Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Unsere saarländischen Mundarten schützen (Drucksache 16/767)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus Rücksicht auf die Kollegin vom Stenografischen Dienst werde ich diesen Beitrag in hochdeutscher Sprache halten. Normalerweise müsste ich meinen Überzeugungen gemäß meinen Redebeitrag in Mundart halten, was ich auch schon einmal getan habe und was ich bestimmt noch einmal tun werde, aber nicht unvorbereitet, um eben die Kollegin vom Stenografischen Dienst nicht zu überfallen. Sie braucht also keine Angst zu haben.
Unsere Mundarten, wie man richtigerweise sagen muss, denn wir haben mehrere Mundarten im Saarland, sind vom Aussterben bedroht. Das ist meine Diagnose. Wir haben im Saarland zwei große Bereiche von Mundart, und zwar das Moselfränkische und das Rheinfränkische. Im nördlichen Saarland ist mehr das Moselfränkische anzutreffen, hier in Saarbrücken das Rheinfränkische. Diese unsere Mundart ist ein hohes Kulturgut. Wir schätzen und schützen ja auch Denkmäler, Baudenkmäler, Gemälde und vieles andere mehr. Warum schützen wir also nicht
das, was wir noch besitzen - ich sage ausdrücklich: noch besitzen -, nämlich unsere Mundart, sei es nun Moselfränkisch oder Rheinfränkisch?
Wir haben drei Arten von Vorfahren, die Römer, die Germanen und die Kelten. Wir bedauern immer, dass die Kelten keine sprachlichen Denkmäler hinterlassen haben, sodass wir heute nicht wissen, was und wie sie gesprochen haben, wie sie gesungen haben. Wir können es vielleicht anhand von Sprachinseln, wie wir sie in der Bretagne oder Irland finden, ein bisschen vermuten, aber wir wissen es nicht. Was unsere Mundart - als Ganzes gesehen betrifft, haben wir auch jemanden, der diese Mundart gesprochen hat, nämlich Karl der Große. Wir wissen nicht genau, wie er gesprochen hat, aber er hat natürlich Fränkisch gesprochen.
Wir sind ja auch für die Frankreichstrategie. Wenn man daran denkt, dann kann man auch sagen, dass unsere Mundart ein Verbindungsglied zwischen dem Saarland und Lothringen ist. Interessanterweise ist es ja so, dass auch die Lothringer Moselfränkisch und Rheinfränkisch haben. In Busendorf reden sie moselfränkisch und die Forbacher und Saarbrücker rheinfränkisch. Die Saargemünder, die man auch noch dazunehmen kann, reden alemannisch. Ich denke, diese Mundarten sollten geschützt werden.
Nun ist das zugegebenermaßen ein sehr weites Feld. Ich würde es zunächst einmal in zwei Teile untergliedern: Erstens die Dokumentation, damit die Geschichte der Mundart nicht verloren geht. Wer im nördlichen Saarland wohnt, dem wird es nicht entgangen sein, dass die ältere Generation schon ganz anders spricht als die junge. Die junge Generation hat ein anderes Fränkisch übernommen. Es ist eine Tatsache, dass die Mundarten des Saarlandes nach Saarbrücken zustreben. Die moselfränkische Mundart wird also immer rheinfränkischer. Ich selbst wohne im Grenzgebiet. In Wemmetsweiler gab es früher nur moselfränkisch, mittlerweile ist es auch schon gemischt. In Quierschied sprach man auch moselfränkisch, jetzt aber schon rheinfränkisch. Alles strebt nach Saarbrücken zu und Saarbrücken geht immer mehr zum Hochdeutschen über, sodass man damit rechnen kann, dass in 50 oder 100 Jahren unsere Mundart verschwunden sein wird.
Wenn Sie etwas älter sind, können Sie schon jetzt den Unterschied sehen. Wenn man vor 30 oder 40 Jahren nach Saarbrücken kam und in ein Geschäft ging, hat man „Gudde Morje“ gesagt und auf Platt gesagt, was man möchte. Erst wenn man gemerkt hat, dass die Verkäuferin oder der Verkäufer das nicht versteht, hat man Hochdeutsch gesprochen. Heute ist es umgekehrt. Man spricht Hochdeutsch und wenn man dann im zweiten Satz bemerkt, dass der Verkäufer auch Saarländer ist, dann geht man ins Platt über. Es hat hier also schon ein Wandel stattgefunden.
