Flemming Meyer
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weil Deutschland es lange Zeit versäumt hat, die EU-Nitratrichtlinie umzusetzen, ist der Druck vonseiten der EU ständig gestiegen. Durch die Aussicht auf Strafzahlungen in erheblicher Größenordnung hat sich binnen kürzester Zeit viel getan. Auf einmal ist Bewegung in die Sache gekommen, und der Bund hat - nach zähem Ringen - endlich eine Düngeverordnung vorgelegt, mit der die EU-Nitratrichtlinie nun eingehalten werden soll.
Für viele Landwirte ist die Düngeverordnung ein Dorn im Auge, weil die damit einhergehenden Einschränkungen ihrer Meinung nach zu heftig seien und sie dadurch zu sehr belastet würden. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Ausweisung der Gebietskulisse für Nitrat und Phosphat. Das heißt: Gebiete, deren Grundwasserkörper eine Überschreitung des Schwellenwertes von 50 mg/l Nitrat aufweisen, gelten demnach als belastet. Für Schleswig-Holstein bedeutet das, dass rund 51 % der Landesfläche betroffen sind. Das ist eine erschreckende Größe. Es stellt sich aber die Frage, wie aussagekräftig die Messergebnisse und damit die Gebietskulisse wirklich sind, und ob nicht doch ein Spielraum vorhanden ist. Das soll heißen: Nicht alle Messstellen in den roten Gebieten kommen zu dem Ergebnis, dass der Schwellenwert überschritten wird. Hierin sehen wir ein Problem, weil dadurch alle Landwirte betroffen sind, die sich innerhalb der ausgewiesenen Gebietskulisse befinden - egal, wie sie heute wirtschaften.
Das Thema ist schwierig, aber eines ist klar: Unser Grundwasser darf durch zu hohe Nitratwerte nicht belastet werden. Schwierig ist das Thema auch, weil wir hier über Messwerte reden, die keine Aussage über die derzeitige landwirtschaftliche Düngung geben. Was jetzt im Grundwasser gemessen wird, ist der Nitratüberschuss, der vor vielen Jahren verursacht wurde. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wenn die Düngeverordnung in Kraft tritt, ist es nicht möglich, dass wir in kurzer Zeit positive Messwerte im Grundwasser verzeichnen. Diese Flächen würden dann über Jahre und Jahrzehnte in der Nitratkulisse bleiben. Das kann so nicht gewollt sein.
Daher brauchen wir bundesweit einheitliche und umfangreiche Messmethoden, die bereits in kürz
erer Zeit zu aussagefähigen Ergebnisse kommen. Gerade vor dem Hintergrund der drohenden Strafzahlungen muss Deutschland beweisen, dass das Problem ernst genommen wird und man gewillt ist, die Situation zu verbessern.
Die Binnendifferenzierung innerhalb der roten Gebieten halten wir für unabdingbar, um nicht diejenigen Landwirte zu bestrafen, die die Grenzwerte einhalten. Nur mit einem engmaschigeren Messstellennetz, das bereits früher Daten liefert, und einem entsprechenden Kontroll- und Sanktionssystem schaffen wir Transparenz und Akzeptanz - sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Bevölkerung.
Wir erleben jetzt ein Gezerre um eine Düngeverordnung, das auf Misstrauen und Existenzangst zurückzuführen ist. Damit ist niemandem geholfen. Sowohl beim Messverfahren wie auch beim Messumfang muss es Verbesserungen geben. Nichtsdestotrotz sehen wir auch die Landwirtschaft in der Verantwortung, zur Verbesserung beizutragen und insbesondere den überschüssigen Stickstoff in den Griff zu bekommen. Wir erwarten, dass sich die Landwirtschaft der Verantwortung stellt und Lösungen erbringt.
