Protocol of the Session on February 7, 2018

Deswegen sage ich noch einmal: Wir müssen differenziert und genau hinkucken. Die nächsten Wochen sind wichtig. Wir sind auch klug beraten, das im Ausschuss noch einmal detailliert zu beraten und eine größere Anhörung durchzuführen. Angesprochen sind die Träger: Lebenshilfe, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, Caritas. Ich will heute allen Trägern ein herzliches Wort des Dankes sagen, weil dort ganz hervorragende Arbeit geleistet wird. Dort sind viele Menschen, die machen das nicht nur als Beruf, sondern das ist für sie Berufung. Deswegen gilt es, auch diese ganz extrem zu stärken.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Bei den Trägern gibt es den einen oder anderen Punkt, den wir noch diskutieren müssen, auch was die Prüfung angeht. Ich sage immer: Ich bin seit 25 Jahren in der Lebenshilfeorganisation als Geschäftsführer tätig. Insofern darf ich das, was wir hier in der Politik in Gesetzen vorgeben, später an anderer Stelle umsetzen. Ich gestehe, da hakt es manchmal ein bisschen. Deswegen will ich bei diesen Punkten

(Abg. Scharf (CDU) )

mit den Kolleginnen und Kollegen genau hinschauen.

Niemand versteckt sich, was die Prüfung angeht, wenn genau hingekuckt wird. Aber ich sage immer: Träger haben es heute auch nicht einfach. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Aktuell setzen die Träger in unserem Land die Konsensstudie um. Es werden also neue Wohnheime gebaut. Wir werden später nach dem neuen Bundesteilhabegesetz kein ambulantes und kein stationäres Wohnen mehr haben. Diese Dinge sind nachher von den Gebietskörperschaften zu zahlen. Und das stellt die Träger heute vor eine große Problematik. Wenn sie einen Kredit aufnehmen, müssen sie nämlich eine mittelfristige oder langfristige Finanzplanung aufstellen. Dann gehen sie zu den Banken, und die Banken wollen nach Basel III heute nicht mehr nur zwei Zettel haben, vielmehr müssen sie dort in der Regel sehr viel bedrucktes Papier abgeben. Diese Dinge sind noch nicht zu 100 Prozent geklärt und geregelt. Deswegen haben wir dort das Problem, dass wir nicht wissen, wie nachher die ganz Thematik aussieht. Das ist recht schwierig, denn das Land wird weiterhin Träger der Eingliederungshilfe sein, aber die Gebietskörperschaften sind für die Grundsicherung in diesem Segment zuständig. Das ist nur ein Punkt, der aber sehr große Probleme mit sich bringt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind deswegen gut beraten, alles noch einmal kritisch, aber konstruktiv unter die Lupe zu nehmen. Ich glaube, das wird uns auch gelingen. Ich wünsche uns deshalb eine gute Anhörung, ich wünsche uns, dass wir die Dinge intensiv miteinander diskutieren, um hinterher zu einem guten Gesetz zu kommen. Darum bitte ich Sie ganz herzlich, denn das haben die behinderten Menschen in unserem Lande verdient. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun Rudolf Müller von der AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um die notwendige Umsetzung eines Bundesgesetzes in Landesrecht. Dem werden wir uns selbstverständlich nicht entgegenstellen. Ich möchte mich insofern meinem Vorredner anschließen, als er deutliche Kritik geäußert hat an dem Verhalten der Krankenkassen. Ja, da gibt es tatsächlich Probleme, die das Saarland viel Geld kosten. Im Rechnungsprüfungsausschuss ist klar geworden, dass - teilweise allerdings auch durch Fehler der Regierung - dem Saarland über 7 Millionen Euro entgangen sind, die dem Land hätten zufließen sollen.

Es handelt sich dabei um die Kosten für die Frühförderung.