In den saarländischen Dörfern war es früher verpönt, Hochdeutsch zu sprechen. Auch dort gibt es mittlerweile viele Leute, die nur noch Hochdeutsch reden, was natürlich nicht schlimm ist. Unsere Mundart ist aber ein Teil unseres Charakters und unserer Geschichte. Sie ist schützenswert. Ein Kollege unserer Fraktion hat gesagt, ich solle das Wort „Artenschutz“ anwenden, denn es sei auch eine Art von Artenschutz. Es ist vor allen Dingen ein Alleinstellungsmerkmal für uns. Leute wie Sie und ich reisen viel in Deutschland herum. Wenn man dann zu zweit irgendwohin kommt und saarländische Mundart redet, dann dauert es nicht sehr lange, bis jemand, der im Saarland keinen Arbeitsplatz gefunden hat, dazukommt und sagt: Sah mol, ihr sinn doch ausm Saarland? Wo sinn ihr dann her? - Dann fühlt derjenige sich wieder zuhause, selbst wenn er in Salzgitter oder München wohnt.
Unsere Mundart ist also ein Alleinstellungsmerkmal und in dieser Hinsicht auch schützenswert. Es handelt sich um ein größeres Programm, das ich hier in acht Minuten nicht darstellen kann. Der Antrag der AfD-Fraktion zielt darauf, den Bildungsminister zu beauftragen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um unsere Mundart zu schützen. - Herzlichen Dank.
Isch hann mir gedacht, wenn die AfD e Antrach zur Mundart bringt, kinne mir aach in Mundart schwätze. Das mach jo nid nur isch zu dem Andrach, sondern mir hann hier ach prominente Abgeordnete und Minischter im Raum, die das regelmäßig mache, dann kann isch das jetzt aach emohl mache.
Mei lieb Isolde Ries, liebe Kolleschinne und Kollesche, erscht emohl e Kompliment an de Kollesche Dörr. Sie hann astrein Hochdeitsch geschwätzt. Das zeischnet Sie uff jeden Fall aus, hier vorne so se schwätze. Isch nemme Ihne ach ab, dass unser Mundart Ihne am Herze leid. Awwer nid nur Ihne, sondern uns all leid se am Herze. Sie mache immer so in Ihre Anträsch, als würd in dem Land üwerhaupt nix laafe, als würde unsere Minischter und unsere Minischterie de ganze Daa nix schaffe unn als misst grad die AfD komme, um uns daran se erinnere, was mir hier se schütze hann. Das is definitiv nid so.
Als isch Ihr Antrach geläs hann, wos um die saarlännisch Mundart gang is, hann isch misch direkt gefrood, welschi mennt er dann jetzt? Es Rheinfränkische oder es Moselfränkische? Isch bin jo e Vertreter ausm rheinfränkische Bereisch, ich denk, das hörd ma ach. Beim Joscht brauch ich ab unn an e Üwersetzer, wenn der schwätzt, weil das Moselfränkische schonn nid jeder verstehd, der im Rheinfränkische läbt. Wenn ich jetzt noch Leit aus Eppelborre höre wie unsern ehemalische Minischterpräsident, dann wirds nommo e bissje komischer. Wenn isch an unsern Kollesch Alfred Staudt aus Schmelz denke, dann wirds vielleischt nommo e bissje komischer. Also mir hann im Saarland sehr viele Sproche. Sie all sinn schützenswert. Sie all verännere sisch aach im Lauf der Zeit. Während mei Großeltere noch ganz viele französische Begriffe benutzt hann wie Chaiselong und Trottoir, is das heit bei der Jugend äwe nimme so.
Isch bin aach der Auffassung, dass man das, was dodevon üwerisch geblieb is, noch möglischst lang erhalle soll. Isch will sahn, dass viele Vertreter von unserer Partei das mache. Ich will als än Beispiel unsern Landrat von Neunkirchen, de Sören Meng, nenne, der mit seinem Band „Mei Geheischnis“ e Beitrag dazu geleischtet hat, dass aach e prominenter Politiker unser Sproch hochhalt und sahd, was e Geheischnis für uns is und was mir mit diesem Wort verbinne. Deswegen brauche mir nimmand von der AfD, der uns sahd, dass das schützenswert is.
Isch wills emohl in e paar Beispiele ganz deitlisch mache. Der SR - unser Rundfunk- und Fernsehanstalt vom Bersch do owwe - hat ämoo im Joor den SR-Schwerpunkt am Daa der Mundart. Do werre alle Radioprogramme unn es Fernsehprogramm in Mundart gehall. Isch glaab, das macht uns all ganz viel Spaß. Das traht aach dezu bei, dass unser Mundart erhall wird. Dann gebbt es de saarlännische Mundartpreis. Denne gebbts schon seit 2007. Alle zwei Jahre verleiht denne die SR3 Saarlandwelle, die Stadt Völklingen unn de Landkreis St. Wendel. Der Preis rischtet sisch net nur an bekannte Mundartdichter, sondern an all, die unseren Dialekt liebe und ihn gere pflesche.
