Protocol of the Session on April 10, 2019

Die Verankerung im saarländischen Landesrecht ist ein großer Fortschritt für die Absicherung der Schuldenbremse. Dennoch wird mit Blick auf die Verfassungswirklichkeit in der Bundesrepublik und der Mehrheit der Bundesländer die Forderung erhoben auch im Rahmen dieser vom Kollegen Flackus genannten Anhörung -, die Verfassung des Saarlandes um die Schuldenbremse zu ergänzen. So sehr ich persönlich Sympathien für den Vorschlag von Pro

(Abg. Flackus (DIE LINKE) )

fessor Gröpl habe, sehe ich, dass dies zurzeit in der Koalition noch nicht möglich ist.

Die Schuldenbremse hat seit ihrer Einführung bemerkenswerte Erfolge gezeitigt. Neben einer Disziplinierung bei den Ausgaben, die zu einer Reduzierung des Schuldenstandes führten, ist der Einstieg in eine generationengerechte Finanzierung des Landeshaushaltes gelungen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das finanzielle Erbe unserer Kinder und Enkel wird nicht mehr verfrühstückt. Es soll aber Politiker geben, die trotz grundgesetzlicher Verankerung - ich verweise auf Art. 109 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz die Schuldenbremse ablehnen. Hier gibt es zwei Vorgehensweisen bei der Partei DIE LINKE. Die eine ist sachlich-moderat wie bei Ihnen, Herr Kollege Flackus. Die Schuldenbremse darf sich nicht darauf reduzieren, dass sie schwarze Nullen generiert. Herr Flackus, das verstehe ich. Schwarz ist nicht Ihre Farbe.

(Heiterkeit bei den Regierungsfraktionen. - Spre- chen.)

Und an null Euro Haushaltsdefizit hätten Sie früher im Traum nicht gedacht.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. La- fontaine (DIE LINKE) : Sie kennen die Saargeschichte nicht. Ich erkläre Ihnen das. - Heiterkeit.)

Ja, Sie erklären mir das. - Ich werde weiter ausführen und komme zur anderen Vorgehensweise. Die andere Vorgehensweise wird personalisiert von einem Weltökonomen mit französischem Namen. Ich möchte Ihnen die vielen Zitate in diesem Zusammenhang, liebe Zuhörer, ersparen, aber ich möchte Bilanz ziehen. Herr Lafontaine, zehn Jahre sind Sie wieder im Landtag, zehn Jahre dieselben Philippika gegen die Schuldenbremse mit denselben Phrasen und denselben Textbausteinen ohne einen Realitätscheck. Kurzum: Zehn Jahre der gleiche Griff in die finanzpolitische Mottenkiste.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Moderne Finanzpolitik geht im 21. Jahrhundert anders. Mit einer soliden Haushaltspolitik die Grundlagen für eine zukunftsweisende Wirtschaftspolitik legen ist das Credo der Landesregierung. Die CDUFraktion unterstützt Sie, Herr Minister, auf diesem Weg. Das Ziel ist ein starkes Saarland in einem starken Deutschland für ein starkes Europa. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Für die Fraktion DIE LINKE hat nun Herr Fraktionsvorsitzender Oskar Lafontaine das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst auf den Kollegen antworten, der gerade gesprochen hat. Herr Kollege, Sie müssen wirklich ab und zu einmal Zeitungen lesen, vielleicht auch Bundespresse, damit Sie mitbekommen, wenn sich die Diskussion total verändert. Sie hätten vielleicht heute Morgen zuhören müssen, als die Wirtschaftsministerin gesprochen hat, die diesen Gedanken aufgegriffen und das erwähnt hat.

Sie haben recht: Seit zehn Jahren warne ich vor der Schuldenbremse. Das haben Sie richtig mitbekommen. Dafür ein Kompliment. Seit zehn Jahren sage ich immer wieder, dass das zu einem Investitionsdefizit führt und dass dieses Investitionsdefizit im Grunde genommen sachlich nicht begründbar ist. Da haben Sie völlig recht.

Sie haben aber nicht mitbekommen, dass selbst konservative Ökonomen diesen Gedanken aufgreifen und sagen, dass die Schuldenbremse obsolet ist und dass man mittlerweile eine andere Finanzpolitik machen muss. Vielleicht ist einer der Kollegen so nett und gibt ihm die Zeitungsartikel. Er scheint das überhaupt nicht mitbekommen zu haben.

(Abg. Oberhausen (CDU) : Grundgesetz Artikel 109.)

