Protocol of the Session on December 7, 2010

(Abg. Rehlinger (SPD) )

dies insbesondere, um Kosten zu sparen. Ich stelle fest, dass wir auch das kritisch sehen, dies nicht nur wegen des gescheiterten Praxistests im Saarland, sondern auch vor dem Hintergrund der Frage, ob es tatsächlich sinnvoll ist, bei Ersatzfreiheitsstrafen die Fußfessel zu vollstrecken. Die Praktiker sagen uns, dass bei Ersatzfreiheitsstrafen insbesondere ein Bedarf an Gesprächen mit der Klientel besteht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gemessen an Ihren eigenen Zielen treten Sie auf der Stelle. Im Bereich der Justiz ist so gut wie nichts passiert. Aber auch an einer anderen Stelle, an der Handlungsbedarf gegeben ist, ist nichts passiert, und zwar im Bereich der Bewährungshilfe. Ich erwähne diesen Aspekt in jeder Haushaltsberatung aufs Neue, bislang allerdings ohne großen Erfolg. Sie alle wissen, dass die Belastung bei der Bewährungshilfe hoch ist, dass die Zahlen von Jahr zu Jahr steigen. Die Problemlagen werden immer komplexer. Dabei leistet doch gerade die Bewährungshilfe einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit des Landes. Es bleibt mir ein Rätsel, weshalb diese wichtige Berufsgruppe im Bereich der Justiz auch in diesem Jahr von der Regierung so stiefmütterlich behandelt wird. Daran hat sich auch nach der Regierungsbeteiligung der GRÜNEN nichts geändert. An dieser Stelle muss sich jedenfalls etwas tun. Dieser Fehlentwicklung müssen wir entgegentreten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass trotz aller Schwierigkeiten und Belastungen in der Justiz so viel geleistet wird, ist vor allem das Verdienst der dort Beschäftigten. Ihre Motivation und ihre Leistungsbereitschaft sind die größten Pfunde, wenn es um effektiven Rechtsschutz geht. Dafür an dieser Stelle auch von unserer Seite Dank und Anerkennung!

(Beifall von der SPD und bei der LINKEN.)

Lassen Sie mich in der Kürze der Zeit noch einige Anmerkungen zum Bereich Kultur machen. Eigentlich ist es kein einfacher Szenenwechsel von der Justiz zur Kultur. In diesem Jahr gibt es jedoch aufgrund der Art und Weise, mit der Sie einen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht ganz unwesentlichen Teil der Kultur gestaltet haben, bedauerlicherweise eine Schnittmenge. Ich spreche über das Thema „Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und die Steuerverschwendung aufgrund des Ausgabegebarens des hauptamtlichen Vorstandes dieser Stiftung“. Das alles ist ja auch Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen.

Hintergrund ist ein Bericht des Rechnungshofes, wonach der Kulturchef über Jahre hinweg horrende Spesenabrechnungen eingereicht hat, etwa für Luxusübernachtungen und Besuche in Sterne-Restaurants. Beziffert wird das Vergnügen auf jährlich rund 20.000 Euro. Meine sehr verehrten Damen und Her

ren, Spesenausgaben in dieser Höhe sind unverhältnismäßig. Sie stehen vor allem in krassem Gegensatz zur Haushaltsnotlage dieses Landes. Derjenige, der einerseits 30 Millionen Euro bei den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes einspart und andererseits zulässt, dass Steuergelder mit beiden Händen für Luxusaufwendungen aus dem Fenster geworden werden, derjenige, der eine solche Haushaltspolitik betreibt, braucht sich natürlich nicht zu wundern, dass eine solcherart unsoziale Sparpolitik auf den massiven Protest stößt, wie er heute Morgen in Form einer Demonstration vor diesem Hause geäußert wurde.

(Beifall von der SPD und bei der LINKEN.)

