Protocol of the Session on June 17, 2015

Konsolidieren, Rahmenbedingungen gestalten und investieren - all das tun wir. Hinzutreten muss natürlich - und damit sind wir beim Thema der Bund-Länder-Finanzbeziehungen - die Klarheit über die zukünftige Ausgestaltung. Genau daran arbeiten wir auch. Das ist keine einfache, aber für das Saarland eine existenzielle Aufgabe. Ja, es stimmt, es gibt noch keine Einigung. Ja, es stimmt, dass, wenn nicht noch Unvorhergesehenes passiert, es wahrscheinlich auch morgen dazu noch keine Einigung geben wird. Aber das ist doch allenfalls ein Beleg dafür, wie schwierig die Materie ist! Es ist allenfalls ein Beleg dafür, dass es eine Reihe von widerstreitenden Interessen gibt. Und es ist mitnichten ein Beleg für eine erfolglose Verhandlungsstrategie des Saarlandes. Ganz im Gegenteil, wir haben doch zumindest ein für das Saarland wichtiges Zwischenergebnis erzielt, dass nämlich mittlerweile alle Länder und der Bund ausdrücklich anerkannt haben, dass unabhängig davon, wie der Kompromiss aussehen wird, immer gewährleistet sein muss, dass damit auch die Zukunftsfähigkeit der Haushaltsnotlageländer Bremen und Saarland gesichert ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte einfach mal darum bitten, kurz zu überlegen, was dem Land letztlich mehr bringt. Bringt es dem Land mehr, ein festgelegtes Konzept Tag für Tag zu wiederholen, verbunden mit der Gefahr, dass es nicht kommt, oder bringt es dem Land mehr, eine Grundsatzaussage zu haben, die da lautet: Egal welches Konzept auch kommen wird, es wird immer so ausgestaltet sein, dass es die Zukunftsfähigkeit des Saarlandes sichert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Ziel ist es nicht, in diesem Land in programmatischer Schönheit zu sterben. Unser Ziel ist es, mit pragmatischer Realpolitik unser Überleben als eigenständiges Bundesland zu sichern. Wir sind uns klar in der Linie, die wir zu verfolgen haben.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich sage auch in aller Deutlichkeit: Es geht bei der Ausgestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nicht um Almosen für dieses Land, um bloße Hilfen für ein strukturell leidendes Bundesland. Es geht vielmehr um gerechtfertigte Ausgleiche für strukturell

(Ministerin Rehlinger)

angelegte Benachteiligungen, Ausgleiche, die notwendig sind, um dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Lebensverhältnisse gerecht zu werden. Ich finde, wir haben auch allen Grund, in diesen Verhandlungen selbstbewusst aufzutreten. Es stimmt, wir sind auf dem letzten Platz, wenn es darum geht, die Finanzkraft auszugestalten. Aber wir sind auf dem fünften Platz, wenn es um die Wirtschaftskraft des Landes geht. Das zeigt doch, dass wir in diesem Land strukturell sehr wohl gut aufgestellt sind, auch im Vergleich zu anderen Bundesländern, die aus völlig falschen Erwägungen heraus völlig falsche Reden gegenüber dem Saarland schwingen. Das Saarland ist gut aufgestellt, wir dürfen aber sehr wohl verlangen, dass man strukturelle Benachteiligungen in diesem Land ausgleicht. Deshalb sollten wir das in diesen Verhandlungen auch mit großem Selbstbewusstsein vortragen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Kolleginnen und Kollegen, die saarländische Landesregierung ist auf dem richtigen Weg, auf dem Weg, die Zukunftsfähigkeit des Landes zu sichern. Dazu dient der beschriebene saarländische Weg. Die Opposition ist gefordert: Nutzen Sie Ihre Kontakte. Wirken Sie ebenfalls so intensiv auf die Zukunftssicherung dieses Landes ein, wie wir das tagtäglich tun. Ich bin der festen Überzeugung, dass bei der Frage der Zukunftsfähigkeit dieses Landes Parteiinteressen keine Rolle zu spielen haben. Bei der Frage der Zukunftsfähigkeit dieses Landes haben ausschließlich die Interessen der Saarländerinnen und Saarländer eine Rolle zu spielen. Diesen fühlen wir uns verpflichtet. Diese vertreten wir Tag für Tag in dieser Frage, aber auch in allen Einzelfragen. Herzlichen Dank und Glück auf!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir treten nun in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sitzung bis 14.15 Uhr und wünsche allen einen guten Appetit!

