aber nicht umgesetzt werden kann. In der Anhörung wie auch in vorangegangenen Diskussionen zur Problematik der Sicherungsverwahrung hat die Landesregierung deutlich gemacht, dass sie eine länderübergreifende Lösung anstrebt. Dies findet die einhellige Zustimmung des Ausschusses. Wie ich bereits sagte, eine gesonderte Einrichtung ist das Ziel und die Unterbringung im Maßregelvollzug kann nur Ultima Ratio sein.
Gestern ist in der Zeitung eine gute Zusammenarbeit mit dem Land Rheinland-Pfalz in Bezug auf die Sicherungsverwahrung dokumentiert worden. Ich denke, dass das auch in weiteren Bereichen möglich ist. Auf der Basis insbesondere der Anhörung des Sachverständigen Professor Kinzig und der Landesbeauftragten für Datenschutz ist ein Abänderungsantrag beschlossen worden. Dieser beinhaltet im Wesentlichen redaktionelle Änderungen und dient der Sicherstellung des gleichen materiellen Standards, wie er auch im Maßregelvollzug besteht. Die Eignung einer Einrichtung außerhalb des Saarlandes muss anhand der Vorschriften des eigenen Landesgesetzes gewährleistet sein. Eine Bezugnahme auf die Feststellung der Eignung durch ein anderes Bundesland soll nicht möglich sein.
Meine Damen und Herren, der Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit der Mehrheit der Stimmen der Abgeordneten aus CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD bei Enthaltung der Abgeordneten aus der Fraktion DIE LINKE die Annahme des Gesetzentwurfes zur Bestimmung der zuständigen Behörden nach dem Therapieunterbringungsgesetz, Drucksache 14/509, nach Maßgabe des Abänderungsantrages vom 23.08.2011 in Zweiter und letzter Lesung. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Berichterstatterin. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat die Abgeordnete Anke Rehlinger von der SPD-Landtagsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Dezember letzten Jahres entschieden, dass die bislang geübte deutsche Praxis der Sicherungsverwahrung menschenrechtswidrig ist. Das Bundesverfassungsgericht hat sich diese Sichtweise in seinem jüngsten Urteil hierzu zu eigen gemacht und damit letztlich auch seine bisherige Rechtsprechung zum Thema Sicherungsverwahrung auf den Kopf gestellt und in der Konsequenz ebenfalls entschieden, dass die Regelungen zur Sicherungsverwahrung verfassungswidrig seien. Das mag man kritisieren, das mag einem auch in der Konsequenz, insbesondere was die tatsächlichen Auswirkungen
angeht, nicht gefallen. Tatsächlich ist es aber so, dass wir, unabhängig davon, ob es uns gefällt oder nicht, als Gesetzgeber nun gefordert sind, darauf zu reagieren.
Beide Entscheidungen haben sowohl die Justiz als auch die Politik, vorsichtig formuliert, in erhebliche Verlegenheit gebracht und vor allem praktisch dazu geführt - und das ist das viel Schlimmere -, dass als hoch gefährlich eingestufte Täter, wie zum Beispiel auch Walter H. hier im Saarland, von jetzt auf gleich in Freiheit kommen konnten. Deshalb hat auch der Bundesgesetzgeber nach etwas längerer Zeit, insbesondere aber vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, das Therapieunterbringungsgesetz erlassen. Es regelt gerade die Unterbringung von Straftätern, deren Strafe abgelaufen ist, die aber aufgrund einer psychischen Störung sehr wohl noch eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstellen. Wir als Landesgesetzgeber haben nunmehr die Aufgabe, die Umsetzung und die Ausgestaltung des Vollzuges an dieser Stelle zu regeln.
