Sie tun jetzt so, als hätten Sie mit all dem nichts mehr zu tun, nicht mit Frau Bundesgesundheitsministerin im Jahr 2003 und nicht mit Frau Ferner im Jahr 2007. Dazu fällt mir nur ein Wort ein: Das ist scheinheilig, Frau Hoffmann-Bethscheider.
Eine solche Politik bringt Sie vielleicht - ich sehe das an den Gesichtern auf der linken Seite - näher an die Linkspartei in diesem Land. Das mag alles sein, auf Landes- wie auf Bundesebene. Ganz sicher bringt Sie aber eine solche Politik nicht näher an das Regierungshandeln, und das ist gut so!
Sie bleiben im Übrigen die Nennung von Konsequenzen schuldig, wenn Sie anführen, die SPD stehe für die Bürgerversicherung. Das ist alles nichts Neues. Sie sagen, sie soll paritätisch finanziert werden. Wie Sie die paritätisch finanzieren wollen, sagen Sie nicht. Sie planen, dabei alle Einkommensarten zu berücksichtigen, also alle Einkünfte, auch Mieteinkünfte, nicht nur Lohneinkünfte. Sie sagen aber nicht, wie Sie das mit der Beitragsbemessungsgrenze handhaben wollen. Wir haben keine Ahnung, was es bedeutet, wenn jemand 3.000 Euro verdient und 1.500 Euro Mieteinnahmen hat. Zahlt er dann mehr als jemand, der 4.500 Euro verdient? So scheint es mir nämlich, wenn ich mir das anschaue. Das hat für meinen Geschmack relativ wenig mit Gerechtigkeit zu tun.
Sie sagen, Ihr System ist günstiger. Sie sprechen immer von dem Schreckgespenst 35 Millionen, die die ach so schreckliche Kopfpauschale kostet, die das sage ich noch mal - niemand möchte. Sie verschweigen aber, dass bereits jetzt jedes Jahr fast 16 Milliarden in den Gesundheitsfonds fließen, um versicherungsfremde Leistungen mit zu finanzieren. Selbst die Verwendung von Steuergeldern ist im Gesundheitssystem nichts Neues. Auch das haben Sie in der Großen Koalition mit beschlossen.
Sie fordern im Antrag, mit allen Zusatzbeiträgen Schluss zu machen. Die Zusatzbeiträge, die von den Kassen erhoben werden - der Sonderbeitrag von 0,9 Prozent -, sollen also wegfallen. Dann gehen den Krankenkassen ja Gelder verloren, das besagt Ihr Antrag. Sie schreiben, dass alle abgeschafft werden sollen. Sie schreiben nicht, wir wollen den Wechsel zur Bürgerversicherung. Sie sagen aber auch nicht, wie Sie diese Gelder kompensieren wollen. Ich frage Sie, wenn diese Leistungen den Krankenkassen wegbrechen, was sollen die Krankenkassen dann
machen? Sollen sie die Leistungskataloge einschränken? Ist es das, was Sie wollen? Ich sage Ihnen ganz deutlich: Die Kürzung von Leistungen ist meines Erachtens weitaus schlimmer als ein Zusatzbeitrag von 8 Euro. Diese 8 Euro kann man zurzeit noch umgehen, indem man die Kasse wechselt, das muss man auch sagen.
Sie lachen, Herr Roth! Früher waren Beitragsunterschiede bei den Krankenkassen an der Tagesordnung. Schauen wir uns an, was 8 Euro Zusatzbeitrag für jemand bedeutet, der 1.000 Euro verdient. Ich habe das ausgerechnet. Das ist, als hätten wir eine Beitragssteigerung von 13,8 Prozent auf 14,6 Prozent. Also eine Beitragssteigerung, die früher überall an der Tagesordnung war, die niemand anrüchig fand, auch niemand in der SPD. Das machen Sie jetzt zum riesigen Thema, weil Sie genau wissen, dass der Bürger letztendlich mit 8 Euro, die er mehr oder weniger in der Tasche hat, mehr anfangen kann als mit der Frage, zahle ich 13,5 oder 14,8 Prozent Beitrag. Das nutzen Sie in Ihrer Argumentation schamlos aus. Das ist nicht richtig.
Kolleginnen und Kollegen, 8 Milliarden Euro Defizit im Jahr 2010 in der gesetzlichen Krankenversicherung, prognostizierte 11 Milliarden Euro Defizit in der Krankenversicherung im nächsten Jahr. Was will die SPD? Sie will das Rad zurückdrehen in die Achtzigerjahre. Das kennzeichnet Ihre Politik in der Gesundheitsfrage und enttarnt sie auch. Ich fasse zusammen. Auch für die CDU in diesem Hause gilt: Wir halten an der Parität fest. Wir sind gegen eine weitere Aufweichung der Parität. Es gilt der Grundsatz: Starke Schultern tragen mehr als schwache Schultern.
