Protocol of the Session on February 13, 2019

Das heißt, wir tun im Saarland ernsthaft alles, was technisch und auch organisatorisch in einer Ausländerbehörde möglich ist - das haben wir früher alleine gemacht, inzwischen haben es die Länder Hessen und Bayern nachgemacht -, damit jeder Migrant, der sich im Saarland aufhält und in den gängigen nationalen sowie europäischen Registern gemeldet oder registriert ist, eindeutig geführt wird.

Wie Sie vielleicht wissen, komme ich gerade von zwei äußerst intensiven und interessanten Tagen, an denen meine Partei die gesamte Prozesskette rund um die Migration sehr offen analysiert hat. Gerade zum Thema Identität und Altersfeststellung haben Kollegen und Experten mir gegenüber dem Saarland größten Respekt gezollt. Diesen Respekt

gebe ich sehr gerne an die Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition, aber auch an die Regierung weiter, vor allen Dingen aber an den, der mit viel Mumm diese Dinge durchgesetzt hat und auch weiterhin auf Ebene der Innenministerkonferenz unablässig für eine bessere Datenlage kämpft. Danke und gute Besserung von hier an unseren Innenminister.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Aber ich sage Ihnen auch: Ja, es gibt Lücken in der Identitätsfeststellung und Überprüfung. Diese Lücken liegen allerdings mitnichten im Saarland. Sie liegen vielfach außerhalb Deutschlands und jedenfalls außerhalb des Zuständigkeitsbereiches dieses Landtages. Sie liegen zum Beispiel in den Bundesländern, die die eben genannten Verfahren aus ideologischen Gründen ablehnen und einfach nicht anwenden. Sie liegen auch in den Parteien, die etwa dem - wie ich finde - sehr vernünftigen zweiten Datenaustauschverbesserungsgesetz widersprechen und sich dem entgegenstemmen.

Hierdurch wird etwas auf den Weg gebracht, was meines Erachtens dringend erforderlich ist, dass nämlich alle mit Migration befassten Behörden - ob bei der Gewährung einer Leistung oder bei der Beurteilung etwa von Sicherheitsrisiken - auf eindeutige Datensätze zurückgreifen können. Solange dies nicht gewährleistet ist, öffnet das dem Betrug Tür und Tor. Solange wir jeglichem strafbaren Fehlverhalten während des Gastrechts bei uns nicht entschieden begegnen, wird es auch zunehmend attraktiv werden, nach Deutschland zu kommen. Das ist dieser sogenannte Pull-Effekt.

Meine Damen und Herren, darüber waren sich alle Experten über Parteigrenzen hinaus am Wochenende einig: Das darf nicht weiter durchgehen!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Im Übrigen gilt das auch und gerade mit Blick auf diejenigen, denen wir Schutz gewähren wollen.

Dass es auch grober Nonsens ist, was Sie hier mit dem Lagebild Messer- und Stichwaffengebrauch vorgetragen haben, wurde ja schon aufgezeigt. Sie veranstalten damit einen wirklich faulen Zauber. Ich will Ihnen dies an einer Zahl veranschaulichen. Es ist schlicht falsch, wenn Sie behaupten, dass überwiegend Nicht-Deutsche in dieser Statistik vorkommen. Es sind nämlich 842 Personen Deutsche. Das sind knapp 56 Prozent der Fälle. Aber das hat Ihnen offensichtlich nicht ins Konzept gepasst.

(Abg. Müller (AfD) : Proportional zu was?)

Proportional zu was? Proportional zu den Fällen. Das ist ganz klare Datenbasis. Da können Sie die Zahlen auch nicht schönreden. Das ist einfache Stochastik, auch was die anderen 289 Fälle anbelangt,

die gar nicht erfasst sind, weil man der Täter nicht habhaft werden konnte. Da sind vermutlich genausoviele Deutsche darunter wie Nicht-Deutsche in den anderen Fällen. Das ist also völliger Unfug.

Die saarländische Polizei verfügt selbstverständlich über Eingriffsbefugnisse und Ausstattungsmittel, mit denen sie die Identität von gefassten Tätern feststellen kann. Deshalb ist Ihr Antrag ein weiterer Beleg, wie Sie die Leute bescheißen wollen. Aber es ist in diesem Fall wirklich ein sehr durchsichtiger Hokuspokus, Herr Müller.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Mein Fazit lautet: In dieser Prozesskette der Migration konnten wir in den letzten drei bis vier Jahren wirklich viele Regelungslücken schließen und wichtige Hilfsstrukturen von den Herkunftsstaaten bis zu unseren Kommunen aufbauen. Das Saarland war und ist dabei Vorbild, und zwar was beide Seiten der Medaille anbelangt. Wer etwas anderes behauptet, kann nicht ernst genommen werden.