Wir erwarten eine Düngepraxis, die sich nicht negativ auf das Grundwasser auswirkt. Gleichzeitig wird dieser Anpassungsprozess viele Betriebe vor Veränderungen stellen. Umso mehr ist zu begrüßen, dass vonseiten der Landwirtschaft mittlerweile erkannt wurde, dass Änderungsbedarf besteht. Wir kommen nicht umhin: Die hohen Nitratbelastungen müssen zum Schutz des Grundwassers weg. Die Überschüsse müssen reduziert werden. Dafür brauchen wir aussagekräftige Zahlen. Darum müssen wir jetzt politisch ringen. - Jo tak.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Bericht zum Umweltzustand der Schlei hat deutlich gemacht, dass sich die Schlei in einem ökologisch schlechten Zustand befindet. Seit der Debatte hier im Plenum hatten wir im Umweltausschuss eine schriftliche Anhörung und werden auch noch eine mündliche Anhörung durchführen.
Ich denke, das umfangreiche parlamentarische Verfahren zu diesem Bericht macht deutlich, dass mittlerweile allen bewusst ist, dass dringend etwas für die Schlei getan werden muss. Was in der Schleiregion längst klar war, hat nun endlich die Politik in Kiel erreicht. So ist es halt mit den politischen Mühlen.
Wir stellen mittlerweile fest, dass es seit dem Berichtsantrag durchaus gute Nachrichten gibt, die für den Umweltzustand der Schlei von Bedeutung sein werden. So konnten wir bereits im November des
letzten Jahres der Presse entnehmen, dass Mittel bereitgestellt werden sollen, um das Integrierte Schleiprogramm umzusetzen. Hierfür sollen laut Presse Bundes- und Landesgelder zur Verfügung gestellt werden. Es freut mich daher ungemein, dass das Land die Notwendigkeit hierfür erkannt hat und seinen Teil dazu beitragen will.
Ich will dann auch gar nicht darauf herumreiten, dass die Landesregierung seinerzeit das Integrierte Schleiprogramm noch abgelehnt hatte, aber dass genau dieses Programm nun eins zu eins als Modellregion Schlei umgesetzt werden soll. Wie auch immer man das Programm nennen will, Hauptsache, der Schlei wird geholfen.
Wir wissen, dass die Akteure vor Ort bereits viel investiert haben. Sie haben sich einen Kopf gemacht, wie der Schlei geholfen werden kann und welche Maßnahmen dafür notwendig sind. Dabei wurde eben nicht nur auf die Schlei geschaut, sondern auch auf die angrenzenden Flächen sowie die einleitenden Gewässer. Das Programm betrachtet die Schlei als Teil einer ökosystemaren Gesamtlandschaft, und so sind dann auch die Handlungsfelder angelegt.
Aus diesem Grund hat es vor Ort Gespräche mit Landwirten gegeben und gemeinsam wurden Maßnahmen erarbeitet und zum Teil auch schon umgesetzt. Aber das ist bisher ein kleiner Tropfen auf einen heißen Stein. Das Einzugsgebiet der Schlei ist groß, und daher ist klar, dass die Maßnahmen richtig viel Geld kosten werden. Aus diesem Grund haben wir im letzten Jahr wieder Haushaltsmittel in Höhe von 5 Millionen € zur Umsetzung des Integrierten Schleiprogramms beantragt. Leider wurde das noch abgelehnt. Ich frage mich, warum, wenn doch schon im November 2019 klar war, dass man Großes mit der Schlei vorhat.
Der vorliegende Antrag beschreibt das Pilotprojekt für die Modellregion Schlei in groben Zügen. Mehr können wir derzeit vielleicht auch nicht erwarten. Aber ich erwarte, dass die Modellregion Schlei auch wirklich eins zu eins im Verhältnis zum Integrierten Schleiprogramm umgesetzt wird. Das ist nämlich das, was die Beteiligten vor Ort jetzt erwarten.
