Protocol of the Session on February 13, 2019

(Abg. Dörr (AfD) )

Ich finde, wenn man ein Gesetz machen will, dann kann man nicht nur einfach etwas in den Landtag einbringen, damit man ein paar Reden halten kann, sondern man sollte sich auch mal Gedanken machen, was wäre, wenn dieses Gesetz tatsächlich in Kraft treten würde. Was würde das für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land bedeuten? Es wäre in erster Linie ein Anschlag auf den Sozialstaat in unserem Land. Denken Sie an die Witwe, die Grundsicherung beantragen und dafür vielleicht aus Sitzerath oder Bliesmengen-Bolchen zum Landratsamt fahren muss. Die muss jetzt schon weit fahren, um nach St. Wendel oder Homburg zu kommen. Aber wenn wir nur noch einen Landkreis hätten und der würde ja wohl in Saarbrücken sitzen -, wenn alle Bürgerinnen und Bürger, die auf finanzielle Hilfe angewesen sind, diese nur noch in Saarbrücken bekommen könnten, wäre das ein echter Einschnitt, eine echte Erschwernis für Bürgerinnen und Bürger. Es wäre eine Hürde, eine Erschwernis für viele Menschen in diesem Land, wenn Ihr Gesetz Wirklichkeit würde.

Es wäre auch deshalb schlecht, weil die Situation im Saarland nicht überall die gleiche ist. In Malstatt, in Burbach ist sie anders als im Hochwald. Deshalb ist es sinnvoll, dass diejenigen, die für Sozialpolitik zuständig sind, möglichst nah dran sind, dass sie Hilfen in Regionen mit einer hohen Armutsquote anders organisieren als in ländlichen Regionen, wo die Probleme andere sind. Das nennt man Subsidiarität und nicht das, was Sie da „schwabuliert“ haben. Man muss die Probleme unten ansiedeln und das ist am Ende auch Bürgernähe, die Sie mit diesem Gesetzentwurf abbauen. Die AfD steht für weniger Bürgernähe im Saarland. Das muss man deutlich sagen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Rein räumlich liegt es ja auf der Hand. Wenn ich nicht mehr 15 km, 20 km oder 25 km bis zum Landratsamt habe, sondern 50 km oder 60 km, dann ist das weniger bürgernah. Es ist aber auch deshalb weniger bürgernah, weil eine Verwaltung, die ausschließlich an einer Stelle im Land sitzt, nicht so nah dran sein kann, nicht so viel über die Situation vor Ort, wo die Menschen in unserem Land leben, wissen kann, als wenn sie auch räumlich dazugehört. Es ist im Saarland ja auch so, dass diejenigen, die Verantwortung in der Politik tragen, deshalb näher an den Bürgern dran sind, weil sie vor Ort arbeiten und nicht nur an einer Stelle. Umgekehrt ist es auch so, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Landräte und diejenigen, die in den Kreisverwaltungen arbeiten, auch diejenigen, die in den Kreistagen sitzen, kennen. Ich glaube, es gibt kein Bundesland, in dem so viele Bürgerinnen und Bürger ihre Landräte duzen, wie das im Saarland der Fall ist. Auch das ist ein Beispiel von Bürgernähe, jener Bürgernähe, die

Sie mit Ihrem heute vorgelegten Gesetzentwurf zurückdrängen wollen.

Damit sind wir auch wieder bei den schon genannten verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Grundgesetz besagt, dass es im Rahmen der Kommunalverwaltung Landkreise geben muss. Die Rechtsprechung sagt uns deutlich, das sei nicht beliebig zu verändern. Vielmehr muss zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen Seite und der Verwaltung auf der anderen Seite eine im Alltag spürbare Nähe vorhanden sein. Der Bürger muss das noch als kommunale Selbstverwaltungsbeziehung erleben können. Bei einem Landkreis in der Größe von einer Million Einwohner und einer entsprechenden Flächenausdehnung ist das nur schwer vorstellbar. Deshalb teile ich die Bedenken, die hier vorgetragen wurden, wonach der Gesetzentwurf am Ende verfassungswidrig ist. Im Übrigen würde der Entwurf nicht für mehr Demokratie sorgen, wie Sie das eben fälschlicherweise behauptet haben, sondern er brächte einen Abbau an Demokratie. Das liegt voll auf der Linie der AfD, die auch in anderen Feldern Ihrer Programmatik erkennbar wird.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die Landkreise im Saarland sind ja deutlich älter als die 45 Jahre seit der Gebietsreform im Jahre 1974. Die meisten Landkreise bei uns können auf eine Geschichte von 200 Jahren und mehr zurückblicken. Der Landkreis Saarlouis hat vor wenigen Jahren seinen 200. Geburtstag gefeiert, und auch andere Landkreise haben einen ähnlichen historischen Ursprung. Diese Landkreise gehören auch zur Identität der Bürgerinnen und Bürger.