In einer krisengeschüttelten und sich wandelnden Welt wird die Bewältigung von Migration auch weiterhin eine permanente politische Aufgabe für uns hier im Landtag bleiben. Ich will mit meiner Partei und meiner Fraktion alles dafür tun, damit von Deutschland und von der EU klare Botschaften ausgehen. Die umfangreichen Ergebnisse der CDUWerkstattgespräche Migration empfehle ich Ihnen insoweit als Lektüre und auch in der politischen Umsetzung. Die meines Erachtens wichtigste Botschaft lautet dabei: Unser Staat setzt geltendes Recht zügig um und lässt sich dabei nicht auf der Nase herumtanzen.

Hierzu gibt es keine Alternative und vor allen Dingen nicht in Form einer Partei, die sich so nennt und im gleichen Atemzug Rechtsstaat, Redlichkeit und Respekt mit Füßen tritt. Damit komme ich zu dem einzigen Satz Ihres Antrags, den ich teile: Dieser Zustand muss beendet werden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Dass wir diesen Popanz nicht mittragen, versteht sich von selbst.

(Anhaltender Beifall von den Regierungsfraktio- nen.)

Ich danke Ihnen, Frau Kollegin Meyer. - Es gibt eine Kurzintervention des Kollegen Müller von der AfDFraktion.

Frau Meyer, ich nehme gerne auf, was Sie von Ihren Werkstattgesprächen gesagt haben. Ich erinnere an die frühere Ministerpräsidentin, die hier einmal gesagt hat, sie könne sich Grenzkontrollen überhaupt nicht vorstellen. Ich gratuliere Ihnen, dass schon

nach drei Jahren über die Wiedereinführung von Grenzkontrollen gesprochen wird. Herzlichen Glückwunsch!

Besteht der Wunsch auf eine Gegenäußerung? Frau Kollegin Meyer.

(Sprechen.)

Die ehemalige Ministerpräsidentin dieses Landes und jetzige Bundesvorsitzende muss nicht irgendetwas zurücknehmen. Natürlich wurde über Grenzkontrollen gesprochen. Aber es geht nicht um stationäre Grenzkontrollen, von denen Sie sprechen, sondern um mobile. Wir brauchen immer bilaterale Abkommen, damit wir wissen, wer in Europa oder in unserem Land unterwegs ist. Insofern empfehle ich wirklich noch einmal die Detailanalyse. - Danke schön.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Landtagsfraktion Drucksache 16/732. Wer für die Annahme der Drucksache 16/732 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Gegenstimmen? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/732 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion. Abgelehnt haben die Koalitionsfraktionen und die DIE LINKELandtagsfraktion.

Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Aufbau eines Schulwesens für sonderbegabte Kinder analog dem Fördersystem für behinderte Kinder - hier: Schaffung eines Systems zur Erkennung von Sonderbegabungen bei Schülern und Schülerinnen (Drucksa- che 16/733)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Josef Dörr das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag steht unter dem Titel „Das Saarland soll zu einer Bildungshochburg werden.“ Der Untertitel lautet „Die beste Schule ist für unsere Kinder gerade gut genug.“

(Abg. Renner (SPD) : Da sind die falschen Inhalte dabei.)

(Abg. Meyer (CDU) )

Wir haben im Saarland ein sehr gutes Fördersystem für behinderte Kinder, das in Jahrzehnten auf- und ausgebaut worden ist. Für alle Behinderungen haben wir sonderpädagogische Förderzentren, die die integrative Unterrichtung von Kindern in Regelschulen organisieren. Wir haben eigens dafür ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, die mit großem Enthusiasmus an die Arbeit gehen. Diese Einrichtungen haben sich auch bewährt. Deshalb müssen sie gepflegt werden und erhalten bleiben. Allerdings ist unser Schulsystem einseitig. Für unsere sonderbegabten Kinder haben wir ein vergleichbares Förderschulsystem nicht.

Ich habe mir im Vorfeld dieser Landtagssitzung einige Broschüren des Bildungsministeriums angesehen. Da war auch eine Broschüre von Herrn Schreier dabei. In dieser Broschüre hat er aufgeführt, wie wichtig das ist und dass es zum Teil auch noch ein Tabu ist, das überwunden werden muss. Es sind Beratungsstellen eingerichtet worden, wobei ich sagen muss, Beratung ist wie in der Viehzucht das Wiegen: Vom Wiegen wird die Sau nicht fetter, von der vielen Beratung wird auch der Schüler nicht schlauer. Aber es ist ja schon einmal ein Anfang.

Allerdings war in dieser Broschüre immer nur von Hochbegabten die Rede. Das ist dann auch aufgeführt: Da gibt es Zirkel für Mathematik, Zirkel für Biologie, Zirkel für Chemie, praktisch kognitive Fächer, hauptsächlich naturwissenschaftliche. Das ist aber unserer Ansicht nach zu kurz gegriffen. Deshalb sagen wir auch nicht „Hochbegabte“, wir sagen „Sonderbegabte“. Dazu gehören auch alle anderen Begabungsformen. Dazu gehören die, die sprachbegabt sind, auch die, die musisch begabt sind. Die einen sind musikbegabt, die anderen haben vielleicht eine Begabung für Bildhauerei. Wir haben Sportbegabte, wir haben handwerklich Begabte, wir haben eine Unzahl von Begabungsrichtungen, die ich nicht alle aufführen kann. Ich war die Woche bei der Handwerkskammer eingeladen. Da war von Leuten die Rede, die Unternehmen gründen. Das ist auch eine Begabung, Unternehmen gründen zu wollen und zu können. Dieser Rahmen ist also sehr groß und wir wollen das auch so groß sehen.