Unn nit zu vergesse: De Minischter für Bildung und Kultur, der sich heit uff de Kultusminischterkonferenz um die groß Kultur kümmert, fördert aach noch diesen Mundartpreis. Domit könnt isch es eigentlisch sinn losse und könnt sahn: erledischt durch Regierungshandeln, Hooke dran.
Awer wir mache es uns nit so änfach. Es geht noch e bissje weiter. Newe diesem Mundartpreis, der von uns aach vom saarländische Minischterium für Bildung und Kultur gefördert wird, hann mir aach noch die Saarmojis inngeführt. Do siehn ihr, dass mir
aach versuche, in de neue Medie unser scheenie Sproch zu verankern. Mir hann Saarmojis inngeführt, wo sich übrigens ganz viele drauf bewerbe könne. Es gebbt sogar e Jürgen-Renner-Emoji.
Es gebbt sogar enns von unserm Bildungsminischter. Es gebbt - glaab isch - enns von de Wirtschaftsminischterin. Es gebbt ganz viele Sprüche, die man aach bei Whatsapp dääle kann und dodurch unser saarländisch Sproch am Läwe halle kann. Was mir immer so als geflügeltes Wort innfallt, wenn isch AfD-Anträsch les, is zum Beispiel: Geh fott. - Aach das gebbt es als Saarmoji. Aach das kann ma regelmäßig dääle. Ich bitt Sie all, dodevon Gebrauch zu mache und die Saarmojis fleißig zu nutzen.
Des Weiteren hann mir e Mundartring, der 2001 gegründet wor is. Der ist landesweit tätig. Das is e gemeinnützischer Verein, der das Ziel hat, die Mundart im Saarland zu erhalle und zu pflesche. Vor allem die Veröffentlischung guter Mundartliteratur gehört zu den Hauptanliegen des Vereins. Sie hann joo aach in Ihrer Eröffnungsrede in dieser Legislaturperiod Mundart vorgetraa. Das war vielleischt e bissje befremdlich. Mir hann aach nit so genau gewusst, was mir demet anfange könne. Aber isch saa mo, wenn es um die Pflege unserer Mundart geht, hann Sie sisch off jede Fall verdient gemacht.
Das Historische Museum und der Mundartring dokumentiere saarländische Dialekte. Das ist das, was Sie äwe in Ihrer Redd gesaht hann, mir solle aach dokumentiere, was doo is. Das mache mir aach. Dazu sinn 16 ausgewiesene Sprescherinnen und Sprescher traditioneller saarländischer Dialektvarianten inngelaad wor, um dieses wischtige Stück der Geschichte zu dokumentiere. Alle Teilnehmer hann jeweils den gleische Text geläs und ihn in ihrem Dialekt interpretiert. Die Texte einzelner Sprecher könne uff der Homepage des Museums uffgeruf were. So wolle Museum und Mundartring diesen wischtige Teil des immateriellen - isch glaab, do gebbts gar ken saarländischer Begriff defür - Kulturerbes für künftische Generatione bewahre.
Eine besondere Förderung erfährt die Mundart im Saarland aach dursch den Verband saarländischer Amateurtheater, beispielsweise dursch die Aufführung in den einzelnen Theatervereinen, die oft in Mundart erfolge. Eine besondere Förderung erfährt unser Mundart dursch Minischter Joscht. Isch wääs, de LINKE gefallt das net so oft, wenn unser Reinhold Joscht do vorne in Mundart schwätzt. Do rolle die als mo met de Aue.
net versteht. Das muss ma aach sahn. Aber isch biete misch jederzeit als „Jost-Übersetzer“ aan, wenn Se äner brauche. Awer isch finds schon ganz bemerkenswert, dass unser Minischter, der aach für die Förderung unserer Dorfkultur zuständig ist, immer die Dorfkultur hochhalt und aach Moselfränkisch schwätzt.
