat eben gesagt, dass ich die erste Rede in einfacher Sprache gehalten habe, und ich hatte damals gesagt, ich halte auch die zweite Rede in einfacher Sprache, weil wir dafür da sind, den Menschen da draußen zu erklären, was wir hier tun. Ihrem Wohl sind wir verpflichtet, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das Saarländische Behindertengleichstellungsgesetz gibt es schon, aber es ist alt. Seit es geschrieben wurde, haben sich viele Dinge verändert. Deshalb wollen wir es besser machen. Das ist uns, wie ich finde, auch gelungen.
Worum geht es in diesem Gesetz? Wir wollen, dass alle Menschen mitmachen können, ob sie eine Behinderung haben oder nicht. Das nennen wir Gleichstellung im Saarland und dazu haben wir uns verpflichtet. Wo ist das wichtig? Zum Beispiel im Supermarkt, in der Schule, im Bus oder auf der Arbeit, im Restaurant oder eben auch auf dem Amt.
Wie soll das gehen? Jeder soll überall mitmachen können. Alles, was dabei stört, nennen wir Barrieren. Diese Barrieren sind beispielsweise hohe Bordsteinkanten, komplizierte Formulare oder Treppen, und wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Menschen da draußen, wir haben uns dem Ziel verschrieben, diese Barrieren abzubauen.
Wie sind die Vorschläge für dieses neue Gesetz entstanden? Es wurde geprüft, was besser werden soll. Fachleute, also Menschen mit Behinderungen und Wissenschaftler, haben Vorschläge gemacht, auch über das Internet. Das Ergebnis: Vieles ist gut! Es ist keineswegs so, wie der Kollege Georgi gesagt hat, dass wir nur negative Stellungnahmen zu unserem Gesetz bekommen haben. Vieles ist gut, aber einiges müssen wir besser machen.
Monika Bachmann und Stephan Kolling haben dieses Gesetz geschrieben unter fleißiger Mitwirkung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium, denen ich hier ausdrücklich meinen Dank zum Ausdruck bringen möchte. Das war wahrlich eine gute Leistung und ich weiß, dass sehr viel Arbeit darin steckt. Deshalb vielen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien und in den Fraktionen.
Aber auch wir in den Fraktionen haben uns das Gesetz ganz genau angeschaut. Wir haben in einer kleinen Gruppe das Gesetz diskutiert, und diese Gruppe nennt sich Sozialausschuss. Der Vorsitzende vom Sozialausschuss ist der Magnus Jung. Dann haben wir die Menschen eingeladen, die sich mit dem Thema auskennen, zum Beispiel den VdK oder die LIGA, die Arbeitskammer und die Wohnungsbauunternehmen. Das nennt man Anhörung. Die Anhörung hat von morgens bis abends gedauert, wir haben uns sehr viel Zeit genommen. Das Ergebnis: Viele Dinge müssen noch besser werden und nicht alle, die uns vorgetragen haben, haben die gleiche Meinung. In der Tat gingen die Meinungen sehr weit auseinander.
Viele Menschen haben gesagt, dass es nicht genug Wohnungen für Menschen mit Behinderungen gibt. Auf dem Land gibt es fast gar keine Wohnungen, so ehrlich müssen wir sein. Und in der Stadt sind sie
oftmals zu teuer. Ich weiß das, weil ich selbst nach einer Wohnung für eine Familie gesucht habe mit einer Mutter im Rollstuhl. Glauben Sie mir, es gibt sehr, sehr wenige Wohnungen auf dem Land. Deshalb müssen mehr Wohnungen gebaut werden. Dazu hat meine Fraktion einen Vorschlag eingebracht. Wir haben gesagt: Alleine durch dieses Gesetz werden wir kein Mehr an barrierefreiem Wohnraum erreichen, sondern wir wollen eine Vereinbarung mit den Wohnungsbaugesellschaften bei uns im Land schließen. Wir wollen, dass sich die Wohnungsbaugesellschaften dazu verpflichten, mehr behindertengerechten, rollstuhlgerechten Wohnraum zu schaffen. Ich kann jetzt schon Vollzug melden, die ersten Wohnungsbaugesellschaften haben sich dazu bereit erklärt. Das ist ein großer Schritt in Richtung mehr barrierefreier Wohnraum, den wir gegangen sind, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben auch mit dem Kollegen Klaus Bouillon geredet. Der macht sich Gedanken darüber, wie wir mehr Wohnungen fördern können, wie wir mehr Wohnungen für Menschen mit Behinderungen bauen können.