Deshalb sind wir der Ansicht, dass ein Förderschulsystem geschaffen werden muss und es nicht reicht, wenn man Beratungszentren hat oder ab und zu mal ein Sommerlager durchführt oder Tipps gibt, wie hochbegabte Kinder durch die Schule gebracht werden, ohne dass sie Nachteile erleiden. Es ist ja bekannt, dass bei hochbegabten Kindern genau die gleichen Verhaltensweisen auftreten können wie bei schwachen Kindern: Wenn sie nicht adäquat unterrichtet oder erzogen worden sind, werden sie entweder aggressiv oder sie resignieren, sitzen da und machen nichts mehr. Da gibt es Tipps, dass man solche Kinder vielleicht auch mal eine Klasse über

springen lässt und wie man das machen kann, damit es ohne Schaden vonstattengeht. Es gibt auch Tipps, die Kinder frühzeitig einzuschulen, und viele andere Dinge mehr. Was aber fehlt, ist die Einsicht, dass wir für eine große Anzahl von hochbegabten Kindern ein Schulsystem brauchen, in dem sie von Lehrern, die eigens für diese Aufgabe ausgebildet werden, dann auch unterrichtet werden.

Ich habe hier schon das letzte Mal vorgetragen, was man alles braucht, um ein solches Schulsystem aufund auszubauen. Dafür braucht man natürlich Lehrer, man braucht Ausbildungsstätten für die Lehrer, man braucht Schulhäuser, man braucht sehr viel. Man braucht auch Leute, die diese begabten Kinder suchen und finden. Man muss also irgendwo anfangen.

Am besten macht man alles gleichzeitig. Aber wenn man anfängt, wäre der erste Schritt, in den Bildungseinrichtungen einfach mal festzustellen, wo solche sonderbegabten Kinder sitzen. Man hätte dann im Förderschulbereich eine Vorstellung. Bei schwachen Kindern rechnet man bis zu 5 Prozent der Schulkinder. Hier könnte man auch bis zu 5 Prozent rechnen, wobei diese Zahl natürlich rein willkürlich ist. Das können genauso gut 3 Prozent sein, genauso gut 6 Prozent. Das spielt aber auch keine Rolle, es muss einfach mal festgestellt werden, welche Kinder mit welchen Begabungen wo sitzen und wie viele es sind.

Dann kommt ja immer der Einwand mit der Elite und so weiter, dass man das nicht machen soll. Aber die Fußballvereine - und das ist ja die schönste Nebensache der Welt - machen das und finden dadurch ihre späteren Profis. Die finden die schon mit drei oder fünf Jahren, die haben schon Verträge mit acht Jahren. Wir müssen nicht so radikal sein, aber wir dürfen unsere Sonderbegabten nicht im Stich lassen. Deshalb müssen wir anfangen. Unser Antrag geht dahin, zunächst einmal festzustellen, um welche Kinder es sich hier im Saarland handeln kann. Herzlichen Dank.

(Beifall von der AfD.)

Ich danke Ihnen, Herr Fraktionsvorsitzender, und rufe auf für die SPD-Landtagsfraktion Herrn Abgeordneten Jürgen Renner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten das Thema Sonderbegabung im letzten Jahr mehrfach im Plenum behandelt. Wir haben auch das System der Förderung potenziell leistungsstarker Schülerinnen und Schüler gemeinsam beraten. Dabei ist deutlich geworden, dass das Saarland seine Talente fördert und über ein bundesweit viel beach

(Abg. Dörr (AfD) )

tetes Beratungs- und Fördersystem für begabte Kinder und Jugendliche verfügt. Wir haben keinen Nachholbedarf, sondern wir sind hier bundesweit in einer Vorreiterrolle.

(Beifall bei der SPD.)

Auch die aufgeworfene Frage, wie wir besondere Fähigkeiten und Begabungen unserer Kinder und Jugendlichen erkennen, war im letzten Jahr Thema im Bildungsausschuss. Wir haben das sehr ausführlich beraten. Auch dort ist deutlich geworden, dass unsere Beratungsstelle Hochbegabung eine hervorragende Arbeit leistet und Beratung, Förderung und Qualifizierung aus einer Hand anbietet. Dabei kann sie auf ein enges Netzwerk der Begabungsförderung zurückgreifen, unter anderem mit den Schulpsychologischen Diensten, den Erziehungs- und Lebensberatungsstellen.

Bislang sind in der Debatte keine neuen Argumente aufgetaucht, die Argumente sind ausgetauscht. Es sind auch keine neuen Aspekte ersichtlich, sodass ich Sie aus voller Überzeugung und aus ganzem Herzen bitte, diesen Antrag abzulehnen. - Danke.

(Beifall bei der SPD.)