Sie siehn also, lieber Herr Dörr, liebe Kolleschinne und Kollesche, mei lieb Isolde, dass mir eigentlisch schon ganz viel mache, um unser Mundart zu schütze. Uff Sie hann mir dodefür ganz bestimmt net gewart. Deswegen lehne mir Ihr Antrag ab. - Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das war unnachahmlich. Ich maße mir nicht an, so weiterzumachen, aber ich werde mein Bestes geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mundart und Dialekt sprechen ist ein Stück Kultur, das sehr verbindet. Als ich eben dem Sebastian zugehört habe, habe ich mich erinnert: Bei mir im Studium galt Dialekt schon als Makel. Saarländische Mundarten - es gibt ja sehr viele - galten als dörflich und altmodisch. Es war als schlechtes Deutsch abgestempelt. Ich habe aber immer noch die Kurve gekriegt. Die Sprachgrenze verläuft durch meinen Geburtsort Dirmingen; ich glaube, ich gehöre zum Moselfränkischen, zum „dat“. Ich hatte einen unglaublich netten Kollegen aus dem nördlichen Saarland - aus Richtung Theley -, aber im Seminar war alles zu spät. Er hat angefangen zu übersetzen, aber der Slang ging einfach nicht raus. Daran habe ich mich erinnert, das hat auch - auweia! - wehgetan, da fehlte das Selbstbewusstsein.
Ich glaube, das hat sich ein bisschen geändert. Beim Kontakt mit Nicht-Saarländern wurde und wird immer versucht, überkorrekt und zum Teil verkrampft Hochdeutsch zu sprechen. Das kennen wir alle aus eigener Erfahrung. Es gibt legendäre Beispiele, wie das schiefgehen kann, so wie leider bei meinem Kollegen aus dem Seminar. Zur Debatte gehört also auch, Hochdeutsch muss in den Schulen gut vermittelt werden. Es muss beides gehen. Wir können die Mundart noch so beschwören - ich komme nachher zu einem Beispiel in den Kitas -, man spürt enorm, wie schwer man sich tut, all das zu pflegen. Man spürt, dass die Eltern so drauf sind zu sagen, nein, wir reden keine Mundart, das gibt es nicht, wir reden Hochdeutsch und gut. Das ist schon
Wir sind aber mit Blick auf unsere Sprache selbstbewusster geworden. Das Image hat sich schon gewandelt. Mundart sprechen gilt als sympathisch, zumindest meistens, vor allem für das Saarländische. Das ist auch gut so. Die saarländische Wendung „Hauptsach gudd gess“ hat es sogar vor ein paar Jahren an die Uni geschafft. Sprachforscher der Uni Saarbrücken haben das Saarländische untersucht. Saarländerinnen und Saarländer mussten richtig übersetzen üben, mit Fragebogen und so weiter. Es wurde festgestellt, dass Saarländerinnen und Saarländer einen starken Bezug zu ihrem Dialekt haben. Der ist wie eine Zweitsprache. Er hat auch eine ganz eigene Grammatik, wie wir wissen. So fasste es der saarländische Germanist Christian Ramelli in der Frankfurter Rundschau richtig gut zusammen.
Die Nähe zu Frankreich ist eben angeklungen. Das kennen wir und haben es oft in unserem Sprachgebrauch. So sagt ein frierender Saarländer ganz typisch: Isch hann kalt. Ich habe kalt, sagte man irgendwo in NRW, wenn man vornehm sein wollte. Das war aber entlarvend. Es kommt von: J’ai froid. Es ist genau das. Spannend und lehrreich ist mit Blick hierauf immer wieder das SR-Magazin „Wir im Saarland“. Ende November gab es die Heimatkunde für Saarländer und Beigeplättschde, also die Zugezogenen. Ich habe Beigeplättschde so nicht gekannt, aber das gibt es wohl. Das war interessant. Man lernt also nie aus. Auch das sind kleine Bausteine, um uns das zu bewahren. Es gibt zig Beispiele, die zeigen, dass unser Dialekt längst Kultur geworden ist, von der Mundartliteratur über Lieder im Dialekt bis hin zum Mundart-Kabarett. Es gibt schon richtig viel.
Die AfD will nun, dass der Bildungsminister nachhaltige Maßnahmen ergreift, um die saarländischen Mundarten zu schützen. Welche nachhaltigen Maßnahmen das sein könnten, das wird in dem Antrag nicht wirklich verraten. Hier sind wir schon beim Grundproblem: Das Anliegen, die saarländischen Mundarten zu schützen und zu fördern, ist zwar richtig, da sind wir uns einig, aber wo bleibt hier die klare, konkrete politische Forderung? Sie wollen das alles dem Bildungsminister überlassen. Jetzt nichts gegen unseren Bildungsminister, aber das ist zu kurz gesprungen, uns ist das zu wenig.
Unbestritten ist, und das ist wieder ernster und auch richtig und wichtig, dass die Mundart tatsächlich breite Unterstützung verdient. Ich meine, hier muss man zu den Kulturschaffenden blicken, zu den saarländischen Künstlerinnen und Künstlern, weil die das immer wieder gemacht oder zumindest versucht haben. Ich nenne den großen Ludwig Harig, der hat