Protocol of the Session on November 30, 2011

(Sprechen.)

Wenn wir über die Polizeistrukturreform debattieren, müssen wir davon ausgehen, dass in diesem Bereich Sparmaßnahmen unumgänglich sind und wir uns diesen stellen müssen. Niemand spart gerne in diesem Bereich. Es sind strukturelle Veränderungen, und die gehören mit zu den schwierigsten Veränderungen überhaupt.

Wenn wir heute Morgen miteinander dieses Gesetz verändert haben, so heißt das nicht, dass wir die politische Begleitung eingestellt haben. Vielmehr stellen wir uns einer Politik der Verantwortung und müssen diese Maßnahmen weiter miteinander diskutieren. Diese Maßnahme heißt nicht umsonst „Polizeistrukturreform 2020“. Das bedeutet, dass wir eine langfristige und nachhaltige Strategie verabschieden möchten. Dazu ist es notwendig, ein Konzept zu haben, auf das sich die Bevölkerung - das ist ganz wichtig - und auch die Polizei verlassen können. Wir haben das große Problem und die schwierige Aufgabe, den Spagat zu schaffen zwischen der Präsenz in der Fläche auf der einen Seite und einer kompetenten Bearbeitung von Kriminalität sowie einer ganz nachhaltigen Prävention auf der anderen Seite. Das wird uns nur mit effektiveren Strukturen gelingen. Der Kollege Jochem hat schon einige Punkte aufgegriffen und erläutert, welche positiven Ansätze er insgesamt sieht.

Es ist unumgänglich, dass wir die wertvollen Ressourcen der saarländischen Polizei ganz gezielt einsetzen, dass wir uns auf Kernbereiche polizeilicher Arbeit konzentrieren und insbesondere Schnittstellen minimieren. Das haben wir miteinander vereinbart. Von daher gilt es, nachdem eine grobe Struktur festgehalten wurde, insbesondere die Erarbeitung des Feinkonzeptes miteinander zu diskutieren. Es werden erhebliche Forderungen an dieses Feinkonzept gestellt werden müssen, damit wir Strukturen optimieren und insbesondere auf Qualität und auf ei

ne qualitätsvolle Kriminalitätsbekämpfung achten können. Was wir uns in diesem Bereich auf gar keinen Fall leisten können, sind Qualitätsverluste.

Ein besonders wichtiges Anliegen dabei ist der Opferschutz, der ein ganz zentrales Qualitätskriterium ist, insbesondere dort, wo es um Kapitaldelikte und um extrem sozialschädliche Kriminalität geht. Hier gibt es zu Recht ein ganz großes Interesse der Öffentlichkeit und Erwartungen seitens der Politik, diese Qualität sicherzustellen und nicht nur nach der jeweiligen politischen Aktualität zu handeln.

Wir haben gerade in letzter Zeit immer wieder brisante Themen gehabt, ob es der islamistische Terror war, die Problematik von Ehrenmorden, der Missbrauch - insbesondere die Diskussion um den Missbrauch in den Institutionen - oder die rechtsextremistischen Morde, mit denen wir uns heute im Rahmen einer gemeinsamen Resolution beschäftigt haben. Diese Resolution hat sehr aktuell deutlich gemacht, wie unerträglich es für Angehörige ist, wenn sie mit ungeklärten Tötungsdelikten konfrontiert sind, und wie extrem verletzend es ist, wenn Mutmaßungen über Hintergründe der Verbrechen erfolgen, die ungerecht sind und nicht den Kern der Sache treffen. Wir brauchen Strukturen, die diesen wechselnden Anforderungen gerecht werden, müssen sinnvolle Zielvorgaben machen, brauchen ein Personalentwicklungskonzept, müssen Kompetenzen stärken und auch Spezialisierungen ermöglichen.

(Vizepräsident Jochem übernimmt den Vorsitz.)

Es ist uns ein ganz besonderes Anliegen, dass die Netzwerke beibehalten werden, die uns gerade als Saarland besonders und einzigartig machen. Von daher ist es wichtig, wie die Opferschutzorganisationen bestimmte Entwicklungen bei uns einschätzen. „Nur wer das Schweigen bricht, bricht die Macht der Täter“ war ein Motto, das die Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs auf Bundesebene zu ihrem Leitthema gemacht hat. Es empfiehlt sich, sich insbesondere diesen Abschlussbericht genauer anzuschauen, der bestimmte strukturelle Anforderungen festsetzt. So viel zu diesem Themenkomplex.

