Protocol of the Session on November 14, 2018

Was wir oft nicht sehen - Ihre Partei hat dazu auch ein etwas ambivalentes Verhältnis -, ist, dass wir natürlich vor Ort helfen, Strukturen aufzubauen. Ich will die Ausbildung von Sicherheitskräften in Afghanistan ansprechen. Das sind Auslandseinsätze, bei denen wir Ausbildungsmissionen machen. Oftmals regt sich Widerstand, insbesondere von der Linkspartei, wenn es darum geht, dort unten auch in dieser Art und Weise dafür zu sorgen, dass diese Länder wieder sicher sind und wir nicht ständig präsent sein müssen. Ich will auch darauf hinweisen, dass in dieser Debatte oft nicht gesehen wird - auch die AfD blendet das immer wieder aus -, dass die meisten Flüchtlinge gar nicht hierherkommen, sondern dass sie gefangen sind in den Flüchtlingscamps. Es wurde erwähnt: In diesen Camps werden sie mit 50 Cent abgespeist und leben im Elend. Mein Ansatz ist es eher, anstatt 40 dieser Menschen hierherzuholen, sollten wir lieber dafür sorgen, dass sie schon in den Camps die Möglichkeit haben, ausgebildet zu werden, während sie darauf warten, irgendwo Asyl zu finden. Das könnte ein guter Ansatz sein, damit die Menschen gar nicht erst dazu gezwungen sind, ihr Heimatland und ihre Umgebung zu verlassen.

Die Menschen, die hier Hilfe oder ihr wirtschaftliches Glück gesucht haben, haben dies nicht getan, weil sie unbedingt nach Europa wollten, weg von ihren Familien, weg von ihrem Zuhause, sondern sie haben schlicht und ergreifend keinen anderen Ausweg mehr gefunden. Ich möchte es den Menschen ermöglichen, zu Hause zu bleiben, in der Nähe ihrer Familien. Ich sehe in Ihrem Antrag, dass Sie versuchen, diese Debatte in den Fokus zu rücken, und sie sollte auch im Fokus sein. Es ist eine Schieflage, die Sie in der Diskussion angesprochen haben. Wir sollten daran arbeiten, dass die Menschen vor Ort bleiben können und dort eine gute Ausbildung oder ein gutes Studium absolvieren können. Das, finde ich, ist allemal mehr wert, als einigen wenigen die Möglichkeit zu geben, hierher zu kommen. Auch deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat nun der Minister für Bildung und Kultur, Ulrich Commerçon.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal hatte ich es bedauert, dass es nicht gelungen war, im Vorfeld eine Einigung herzustellen. Im Verlauf der Debatte hat sich etwas herauskristallisiert, was es in ein gutes Licht stellt. Wir haben an diesem Punkt offenbar Redebedarf; so würde ich es bezeichnen. Es gibt offenbar unterschiedliche Wahrnehmungen und Interpretationen des ganzen Themas. Insofern können wir dankbar sein. Ich bin dankbar dafür, dass wir dieses Thema heute wieder einmal auf der Tagesordnung haben.

Es war im März des letzten Jahres, als wir in diesem Hause - und zwar in der letzten Sitzung vor der Landtagswahl - eine sehr umfassende Debatte über das Thema Entwicklungszusammenarbeit geführt haben. Wir als saarländischer Landtag hatten nämlich die Leitlinien der Entwicklungszusammenarbeit einstimmig verabschiedet, nachdem es vorher einen sehr breit angelegten Dialog über die verschiedenen Handlungsfelder gegeben hat.