(Die Sitzung wird von 13.15 Uhr bis 14.15 Uhr unterbrochen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort und kommen nun zu der von der DIE LINKE-Landtagsfraktion beantragten Fragestunde zum Thema Erbschaftssteuer.

Fragestunde zum Thema: Erbschaftssteuer (Antragsteller: DIE LINKE-Landtagsfraktion)

Ich erlaube mir vorab, noch einmal auf einige Regularien hinzuweisen, wie sie die Geschäftsordnung des Landtages vorschreibt. Die Dauer der Fragestunde darf 60 Minuten nicht überschreiten. Die Mitglieder der Landesregierung sollen die Anfrage kurz und präzise beantworten. Die Antwort der Regierung ist ohne Beratung zur Kenntnis zu nehmen. Anträge sind unzulässig. Die Regierung kann die Beantwortung von Fragen ablehnen. Der Fragesteller ist berechtigt, zu jeder schriftlichen Frage bis zu sechs Zusatzfragen zu stellen. Stellt er weniger als sechs Zusatzfragen, so können die restlichen Fragen von anderen Abgeordneten gestellt werden. Schließlich weise ich darauf hin, dass Zusatzfragen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Anfrage stehen müssen, keine Feststellungen oder Wertungen enthalten und nicht in mehrere Fragen unterteilt sein dürfen.

Die LINKE-Landtagsfraktion hat form- und fristgerecht zwei Fragen gestellt.

Ich rufe nun Frage 1 auf, gestellt vom Herrn Fraktionsvorsitzenden, Oskar Lafontaine.

Wie bewertet die Landesregierung das Erbschaftssteuerkonzept von Ministerin Rehlinger politisch und inwiefern macht sie sich das vorgelegte Konzept zu eigen?

Zur Beantwortung erteile ich Herrn Minister Stephan Toscani das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Rehlinger hat das Papier nicht in ihrer Eigenschaft als stellvertretende Ministerpräsidentin beziehungsweise nicht in ihrer Eigenschaft als Wirtschaftsministerin des Saarlandes vorgelegt. Sie hat dieses Erbschaftssteuerkonzept vielmehr in ihrer Eigenschaft als stellvertretende Landesvorsitzende der SPD Saar entworfen. Es ist ein Beitrag zur Diskussion in der SPD. Es handelt sich vom Grundansatz her bei diesem Papier um einen Diskussionsbeitrag zu einer grundlegenden Reform der Erbschaftssteuer, quasi einer Reform des Erbschaftssteuerrechts an Haupt und Gliedern. Der Vorschlag von Frau Kollegin Rehlinger verfolgt damit einen grundlegend anderen Ansatz als das, was im Moment an Überlegungen und Konzepten im Bundesfinanzministerium verfolgt wird. Während der Grundansatz von Frau Kollegin Rehlinger dahin geht, eine völlige Neukonzeption der Erbschaftsbesteuerung zu entwickeln, geht es beim Vorschlag des Bundesfinanzministeriums darum, punktuell die Vorgaben aus dem Urteil der Bundesverfassungsgerichts vom Dezember letzten Jahres zur Besteuerung der Unternehmensnachfolge umzusetzen.

(Ministerin Rehlinger)

Der Vorschlag des Bundesfinanzministeriums zielt nicht auf eine grundlegende Reform der Erbschaftssteuer. Auf diese Zielrichtung, die das Bundesfinanzministerium verfolgt, haben sich die Koalitionspartner auf der Bundesebene verständigt, und es gab auch eine Verständigung zwischen den Landesfinanzministern und dem Bundesfinanzminister. Es geht also bei dem Konzept des Bundesfinanzministeriums um eine punktuelle Anpassung an die Vorgaben des Verfassungsgerichts. Diese Anpassung muss bis zum 30. Juni 2016 verabschiedet sein. Bis dahin muss eine verfassungskonforme Neuregelung umgesetzt sein. Von daher gibt es zum Konzept von Frau Kollegin Rehlinger keine Bewertung seitens der Landesregierung.

Wird eine Zusatzfrage gestellt?