Ich will nicht verhehlen, dass das Therapieunterbringungsgesetz des Bundes aus meiner Sicht einen juristisch schmalen Grat beschreitet. Die Bundeszuständigkeit über das Strafrecht zu konstruieren und gleichzeitig inhaltlich und praktisch jede Nähe zum Strafrecht peinlichst genau zu vermeiden, gehört sicher genauso zu dieser Gratwanderung wie der neu einzuführende Begriff der psychischen Störung. All diese Bedenken sind ja auch im Rahmen unserer Anhörung noch einmal deutlich geworden, betreffen aber nicht unbedingt die Regelungsmaterie, mit der wir uns heute zu befassen haben, weil sie eben bundesgesetzlich Vorgegebenes betreffen. Im Übrigen nutzt es auch nichts. Bedenken hin, Bedenken her, wir können nicht warten, bis einer der freigelassenen hoch gefährlichen Straftäter eine schwere Straftat begeht. Die Politik steht hier in der Verantwortung, den berechtigten Sicherheitsinteressen der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Und wir als SPD-Fraktion stellen uns dieser Verantwortung - im Übrigen auch wohl als Beleg dafür, dass es eben nicht nur um die Fundamentalopposition in diesem Haus geht. Wir stellen uns also dieser Verantwortung und sagen, wir gehen diesen Weg mit, auch wenn er über einen schmalen Grat führt.
Der Schutz der Allgemeinheit vor hoch gefährlichen Straftätern steht nämlich auch für uns im Mittelpunkt unserer Abwägungen. Und die derzeit bestehende Lücke im Schutz vor erklärtermaßen hoch gefährlichen Straftätern - und das ist das Entscheidende, wir haben nicht irgendein Gesetz, an dem man etwas verbessert, sondern wir haben effektiv eine Schutzlücke an dieser Stelle - muss schnellstmöglich geschlossen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, wir können alle zusam
men froh und auch ein Stück weit dankbar sein, dass im Fall Walter H. bislang nichts passiert ist und ich hoffe auch nichts passieren wird. Einen Beitrag hierzu hat sicherlich auch die saarländische Polizei geleistet, die seit mittlerweile fast eineinhalb Jahren in 24-Stunden-Schichten eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung leistet. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an diejenigen, die sich dieser Arbeit gestellt haben.
Ich hätte mir an der ein oder anderen Stelle sicherlich durchaus noch eine Änderung redaktioneller Art und teilweise auch kleinere inhaltliche Änderungen vorstellen können. Letztendlich haben wir uns dennoch entschieden, dem Vorschlag so zuzustimmen. Ich möchte an dieser Stelle aber auch daran anknüpfen, was die Frau Berichterstatterin, Abgeordnete Heib, eben gesagt hat. Es ist uns wichtig, hier auch im Rahmen der Aussprache zum Ausdruck zu bringen, dass wir die dringende Notwendigkeit sehen, dass die tatsächliche Unterbringung in der Forensik wirklich nur als Ultima Ratio zu sehen ist und die Landesregierung alles daran setzen muss - bestenfalls länderübergreifend -, die Unterbringung in einer eigens dafür geschaffenen und vor allem auch den Anforderungen des Therapieunterbringungsgesetzes entsprechenden Einrichtung zu realisieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotz des Wunsches, aus der Opposition heraus Verbesserungen zu erreichen, und trotz aller Bedenken, die es gibt, habe ich als rechtspolitische Sprecherin für mich persönlich und haben wir als Fraktion entschieden, dass wir wohl mit unseren rechtspolitischen Bedenken, jedoch nicht mit der Schuld, nicht alles für die Sicherheit der Allgemeinheit getan zu haben, leben könnten. Aus diesem Grund werden wir diesem Gesetzentwurf in Zweiter und letzter Lesung zustimmen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Rehlinger. - Das Wort hat nun der Abgeordnete Lothar Schnitzler von der Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Saarland befindet sich seit der Freilassung des extrem gefährlichen Straftäters Walter H. rechtlich gesehen in einer Ausnahmesituation. Ausgelöst hat dies ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, das die deutsche Rechtspraxis, nachträglich Sicherungsverwahrung bei weiterhin gefährlichen Straftätern anzuordnen, als Verletzung der Menschenrechte ansah. Die Straßburger Richter
haben entschieden, dass sich die Sicherungsverwahrung in Deutschland nicht hinreichend von der vorangegangenen Haft unterscheide und damit dem Rückwirkungsverbot der Menschenrechtskonvention widerspreche. Dem hat sich nun im Mai vor dem Hintergrund vieler anstehender Klagen gegen die Verletzung der Menschenrechte aktuell Inhaftierter das Bundesverfassungsgericht - im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung - inhaltlich voll angeschlossen. Es hat alle bisherigen halbherzigen Bemühungen um eine Reform des deutschen Strafrechts für unzureichend erklärt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes fordert bis 2013 von der Bundesregierung eine grundsätzliche Reform der Sicherungsverwahrung, damit der Wildwuchs der unterschiedlichen Regelungen, die es während der vergangenen zwölf Jahre gegeben hat, vor allem auch bezogen auf die nachträgliche Sicherungsverwahrung, ein Ende findet.
