Wir müssen festhalten: Lohndumping und Unterschreitung des Mindestlohns sind bereits verboten; das Ausnutzen von Scheinselbstständigkeit ist verboten.
Schwarzarbeit ist auch verboten. - Ja, es scheint Verstöße zu geben. Aber was ist unsere Antwort darauf? Wenn Gesetze nicht eingehalten werden: Kann es unsere Antwort sein, den Verantwortlichen zu ändern, dass wir den Verstoß hinnehmen und in eine andere Richtung zeigen?
Herr Kollege Baasch, Sie sagten eben, wir sollten die Augen davor nicht verschließen. Damit haben Sie völlig recht. Wir sollten aber unseren Blick in die richtige Richtung lenken.
Wenn der Mindestlohn unterschritten wird, wenn Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit bestehen, dann muss das Delikt verfolgt werden; der oder die Schuldige muss dann sanktioniert werden. So einfach ist Latein.
Unsere mittelständische Wirtschaft hält sich zum weitaus größten Teil an die bestehenden Gesetze; das ist doch Fakt. Aber nicht nur das, all die gesetzestreuen Unternehmerinnen und Unternehmer sind doch auf unserer Seite, wenn es gegen die Schummler und Schieber geht,
und zwar aus eigenem Interesse. Denn sie sind es doch, die für die Unehrlichen mitherangezogen werden, sowohl finanziell als auch - das sieht man bei Ihnen gut - moralisch.
Ich finde, es hat einen sehr schalen Beigeschmack, wenn Sie die Wirtschaft, seien es mittelständische, große oder kleine Unternehmen, unter Pauschalverdacht stellen. Nichts anderes fordern Sie mit Ihrem Antrag. Wir wollen das nicht. Aber Sie bleiben nicht dabei; Sie wollen die weitere Strangulierung der Betriebe mit noch weiteren Dokumentationspflichten, mit noch mehr Bürokratie.
Gerade für Schleswig-Holstein mit seiner kleinteiligen Wirtschaftsstruktur ist das wirklich schlimm. Mich wundert, dass Sie das einfach nicht verstehen.
Wir wollen die Betriebe entlasten, wie wir es bereits getan haben. Ich erinnere hier zum Beispiel an die Abschaffung des Landesmindestlohns oder an die sehr gute Erneuerung des Vergaberechts.
- Ja, selbstverständlich finde ich das gut. Das ist ja auch gut. Nicht nur wir finden das gut, Herr Dr. Stegner.
Auch die gesamte Wirtschaft findet das gut. Das schafft Arbeitsplätze und ist gut für Schleswig-Holstein, auch wenn Sie das leider nicht verstehen.
Wir werden Schleswig-Holstein zum mittelstandsfreundlichsten Bundesland machen, und Murks aus Berlin können wir dabei nicht gebrauchen.
Wie wir gestern aus den Nachrichten entnehmen konnten, hat sich der Koalitionsausschuss in Berlin jetzt tatsächlich darauf geeinigt, in der Zustellerbranche die Nachunternehmerhaftung mit allen daraus resultierenden Folgen umzusetzen. Gleichzeitig sollen kleine und mittlere Unternehmen - Bürger und Verwaltung - vom Bürokratieabbau profitieren. - Ich muss sagen, da bin ich sehr gespannt: zusätzliche Dokumentationspflichten und gleichzeitig Abbau von Bürokratie, das ist doch einmal ein Ding!
Entweder die GroKo in Berlin kann zaubern, oder es erwartet uns ein weiteres Lippenbekenntnis, eine weitere Mogelpackung oder wieder einmal eine leere Ankündigung. Dabei war die GroKo doch auf einem guten Weg, jedenfalls die Union. Bundeswirtschaftsminister Altmaier, der in letzter Zeit nicht viel wirtschaftliches Gespür bewiesen hat, hat die Nachunternehmerhaftung bis zuletzt abgelehnt und gemahnt, die Unternehmen dürften angesichts der zuletzt schwachen Konjunktur nicht zusätzlich belastet werden. Neue bürokratische Belastungen müssten vermieden werden. - Schade, dass er sich diese richtige Haltung hat abkaufen lassen.
Wir wollen, dass Verstöße gegen die bestehenden Gesetze geahndet werden. Lohndumping, Scheinselbstständigkeit und Schwarzarbeit, all das ist mit den bestehenden Gesetzen in den Griff zu bekommen. Wir wollen aber nicht, dass nur der Mittel
stand für die Verfehlungen anderer haftet. Wir wollen nicht, dass unsere Betriebe in Bürokratie ersticken, und wir wollen auch nicht, dass unsere Unternehmerinnen und Unternehmer unter Generalverdacht gestellt werden.
Die Bundesregierung, das muss man einmal festhalten, entfernt sich immer weiter von den mittelständischen Betrieben in unserem Land, den Betrieben, in denen die Unternehmer und die Arbeitnehmer den Wohlstand unseres Landes erwirtschaften.
Wir Freie Demokraten werden auch weiterhin zu unserem soliden Kurs stehen. Leider hat sich die Union in Berlin dieses Rückgrat abkaufen lassen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Der Online-Handel verzeichnet überdurchschnittliche Wachstumsraten, und dies führt in der Folge zu einer stark ansteigenden Zahl von Paketsendungen. Bis zum Jahr 2022 wird die jährliche Zahl von Paketsendungen - ausgehend von heute - um rund einer Milliarde auf 4,3 Milliarden Sendungen ansteigen. Der Großteil entfällt dabei auf private Bestellung, also auf Kunden wie Sie und mich.