Der Kollege Thielen hat es eben gesagt, dass wir uns noch einmal die Zeit nehmen sollten, um im zuständigen Ausschuss dazu eine umfassende Anhörung durchzuführen. Ich finde, es ist ein sehr begrüßenswerter Ansatz. Sie alle wissen, dass mir dieses Thema sehr wichtig ist, was nicht nur in den deutlich gesteigerten Haushaltsansätzen in den letzten Jahren zum Ausdruck gekommen ist. In meiner Amtszeit wurden die Haushaltsansätze quasi verdreifacht. Das kann man nicht unbedingt von jeder Haushaltsposition sagen. Bei der Entwicklungszusammenarbeit ist uns das gelungen. Ich finde, das ist auch notwendig, weil wir uns auch als Land - dazu bekenne ich mich ausdrücklich - und als deutsche Länder insgesamt mit diesem Thema nicht nur sehr intensiv zu beschäftigen haben, sondern weil wir auch eine Aufgabe haben.

Im Übrigen gibt es einen gemeinsamen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder in Dresden aus dem Jahr 2008. In dieser Ministerpräsidentenkonferenz wurde vereinbart, dass es eine Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern geben soll. Das ist auch der Ansatzpunkt gewesen für die Erarbeitung unserer entwicklungspolitischen Leitlinien. Wir haben uns dabei in der Ländergemeinschaft zwei Punkte herausgesucht, und das in Rückkopplung und intensivem Dialog mit den hier ansässigen und aktiven Nichtregierungsorganisationen, den Institutionen und den Hochschulen und letztlich hier im Parlament.

(Abg. Thul (SPD) )

Wir haben uns zwei Handlungsfelder herausgegriffen, bei denen wir sagen, dass wir besondere Kompetenzen haben. Das eine ist der faire Handel und nachhaltige Beschaffung. Das andere ist das globale Lernen. Wir sind mittlerweile das Bundesland, das für ganz Deutschland sowie Österreich, Frankreich und Luxemburg die Auszeichnung „faire Schulklasse“ vornimmt. Wir nehmen nicht nur die Auszeichnung vor, sondern führen auch eine entsprechende Überprüfung durch. Wir haben bei uns im Land die ersten fairen Kitas. In der Bildungskette haben wir sehr früh angefangen. Ich finde das ganz gut.

Dann ist es nur logisch, wenn man nicht nur die Kitas und Schulen, sondern irgendwann einmal auch die Hochschulen stärker in den Blick nimmt. Dabei können wir sehr selbstbewusst sagen, zwei unserer Hochschulen sind bereits offiziell anerkannte faire Hochschulen; die anderen sind auch auf dem Weg. Ich glaube, man muss das in diesen Rahmen einbetten.

Fairer Handel und globales Lernen sind die beiden Schwerpunkte, auf die wir uns verständigt haben. Es gibt Fortschritte. Das will ich deutlich machen. Gerade die Länder nehmen sich dieses Themas an. Ich werde morgen früh nach Berlin fliegen, weil wir uns einmal in jedem Jahr mit allen in den 16 Ländern für Entwicklungspolitik zuständigen Ministern zusammensetzen, obwohl es keine offizielle Ministerkonferenz dazu gibt. Das machen wir regelmäßig mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Er nimmt jedes Mal an diesen Ministertreffen teil. Dabei reden wir genau über diese Fragen. Wir diskutieren darüber, wie die Arbeitsteilung zwischen dem Bund, der natürlich im Wesentlichen als außenpolitischer Akteur unterwegs ist, aber auch mit den Ländern mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Konzepten ist.

Insofern will ich sagen, dass es vielleicht gar nicht so schlecht ist, dass wir uns an dieser Stelle noch gar nicht so einig sind. Ich glaube, es ist in der Tat ein Thema, das Sie zu Recht ansprechen. Es ist die Fragestellung, wie wir mit dem Brain Drain umgehen. Das ist in der Tat kein so neues Problem. Das Problem hat es immer wieder gegeben. Meine Familie ist eine Hugenottenfamilie gewesen. Das hat auch etwas mit Brain Drain zu tun gehabt. Die Franzosen haben damals die Hugenotten einfach rausgeschmissen. Das war ein großer Entwicklungsschub, nicht wegen meiner Person, sondern wegen der Hugenotten, die damals hierhergekommen sind. Sie hatten sehr viel mit der Industrialisierung unseres Landes zu tun.