Wenn ich in der letzten Woche aber lesen muss, dass für drei Jahre die Stelle eines Projektmanagers finanziert werden soll, damit diese Person nach Wegen sucht, wie der Schlei geholfen werden kann und wie Bundesmittel eingeworben werden können, dann schwindet meine Zuversicht ein bisschen, dass
Jamaika in und an der Schlei wirklich Großes umsetzen will. Ein Projektmanager ist klar, der wird benötigt - das kaufe ich. Wenn aber der oder die auch nach Wegen suchen soll, wie der Schlei geholfen werden kann, dann frage ich mich doch, wo Jamaika im Integrierten Schleiprogramm die Defizite ausgemacht hat. Das einzige Defizit, das ich erkennen kann, ist die finanzielle Unterstützung vonseiten des Landes. Lasst uns das Schlei-Programm oder die Modellregion mit Mitteln füttern, damit endlich Maßnahmen in Gang gebracht und umgesetzt werden können! Das alles ist auf dem Papier schon fertig; nur an der Umsetzung hapert es.
Kleine Plastikteile haben seinerzeit dafür gesorgt, dass die Schlei bundesweit in die Schlagzeilen geraten ist. Lasst uns jetzt alles - ich meine wirklich alles - dafür tun, dass die Modellregion Schlei so gut umgesetzt wird, dass wir bundesweit als Vorzeigeregion ausgezeichnet werden!
Wir haben gesehen, dass die Koalition unsere Anregungen in ihren Antrag aufgenommen hat. Deshalb sind wir, SSW und SPD, übereingekommen, unseren Antrag zurückzuziehen und für den Antrag der Koalition zu stimmen. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Erst einmal möchte ich mich bei Samiah El Samadoni und ihrem Team für die engagierte Arbeit und für den Bericht bedanken.
Leider wird hier sehr schnell klar, dass der Einsatz gegen Diskriminierung wichtiger ist als je zuvor. Die Zahl der Eingaben steigt. Gleichzeitig verfestigt sich der Eindruck, dass wir viele Arten der Diskriminierung nicht effektiv verhindern können. Jedes Jahr drehen sich Bericht und Diskussion in Land und Bund um sehr ähnliche Themen, und jedes Jahr stellen wir fest, dass es an wirkungsvollen Mechanismen fehlt, um ausgrenzendes, diskriminierendes Verhalten zu unterbinden.
Als Vertreter einer Partei zweier Minderheiten ist mir Diskriminierung in ihren verschiedenen Ausprägungen nicht fremd. Wer Teil einer Minderheit ist, weiß, dass Benachteiligung und Ausgrenzung meistens schleichend und vermeintlich harmlos beginnen. Aber auch wenn es oft Minderheiten sind, die diskriminiert werden, stehen dadurch letztendlich viele Menschen vor handfesten Problemen. Deshalb ist es so wichtig, dass sich unsere Antidiskriminierungsstelle um diese Dinge kümmert. Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, dass in den Bericht auch Themen der anderen Landesbeauftragten einfließen.
Wir sollten uns nichts vormachen: Diskriminierung ist kein Rand-, sondern ein Alltagsproblem. Auch in den Berichtsjahren 2017 und 2018 wurden Menschen hier bei uns im Land aufgrund eines im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, AGG, geschützten Merkmals diskriminiert. Alter, Behinderung, ethnische Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Religion oder Weltanschauung sind bis heute Ursachen für Ausgrenzung und Benachteiligung. Das verurteilen wir aufs Schärfste, und allen sollte klar sein, dass es nicht reicht, nur darüber zu reden. Wir müssen diesem Problem entschlossen entgegentreten und den Betroffenen helfen.