Nach Ansicht der SPD steht eines fest: Fair geht anders. Anstatt einzugreifen, haben Sie als Regierungsfraktion wieder keine bessere Antwort, als das unabhängige Verfassungsorgan Rechnungshof zu diskreditieren. Insbesondere Äußerungen des Ministerpräsidenten - in dem Fall hat er sie als Landesvorsitzender auf dem Landesparteitag getätigt -, dass der Rechnungshof ein Hilfsorgan des Landtages sei, sind völlig unangemessen. Aber das ist eine Methode, die uns bereits bekannt ist. Wir kennen sie von Gärten ohne „Preisgrenzen“, aber auch im Zusammenhang mit der Verschwendung von Steuergeldern durch Land und IKS im Zusammenhang mit der Ansiedlung des Gondwana-Parks.

(Zuruf des Abgeordneten Meiser (CDU).)

Gutachten haben mittlerweile belegt, dass die Mietzahlungen deutlich überhöht sind. Und zwar objektive Gutachten, nicht solche, die von der Landesregierung mit klarem Auftrag erteilt wurden.

(Zurufe von der CDU.)

Die Differenz zwischen 6,5 und 8 Euro ist deutlich, die zwischen 5,97 und 8 Euro ist noch deutlicher. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD.)

Herr Ministerpräsident, Ihr Umgang mit der Sache selbst, aber auch mit dem Rechnungshof, ist absolut unangemessen. Fest steht, dass der Museumschef mit Rückendeckung von Herrn Schreier, aber auch von Frau Kramp-Karrenbauer und jetzt von Herrn Rauber, jahrelang ohne jegliche Kontrolle schalten und walten konnte, wie er wollte. Das muss ein Ende haben!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Mit dem Persilschein, den Sie jetzt für Herrn Melcher ausstellen, wollen Sie sich letztendlich selbst reinwaschen. Eine derartige Politik kann nicht angehen! Das ist jedoch nicht das einzige Problem in Sachen Stiftung Saarländischer Kulturbesitz. Ihr Vorzeigeprojekt Vierter Pavillon droht mehr und mehr ein Mil

(Abg. Rehlinger (SPD) )

lionendesaster für den saarländischen Steuerzahler zu werden. Ursprünglich war die Rede von 9 Millionen, jetzt sind wir - wenn alles zusammengerechnet wird - bei über 18 Millionen Euro. Wenn das keine unseriöse Baukostenberechnung ist, meine Damen und Herren, dann weiß ich es auch nicht mehr.

Vor der Landtagswahl konnten Sie gar nicht schnell genug einen Spatenstich vollziehen, heute verschieben Sie die Sache um ein Jahr mit dem Hinweis auf Solidität und Gründlichkeit. Das hätten wir an dieser Stelle von Anfang an erwartet.

(Beifall bei der SPD.)

Insgesamt kann man nur festhalten, dass eine derartige Spatenstichpolitik ohne Sinn und Verstand der saarländischen Kulturpolitik insgesamt schadet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Fall Melcher, Vierter Pavillon, Gondwana, alles Wegmarken einer desaströsen Kulturpolitik, die Millionen verschenkt, Geld, das an anderer Stelle im Kulturbetrieb fehlt. Auf der einen Seite kann der Wein nicht teuer genug sein, kommt es auf Millionen nicht an. Auf der anderen Seite stehen kulturpolitische Projekte auf der Kippe, weil es an 5.000 oder 10.000 Euro fehlt.

(Abg. Schmitt (CDU) : Welche denn?)

Eine derartige kulturpolitische Schieflage kann nicht gut sein für unser Land. Es ist im Übrigen auch ungerecht gegenüber den vielen Kulturtreibenden in unserem Land, die mit ihrem Schaffen einen unschätzbaren Beitrag zur kulturellen Vielfalt leisten. Ich frage mich wirklich: Wie kann man gegenüber der freien Theaterszene, den Künstlergruppen des Filmhauses, des Kinos achteinhalb oder des Kulturbahnhofes und vielen anderen auftreten, auf Geldnöte hinweisen und Sparbeiträge fordern, wenn gleichzeitig an anderer Stelle mit vollen Händen das Geld zum Fenster hinausgeschmissen wird.