Man hat die Frühförderung vor etwa zehn Jahren installiert und damals vereinbart, dass nach einiger Zeit genau geschaut wird, wie viel davon das Land zu bezahlen hat und wie viel die Krankenkassen. Es hat sich gezeigt, dass die Krankenkassen einen wesentlich höheren Beitrag zu zahlen gehabt hätten, als sie gezahlt haben. Weil es nicht genug Nachdruck vonseiten der Regierung gegeben hat, sind diese Fehlbeträge in Millionenhöhe für das Saarland zustande gekommen. Ich nehme an, dass in dem Ausschuss, in dem wir die Sache weiter beraten werden, darüber noch einmal gesprochen wird, auch über die sonstigen Dinge, die noch zu regeln sind, und dass wir nach Anhörung der Betroffenen auch zu einem vernünftigen Ergebnis kommen werden. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD.)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Sebastian Thul von der SPD-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verfolgen mit diesem Ausführungsgesetz zum Bundesteilhabegesetz und dem Bundesteilhabegesetz selbst im Wesentlichen drei Ziele. Wir wollen zum einen die Grundsätze für alle Reha-Träger im Lande reformieren und wollen damit zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit beitragen. Zweitens lösen wir die Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem des SGB heraus und schaffen ein modernes, personenzentriertes Teilhaberecht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will es besonders betonen: Ich finde, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir bei der Eingliederungshilfe mittlerweile nicht mehr von Fürsorge, sondern von Teilhabe reden. Das ist ein wirklicher Meilenstein in Sachen Teilhabe von Menschen mit Behinderung und das begrüßen wir ausdrücklich. Drittens wollen wir eine Stärkung der Schwerbehindertenvertretung. Wir erweitern den Personenkreis für Merkzeichen aG, um Menschen mit schwersten Erkrankungen dieses Merkzeichen zu ermöglichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist von dem Kollegen Hermann Scharf schon einiges gesagt worden. Ich will nur noch hinzufügen: Ja, es werden in der Tat einige Punkte kritisch gesehen, auch von den Trägerinnen und Trägern. Ich will einen davon noch einmal herausgreifen, das ist die nicht anlassbezogene Prüfung unserer Trägerinnen und Träger der Eingliederungshilfe. Wir nehmen diese Kritik sehr ernst. Ich denke, wir müssen auch alles tun, damit die Trägerinnen und Träger der Eingliederungshilfe in unserem Land nicht unter Generalver

(Abg. Scharf (CDU) )

dacht gestellt werden, denn die machen eine hervorragende Arbeit im Lande, und dafür können wir nur dankbar sein.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich will für meine Partei insbesondere das Budget für Arbeit noch einmal herausgreifen. Ich glaube, dies entspricht auch dem Geist des Bundesteilhabegesetzes. Die Sozialdemokratie stand und steht für Gute Arbeit, und wir wollen nicht mehr unterscheiden zwischen Guter Arbeit für Menschen mit Behinderung und Guter Arbeit für Menschen ohne Behinderung. Beide haben ein Recht auf Gute Arbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Durch die Neuordnung des Budgets für Arbeit können wir die Möglichkeit der Teilhabe von Menschen mit Behinderung qualitativ und quantitativ verbessern. Wir gehen dort über den Bundesdurchschnitt hinaus. Mein ehemaliger Arbeitgeber wurde von dem Kollegen Scharf schon genannt. Ich bin auch stolz darauf, dass wir unseren Menschen mit Behinderung sehr gute Löhne zahlen. Für ihre Arbeit sind wir ihnen zu großem Dank verpflichtet.