Natürlich haben wir es mit einem dicken Brett zu tun, aber nicht zuletzt dieser Bericht zeigt doch, wie wir die Rechte Betroffener stärken können. Nehmen wir zum Beispiel die angespannte Situation auf
dem Wohnungsmarkt. Seit Jahren können wir beobachten, wie schwächere Gruppen, zum Beispiel Obdachlose oder Geflüchtete, klar benachteiligt werden. Für uns steht fest, dass auch diese Menschen Anspruch auf angemessenen Wohnraum haben. Deshalb müssen die Kommunen gemeinsam mit dem Land daran arbeiten, diesen Menschen zu helfen. Der im Bericht angeregte Landesfonds wäre ein konkreter Anreiz, um diesen Wohnraum zu schaffen oder ihn diesen Gruppen zur Verfügung zu stellen. Wir haben regelmäßig Haushaltsanträge in diesem Sinn gestellt, und das werden wir auch weiter tun.
Diskriminierung ist kein individuelles Problem, das jeder oder jede Betroffene für sich lösen kann. Diskriminierung ist ein gesellschaftliches Problem, das nicht zuletzt auf gesetzlichem Weg angegangen werden muss. Auch gesetzliche Änderungsbedarfe werden im Bericht aufgezeigt: Zum einen wird durch die Beratungsarbeit auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes deutlich, dass der Katalog an Merkmalen ergänzt werden sollte. Als Beispiele werden Sprache, sozialer Status und das Merkmal chronische Erkrankungen aufgeführt. Zum anderen muss man sich in Berlin endlich um Themen wie Verbandsklagerecht oder Prozessstandschaft kümmern. Das AGG muss dringend um diese Möglichkeiten ergänzt werden, denn nach der derzeitigen Rechtslage dürfen Antidiskriminierungsverbände die Interessen benachteiligter Personen nur dadurch wahrnehmen, dass sie sie als Beistand in gerichtlichen Verhandlungen begleiten.
Durch eine Prozessstandschaft erhält ein Verband dagegen die Möglichkeit, das Recht einer diskriminierten Person im eigenen Namen geltend zu machen, und durch ein Verbandsklagerecht könnten Verbände sogar unabhängig von der individuellen Betroffenheit Einzelner einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot feststellen lassen. Das stärkt dann auch das Antidiskriminierungsrecht insgesamt.
Diese gesetzlichen Änderungen sind vor allem aus Sicht der Betroffenen sehr wichtig, denn viele Opfer von Diskriminierung verfügen nicht über umfangreiches rechtliches Wissen. Gleichzeitig wünschen sie sich aber, dass endlich etwas passiert, sodass in Zukunft niemand mehr das Gleiche erleiden muss. Durch erweiterte Rechte für entsprechende Verbände können wir diesem Wunsch zumindest etwas besser nachkommen. Hier sollten wir nicht mehr Zeit verlieren. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es geht nicht darum zu behaupten, die PKK habe zu jeder Zeit angemessen gehandelt natürlich nicht; der Unabhängigkeitskampf glich teilweise einem Bürgerkrieg. Aber es geht uns darum, über die Verlogenheit zu reden, mit der hierzulande über die PKK gesprochen wird, und darüber, welche Folgen das für hier lebende Kurdinnen und Kurden sowie für den Friedensprozess hat.
Ich war im Oktober mit der Kurdistanhilfe im nordirakischen Siedlungsgebiet der Kurden. Wir waren von Jesiden nach Shingal eingeladen worden und haben auch das Lager für aus der Türkei geflüchtete Kurden in Makhmur besucht. Shingal wurde 2014 von bewaffneten Einheiten der PKK und PYD nach furchtbaren Massakern des IS befreit. Während unserer Reise hat die Türkei die kurdischen Gebiete in Syrien überfallen, nachdem die Vereinigten Staaten
ihre Truppen aus den Gebieten abgezogen und ihre kurdischen Verbündeten im Stich gelassen hatten.
Die Eindrücke, die ich auf dieser Reise bekommen habe, werden mich mein Leben lang begleiten. Menschen, die unter schwierigsten Umständen ein fürchterlich hartes Leben führen und gleichzeitig so viel Willen, so viel Kampfgeist und so viel Solidarität zeigen!
Wir in Deutschland haben mit unseren Waffenlieferungen an die Türkei unseren Teil zur Verschärfung des Konflikts beigetragen. Das wurde uns wieder und wieder vorgeworfen. Das tat wirklich weh. So kann es nicht weitergehen!