(Zurufe von der CDU.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Frage müssen Sie sich selbst beantworten. Die Antwort der SPD-Landtagsfraktion lautet hier eindeutig: Fair geht anders. - Herzlichen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Rehlinger. - Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Lothar Schnitzler von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in meinen Ausführungen auf den Kulturbereich Kapitel 02 07 beziehen. Bei den Haushaltssparversuchen der Jamaika-Koalition ist dieses Kapitel aus unserer Sicht beispielhaft dafür, wie auf

der einen Seite scheinbar gespart werden soll, auf der anderen Seite aber sozial ungerecht und teilweise unlogisch vorgegangen wird.

In Kapitel 02 07 kann man feststellen, dass die notwendigen Sparbemühungen gemäß den Vorgaben der Schuldenbremse gerade bei den kleinsten Haushaltsstellen im Kulturbereich zu Sparvorschlägen führen. Dies insbesondere bei Projekten und Maßnahmen für Kinder und Jugendliche. Das ist über den Gesamthaushalt aus den einzelnen Teilplänen zu ersehen. Bei den großen Titeln des Kapitels 02 07, wie die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz mit über 4 Millionen Euro Etat, wird jedoch nichts eingespart. Wir sind für Kultur, und die kostet natürlich etwas. Wir gehen da gerne mit, Herr Kulturminister Rauber, aber es muss gerecht und nachvollziehbar sein, wenn gespart werden soll. - Frau Präsidentin, erlauben Sie mir, an dieser Stelle Marx zu zitieren.

(Oh-Rufe bei der CDU und Lachen.)

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sollten vielleicht mehr lesen als schreien. Ich zitiere: „Ein Kapitalismus ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit hat keine Moral und auch keine Zukunft.“ - Das sollten Sie sich in Ihren Stammbaum schreiben, liebe CDUler.

(Abg. Schmitt (CDU) : Stammbaum?)

In Ihr Stammbuch, Entschuldigung. Das Zitat stammt von dem Kardinal und ehemaligen Erzbischof von München und Freising sowie ehemaligen Bischof von Trier, Reinhard Marx, aus seinem Buch „Das Kapital: Ein Plädoyer für den Menschen“. Hätten Sie Ihre sozialpolitischen Positionen gelesen, die katholische Soziallehre verinnerlicht, dann hätten Sie das gewusst und nicht gleich losgeschrien. Wo Marx drauf steht, ist auch Marx drin, liebe CDUler, das sollten Sie sich merken.

(Beifall von der LINKEN. - Unruhe und Spre- chen.)

Wo Sie mit Ihren Sparmaßnahmen hinwollen, ist noch nicht richtig zu sehen. Dass jedoch bei kleinen, aber wichtigen kulturellen und sozio-kulturellen Projekten gespart werden soll, wird in diesem Haushalt sehr deutlich.

(Abg. Schmitt (CDU) : Wo denn?)

Nur Geduld, Herr Schmitt, ich lese es Ihnen genau vor, damit Sie den Haushalt endlich verstehen. So wird beispielsweise der Titel 686 39 - Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche - von mageren 38.000 Euro auf 28.000 Euro gekürzt. Es entfällt also etwa ein Viertel der bisherigen Mittel.

(Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Dies ist mit Verlaub nicht nur im Einzelplan 02 der Fall, sondern auch in anderen Einzelplänen wie et

(Abg. Rehlinger (SPD) )

wa im Einzelplan 05 bei sozio-kulturellen Projekten oder im Einzelplan 06 im Bereich der Bildung. So wurde die Förderung Pädagogische Filmarbeit - Titel 684 06 in Kapitel 05 06 - von 20.000 Euro genullt. Als es Proteste gab, haben Sie dem Kino achteinhalb zugesagt, dass die Summe aus einer anderen Haushaltsstelle jetzt doch zur Verfügung gestellt werden soll. Das ist ein mieser Trick, der dazu führen wird, dass sich in den nächsten Jahren viele Projekte um diese Haushaltsstelle prügeln werden. Dass Sie in Ihrem Nachtragshaushalt die entsprechende Rücknahme der Kürzungen vorgenommen haben, zeigt die Konzeptionslosigkeit, die Irrungen und Wirrungen Ihrer haushalterischen Arbeit, die Sie uns vorstellen und der wir zustimmen sollen. Das können Sie von uns so nicht verlangen.

(Abg. Schmitt (CDU) : Sie haben doch zugestimmt!)