Kann ich Ihrer Antwort entnehmen, dass die Landesregierung sich das Konzept des Bundesfinanzministers zu eigen macht?

Wie Sie wissen, werden Gesetzesentwürfe der Bundesregierung zunächst einmal von der Bundesregierung beschlossen. So weit sind wir noch nicht. Es gibt bislang einen Referentenentwurf - ich sage einmal: lediglich einen Referentenentwurf - aus dem Bundesfinanzministerium. Sobald das Gesetzesvorhaben des Bundesfinanzministeriums vom Bundeskabinett beschlossen ist, wird es dem Bundesrat zugeleitet und dann wird sich die Landesregierung wie im Vorfeld von Bundesratssitzungen üblich - im Ministerrat eine Meinung zu dem Entwurf des Bundesfinanzministeriums in der dann vorliegenden Fassung bilden.

Selbst wenn Sie dem Konzept des Bundesfinanzministers nicht zustimmen, wie viel würde denn schätzungsweise das Konzept des Bundesfinanzministers an Mehreinnahmen für das Saarland bedeuten?

Das ist ganz schwierig zu beantworten. Das kann ich Ihnen auch aus der hohlen Hand heraus nicht beantworten, weil selbst die Experten im Bundesfinanzministerium im Moment nicht sicher sagen können, wie sich Veränderungen finanziell auf Bundesebene auswirken würden. Folglich kann man es auch noch nicht herunterrechnen auf das Saarland. Wir hoffen, wenn das Bundeskabinett abschließend einen Gesetzesentwurf beschlossen hat, dass dann auch vom Bundesfinanzministerium belastbare Zahlen geliefert werden.

Können Sie von Ihrer Seite schon die öffentliche Bewertung kommentieren, dass bei dem Konzept von Herrn Schäuble 99 Prozent der Betriebe ausgenommen sind?

Wir müssen uns diese Vorlage jetzt genau anschauen. Das Erbschaftssteuerrecht im Allgemeinen und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Besonderen betreffen hochkomplexe steuerrechtlich sehr schwierige Regelungen. Im Grundsatz hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, die bisherige Verschonung von Unternehmen, die Privilegierung der Unternehmensnachfolge gegenüber normalem Privatvermögen, ist verfassungsrechtlich im Prinzip akzeptabel. Allerdings waren einige punktuelle Regelungen nicht verfassungsgemäß. Man muss diese nun anpassen. Es gab zwischenzeitlich auch vonseiten des Bundesfinanzministeriums verschiedene Diskussionsstände. Wir haben jetzt einen Referentenentwurf, den wir zurzeit prüfen.

Vierte Frage?

Ich habe zur ersten Frage keine weiteren Zusatzfragen.

Es wurden nicht alle möglichen Zusatzfragen gestellt. Möchte ein anderes Mitglied des Parlaments eine Zusatzfrage stellen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Frage beantwortet.

Ich rufe Frage 2 auf, gestellt vom Herrn Fraktionsvorsitzenden Oskar Lafontaine:

Mit welchen Einnahmeverbesserungen und sonstigen Auswirkungen für das Saarland wäre bei einer Umsetzung des von Frau Ministerin Rehlinger vorgelegten Konzeptes zur Reform der Erbschaftssteuer zu rechnen und wie beurteilt die Landesregierung die Höhe der Mehreinnahmen vor dem Hintergrund notwendiger Einnahmeverbesserungen des Landes?

Zur Beantwortung erteile ich auch hier Herrn Minister Stephan Toscani das Wort.

Über die mit dem Modell verbundenen finanziellen Auswirkungen liegen uns keine Erkenntnisse vor. Bei solch grundlegenden Steuerreformansätzen wie bei dem von Frau Kollegin Rehlinger vorgeschlagenem Ansatz zur Reform der Erbschaftssteuer - das