Die kurdischen Peschmerga, die neben der PKK gegen den IS kämpfen, wurden mit deutscher Unterstützung ausgebildet und bekamen Waffen. Deutschland hat die tapferen Kurdinnen und Kurden, die immer wieder ganze Landstriche befreit haben und ihr Leben für die Freiheit anderer aufs Spiel setzten, hoch gelobt. Hier in Deutschland würden viele dieser Kämpferinnen und Kämpfer allerdings strafrechtlich verfolgt werden. Mit dieser Doppelmoral muss Schluss sein!
Auch in Deutschland leben viele Kurdinnen und Kurden. Einige von ihnen nehmen auch an SSWVeranstaltungen teil und erzählen über ihr Schicksal, darüber, was sie bewegt. Aus diesen Gesprächen ist dieser Antrag entstanden. Für uns ist die PKK heute keine Terrororganisation.
Das Betätigungsverbot der PKK war 1993 eine Reaktion auf gewaltsame Aktionen gegen türkische Einrichtungen in Deutschland. Seitdem hat sich die PKK aber personell und was ihre politischen Ziele angeht verändert. Öcalan, der seit 1999 in lebenslanger Haftstrafe in fast absoluter Isolation sitzt, durfte letztes Jahr zum ersten Mal seit acht Jahren mit seinen Anwälten sprechen. Er hat durch sie zur Versöhnung und zu demokratischen Verhandlungen aufgerufen. Auch von ihrer Maximalforderung nach einem unabhängigen Staat ist die PKK abgerückt. Was sie jetzt will, ist der demokratische Konföderalismus, eine nicht-staatliche, demokratisch-ökologische Zivilgesellschaft in Selbstverwaltung.
Werfen wir einen Blick in den jüngsten Verfassungsschutzbericht Schleswig-Holsteins: 16 Taten, die im Rahmen von „PKK“ stattgefunden haben. Zwei davon waren Prügeleien bei Demonstrationen. Die anderen waren Einzeltaten wie Sachbeschädi
gung durch Graffiti und Zeigen verbotener Fahnen. Das ist kein Terror!
Das PKK-Verbot in Deutschland ist hauptsächlich eine große Belastung für etliche Kurdinnen und Kurden, die hier leben. Sie trauen sich oft nicht, darüber zu sprechen, dass ihre Väter, Mütter, Tanten oder vielleicht sie selbst mit der PKK gekämpft haben oder mit ihr sympathisieren. Sie sagen, ihre Familienmitglieder würden als Terroristen abgestempelt. In Oberhausen ist einer kurdischen Mutter fast das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen worden, weil sie auf eine Demo für die Entlassung Öcalans gegangen war.
Gerade wir als Minderheit wissen, was Unterdrückung der Sprache, der Kultur, der Identität bedeutet. Aber hier, im Grenzland, wissen wir auch, was gute Minderheitenpolitik bedeutet. Wir wissen, wie man durch gute Minderheitenpolitik Frieden schaffen kann und dass gute Minderheitenpolitik in Wirklichkeit Friedenspolitik ist. Aber so ein Wissen verpflichtet. Es verpflichtet dazu, sich auch für andere einzusetzen.
Deshalb muss die PKK neu bewertet werden. Ihre Kriminalisierung steht dem Friedensprozess im Wege. Das PKK-Verbot ist heute doch nur ein Kniefall vor der türkischen Regierung. Kurdinnen und Kurden verdienen nicht nur unseren Dank und unseren Respekt, sondern auch unsere Unterstützung in dem Friedensprozess.