Aber natürlich hat es auf der anderen Seite diesen Schaden angerichtet. Der Schaden durch die Hugenottenverfolgung war an anderer Stelle viel größer. Das sind keine so neuen Phänomene in der Weltgeschichte. Es sind aber Phänomene, die durchaus

akuter werden und die heute tatsächlich globale Auswirkungen haben, die uns wiederum einholen. Das ist vielleicht das Neue.

Deswegen ist es nicht so dramatisch, dass man sich heute nicht auf einen Konsens verständigen kann. Viel wichtiger scheint mir zu sein, dass wir diese Gelegenheit nutzen, um dieses Thema im saarländischen Landtag etwas ausdifferenzierter zu diskutieren. So hatte ich den Kollegen Thielen verstanden. Insofern finde ich es gut, dass die Initiative vom Parlament aus kommt. Ich finde das gut.

Ich finde es auch gut, wenn man möglichst viele zivilgesellschaftliche Organisationen einbezieht. Das ist nämlich einer der Wesenspunkte guter Entwicklungszusammenarbeit, damit es gelingt, so etwas nicht in einen parteipolitischen Streit münden zu lassen. Es ist uns bei den entwicklungspolitischen Leitlinien ja gelungen, dass wir die Zustimmung aller hier aktiven Nichtregierungsorganisationen und aller institutionellen Akteure hatten. Letztlich hatten wir im saarländischen Landtag in der damaligen Zusammensetzung ein einstimmiges Votum bekommen.

Ich finde, das könnte der richtige Schritt sein, wenn das im Ausschuss ausführlich beraten wird. Sie wissen, ich habe eigens vor einigen Jahren bei mir im Ministerium ein eigenständiges Referat für Entwicklungszusammenarbeit eingerichtet. Wir können natürlich gerne unsere Expertise zur Verfügung stellen und Ansprechpartner benennen. Vielleicht gelingt es uns, ein bisschen näher zu definieren, was das heißt, worauf wir uns verständigt haben. Das betrifft das globale Lernen über Kitas und Schulen hinaus und auch die weitere hochschulische Entwicklung. Es gibt in der Tat sehr viele Stipendien. Ich würde es gar nicht so pauschal ablehnen, dass eine solche Kombination das Ergebnis sein könnte.

Aber ich nehme es so wahr, dass es ein Auftrag für eine Debatte war, die wir weiterführen werden. Vielleicht gelingt es uns dann, nach einer ausführlichen Ausschussberatung und Diskussion dafür Sorge zu tragen, dass wir dazu einen größeren Aufschlag hier im Plenum machen. Im März des letzten Jahres hatten wir das. Vielleicht schaffen wir es im März des Jahres 2019, noch einmal einen größeren Aufschlag zu machen. Dann schaffen wir es vielleicht im Jahresabstand, dieses Thema etwas größer zu behandeln. Ich glaube, wir sind es uns in allererster Linie selbst schuldig und gar nicht einmal nur denjenigen, für die wir das tun. Wahr ist in jedem Fall, eine gute Entwicklungszusammenarbeit nutzt der ganzen Welt. Diese Welt ist nicht teilbar, sondern es ist eine Welt. Daran haben wir gemeinsam zu arbeiten. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

(Minister Commerçon)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion Drucksache 16/634. Wer für die Annahme dieser Drucksache ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/634 mit Stimmenmehrheit abgelehnt wurde.

Zugestimmt haben die Fraktion DIE LINKE und die AfD-Fraktion. Dagegen gestimmt haben die Fraktionen von CDU und SPD. Frau Ensch-Engel, die fraktionslose Abgeordnete, hat auch zugestimmt.