Es ist von meinen Vorrednern bereits angesprochen worden, dass bezogen auf den Wegfall der besonderen Entschädigung bei Erreichung der vorgezogenen Altersgrenze gerade für Polizeibeamte mit einer sozialen und zeitlichen Staffelung reagiert wurde. Bezogen auf die übrige Beamtenschaft sind weitere Gespräche insgesamt notwendig, das wurde heute in der Grundsatzdebatte festgehalten.

Ich möchte nur noch eine Anmerkung bezogen auf die Kommunen machen. Wir haben, wie gesagt, einen kommunalen Finanzausgleich, den es in dieser Größenordnung noch nie zuvor gegeben hat.

Von daher bin ich sehr froh, dass wir diese strukturelle Entlastung haben, die nachhaltig die Kommunen entwickelt, gerade über diesen Fonds „Kommunen 21“, weil er von Verbindlichkeiten und Zinsen befreit. Wir sind auch froh, den Kommunen über andere Wege Entscheidungsmöglichkeiten - zum Beispiel Planungshoheiten - gegeben zu haben, um die Wirtschaftskraft vor Ort zu stärken, Wertschöpfung vor Ort zu generieren und die interkommunale Zusammenarbeit auszubauen.

Auch bei der Kultur ist es uns wichtig, Vielfalt zu erhalten - gerade vor der Diskussion über den Vierten Pavillon -, zum Beispiel mit dem Kulturzentrum am Bahnhof, dem Kino achteinhalb, dem Kinder- und Jugendtheater, dem Filmbüro, zusätzlicher Unterstützung für die HBK und vielem mehr. Das alles zeigt, dass wir auf diese Vielfalt achten und Wert darauf legen. Kulturelle Leitlinien müssen von uns diskutiert und verabschiedet werden, das wird in diesem Bereich unsere Aufgabe sein. - Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Lothar Schnitzler von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns heute Morgen parteiübergreifend gegen Rechtsextremismus in jeder Form ausgesprochen und der Opfer gedacht. Das war angemessen und notwendig. Aber was für uns auch klar sein muss: Wir brauchen eine Kultur des Miteinanders, die wir dagegensetzen müssen, wenn bestimmte Gruppierungen glauben, sie könnten unsere demokratische Grundordnung, das Leben und die Gesundheit von Mitbürgern, auch wenn sie Migrationshintergrund haben, gefährden oder sogar schädigen. Deshalb haben wir, so denke ich, mit den 100.000 Euro für Projekte gegen Rechtsextremismus das richtige Zeichen gesetzt. Wir werden auch noch viel Diskussionsbedarf haben, in welche Richtung wir gehen müssen.

Es gibt zurzeit eine große Berichterstattung über die Brände in Völklingen. Alle, die sich ein bisschen auskennen, wissen, dass das schon über viele Jahre ein Thema war, dass dahinter mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtsextreme Straftäter stehen. Aber wenn man nicht will, dass Trittbrettfahrer oder Nachahmungstäter aktiv werden, muss man an der richtigen Stelle vielleicht die Presse außen vor lassen. Aber ich denke, es ist ein günstiger Zeitpunkt, um noch einmal daran zu erinnern, dass es hier im Saarland schon genügend Taten gab, wo es sich lohnt, genauer hinzuschauen, und in welche Richtung wir uns im Saarland bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus bewegen wollen.

Es ist richtigerweise gesagt worden, dass wir eine Kultur des Miteinanders brauchen. Es geht darum, dass wir in einer humanen Gesellschaft eine kulturelle Vielfalt brauchen, Orte und Angebote, die es möglich machen, dass sich unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Neigungen und Interessen einbringen können. Wenn etwas verbindend ist, ist es bestimmt eine Kultur, die Menschen in gegenseitiger Akzeptanz und Rücksichtnahme aufeinander zusammenführt. Dies ist es, was das Saarland ausmacht. Eine Vielfalt von Gruppierungen, die vielfältige Angebote machen. Wir sind ja als Politiker in vielen Veranstaltungen dabei und sehen, was da alles möglich ist.

Insofern ist es uns wichtig, Herr Minister Toscani, vonseiten der LINKEN die Kultur noch einmal besonders in den Blick zu nehmen. Wir akzeptieren und sehen natürlich, dass Sie das neu übernommen haben. Wir wollen deshalb nicht besonders kritisch sein, sondern nur darauf hinweisen, dass auch wir der Meinung sind, dass der Kulturbericht, den der Kollege Jochem eben gefordert hat - ein Bericht, der den Kurs festlegt, wo wir in den nächsten Jahren hinwollen -, der richtige Weg sein könnte.