Meine Damen und Herren, auf Einsparungen im sozio-kulturellen und bildungspolitischen Bereich werden wir im Laufe der weiteren Haushaltsberatungen zurückkommen, wenn diese aufgerufen werden.

Schauen wir uns im Einzelplan 02 die Kürzungen bei kleineren Einrichtungen an. Die Kunstförderung in Titel 681 32 wird von bisher 33.500 Euro um 16.800 Euro fast halbiert. Der Zuschuss für das Adolf-Bender-Zentrum wird von 10.000 auf 9.000 Euro und der für das Saarländische Museum von 133.000 auf 120.000 Euro gekürzt. Auch die Summe für den Förderverein Kunstzentrum Bosener Mühle wird von 20.000 auf 18.000 Euro gekürzt und die für den Europäischen Kulturpark Bliesbrück-Reinheim von 10.000 auf 9.000 Euro. In Kapitel 02 11 wird bei der Hochschule für Bildende Künste Titel 533 23 Durchführung von Ausstellungen - die Förderung von 45.000 auf 38.000 Euro gekürzt. Wenn man sich anschaut, bei welch kleinen Titeln Einsparungen vorgenommen werden, dann gewinnt man den Eindruck, als wolle Kulturminister Rauber die Spesen für den Vorsitzenden der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Herrn Ralph Melcher, einsparen, damit dieser weiterhin in Luxusrestaurants speisen kann, mit Weinen im Wert von über 140 Euro, oder in Edelurlaubsorten wie Marbella übernachten kann, um zum Wohle des Saarlandes kulturell tätig sein zu können.

Ein großer Tourismusbetreiber beschreibt Marbella wie folgt. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: „Wo es früher bloß ein kleines Fischerdorf gab, finden wir heute einen der aufregendsten Ferienorte am Mittelmeer, in dem sich die Schönen und Reichen die Türklinke in die Hand geben.

(Zuruf des Abgeordneten Meiser (CDU). - Abg. Hinschberger (FDP): Da warst du aber nicht dabei, oder? - Lachen bei den Regierungsfraktionen.)

In diesem Zentrum des Jetset und Showbusiness finden wir gepflegte Boulevards, Parks und Gartenanlagen und ein Zentrum mit jenen engen romantischen Gassen maurischer und andalusischer Tradition, die Marbella seine unverwechselbare Persönlichkeit verleihen.“ Meine Damen und Herren, das ist der Ort, zu dem der Leiter der Modernen Galerie mit seiner Gattin reisen muss, um ein neues Kunstexponat in Augenschein nehmen zu können. Was Herr Melcher dort kulturell gesichtet hat, überlasse ich Ihrer Phantasie. Mir verschließt sich das Ganze. Herr Minister Rauber, so wie Sie bei der Industriekultur gezeigt haben, wie man ohne Effekte Millionen Euro in die Schlackenhalde setzt, haben Sie auch im Umgang mit der Geldverschwendung Ihres obersten Kulturverwalters gezeigt, wie diese Regierung zu sparen versteht.

Zur Kultur gehören auch die Aufwendungen im Bereich des Denkmalschutzes und der Erhaltung und Instandsetzung von Kulturdenkmälern im Einzelplan 09 des Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr. Wenn man sich dort die Kürzungen anschaut, hat man den Eindruck, meine Damen und Herren Jamaikaner, als hätten Sie das Saarland jetzt schon der Abrissbirne anheimgegeben. Hier werden in Kapitel 09 02 (Denkmalpflege) in Titelgruppe 92 die Mittel um 115.800 Euro, von 163.100 Euro auf 47.300 Euro, im Haushaltsjahr 2011 gekürzt, in Titelgruppe 93 - Erhaltung und Instandsetzung von Kulturdenkmälern - um 112.000 Euro, von 488.000 Euro auf 372.000 Euro. Das sind massive Kürzungen im Bereich des Denkmalschutzes und im Bereich der Denkmalpflege. Wenn das ihr Verständnis von Kulturpolitik ist, Herr Minister Rauber, dann fragen wir uns, was im Saarland noch übrig bleibt, wenn Sie Ihren Sparkurs so fortsetzen.