Wir kommen zu Punkt 9 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Einführung personalisierter Verhältniswahl bei Landtagswahlen (Drucksache 16/631)

Zur Begründung des Antrages erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden der AfD-Landtagsfraktion, Herrn Abgeordneten Josef Dörr, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute anscheinend einen Tag der Initiativen und Denkanstöße, da reiht sich unser Antrag nahtlos ein. Als Überschrift sei gewählt „Demokratie im Aufbau“. Man muss da ein bisschen in der Geschichte zurückgehen. Unsere Verfassung im Saarland ist unmittelbar am Ende des letzten Krieges geschaffen worden für eine wenn auch milde Diktatur, die hier im Saarland zehn Jahre geherrscht hat. Dementsprechend ist diese Verfassung aufgebaut und bei der Rückgliederung an die Bundesrepublik Deutschland ist sie nur in einigen Punkten geändert worden, ansonsten haben wir noch die alte Verfassung der damaligen Zeit. Und da haben wir ein Alleinstellungsmerkmal in Bezug auf alle Verfassungen in der Bundesrepublik Deutschland, nämlich was die Gesetzgebung für die Landtagswahl betrifft.

(Vizepräsident Heinrich übernimmt den Vorsitz.)

Beispielsweise kann man in allen Bundesländern Direktkandidaten wählen, das ist bei uns nicht der Fall. Sie selber wissen ja auch nicht, für welchen Wahlkreis Sie der Direktkandidat sind. Für jeden Wahlkreis ist eine Liste aufgestellt und der Wähler hat nicht die Möglichkeit, einen Kandidaten für seinen Wahlkreis, den er sich aussucht, zu wählen. Also, in der Wahlgesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland für die Bundestagswahl ist das meiner Ansicht nach - ich habe schon viele Verfassungen

gesehen - ein guter Kompromiss zwischen Verhältniswahl und Mehrheitswahl. Wir haben also eine Anzahl von Wahlkreisen, in jedem Wahlkreis wird ein Direktkandidat gewählt und eine gleiche Anzahl, grosso modo, geht über die Listen. Ich denke jetzt nicht an die Überhangmandate.

Das ist ein guter Kompromiss, aber hier im Saarland ist es tatsächlich so, dass der Wähler - - Also erst einmal ist das Saarland, was den Bundestag betrifft, in vier Wahlkreise eingeteilt, früher waren es fünf. Es sind jetzt vier, das hängt von der Bevölkerungszahl ab, und die sind auch einigermaßen unübersichtlich zusammengeschnitten. Ich wohne zum Beispiel in Quierschied und gehöre zum Wahlkreis Homburg, das muss man einem zuerst einmal erklären. Auch sonstwo ist das nicht so übersichtlich. Bei der Landtagswahl haben wir drei Wahlkreise, die genau auch die Landkreise beziehungsweise den Regionalverband Saarbrücken abdecken. Aber wir haben - ein Kuriosum - weniger Wahlkreise für die Landtagswahl, als wir für die Bundestagswahl haben. Das steht in überhaupt keinem Verhältnis. Und wir haben als Saarländer nicht die Möglichkeit, unseren Kandidaten in einem Wahlkreis zu wählen.

Das ist der Denkanstoß und unser Antrag zielt ja nur dahin, dass man einmal prüft, ob das überhaupt mit unserer Verfassung übereinstimmt, wenn man das in der von mir vorgeschlagenen Richtung ändert. Dann wären andere Initiativen nötig, nämlich die Verfassung zu ändern und so weiter. Aber es geht einfach einmal um den Grundgedanken: Wäre es nicht besser - das ist unsere Meinung -, wenn es im Saarland wie in der Bundesrepublik Deutschland Landeslisten und Wahlkreise gibt, die es erlauben, Direktkandidaten zu wählen? Wir sind 51 Abgeordnete, also rund 50, man könnte 25 Wahlkreise machen, dann wäre jeder Wahlkreis ungefähr 40.000 Einwohner stark. Dann wäre zum Beispiel Neunkirchen ein Wahlkreis, Völklingen wäre ein Wahlkreis, Saarbrücken wären vier Wahlkreise, Quierschied, Friedrichsthal und Sulzbach wären ein Wahlkreis. Das wäre alles überschaubar. Der Kandidat oder die Kandidatin könnte sich viel leichter seinem Wahlvolk präsentieren, sein Programm präsentieren, er ist in der Region vielleicht auch bekannt. - Das ist also unser Ansatz und wir bitten, dem Antrag zuzustimmen.