Diese Erfolgsgeschichte des Onlinehandels hat leider auch zu starken Verwerfungen in der Zustellerbranche geführt. Die Arbeitsbedingungen der Zusteller haben sich erheblich verschlechtert. Dort herrscht inzwischen ein geradezu unmenschlicher Zeitdruck, unter dem die Zusteller ihre Arbeit verrichten müssen. Die Kontrollen des Zolls haben ergeben, dass die Reallöhne oft unter dem Mindestlohn liegen. Stundenlöhne von 4,50 € und 16-Stunden-Dienste sind eher die Regel als die Ausnahme.
Diese Missstände wurden möglich, weil die Unternehmen an der ersten Stelle der Lieferkette meist Subunternehmen beauftragen, die dann wiederum vorzugsweise Arbeitskräfte aus Osteuropa einsetzen. Zollkontrollen ergaben zudem, dass diese Menschen oft auch mit gefälschten Dokumenten, für Billiglöhne und unter beschämenden Arbeitsbedingungen arbeiten müssen. Nicht selten unterbleibt
Es wird höchste Zeit, dagegen etwas zu unternehmen, und dieser Ball liegt im Feld der Politik. Wo gesetzliche Regelungen nicht ausreichen oder greifen, muss nachgebessert werden. Dazu haben wir bereits gesetzliche Vorbilder, an denen wir uns auch für die Paketbranche orientieren können. So gibt es zum Beispiel die Generalunternehmerhaftung, die Nachunternehmerhaftung in der Baubranche und das Gesetz zur Sicherung von Arbeitsnehmerrechten in der Fleischwirtschaft. Diese Gesetze sehen die Nachunternehmerhaftung, also eine Haftung bei Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, vor. Eine solche Haftung greift beispielsweise dann nicht, wenn sich der Auftragnehmer von seinem Subunternehmer eine Unbedenklichkeitsbescheinigung bei der zuständigen Einzugsstelle der Krankenkasse ausstellen lässt und so nachweist, dass die Sozialversicherungsbeiträge in der Vergangenheit stets abgeführt wurden. Diese Regelungen haben sich in der Praxis bewährt und können für die Paketbranche angepasst und übernommen werden.
Selbstverständlich gehört dazu auch, die Zahlung der Mindestlöhne zu überwachen und die Dokumentation der täglichen Arbeitszeit einzufordern. Bisher gilt nämlich für Arbeitnehmer in der Paketbranche nach dem Arbeitszeitgesetz nur die Verpflichtung, die über acht Stunden pro Tag hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen. Das gilt aber nur, wenn Lieferfahrzeuge eingesetzt werden, die das zulässige Gesamtgewicht von 2,8 t nicht überschreiten. Werden Lieferfahrzeuge mit einem höheren Gewicht eingesetzt, greifen die verschärften Aufzeichnungspflichten nach dem Fahrpersonalrecht.
Viele Subunternehmer rechnen das zeitaufwendige Be- und Entladen den Fahrern nicht als Arbeitszeit an. Das ist leider in der Paketbranche gängige Praxis und in keiner Weise hinnehmbar. Hier bedarf es einer einheitlichen gesetzlichen Regelung, die auch das Be- und Entladen der Fahrzeuge zur Arbeitszeit hinzuzählt. Denn das ist doch wohl der Kernbereich der Arbeit in dieser Branche. Die Einhaltung der zulässigen Arbeitszeit muss von der zuständigen Behörde hinreichend überwacht werden. Das darf hier nicht aus dem Blick geraten.
Die Einführung der Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge und die verstärkte Dokumentationspflicht sind Schritte in die richtige Richtung. Bei den jetzigen Zuständen in der Paketbranche muss der Grundsatz gelten, dass auch der, der etwas arbeitsvertraglich auslagert, weiterhin in der Verantwortung bleibt.
Die Missstände in der Paketbranche werden wir sicherlich nicht über Nacht beseitigen können. Wir müssen aber darauf hinwirken, dass der Zusteller, der uns unser Paket bringt, über einen fairen Arbeitsvertrag verfügt und angemessen entlohnt wird. Die Einhaltung bisheriger gesetzlicher Regelungen bei Arbeitszeit und Mindestlohn erfolgt hier offenkundig in vielen, vielen Fällen nicht. Da ist der jamaikanische Alternativantrag zu unkonkret und angesichts der eklatanten und bekannten Missstände nicht ausreichend. Selbst die GroKo in Berlin ist da einen Schritt weiter und hat sich für eine Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche ausgesprochen. Das wird in der Branche nicht einmal kritisch gesehen, zum Teil begrüßt sie das sogar. Das ist also genau das Entgegengesetzte von dem Verlust des Rückgrats, das ist tatsächlich das Zeigen von Rückgrat.
Die AfD-Fraktion unterstützt daher den vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion, denn wir entscheiden - wie immer - nach Inhalt und nicht nach Herkunft einer politischen Idee. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Über das, was bisher zu den Zuständen in der Paketbranche berichtet wurde, kann man wirklich nur den Kopf schütteln. Gefälschte Pässe, Fahren ohne Führerschein oder Lohndumping gehören hier offenbar zur Tagesordnung. Der Druck auf viele Beschäftigte muss enorm sein.
Leider sprechen wir hier nicht nur über einige schwarze Schafe, denn Ermittlungen haben gezeigt, dass jede dritte Zustellfirma gegen das Arbeitsrecht verstößt. Wer in diesem Zusammenhang von mafiösen Strukturen spricht, liegt vielleicht gar nicht falsch. Man kann zumindest nicht leugnen, dass wir es mit einem strukturellen Problem zu tun haben. Deshalb ist es nur konsequent, wenn die SPD dieses Thema hier bei uns im Land auf die Tagesordnung setzt. Dafür noch einmal vielen Dank.