Wir haben Gott sei Dank jetzt eine Diskussion, dass diese Entwicklung völlig in die falsche Richtung geht. Wir haben als Industriestandort Deutschland in den letzten Jahren viel zu wenig investiert. Wenn wir uns im OECD-Vergleich mit anderen messen, dann stellen wir fest, dass unsere Investitionsquote geringer ist. Das müsste einem eigentlich zu denken geben. Aus der Wirtschaft weiß man, dass Unternehmen, die zu wenig investieren, im Wettbewerb zurückfallen. In diesem Punkt kann man Parallelen zum Staatshaushalt ziehen. Wenn zu wenig investiert wird, dann fällt man im internationalen Wettbewerb zurück. Dies ist nicht nur ein Problem der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch ein Problem des Saarlandes.

Deswegen zitiere ich zur Information einen der konservativen Ökonomen, der die Schuldenbremse mit auf den Weg gebracht hat. Es ist der Chef des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Herr Hüther, der im Handelsblatt - das kann man ab und zu lesen, wenn man sich ökonomisch bilden will - gesagt hat, wer jetzt bei den Investitionen spart, gefährdet die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes. Wer jetzt weiter so redet, wie Sie es hier vorgetragen haben,

(Abg. Oberhausen (CDU) )

der gefährdet auch die Zukunftsfähigkeit des Landes. Deshalb spreche ich hier überhaupt.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich erkenne an, dass das Land in den letzten Jahren zu wenig investiert hat. Der Ministerpräsident hat es bei seiner Neujahrsansprache erwähnt. Das werfen wir niemandem vor. Wir wollen auch nicht jemanden in den Senkel stellen, wenn wir sagen, wir haben zu wenig investiert. Aber es ist nun einmal so. Es ist die Frage, wie wir da rauskommen können.

Nun kann man sagen, wir wollen weiterhin ausgeglichene Haushalte haben. Im Übrigen gab es auch früher schon Haushalte, in denen die Schulden heruntergegangen sind. Das können Sie nicht wissen, damals waren Sie nicht hier im Plenum. Das waren aber keine Leistungen der Schuldenbremse, sondern die Leistungen des Bundes und die Zuwendungen an das Saarland. Aber geschenkt.

Auf jeden Fall haben wir in den letzten Jahren viel zu wenig investiert. Deswegen ist die Frage, was wir denn tun wollen. Wir können jetzt warten - das haben Sie heute aber abgelehnt -, dass uns Berlin aus der Patsche hilft und uns Zuwendungen gibt. Sie haben gesagt, das können wir nicht immer machen, wir sollen es selbst tun. Wenn wir es aber selbst tun, dann müssen wir zumindest eine Zielgröße haben. Wir müssen sagen, wir wollen genauso viel pro Kopf investieren wie vergleichbare Flächenstaaten. Wenn wir das nämlich nicht machen, dann fallen wir immer weiter zurück. Die Tatsache, dass wir am Schluss des Wirtschaftswachstums aller Länder liegen, ist auch und ganz wesentlich dadurch begründet, dass wir in den letzten Jahren viel zu wenig investiert haben.

(Beifall bei der LINKEN.)

Herr Hüther ist ein bekannter Mann in der deutschen Debatte. Er hat zehn Jahre lang so geredet, wie Sie jetzt geredet haben. Er gibt es aber mittlerweile auf. Auch die Bertelsmann Stiftung - ich sage es Ihnen nur, vielleicht wollen Sie sich da sachkundig machen - hat eine entsprechende Einlassung dazu öffentlich gemacht. Ich sage das deshalb, weil die Bertelsmann Stiftung, die eine sehr konservative Einrichtung ist und bestimmte Interessen vertritt, mitverantwortlich für die Einführung der Schuldenbremse war. Sie hat jetzt ebenfalls diese Schuldenbremse als eine Fehlentscheidung dargestellt, natürlich in gesetzten Worten.

Wenn Sie wissen, dass beispielsweise im Jahr 2018 der Bund einen Überschuss von 12,5 Milliarden hatte und wir bei der Ausstattung mit Funknetzen - also die Übertragungswege für das Internet - auf dem Niveau eines Entwicklungslandes sind und noch schlechter sind als Bulgarien oder Rumänien, dann müsste doch jedem dämmern, dass wir auf einem

Irrweg sind und dass wir irgendetwas ändern müssen.

(Beifall bei der LINKEN.)