Das hat sich auch bei der Aufstellung des Haushaltes gezeigt. Es gab gerade bei kleinen Projekten Kürzungen, hier 2.000 Euro, da 8.000 Euro, die dann in den Nachtrags- und Änderungsanträgen korrigiert wurden, wo teilweise Erhöhungen stattgefunden haben. Wir finden das gut und begrüßen, dass im Nachhinein diese teilweise sehr kleinen Projekte doch Geld erhalten, um ihre Angebote machen zu können.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich möchte trotzdem auf einen Punkt hinweisen, Herr Toscani, der in der Haushaltsberatung kein großes Thema war, weil wir alle wissen, wir müssen sparen. Aber wir müssen uns die Frage stellen, ob wir in Zukunft im Bereich der Bibliotheken und bei der Leseförderung - das sind zwei Haushaltsstellen, die etwa 200.000 Euro umfassen - weiterhin sozusagen die rote Lampe im Vergleich aller Bundesländer behalten wollen, denn es ist ja in vielen Statistiken und Analysen festgestellt worden, dass das Saarland bei den Pro-Kopf-Ausgaben für die Lese- und Bibliotheksförderung ganz weit hinten liegt. Da könnte und müsste unserer Auffassung nach etwas geschehen, um dort eine verbesserte Angebotspalette zu erreichen. Denn das ist natürlich auch ein wichtiger Aspekt von Kultur in einem Land, das Menschen zusammenbringt, wenn sie das gleiche Lesevergnügen haben und die Möglichkeit, sich über Bücher andere, fremde Welten zu erschließen.

Deshalb wäre ein Appell von unserer Seite zu schauen, ob wir bei den Bibliotheken im Saarland nicht doch eine Verbesserung hinbekommen kön

(Abg. Willger (B 90/GRÜNE) )

nen. Wenn man sieht, dass etwa 2 Millionen Euro im Saarland in diesem Bereich verausgabt werden und dass davon alleine 1 Million von der Stadt Saarbrücken verausgabt wird, denke ich, tut es nicht besonders weh, dort die Mittel entsprechend zu erhöhen, um das Angebot zu verbessern.

Insofern sind wir der Meinung, dass auch die Neuschaffung einer Haushaltsstelle für pädagogische Filmarbeit eine gute Sache ist, die wir sehr begrüßen. Die 24.000 Euro, die da neu eingestellt worden sind, sind der richtige Schritt. Da müssen wir sehen, ob wir vergleichbar mit dieser Bibliotheksförderung etwas erreichen. Für uns alle muss das Ziel darin bestehen, alle Menschen in ihrer Vielfalt mitzunehmen, alle Menschen anzusprechen, denn nur das kann der Weg gegen Ausgrenzung und gegen Radikalisierung sein, die wir alle nicht wollen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN.)

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau KuhnTheis, CDU-Fraktion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Teilpunkten kurz Stellung nehmen. Beginnen möchte ich mit der Situation der saarländischen Kommunen. Hier möchte ich dem Kollegen Jung, der ja wie ich Kommunalpolitiker ist, gerne antworten. Er hat hier ein wahres Horrorszenario an die Wand gemalt.

(Abg. Dr. Jung (SPD) : Nur die Wirklichkeit beschrieben.)

Wir wissen alle, Herr Kollege Jung, in welch schwieriger Situation sich die Kommunen befinden. Aber dass man daraus jetzt ein solches Szenario macht, ist unangemessen. Ein gewisses Verständnis habe ich ja dafür, da man durch die Oppositionsbrille oft nicht sieht, wie es wirklich ist. Das gestehe ich Ihnen zu.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Sie müssen aber zur Kenntnis nehmen - ob man das will oder nicht -, dass es uns in der Tat gelungen ist, das größte Entlastungspaket seit Jahrzehnten für unsere Städte und Kommunen auf den Weg zu bringen. Die Zahlen sprechen für sich. Ich möchte sie gerne wiederholen. Die saarländischen Kommunen werden in den Jahren bis 2016 um insgesamt 55 Millionen Euro entlastet. Daran führt kein Weg vorbei. Das Land übernimmt - das ist eben gesagt worden - die Zinszahlungen und die Tilgung aus dem Fonds „Kommunen 21“.

(Abg. Dr. Jung (SPD) : Das habe ich sogar begrüßt.)