Mit der CDU wird es keine Abkehr vom solidarischen Krankenversicherungssystem geben. Gleichzeitig sage ich aber auch, bevor es zu Belastungen in irgendeiner Form kommt, muss geklärt sein, dass alle Einsparmöglichkeiten im Gesundheitssystem ausgeschöpft werden. Wenn ich daran denke, dass allein im Arzneimittelbereich relativ leicht, wenn man den Berichten Glauben schenken darf, etwa 3 Milliarden Euro pro Jahr gespart werden können, dann sage ich, es ist der richtige Ansatz, wenn man jetzt auf Bundesebene dieses Thema angeht, denn Parität und Wettbewerb müssen sich nicht ausschließen im Sinne weiterer Verhandlungsmöglichkeiten für die Krankenkassen mit der Pharmaindustrie. Das ist aus Sicht der CDU ein richtiger, ein verfolgenswerter Ansatz.
Für die Koalition auf Bundesebene war immer klar, es wird an der im Koalitionsvertrag festgehaltenen Zielvereinbarung festgehalten. Über die genaue Umsetzung dieser Zielvereinbarung beschließt aber ei
ne Regierungskommission en détail. Diese Regierungskommission, meine Damen und Herren, wird morgen - Sie haben das der Presse sicherlich entnehmen können - ihre Arbeit aufnehmen. Für die CDU macht es keinen Sinn, jetzt über ungelegte Eier zu fabulieren, über Spekulationen in den Medien zu beraten.
Es macht keinen Sinn, deshalb über Bundesratsinitiativen, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren, nachzudenken. Ich sage, wir warten ab, was die Regierungskommission herausfindet und was letztendlich die Ergebnisse der Arbeit der Kommission sein werden. Dann können wir uns sehr gerne auch in diesem Haus noch einmal darüber unterhalten. Grundsätzlich halten wir es für den richtigen Ansatz, auch im Landtag über bundespolitische Themen zu beraten. Dagegen sperren wir uns nicht. Wir beurteilen jedenfalls den SPD-Antrag als schlechten Versuch der Reinwaschung von elf Jahren Regierungspolitik. Wir lehnen den Antrag deshalb ab.
Eine Partei, die die eigene Bundespartei sozusagen infrage stellt und ihr die Kompetenz abspricht, in der Zeit ihrer Regierungsverantwortung in der Gesundheitspolitik eine gerechte Politik zu machen, beweist doch nur, dass sie letztendlich im Bund wie im Land in der Opposition richtig ist. - Besten Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hans, ich wundere mich doch schon sehr, wenn Sie erzählen, Sie hätten von Kopfpauschale noch nichts gelesen. Gerne bin ich bereit, zwei Sätze aus der heutigen Presse vorzulesen: „Versicherte müssen mit 29 Euro Pauschale rechnen. Gesundheitsminister Philipp Rösler hält an der umstrittenen Einführung einer Kopfpauschale fest.“
Aber, Herr Hans, wir sind uns ja darüber einig, dass Gesundheit eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung eines jeden Einzelnen ist. Im Mittelpunkt des Gesundheitssystems muss die umfassende Versorgung aller Patientinnen und Patienten stehen. Entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit hat die soziale Lage der Bürgerinnen und Bürger. Menschen mit geringem Einkommen und unsicheren beruflichen Positionen sind häufiger von Krankheit betroffen und sterben zumeist früher als diejenigen, die über feste Arbeitsverhältnisse verfügen. Deshalb darf der Zustand „Armut macht krank“ nicht länger hingenommen werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Je
der Mensch hat das Recht auf medizinische Versorgung unabhängig von seinem Geldbeutel, unabhängig von seinem Alter und unabhängig von seinem gesellschaftlichen Status.
Von einem funktionierenden Gesundheitssystem wird erwartet, dass es den Menschen zur Förderung der Gesundheit sämtliche erforderlichen medizinischen Hilfen und Leistungen bereitstellt. Leider steht die Gesundheitspolitik seit Jahrzehnten im Mittelpunkt der Kostendämmung. Wieder einmal ist es Ziel der Bundesregierung, die Arbeitgeber auf dem Rücken der Versicherten sowie der Patientinnen und Patienten zu entlasten. Diese müssen die Gesundheitskosten zunehmend selbst tragen. Die paritätische Finanzierung wird nach und nach brutal ausgehebelt. Die Beiträge zu Krankenkassen werden folglich nicht mehr zur Hälfte von Arbeitgebern und zur anderen Hälfte von den Versicherten gezahlt. Stattdessen tragen die gesetzlich Krankenversicherten mit ihren Beiträgen sowie mit Zuzahlungen, Praxisgebühr und dem Sonderbeitrag von 0,9 Prozent mittlerweile fast zwei Drittel der Kosten.
Die Arbeitgeber werden dagegen nur noch mit einem Drittel beteiligt. Alleinige Gewinner dieser von der schwarz-gelben Bundesregierung betriebenen Klientelpolitik werden die Pharmakonzerne, die Unternehmen, die Versicherungskonzerne und Menschen mit höherem Einkommen sein. Von paritätischer Finanzierung kann insofern nicht mehr gesprochen werden.