Was ist nun die Folge dieser neuen Rechtslage? Mindestens 80 Straftäter, die nach dem Absitzen ihrer Haft in Sicherungsverwahrung kamen, können sich nun auf das Urteil berufen und in den nächsten Monaten freikommen. Skeptiker gehen sogar von mehr als 200 Fällen aus. Walter H. war der erste Hochrisikohäftling, der aus dem Gefängnis freikam, nachdem entschieden wurde, dass die deutsche Sicherungsverwahrung zum Teil auf rechtswidrigen Gesetzen gründet. Und das Bundesverfassungsgericht hat dies ja spektakulär bestätigt, vor allem für jene Fälle, in denen schärfere „Wegsperrgesetze“ erst später, nach der Verurteilung, in Kraft traten und trotzdem rückwirkend geltend sollten.
Nun klagt die Stadt Saarbrücken, um Walter H. wieder hinter Gitter zu bringen. Ihr Rechtsdezernent Jürgen Wohlfahrt hat auf die Frage, weshalb die Stadt Saarbrücken nun klage, geantwortet: Weil dies politisch gewollt ist. - Diese Antwort eines ausgewiesenen Verwaltungsrechtlers zeigt, was dieser Gesetzentwurf, über den wir jetzt entscheiden, wert ist nämlich nicht einmal das Papier, auf das er gedruckt wurde.
Meine Damen und Herren, das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zur Sicherungsverwahrung von extrem gefährlichen Gewalttätern und das im Mai erfolgte Urteil des Bundesverfassungsgerichtes haben bei vielen Menschen Unsicherheit und Ängste hervorgerufen und den Ruf nach einer sicheren Unterbringung dieser extrem gefährlichen Straftäter laut werden lassen. Die Menschen und die Parlamente wurden von den Folgen der neuen Rechtsprechung überrascht. Nun wird hektisch versucht, extrem gefährliche Gewalttäter durch eine Neufassung der rechtlichen Regelungen wieder wirkungsvoll verurteilen zu können.
kann und andererseits die Menschenrechte auch extremer Gewalttäter gewahrt werden können, ist unser Rechtsstaat nun besonders herausgefordert. Wie soll die Frage beantwortet werden, was zu tun ist mit extrem gefährlichen Gewalttätern, die in Haft kommen? Wie sie verwahren? Wie sie wieder in Freiheit entlassen? Wie können sie auf Dauer so untergebracht werden, dass ihre Menschenrechte nicht mit Füßen getreten werden, aber auch das Sicherheitsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nicht verletzt wird? Diese Fragen stehen zurzeit im Raum und beschäftigen vor dem Hintergrund des Therapieunterbringungsgesetzes die Rechtsgelehrten und Rechtswissenschaftler sehr stark. Aus diesen Kreisen werden sehr viele kritische Stimmen geäußert.