(Beifall von der AfD.)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter. - Ich eröffne die Aussprache und rufe auf für die CDU-Landtagsfraktion Herrn Abgeordneten Raphael Schäfer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfDLandtagsfraktion hat uns für die heutige Sitzung die

Drucksache 16/631 vorgelegt. Der Kollege Dörr hat gerade dazu vorgetragen. Ich muss direkt zu Anfang scharfe Kritik an der AfD-Landtagsfraktion üben und möchte klarstellen, dass der vorliegende Antrag inhaltlich beschämend ist, dass er das Papier nicht wert ist, auf dem er gedruckt ist. In Schulnoten ausgedrückt - und Herr Kollege Dörr, da spreche ich Sie als ehemaligen Schulleiter wirklich persönlich an - ist der Antrag mangelhaft beziehungsweise ungenügend und wird dem Anspruch, den wir in diesem Hohen Hause an uns selber haben sollten, in keiner Weise gerecht. Das wollte ich ganz zu Beginn meiner Ausführungen wirklich klarstellen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Deswegen vorweggenommen, Herr Kollege Dörr: Selbstverständlich werden wir Ihren Antrag ablehnen. - Was bezwecken Sie mit diesem Antrag? Sie wollen die Landesregierung auffordern zu überprüfen, ob die Einführung einer personalisierten Verhältniswahl bei den Landtagswahlen hier im Saarland legitim und mit unserer Verfassung vereinbar ist. Diese Fragestellung offenbart meines Erachtens eine eklatante Unkenntnis bei der AfD-Landtagsfraktion, denn, sehr geehrter Kollege Dörr, wir sind der Verfassungsgesetzgeber, wir sind der Landesgesetzgeber. Insoweit müssen Sie diese Frage nicht an die saarländische Landesregierung adressieren, sondern Sie sollten sie an Ihre eigene Fraktion als Teil dieses Hohen Hauses adressieren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Herr Kollege Dörr, ich helfe Ihnen aber sehr gerne weiter, gar kein Problem. Werfen wir einfach einmal einen Blick auf die Regelung, wie sie auf Bundesebene mit Blick auf die Wahlen zum Deutschen Bundestag gelten. Dort ist in Artikel 38 des Grundgesetzes geregelt, dass die Wahlen zum Deutschen Bundestag in allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen erfolgen sollen. Artikel 28 normiert dann, dass genau diese Wahlrechtsgrundsätze auch für die Wahlen der Volksvertretungen in den Ländern, den Kreisen und Gemeinden gelten.

Diese Wahlrechtsgrundsätze sind bewusst allgemein gehalten, genau aus dem Grund, dass dem Bundesgesetzgeber, aber auch den einzelnen Landesgesetzgebern ein Spielraum an die Hand gegeben wird, sozusagen die konkrete Ausgestaltung des Wahlrechts in den Ländern, so wie man es für gut und richtig hält, auf den Weg zu bringen. Der Bundesgesetzgeber hat sich innerhalb dieses Verfassungsrahmens für ein entsprechendes Wahlrecht entschieden, die personalisierte Verhältniswahl, Sie haben es angesprochen, also eine Verbindung von Mehrheits- und Verhältniswahl.