Dass wir hier im Saarland tatsächlich einen Nachholbedarf haben, wird niemand bestreiten. Jetzt gibt es eine äußerst günstige Situation, von der niemand weiß, ob sie für längere Zeit so bleiben wird. Die günstige Situation besteht eben in den niedrigen Zinsen. Wenn dann dankenswerterweise das Institut der deutschen Wirtschaft jetzt zu der Einsicht kommt, dass die niedrigen Zinsen eine Chance sind und dass man sie jetzt für Investitionen nutzen muss, dann haben wir hier an der Saar, gerade in unserer Situation, allen Grund, diese Tatsache zu nutzen und jetzt endlich stärker zu investieren als in der Vergangenheit.

(Beifall von der LINKEN.)

Das erfordert natürlich, dass man von den Möglichkeiten, die jetzt von Ihnen im Gesetz eröffnet werden, auch Gebrauch macht. Ich kann dazu nur nachdrücklich raten. Man kann ja sagen, ist mir letztendlich egal, was da passiert. Aber wenn man sich mit diesem Land und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern verbunden fühlt und wenn man wirklich eine Zukunft für dieses Land will, dann gibt es dafür doch eine Messgröße. Die Messgröße ist die, dass unsere Infrastruktur eine ähnliche Qualität hat wie die Infrastruktur anderer Länder. Wenn man im Hinterkopf hat, dass beispielsweise Bayern in den Gemeinden pro Kopf das Dreifache wie wir investieren kann, dann muss man doch nach einem Ausweg suchen, und der Ausweg ist, dass Sie das starre Festhalten an der Schuldenbremse, wie Sie es hier dargestellt haben, überwinden und zumindest Investitionen eben auch über Kredite finanzieren. Das war jahrzehntelang völlig unbestritten.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich will Ihnen noch eine interessante Bemerkung nicht ersparen. Es ist so, dass diejenigen konservativen Ökonomen, die jetzt sagen, dass wir diesen Irrweg aufgeben müssen, auch ganz deutlich sagen, dass der Glaube, die Schuldenbremse habe zur Konsolidierung der Haushalte geführt, eben nicht richtig ist. Sie können das noch einmal nachlesen, Herr Hüther hat gesagt, im Wesentlichen waren es die Zinsentwicklung - das ist völlig unbestritten - und die Konjunktur, das heißt die Steuereinnahmen, die uns rausgeholt haben. Das sage ich jetzt wertfrei, auch damit wird niemand angegriffen, es ist einfach so.

Hier haben die konservativen Ökonomen Deutschlands recht, diese beiden Entwicklungen haben uns in den letzten Jahren gerettet. Aber sie ersetzen keine Investitionen und deshalb müssen wir die bisherige starre Haltung aufgeben. Ich kann nur darauf hin

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

weisen, dass ich es begrüße, dass dieses Umdenken in der Ökonomenzunft stattfindet und dass jetzt in der Landesregierung zumindest die Wirtschaftsministerin diesen Gedanken aufgreift. Ich hoffe, dass Sie sich da in der Koalition auf einen entsprechenden Weg verständigen.

Ich will nur noch einmal den Hardlinern unter Ihnen sagen: Wenn das generationengerecht wäre, was jetzt in der Schuldenbremse steht, was wäre denn dann mit den Japanern, die mit über 200 Prozent des Sozialproduktes verschuldet sind? Dämmert Ihnen da vielleicht irgendetwas? Sind die Japaner völlig gegen die nachfolgenden Generationen? Was ist in den Vereinigten Staaten, die einen solchen Unsinn niemals akzeptieren würden? Die Vereinigten Staaten haben mittlerweile eine Schuldenquote von über 100 Prozent des Sozialproduktes. Die wären überhaupt nicht fähig, hier in der EU eine Rolle zu spielen, weder Japan noch die Vereinigten Staaten. Und warum? Weil sie sich an solche starren Vorgaben nicht halten wollen und weil sie erkannt haben, dass Staaten, die über eine Zentralbank verfügen, Möglichkeiten haben, in die Zukunft zu investieren.

Wir haben hier in den vergangenen Jahren einen großen Fehler gemacht. Es war einmal so, dass auch die Sozialdemokraten hier durch ihren Fraktionsvorsitzenden formuliert haben, dass die Schuldenbremse eine Investitionsbremse ist. Das ist einige Jahre her, aber es ist einfach richtig. Deswegen sagen wir, halten wir uns an Herrn Hüther - ich will das gar nicht allzu lange ausweiten -, wer jetzt bei den Investitionen spart, gefährdet die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes. Ich ergänze: des Wirtschaftsstandortes Saarland. Deshalb hoffe ich, dass der Ansatz, den die Wirtschaftsministerin hier vorgetragen hat, sich in der Koalition zumindest zu einem Kompromiss durchsetzt. Nicht weil es schön ist, nach zehn Jahren zu erkennen, dass Sie es endlich begriffen haben, sondern weil es im Interesse der Zukunft unseres Landes ist.