Ein Staat erweist sich immer dann als wahrer Rechtsstaat, wenn er auch in besonders schwierigen, ja extremen Situationen das Recht des Einzelnen und die Würde und die Freiheit eines Jeden verteidigt. Nicht immer ist so etwas leicht nachvollziehbar. Dies gilt vor allem bei solchen extremen Straftätern wie Walter H., der durch dieses Urteil freigesetzt wurde und, da er noch immer als für die Allgemeinheit extrem gefährlich eingestuft wird, von Anfang an rund um die Uhr bewacht wird, von zunächst 16 und jetzt zehn saarländischen Polizisten. In diesem Fall versucht der Staat, den notwendigen Schutz der Bevölkerung aufwändig zu realisieren. Seit Mai 2010 ist Walter H. nach 22 Jahren Haft ein freier Mann und lebt in Saarbrücken. Er ist extrem gefährlich und sollte deshalb eigentlich den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen. Nun kam er frei, weil die deutsche Praxis der Sicherungsverwahrung gegen die Menschenrechte verstößt. Diesem Sachverhalt müssen nun die Gesetzgeber Rechnung tragen, nach unserer Auffassung sehr schnell.
Meine Damen und Herren, Kollegen, die Frage der dauerhaften Unterbringung solch extremer Straftäter muss neu geregelt werden. Insoweit sind wir mit Ihnen einer Meinung, und diesbezüglich stehen wir auch keiner Lösung im Wege. Zu aktuellen Lösungsansätzen gehören das vom Deutschen Bundestag im Dezember 2010 beschlossene Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter, das sogenannte ThUG, und das saarländische Ausführungsgesetz, mit dem wir uns heute befassen. Es geht um die Therapieunterbringung psychisch schwer gestörter Gewalttäter. Oft handelt es sich dabei um Sexualstraftäter mit abnormen Persönlichkeitsstörungen, unter deren Abnormität die Gesellschaft leidet.
Was ist nun vom Bund vorgesehen? Mit dem Therapieunterbringungsgesetz wollte die Bundesregierung neue Einrichtungen schaffen, in denen psychisch gestörte Schwerkriminelle untergebracht werden sollten, um nicht länger im normalen Strafvollzug verbleiben zu müssen. Letzteres wurde ja durch den
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kritisiert. Zuständig für die Einweisung soll eine Zivilkammer des jeweiligen Landgerichtes sein.
Die Regierung sprach vollmundig von einer neuen Form des Vollzugs, die weder Psychiatrie noch Gefängnis sei. Ob dies tatsächlich so ist, muss hinterfragt werden. Behauptet wurde von der Bundesregierung, die Lebensführung der Betroffenen werde dort nur insoweit eingeschränkt, als dies für eine effektive Therapie unverzichtbar sei.
Ob das Gesetz zur Unterbringung extrem gefährlicher Straftäter so ausreichend ist, muss ernsthaft bezweifelt werden. Das sehen viele Rechtswissenschaftler so, und auch die Partei DIE LINKE ist insoweit gegenüber diesem Gesetz sehr kritisch eingestellt. Warum? Das vorliegende Therapieunterbringungsgesetz zielt auf Gefangene, die nach dem neuen Urteil vor der Entlassung stehen, weil ihre Sicherungsverwahrung zu Unrecht rückwirkend verlängert wurde. In dieser schwierigen Rechtslage verabschiedete der Gesetzgeber am 22.12.2010 dieses Therapieunterbringungsgesetz, um einen weiteren Freiheitsentzug für diesen Personenkreis abzusichern. In diesem Gesetz wird vom Vorhandensein einer psychischen Störung ausgegangen, und eine freiheitsentziehende Maßnahme mit Therapiecharakter zur Reduktion der Gefährlichkeit sollte verfügt werden. Die Straftäter sollten in Einrichtungen untergebracht werden, die sie von der Gesellschaft separieren, aber nicht einer Haftverlängerung entsprechen. Allein schon diese Wortwahl zeigt, wie schwierig diese Gratwanderung ist, von der die Kollegin Rehlinger gesprochen hat.
Die saarländische Landesregierung scheut sich nun, Konsequenzen aus dem Gesetz zu ziehen und eine rechtlich haltbare Lösung zu entwickeln. Sie versteckt sich hinter den Entscheidungen der anderen Bundesländer und hofft, in den anderen Bundesländern ihre Extrem-Straftäter unterbringen zu können. Damit wäre sie ihre Sorgen los. Die anderen Bundesländer denken aber doch nicht daran, für das Saarland eine Unterbringungsmöglichkeit vorzuhalten! Was aus einer Lösung gemeinsam mit Rheinland-Pfalz werden wird, das weiß man noch nicht so genau.