(Minister Toscani)

kann man aber auch ganz allgemein für jegliche grundlegende Steuerreformen sagen, seien es nun Lohn-, Einkommens- oder Körperschaftssteuer - benötigt man umfangreiches statistisches Datenmaterial und man muss hierzu Modelle entwickeln. Auf der Basis dieser Daten und Modelle muss man dann mögliche Verhaltensänderungen der Steuerpflichtigen simulieren. Das sind sehr komplizierte Berechnungsmethoden. Dafür benötigt man auch die notwendigen statistischen Daten, wie sich das bundesweit auswirken wird. Über diese Ressourcen verfügen wir im Saarland nicht. Das kann in Deutschland das Bundesfinanzministerium leisten, das können die Finanzministerien großer Länder, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, Bayern oder BadenWürttemberg, leisten. Wir können das nicht. Leisten können das beispielsweise auch renommierte finanzwissenschaftliche Forschungsinstitute. Das heißt, mit unseren Ressourcen können wir nicht beurteilen, wie sich ein so grundlegendes Steuerreformmodell auf der Einnahmeseite praktisch auswirken würde.

Wird eine Zusatzfrage gestellt?

Das ist bekannt. Es war immer so, wenn Modelle vorgelegt worden sind, hat der Referent etwa aus Nordrhein-Westfalen sofort das Modell durch den Computer gejagt und dann wurden die Ergebnisse ausgespuckt. Ihnen sind keinerlei Ergebnisse bekannt? Es wäre ja denkbar, dass die Ministerin gesagt hätte, wenn mein Konzept realisiert wird, aufgrund des Computerdurchlaufs beispielsweise in NRW, gibt es für die Länder die und die Anteile. Das ist Ihnen nicht bekannt?

Darüber liegen uns keine Erkenntnisse vor.

Weitere Zusatzfrage?

Es ist auch nicht versucht worden, einmal ein anderes Modell durchzurechnen, um sagen zu können, wie viel für das Saarland an Mehreinnahmen zu erwarten wäre?

Ich sagte ja eben in Beantwortung der Zusatzfrage im ersten Fragenkomplex, dass wir darauf warten, wie nun der definitive, vom Bundeskabinett verabschiedete Gesetzesentwurf aus dem Bundesfinanzministerium aussehen wird. Wir gehen davon aus, dass er auch Prognosen beinhalten wird, wie sich das Modell des Bundesfinanzministeriums - es ist ja

dann nicht mehr nur ein Modell des Bundesfinanzministeriums, sondern, wenn es im Bundeskabinett beschlossen wurde, ein Vorschlag der gesamten Bundesregierung - auf der Einnahmeseite finanziell auswirken wird.

Dritte Frage.

Darf ich aus Ihren bisherigen Antworten schließen, dass die Landesregierung keine eigene Initiative zur Erbschaftssteuer ergreifen wird mit dem Ziel, die Einnahmen des Saarlandes zu verbessern?

Wir werden jetzt die Diskussion abwarten und danach uns eine Meinung bilden zum Entwurf des Bundeskabinetts. Dieser wird ja im Laufe des Jahres vorgelegt werden. In unsere Überlegungen wird sicherlich auch einfließen, wie die Bundesregierung die Entwicklung auf der Einnahmeseite, die Auswirkungen dieses Konzepts auf der Einnahmeseite, selbst prognostiziert. Im Übrigen gibt es zurzeit keine weiteren Planungen der Landesregierung zur Anhebung von Steuersätzen oder zur Vorlage eines eigenen Steuerkonzepts zur Reform der Erbschaftssteuer.

Vierte Frage.

Wäre es nicht eigentlich angesichts der Haushaltslage des Saarlandes notwendig, dass das Saarland als ein stark unterfinanziertes Land den Versuch macht, ein eigenes, für das Saarland ertragreiches Konzept zur Erbschaftssteuer vorzulegen?

Sie müssen sehen, dass es in der bundesweiten Diskussion im Moment eine Fokussierung der Debatte insoweit gibt, als man sich sowohl bei den Bundestagsfraktionen, den Regierungsfraktionen im Bund, als auch in Rückkopplung mit den Landesfinanzministerien sagt: Es geht jetzt darum, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Es geht darum, die Kritik des Bundesverfassungsgerichts zu heilen, bezogen auf genau die Vorschriften, die das Bundesverfassungsgericht gerügt hat. Diese müssen verfassungskonform neu gestaltet werden. Darauf allein konzentriert sich im Moment die bundesweite Diskussion. Das sehe ich im Moment in der bundesweiten Diskussion auch einzig als kompromissfähig an. Weitergehende Überlegungen anzustellen würde im Moment aus unserer Sicht überhaupt nichts bringen; das wären verschenkte Res