Wer in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderungen geht, wird sein Bild von der Arbeit, die da geleistet wird, total ändern. Es ist beeindruckend, was dort mittlerweile an hoch moderner Arbeit, an hoch komplexen Arbeitsabläufen stattfindet. Wir müssen deshalb noch einen Schritt weitergehen, und ich stelle die Frage - und das ist etwas, was wir mit den Trägerinnen und Trägern, vor allen Dingen aber auch mit den Betroffenen diskutieren müssen -, ob es nicht einen Mindestlohn für Menschen mit Behinderung geben soll. Wie hoch der liegen soll, darüber kann man sicherlich diskutieren. Dass wir den Mindestlohn, den wir aktuell haben und der durch den Bund vorgegeben wird, beispielsweise als WZB oder als Reha GmbH massiv überschreiten, ist eine Sache. Wir müssen uns aber auch grundsätzlich darüber unterhalten, dass, wenn wir einen Mindestlohn für Menschen ohne Behinderung fordern, es meines Erachtens nur konsequent ist, auch einen Mindestlohn für Menschen mit Behinderung zu haben. Auch da darf meiner Meinung nach in Zukunft mehr gemacht werden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Ich freue mich deshalb ganz besonders auf die anstehende Anhörung. Ich hoffe, dass viele Trägerinnen und Träger, aber auch Betroffene in den Ausschuss kommen. Wir werden ihre Anregungen, aber auch ihre Kritik dankbar aufnehmen. Ich freue mich auf das weitere Verfahren und bitte um Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache. - Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zu überweisen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 16/236. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes 16/236 in Erster Lesung unter gleichzeitiger Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in Erster Lesung einstimmig, mit den Stimmen aller Fraktionen dieses Hauses, angenommen wurde.

Wir kommen zu Punkt 3 der Tagesordnung:

Erste Lesung des von der AfD-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz - PrivSchG) (Drucksache 16/240)

Zur Begründung des Gesetzentwurfes erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Josef Dörr das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 30. Januar 1962 hat der saarländische Landtag ein Gesetz verabschiedet, die freie Trägerschaft von Schulen betreffend: das Gesetz Nr. 751. Die Aufgaben sind in dem Gesetz genannt: „Schulen in freier Trägerschaft dienen nach Maßgabe des Verfassungsrechts der öffentlichen Aufgabe, als Ersatz- oder Ergänzungsschulen das Schulwesen zu bereichern. Sie erweitern das Angebot freier Schulwahl und können das Schulwesen durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts fördern.“

Dieses Gesetz hat, so kann man sagen, über die Jahrzehnte im Großen und Ganzen seine Aufgabe zur Zufriedenheit derjenigen, die betroffen sind, erfüllt. Allerdings ist durch die Änderung dieses Gesetzes am 16.11.2011 ein radikaler Wandel eingetreten. Aus dem Gesetz zur Förderung der Privatschulen ist ein Gesetz geworden zur Verhinderung von Privatschulen oder von Schulen in freier Trägerschaft. Ganz grob kann man das so darstellen: Wurden vorher die Kosten für diese Schulen vom ersten Tag der Genehmigung und der Errichtung der Schule an voll bezahlt, war ab sofort eine Durststrecke von drei Jahren angesagt. Das hat natürlich dazu geführt, dass nur noch große Anbieter, dass nur noch große Träger, sprich die Kirche, die Waldorfschulen, die Montessori-Schulen und so weiter, mithalten konnten, aber die kleinen örtlichen Träger auf der Strecke blieben.

(Abg. Thul (SPD) )

(Abg. Renner (SPD) : Welche?)

Mir ist zum Beispiel überhaupt keine Neugründung einer privaten Schule in den seitdem vergangenen Jahren bekannt. Aber vielleicht ja dem Herrn Renner.

(Abg. Renner (SPD) : Wer ist auf der Strecke geblieben? Konkret!)

Konkret haben wir seitdem keine Schulen mehr gegründet. Deswegen ist diese Idee auf der Strecke geblieben. Das war die Idee, dass man das Schulsystem bereichern sollte.

(Zuruf von der SPD: Welche konkreten Maßnah- men sind auf der Strecke geblieben? Keine!)

Nach meiner Erinnerung wurden damals zwei Gründe genannt: Zum einen wollte man sparen. Es ist eine Tatsache, dass in dem Fall, dass eine Gemeinde Trägerin einer Grundschule ist, die Gemeinde auch für die Sachkosten aufkommen muss. Handelt es sich hingegen um eine Privatschule, kostet das den Staat etwas. Zum anderen hat man, so erinnere ich mich - wobei ich der Ansicht bin, dass man Wege hätte finden können, um das zu umgehen -, die Pius-Bruderschaft kaltstellen wollen. Das ist, so wie ich das sehe, nicht gelungen. Ich möchte darüber auch kein Urteil abgeben.