Also versucht die Landesregierung, mittels ihres Gesetzentwurfs Straftäter wie Walter H. in der Psychiatrie unterzubringen. Die bedankt sich aber herzlich! Die Therapeutenkammer des Saarlandes hat in der Anhörung sehr deutlich darauf hingewiesen, dass psychische Merkmale wie auffällige Persönlichkeitszüge, sonstige Verhaltensauffälligkeiten, verringerte Impulskontrolle, sexuelle Auffälligkeiten oder soziale Anpassungsprobleme in Verbindung mit erheblichen Straftaten in der psychiatrischen Praxis in der Regel nicht als psychische Erkrankung, geistige Behinderung oder eine andere seelische Abartigkeit oder
tiefgreifende Bewusstseinsstörung eingestuft werden, die die Schuldfähigkeit des Täters erheblich einschränken würden. Sie fordert deshalb, die Therapieunterbringung in speziellen Einrichtungen zu vollziehen, die ganz eindeutig vom Maßregelvollzug psychisch kranker Straftäter getrennt sein sollten.
Meine Damen und Herren, wir fordern einen angemessenen Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern. Die Bewahrung rechtsstaatlicher Grundsätze zum Schutz der Menschenrechte fordert unseren Rechtsstaat heraus. Vor der Sicherungsverwahrung hat der Gesetzgeber nun hohe Hürden aufgebaut. Das ist der Grund, warum das nun vorgesehene Gesetz so schwierig in der Umsetzung ist. Es wird aus Sicht vieler ein Gesetz sein, das nicht greifen kann, da es nicht die vorhandene Rechtsprechung und Gesetzgebung abdeckt. Das hat die Anhörung in den Ausschüssen für Justiz und Inneres ergeben. So werden zukünftig Gutachten von zwei Gutachtern vorgesehen, in denen neben einer extremen Gefährlichkeit des Häftlings eine psychische Störung festgestellt werden muss. Rechtlich ist das schwer umzusetzen, denn Straftäter in Sicherungsverwahrung sind in der Regel voll schuldfähig, psychisch Kranke aber nicht. Hier versucht das Gesetz, Schuldfähigkeit und abnorme Persönlichkeitsstörungen zusammenzubringen, ohne eine wissenschaftliche Grundlage dafür zu haben.
Das vorliegende Gesetz ist auf Artikel 5 der Menschenrechtskonvention zugeschnitten, der ausdrücklich von rechtmäßiger Freiheitsentziehung bei psychisch Kranken spricht. Experten kritisieren das Gesetz als faulen Kompromiss, der nicht über die geltende Rechtslage hinausgehe. Sie verweisen darauf, dass psychisch kranke Menschen schon heute nach den Unterbringungsgesetzen der Länder eingesperrt werden dürfen.
Der Ausbau einer Sicherungsverwahrung ist nach den Plänen der Bundesregierung bis 2013 vorgesehen. Das soll den Ländern entsprechend Spielraum geben. Aber wir sehen, dass hier viel Zeit vertan wird und dass hier ein Problem gelöst werden soll, das eigentlich eine vernünftige und grundsätzliche Neuregelung der Sicherungsverwahrung erforderlich machen würde.