Aber heute geht es ja weniger um den Bund, sondern Ihre Frage zielt ja ganz konkret auf das Wahl

recht bei uns im Saarland. Wenn wir einen Blick in Artikel 66 unserer Landesverfassung werfen, sehen wir, dass dort eindeutig geregelt ist, dass die 51 Abgeordneten des saarländischen Landtags nach den Grundsätzen eines Verhältniswahlrechts gewählt werden. Unsere Landesverfassung gibt also mit Blick auf die Wahlen zum saarländischen Landtag einen konkreten Rahmen vor, jedenfalls einen konkreteren, als es das Grundgesetz vorsieht.

Wenn Sie also eine personalisierte Verhältniswahl im Saarland einführen möchten, eine Verbindung aus Mehrheits- und Verhältniswahl auf den Weg bringen möchten, dann ist völlig klar, dass entsprechende Rechtsanpassungen unumgänglich sind. Ob hierzu auch die Verfassung des Saarlandes geändert werden muss, das ist eine Frage, die Sie als Teil dieses Hohen Hauses, als Fraktion dieses Hauses selber beantworten müssen. Fakt ist jedenfalls, dass nach derzeitiger Verfassungslage im Saarland dem Verhältniswahlrecht der Vorrang einzuräumen ist. Das heißt ganz konkret, dass bei einer Mischung zwischen Verhältniswahl und Mehrheitswahl diesem Mischsystem sehr enge Grenzen gesetzt sind, und genau diese Grenzen müssen sehr sorgsam gegeneinander abgewägt und im Wahlgesetz auch festgehalten werden. Da wären wir dann wieder beim Punkt, Kollege Dörr, das wäre Ihre Aufgabe gewesen, wir sind der Gesetzgeber, nicht die saarländische Landesregierung.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Das ist in meinen Augen auch das Kernproblem der AfD-Landtagsfraktion. Ich persönlich muss wirklich sagen, ich habe diesen Antrag als Schlag ins Gesicht von uns allen Abgeordneten hier im Landtag empfunden. Wir sind wirklich ganz engagierte Abgeordnete, die ihre tägliche Arbeit sehr ernst nehmen und für die Menschen im Land wichtige Dinge voranbringen wollen. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir hier qualitativ hochwertige Arbeit abliefern, und daher möchte ich klipp und klar sagen: Wenn Sie das Thema Wahlrecht hier aufgreifen, also wirklich ganz zentrale Dinge wie Verhältniswahlrecht, Mehrheitswahlrecht oder ein Mischsystem ansprechen, dann sprechen Sie Dinge an, bei denen es um die Struktur unseres demokratischen Staatswesens geht. Das sind Dinge, die von so grundsätzlicher und so zentraler Bedeutung sind, dass ich persönlich es beschämend finde, wenn man die in einem Zweieinhalb-Zeilen-Antrag in diesem Hause behandeln möchte. Das ist beschämend, Herr Kollege Dörr, das möchte ich klipp und klar in aller Deutlichkeit noch einmal sagen!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Daher fordere ich die AfD-Fraktion 1,5 Jahre nach der letzten Landtagswahl auf, endlich ihre Arbeit zu machen und, zwar so, dass sie in qualitativer Hin

(Abg. Schäfer (CDU) )

sicht diesem Hause gerecht wird, wie es sich für ein ordentliches Landesparlament gehört. Deswegen ist die zentrale Frage: Was erwarten wir im Rahmen dieser ordentlichen Parlamentsarbeit von Ihnen, Herr Kollege Dörr? - Wenn Sie ein Thema von so zentraler und grundsätzlicher Bedeutung ansprechen, dann erwarten wir ganz konkret von Ihnen, dass Sie hier in diesem Hause einen entsprechenden Gesetzentwurf mit ordentlicher Begründung vorlegen, sodass wir eine ordentliche inhaltliche Debatte führen und uns mit Ihren Vorschlägen auseinandersetzen können.