(Beifall von der LINKEN.)

Danke, Herr Fraktionsvorsitzender. - Das Wort hat nun für die SPD-Fraktion der Kollege Dieter Heckmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Meine Vorredner sind bereits auf die grundlegenden Probleme, aber auch die Ziele und Lösungen zur gesetzlichen Schuldenbremse eingegangen. Die Finanzlage des Saarlandes hat sich in den letzten Jahren verbessert. Ausschlaggebend, das hat Herr Lafontaine eben auch schon gesagt, waren unter anderem die stark wachsenden Steuereinnahmen und die niedrigen Zinsen.

Allerdings konnte das Saarland im Vergleich zu allen anderen Bundesländern noch keine strukturellen Überschüsse erzielen. Jedoch können wir durchaus Konsolidierungserfolge vorweisen. Im Ländervergleich bestehen allerdings weiterhin erheblich Unterschiede. Seit 2009 ist in Artikel 109 des Grundgesetzes die Schuldenbremse verankert und sie verpflichtet die Länder - das haben wir eben auch gehört -, spätestens bis 2020 die Haushalte ohne Einnahmen aus Krediten zu gestalten. Das haben wir in unserem Doppelhaushalt 2019/20 bereits berücksichtigt.

Die Risiken für diesen Landeshaushalt zur Einhaltung der Schuldenbremse sind allerdings bekannt. Die Lohnentwicklungen, die den Haushalt prägen, die Zinsentwicklung, hier genauer gesagt die Befürchtung vor einer Normalisierung der Zinsen, die bei unserem hohen Schuldenstand besonders stark auf den Haushalt wirken könnte, und die allgemeinen Schwankungen, die nicht oder nur wenig von uns zu beeinflussen sind, und natürlich das Eintreten von Ausnahmesituationen.

Aus vorgenannten Gründen ist unsere Haushaltspolitik auf die zukünftigen Entwicklungen und Gesetzesvorgaben abzustellen. Wir befinden uns derzeit zum einen in der Übergangsphase von Konsolidierungs- zu Sanierungshilfen und müssen zum anderen heute hier die gesetzliche Schuldenbremse in eine landesrechtliche Regelung mit entsprechenden Handlungsspielräumen für das Saarland umsetzen. Das entsprechende Gesetz liegt heute in Zweiter und Dritter Lesung vor.

Bereits in meiner Haushaltsrede am 06.12.2018 habe ich auf die Kriterien des Stabilisierungsrates hingewiesen, vor allem auf die Kennziffer des Finanzierungssaldos, der die Grundlage der gesetzlichen Schuldenbremse bildet. Zur Bewertung der Haushaltslage wird als zentraler Indikator der Finanzierungssaldo, also die Differenz zwischen bereinigten Einnahmen und Ausgaben, herangezogen. Laut Stabilitätsgesetz gilt der Schwellenwert für den strukturellen Finanzierungssaldo im Gegenwartszeitraum als überschritten, wenn der Wert der betroffenen Länder um mehr als 200 Euro je Einwohner im Länderdurchschnitt überschritten wird. Für den Finanzplanungszeitraum darf er nicht mehr als 100 Euro pro Einwohner überschritten werden.

Seit dem Haushalt 2018 erfüllen wir diese Vorgaben sowohl im Gegenwartszeitraum als auch in der Finanzplanung. Bei den Stabilitätskriterien der Zinssteuerquote und dem Schuldenstand pro Einwohner ist die Luft allerdings äußerst dünn. Dazu vielleicht ein Zahlenbeispiel: Der Schuldenstand pro Kopf im Saarland beträgt 14.000 Euro pro Einwohner. Der Stabilisierungsrat gibt einen Schwellenwert von rund 9.000 Euro pro Einwohner vor und der Länderdurchschnitt, das muss man auch wissen, liegt bei rund

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

6.000 Euro pro Einwohner. Gleiche Schwellenwertüberschreitungen weist auch die Zinssteuerquote auf. Beide Kennziffern liegen also weit über den vorgenannten Schwellenwerten des Stabilitätsrates und werden sich auch in Zukunft trotz Schuldentilgung von 80 Millionen Euro pro Jahr nicht wesentlich verbessern.