Gerade der ländliche Raum ist gut damit gefahren, sich auch auf der Kreisebene organisieren zu können. Er ist gut beraten, das auch künftig so zu handhaben. Die Probleme im Landkreis St. Wendel sind nun einmal andere als die Probleme im Regionalverband Saarbrücken. Ich bin froh, das auf meinem Autokennzeichen WND steht und nicht SB, und andere fühlen sich mit ihrem jeweiligen Landkreis genauso verbunden und sind in ihm verwurzelt. Diese Heimat und diese Identität wollen wir den Menschen im Saarland nicht nehmen.

Deshalb, ich fasse zusammen, stellt Ihr Gesetzentwurf am Ende eine Gefahr für die Menschen in unserem Land dar. Sie beweisen damit lediglich, dass Sie entweder in der Sache inkompetent sind oder aber Ihnen die notwendige Ernsthaftigkeit fehlt, wenn es darum geht, Gesetze zu erarbeiten. Auf Deutsch gesagt: Sie sind nicht seriös! Immerhin stellen Sie trotzdem Kandidatinnen und Kandidaten auf für die Kreistagswahlen und die Wahl zum Regionalverbandstag, die jetzt anstehen. Man stellt sich angesichts dessen schon die Frage: Wenn Sie alle die

(Abg. Dr. Jung (SPD) )

se Ebenen, wenn Sie alle diese Gremien für unnötig halten, warum kandidieren Sie denn dafür?

(Abg. Thul (SPD) : Das frage ich mich auch.)

Mir erscheint das nicht besonders glaubwürdig.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir jedenfalls werden den Kommunalwahlkampf nutzen, um mit den Bürgerinnen und Bürgern genau darüber zu reden, was Sie von den Kreisen, was Sie von der Heimat der Menschen in unserem Land halten. Wir werden Ihnen diesbezüglich den Marsch blasen! Ihren heutigen Gesetzentwurf werden wir natürlich ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der AfDFraktion, Josef Dörr.

Ich bin ja richtig stolz darauf, dass wir es fertiggebracht haben, die Regierungskoalition so sehr in Unruhe zu versetzen, dass sie so energisch hier reagieren.

(Abg. Thul (SPD) : Langweilig! - Abg. Pauluhn (SPD) : Der Einzige, der hier unruhig war, waren Sie! - Weitere Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Als Einziges, Herr Pauluhn, hat vielleicht noch gefehlt, dass wir der Anlass eines bevorstehenden Angriffskrieges sind oder so etwas. Das hat noch gefehlt, aber das kann ja noch kommen.

Also, was Herr Dr. Jung jetzt eben hier losgelassen hat, eine lange Weile, das war, dass dadurch, dass die Landkreise entfallen außer einem,

(Abg. Renner (SPD) : Was wollen Sie uns sagen? - Zuruf des Abgeordneten Scharf (CDU).)

- das soll ja nur vorübergehend sein, aber das hat er überhört -, dass dann die Leute weiter fahren müssen, wenn sie zu ihrer kompetenten Behörde wollen. Das ist aber auch jetzt schon immer sehr weit, das hat er auch zugegeben. Und da stellt sich doch die Frage, und das haben wir ja auch vertreten, ob man die Kompetenzen nicht nach unten verlagern sollte, zu den Städten und Gemeinden, sie also nicht länger bei den Landkreisen belassen sollte. Wir haben hier auch schon vorgeschlagen, dass nicht Landkreise, sondern Städte und Gemeinden Schulträger sein sollten.