Die seit 1883 geltenden hart erkämpften Strukturprinzipien wie Solidarität, Sachleistungen, Selbstverwaltung und paritätische Finanzierung wird es wohl bald nicht mehr geben. Die Ankündigung mehrerer großer Krankenkassen, Zusatzbeiträge von den Versicherten einzufordern, hat die Diskussion um die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung neu entfacht. Bundesgesundheitsminister Rösler versucht, das Modell einer Kopfpauschale im Gesundheitssystem auch gegen Widerstände durchzuführen. So soll der Arbeitgeberbeitrag eingefroren werden. Für die gesetzlich Krankenversicherten bedeutet dies, dass sie alle Kostensteigerungen alleine finanzieren müssen. Unabhängig vom Einkommen soll ein Abteilungsleiter den gleichen Kassenbeitrag entrichten wie eine Kassiererin bei Schlecker. Wenn Sie dieses Vorgehen als solidarisch bezeichnen sollten, dann, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, habe ich ein anderes Solidaritätsverständnis.
Verdienenden. Die Mehrheit der Bevölkerung will eine Krankenversicherung, die bei Krankheit die bestmögliche gesundheitliche Versorgung garantiert und die dafür notwendigen Leistungen solidarisch und sozial gerecht finanziert. Schon jetzt werden arme und kranke Menschen über Gebühr belastet. Die eingeführte Praxisgebühr führte dazu, dass besonders Patienten aus einkommensschwachen Schichten Arztbesuche einsparten. Ein negativer Effekt, der in Zukunft gesundheitlich massive Auswirkungen haben könnte.
sondern das ist das Ergebnis - hören Sie zu, Herr Scharf - einer Studie, die von der Bertelsmann- Stiftung in Auftrag gegeben wurde. Diese Stiftung, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, steht ganz bestimmt nicht in Verdacht, linkslastig zu sein.
Die geplante Kopfpauschale ist eng mit dem Ziel verbunden, die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine Grundversorgung zu reduzieren. Damit wird der Weg in eine Zwei-KlassenMedizin manifestiert. Aber Deutschland ist nach Artikel 20 Grundgesetz ein demokratischer und sozialer - ich wiederhole: auch ein sozialer - Rechtsstaat. Die ersten Opfer der Gesundheitsreform werden die Rentnerinnen und Rentner sein. Die geplante Kopfpauschale und die Festschreibung der Arbeitgeberbeiträge in der Krankenversicherung werden bei den Rentnerinnen und Rentnern zu drastischen Nettorentenkürzungen führen, denn der ehemalige Bundesarbeits- und Sozialminister Jung hat bereits Ende des letzten Jahres zwei Rentennullrunden für die Jahre 2010 und 2011 angekündigt. Die Rentnerinnen und Rentner werden jetzt nicht nur arm im Alter sein. Nein, die schwarz-gelbe Koalition verwehrt ihnen mit der Kopfpauschale auch noch eine soziale Gesundheitsversorgung im Alter, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle noch den Hinweis, dass selbst innerhalb der CDU/CSU und FDP kritische Stimmen immer lauter werden. Wie wir heute aus der Presse erfahren konnten, hat sogar Ministerpräsident Peter Müller seine Vorbehalte gegenüber der Gesundheitsprämie bekräftigt. Auch erklärte erst kürzlich Ex-Gesundheitsminister Horst Seehofer, das Modell der Kopfpauschale sei weder gerecht noch finanzierbar. Sie bringe keine Einsparungen, sondern Mehrausgaben. Wenn ich noch nie einem CSU-Ministerpräsidenten zugestimmt habe, an diesem Punkt muss ich es einfach tun.
Daher bleibt DIE LINKE bei der Forderung, alle Kürzungsfaktoren in der Rente zu streichen und eine solidarische Bürgerversicherung im Gesundheitswesen einzuführen. Denn nur diese ist sozial gerecht. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag und die Debatte sind nicht inhaltlicher Natur. Es geht nicht um die Sache, es geht auch nicht um die Gesundheitsversorgung der Saarländerinnen und Saarländer, es ist lediglich der plumpe Versuch, Stimmung zu machen gegen einen Sachverhalt, der eigentlich noch gar nicht entschieden ist. Ziel der SPD ist es, eine politische Kampagne gegen die Gesundheitsprämie vorzubereiten, aber nicht das Problem der Finanzierung des Gesundheitswesens zu lösen.
Dies erkennt man an einer ganz einfachen Tatsache. Die Regierungskommission von Bundesgesundheitsminister Rösler wurde gerade erst ernannt und sie wird morgen zum ersten Mal tagen und die Beratungen aufnehmen. Bisher ist also noch gar nichts entschieden. Aber Sie geißeln alle Vorschläge schon mal prophylaktisch, die noch gar nicht auf dem Tisch liegen und die Sie damit auch noch gar nicht kennen können.