In 2012 liegt der Anteil bei 17,5 Millionen Euro. Wer da als Kommunalpolitiker noch meckert, für den habe ich wenig Verständnis.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Weiter kommt hinzu, dass von den zusätzlichen Steuereinnahmen - die Sie, Kollege Jung, ja auch noch kritisieren, was ich nicht verstehe - die saarländischen Städte und Kommunen in hohem Maße profitieren.

(Abg. Dr. Jung (SPD) : Nach Recht und Gesetz.)

Insgesamt führen diese Maßnahmen dazu, dass die Kommunen gegenüber den ursprünglichen Erwartungen zu Beginn dieses Jahres beim kommunalen Finanzausgleich für die Jahre 2011 und 2012 mit Mehreinnahmen von rund 94 Millionen Euro rechnen können. Ich weiß nicht, mit welchem Argument man das noch schlechtreden kann.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich bin auf jeden Fall auch als Mitglied des Gemeinderates einer hochdefizitären Gemeinde - das ist Weiskirchen, das weiß jeder - dankbar und froh, dass es gelungen ist, diese Entlastung für unsere Städte und Kommunen auf den Weg zu bringen. Das sollten wir alle gemeinsam sein, insbesondere unsere Kommunalpolitiker. So weit zu diesem ersten Punkt. Ich wollte das klarstellen, damit hier nicht ein falscher Eindruck entsteht.

Der zweite Punkt, die Stärkung des Datenschutzes. Auch das wurde eben schon angesprochen. Das ist ein Thema, das in der Zukunft noch viel wichtiger werden wird. Deswegen ist es gut angelegtes Geld, das wir im Haushalt eingestellt haben. 80.000 Euro für zwei neue Stellen, weil die Aufgaben immer komplexer werden. Darüber hinaus werden 40.000 Euro eingestellt für die Ausstattung dieses Zentrums, damit es effizient arbeiten kann, für Softwarepublikationen und Weiteres. Auch das ist angesichts der finanziellen Situation eine Errungenschaft dieses Haushaltes.

(Abg. Waluga (SPD) : Dafür haben Sie zehn Jahre gebraucht.)

Ich denke, hier haben wir auch einen Schwerpunkt in die Zukunft gesetzt, auch hier ist das Geld sehr gut angelegt.

Ich komme zu einem dritten Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt. Ich möchte an dieser Stelle auch schon dem Landtagspräsidenten Hans Ley für sein Engagement danken. Es geht um die interregionale Zusammenarbeit, um den Interregionalen Parlamentarierrat. Es ist gelungen - wir haben das heute Morgen auch alle mitgetragen -, den Anteil an den Kosten des ständigen Büros von 8.000 auf 15.000 Euro, also fast um die Hälfte, zu erhöhen. Dies ist ein Bekenntnis aller im Landtag vertretenen

(Abg. Schnitzler (DIE LINKE) )

Parteien für SaarLorLux und für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Warum mache ich das hier zum Thema? Der Hintergrund ist, dass es in Lothringen heftige Diskussionen darüber gibt, wie oft die Kommissionen tagen sollen oder dürfen. Man ist auf lothringischer Seite der Meinung, dass die Kommissionen nur noch zwei Mal im Jahr unabhängig von Themen oder aktuellen Ereignissen tagen sollten. Für die von mir geleitete Kommission kann ich da nur sagen - und ich denke, dass dies auch für die Kommission der Kollegin Ries gilt -, dass wir unsere Arbeit damit fast einstellen können. Über die Motive in Lothringen kann man trefflich philosophieren. Angesichts der Tatsache, dass übermorgen in Metz die Plenarsitzung stattfindet und dieser Punkt dort auch auf der Tagesordnung steht, bin ich froh, dass wir als saarländische Delegation dort sagen können: Wir haben im Landtag gemeinsam einen Haushaltsansatz beschlossen, der um die Hälfte aufgestockt worden ist, wir kommen hierher mit 15.000 Euro im Gepäck. Wenn die anderen mitmachen, können wir auch weiterhin unsere hervorragende, konstruktive Arbeit für SaarLorLux und natürlich auch für das Saarland fortführen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, die am Freitag dieser, wie ich denke, sehr turbulenten Sitzung beiwohnen werden, um Unterstützung. Dann sehen wir, ob die Lothringer weiter gemeinsam mit uns diesen Weg gehen. Damit bin ich am Ende meiner Ausführungen und bitte um Unterstützung. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.