Meine Damen und Herren, Therapieren statt Wegschließen ist der Rechtsgrundsatz, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fordert. Dem wird sich die deutsche Rechtsprechung nicht entziehen können. Gegen die jetzt vorliegenden gesetzlichen Planungen bringen wir als Kritik vor, dass es einerseits wohl kaum eine Anwendungsmöglichkeit geben wird, da die Verhängung der Sicherungsverwahrung volle Zurechnungsfähigkeit voraussetzt, während die Einweisung wegen einer psychischen Störungen dazu in Widerspruch steht. Professor Kinzig hat angemerkt - ich habe das sehr ernst genom
men -, dass seiner Ansicht nach auf Grundlage dieses Gesetzes erfolgende Unterbringungen keinen Bestand haben werden, wenn der Betroffene klagt. Das heißt im Falle Walter H.: Wenn er aufgrund des jetzt hier zu beschließenden Therapieunterbringungsgesetzes verurteilt würde, käme er nach einer entsprechenden Klage garantiert wieder frei. Vor diesem Hintergrund halten wir das Gesetz für Augenwischerei. Das bedeutet für uns, dass wir uns nicht wirklich ernsthaft als Gesetzgeber betätigen. Es wäre viel vernünftiger und viel besser, wenn die Landesregierung auf Bundesebene initiativ würde und eine entsprechende gesetzliche Neuregelung der Sicherungsverwahrung auf den Weg bringen würde und wenn sie vor allen Dingen den Prozess beschleunigen würde.
Wir wollen den Menschen keinen Sand in die Augen streuen und ihnen nicht Sicherheit vorgaukeln. Wir finden, hier wird blinder Aktionismus betrieben, der die Ängste der Menschen nicht ernst nimmt. Wir wollen eine ernsthafte Lösung des Problems und nicht nur so tun als ob. Deshalb lehnen wir diese Gesetzesvorlage ab. Wir wollen nicht dagegen stimmen, deswegen werden wir uns nur enthalten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schnitzler. - Das Wort hat nun die Abgeordnete Dagmar Heib von der CDU-Landtagsfraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schnitzler, Sie haben hier eine bundespolitische Diskussion beschrieben, die Ihre Fraktion in Berlin geführt hat. Ich teile Ihre Einschätzung des ThUG nicht. Ich stehe mit meiner Meinung auch nicht allein, sie wird unterstützt von den Fraktions- und Koalitionskollegen, auch Kollegin Rehlinger hat sie unterstützt. Ich gebe zu, das ThUG ist nach ganz vielen Diskussionen verabschiedet worden; das war kein Aktionismus. Es hat, davon bin ich überzeugt, einen Weg aufgezeigt, wie wir mit den Schwerstkriminellen umgehen können - und nur diese Fallgruppe ist ja davon betroffen -, von denen zu erwarten ist, dass sie genau in den beschriebenen Bereichen rückfällig werden und die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - Sie haben das ja ausführlich dargestellt - entlassen werden müssen.
Frau Kollegin Rehlinger hat den richtigen Begriff gewählt: Es ist ein schmaler Grat, auf dem wir uns bewegen, und es ist ein schwieriger Weg. Aber es ist auch ein Weg, zu dem es derzeit keine Alternative gibt. Das Gesetz, wie es verabschiedet wurde, verbessert die Situation der betroffenen Sicherungsver
wahrten aufgrund der Voraussetzungen, die festgeschrieben werden für den weiteren Umgang, und, ich betone es, es beschützt auch die Bevölkerung. Ich möchte aber an dieser Stelle auch nicht verschweigen: Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz! Wir sind nicht in der Lage, Rechtsvorschriften zu schaffen, die einen hundertprozentigen Schutz unserer Bevölkerung garantieren. Aber ich denke, eines ist sehr wichtig: Wir alle stehen, egal auf welcher Ebene wir uns befinden, in der Verantwortung, das Möglichste zu tun, um unsere Bevölkerung zu schützen.
Ich bitte an dieser Stelle im Namen der Koalitionsfraktionen um Unterstützung für diesen Gesetzentwurf. Vielen Dank, Frau Rehlinger, für Ihre Ausführungen. Dem ist nichts weiter hinzuzufügen.
Ich habe ja schon in meiner Berichterstattung gesagt, da sind wir ja einer Meinung, dass die Unterbringung nach § 5 Abs. 2 ThUG in einer Einrichtung des Landes für uns ebenfalls die Ultima Ratio ist. Es muss sie aber geben, denn ohne diese Ultima Ratio bleibt uns nichts anderes übrig, als die Betreffenden freizulassen. Und ich glaube, das wäre der schlechteste Weg. - Danke.