Was im Jahre 1962 sinnvoll und gut war, ist heute leider bitter notwendig. Wir haben heute bei uns Schulen, zum Beispiel Gemeinschaftsschulen, von denen wir Brandbriefe bekommen. Der zuständige Minister bekommt Brandbriefe, von diesen Briefen erfahren aber auch wir aus der Presse.

(Abg. Renner (SPD) : Und im Ausschuss.)

Es ist darin von steigender Aggressivität die Rede, von Beleidigungen, von Bedrohungen, von Lehrerinnen, die nicht mehr in die Schule gehen, weil sie Angst haben, von Drogenproblemen, von Alkoholproblemen, von Gewalt und so weiter.

Heute Morgen nun lese ich in der Zeitung, dass der zuständige Minister das Mittel gefunden habe, diese Sache anzugehen. Es sollen externe Coacher kommen, also Berater, zwölf an der Zahl. Sie sollen die Schulen beraten. Dazu kann ich nur sagen, dass das eine totale Bankrotterklärung ist. Denn haben wir - erstens - nicht selbst Leute, die wissen, was Sache ist? Und brauchen - zweitens - die Schulen überhaupt Berater? Nein, sie brauchen Hilfe! Die wichtigste Hilfe wäre zum Beispiel, dieses System der ideologisch begründeten Inklusion, aber auch andere Dinge, radikal umzustellen. Aber zu diesem Schritt ist die Regierung weder in der Lage noch will sie diesen Schritt gehen.

Wir sollten, so denke ich, die Probleme, die unsere Kinder in der Schule haben, ernst nehmen und den Kindern einen Fluchtweg offenhalten, damit sie aus

diesem System ausscheren können. Diesen Fluchtweg stellen die Privatschulen beziehungsweise die Schulen in freier Trägerschaft dar.

(Zuruf von der SPD: Super Lösung!)

Sie machen unser Schulsystem auch bunter und vielfältiger, und von vielen von Ihnen habe ich ja schon häufig gehört, dass Sie für Buntheit und für Vielfalt sind. Das wäre nun ein Punkt, bei dem man das tatsächlich umsetzen könnte.

Wenn wir also im Saarland schon nicht bereit und in der Lage sind, die Missstände an unseren Gemeinschaftsschulen durch eine radikale Umkehr in der Schulpolitik - weg von wirklichkeitsfremder Sozialromantik hin zum gesunden Menschenverstand - zu beseitigen, sollten wir wenigstens unseren Kindern einen Fluchtweg offen lassen. Geben wir ihnen die Möglichkeit, Schulen in freier Trägerschaft zu besuchen, bei denen die Eltern noch selbst bestimmen können, was unterrichtet wird und wozu erzogen wird. Ein großes Risiko gehen wir dabei ohnehin nicht ein, denn die Gültigkeit des Gesetzes endet, wie Sie wissen oder vielleicht auch nachgelesen haben, am 31. Dezember 2020. Also Mut! Machen Sie das jetzt, solange Sie noch etwas machen können! Danke schön.

(Beifall von der AfD.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Jürgen Renner von der SPD-Landtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es lohnt sich bei Anträgen der AfD hier im Plenum immer auch, sich mit thematisch korrespondierenden Presseverlautbarungen der AfD zu beschäftigen. Am 06. August 2017 hat sich Herr Dörr in der Saarbrücker Zeitung auch zu dieser Frage, die wir heute behandeln, geäußert. Er sagte dort, Schulen müssten Teil eines Marktes werden. Und mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich: „Ich persönlich“ - also Herr Dörr - „bin der Ansicht, dass der Staat kein guter Unternehmer ist und deshalb auch Schulen nicht gut führen kann.“ Es ist eben auch in Ihrer Rede hier angeklungen, dass Sie das Private dem Staat vorziehen.

Ich kann Ihnen dazu sagen, wir sind der Ansicht, dass Schulen keine Unternehmen sind, dass Schülerinnen und Schüler keine Kunden sind und dass Bildung keine Ware ist, sondern ein Menschenrecht.