(Zuruf des Abgeordneten Renner (SPD).)

Es ist ja geradezu grotesk, dass die Landeshauptstadt, die Messe- und Universitätsstadt Saarbrücken mit fast 200.000 Einwohnern, nur für ihre Grund

schulen zuständig ist. Das ist lächerlich! Das heißt, wir haben hier den Nerv getroffen. Und wir werden auch dranbleiben.

Und was die Wahl betrifft: Herr Dr. Jung, seien Sie zufrieden!

(Zuruf der Abgeordneten Eder-Hippler (SPD).)

Wir treten dort an, wo Parlamente bestehen. Die können wir ja nicht abschaffen,

(Abg. Dr. Jung (SPD) : Das wollen Sie aber! Abg. Schäfer (CDU): Das ist verfassungswidrig!)

denn Sie werden heute dagegen stimmen. Wir werden dort also antreten. Davor haben Sie Angst, und zwar hauptsächlich Sie von der SPD. Sie als SPD haben Todesangst vor jeder Wahl! Vor jeder Wahl!

(Heiterkeit bei der SPD. - Abg. Pauluhn (SPD) : Wir reden nach der Kommunalwahl noch einmal darüber!)

Ja, reden wir drüber. - Und noch etwas: Herr Dr. Jung, Sie haben eben gesagt, ich hätte scheinbar keine Ahnung.

(Abg. Thul (SPD) : Ja, das ist ja auch vollkommen richtig.)

Moment! Dazu muss ich Ihnen sagen: Sie wollten wahrscheinlich „anscheinend“ sagen. Wenn ich nämlich scheinbar keine Ahnung habe, dann habe ich in Wirklichkeit Ahnung. Ich nehme Ihnen auch gar nicht übel, dass Sie das so gesagt haben. Aber für zukünftige Fälle, wenn Sie sagen wollen, dass ich keine Ahnung habe, sollten Sie sagen, ich hätte anscheinend keine Ahnung, nicht aber: scheinbar keine Ahnung. - Danke schön.

(Beifall von der AfD. - Gelangweilte Zurufe bei der SPD. - Abg. Thul (SPD) : Keine Ahnung, aber davon viel!)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen, ich schließe die Aussprache. - Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Inneres und Sport zu überweisen.

(Abg. Thul (SPD) : Im Leben nicht!)

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der AfD-Landtagfraktion Drucksache 16/728. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes Drucksache 16/728 in Erster Lesung ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 16/728 in Erster Lesung mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU, SPD und DIE LINKE, zugestimmt hat die AfD-Fraktion.

Wir kommen zu Punkt 3 der Tagesordnung:

(Abg. Dr. Jung (SPD) )

Erste Lesung des von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Landeswaldgesetzes (Drucksache 16/729)

Zur Begründung des Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Abgeordneten Ralf Georgi das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Grund für die Vorlage dieses Gesetzentwurfs bieten vor allem die Vorgänge um die Genehmigung der Windenergieanlagen im historischen Wald in Wadern, am Standort Wenzelstein.

Die LINKE hat am 20. September 2017 das Gesetz zur Änderung des Landeswaldgesetzes abgelehnt und einen eigenen Abänderungsantrag eingebracht, der leider von der Koalition abgelehnt wurde. Damals ging es uns um drei Punkte:

Erstens. Warum sollte nur historischer Wald im Staatswald in der Regel geschützt werden, nicht aber jeder Wald, unabhängig von seiner Bestandsdauer und der Frage, wer derzeit Eigentümer ist? Die Definition, wonach ein Wald als historisch anzusehen ist, wenn seine Bäume seit mindestens 1817 dort stehen, ist sehr zweifelhaft. Sind Bäume von 1820 oder 1870 nicht mehr schützenswert?

Zweitens. Warum sollten für besonders windhöffige Standorte Ausnahmegenehmigungen möglich sein? Der Schutz von Natur und Umwelt sollte über dem Schutz der Profitinteressen einzelner Anlagenbetreiber stehen.

Drittens. Warum sollte es eine Übergangsfrist für Anträge geben, die die Anlagenbetreiber bis zum 21. Juni 2017 eingereicht haben?