Ja. - Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir das PKK-Verbot aufheben. Denn das PKK-Verbot steht dem notwendigen Dialog für einen Friedensprozess im Wege. Deshalb wünsche ich mir ein starkes minderheitenpolitisches Signal aus Schleswig-Holstein und beantrage die Überweisung unseres Antrags in den Europaausschuss. - Jo tak.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Missverständnis aufräumen. Für den Fall, dass jemand meint, dieser Antrag sei im Sinne des Minderheitenschutzes gemeint: Was ich hier zur Minderheitenpolitik angeführt habe, ist, dass wir hier unheimlich viele Erfahrungen gemacht haben. Ich weiß, früher gab es bei uns ganz andere Zustände. Wir haben gezeigt, dass man durch gute Minderheitenpolitik Frieden schaffen kann. Das Einzige, was ich uns, Deutschland und auch Dänemark, vorgeworfen habe, ist, dass die beiden Länder, die eine so gute Minderheitenpolitik machen, nicht gut genug sind, wenn es darum geht, dies weiterzutragen, anderen Leuten in Europa zu erzählen, wie man gute Minderheitenpolitik und damit Friedenspolitik machen kann.
Eines haben wir gelernt: Die Voraussetzung dafür ist immer der Dialog. Wir haben ganz klar im Dialog mit vielen Kurden gemerkt, dass das PKK-Verbot ein Hindernis ist. Ich weiß sehr wohl, dass nicht alle Kurden PKK-Mitglieder sind. Ganz und gar nicht. Aber selbst Kurden, die keine PKK-Mitglieder sind, sagen mir: Das macht es unheimlich schwer. Wir können diesen Dialog nicht führen, weil sich die anderen immer verstecken müssen und nicht offen zeigen können, wofür sie wirklich stehen.
- Nein. Das weiß ich doch. - Mein Ansatz ist: Wir haben aus den guten Erfahrungen, die wir gemacht haben, eine Verpflichtung, sie weiterzutragen.
Wir wissen, dass jeder siebte in Europa Teil einer Minderheit ist und das Verhältnis zwischen Mehrheit und Minderheit oft Ursache für Unruhe und gar Kriege ist. Wir haben die Chance, unser Wissen
weiterzugeben. Das war die Grundlage unseres Antrags.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Frage, ob Pflegefachkräfte eine eigene Interessenvertretung brauchen, wird bekanntlich seit Jahren heiß diskutiert. Wir sagen Ja. Denn die Pflege im Gesundheitswesen hat bis heute nicht den Stellenwert, der ihr zusteht.
Es ist kein Geheimnis, dass der SSW traditionell skeptisch gegenüber der Kammeridee ist. Wir können uns auch eine Gesellschaft ohne Kammern vorstellen.
Aber wir leben in einem Land, in dem es Kammern gibt. Deshalb sehen wir bei den unterschiedlichen Ansätzen, die im Verlauf diskutiert wurden, durchaus die jeweiligen Vor- und Nachteile.
Für viele dreht sich hier alles nur noch um einen Punkt, und zwar den, ob eine Mitgliedschaft Pflicht oder freiwillig sein soll. Nach langer interner Diskussion haben wir die Entscheidung für eine Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer mitgetragen. Die Art, wie mit Worten Politik gemacht wird, dass einige „Pflicht“ durch „Zwang“ ersetzen, ist nur Stimmungsmache.
Überleg mal, ob solche Leute auch von „Wehrzwang“ reden würden oder „Schulzwang“! Das ist reine Stimmungsmache.
Wir haben trotzdem volles Verständnis dafür, dass auch ein relativ niedriger Beitrag im Portemonnaie schmerzen kann. Denn das Lohnniveau in der Pflege ist zu gering. Deshalb haben wir uns gleichzeitig immer dafür starkgemacht, dass der Beitrag niedrig bleibt. Das ist ein wichtiger Punkt, und wir werden uns natürlich auch weiter für angemessene Beiträge einsetzen.
Es geht aber um weit mehr als nur um Pflicht oder Freiwilligkeit. Es gibt eine Frage, die für uns viel grundlegender ist, und zwar die Frage der Unabhängigkeit einer solchen Institution. Die ist für den SSW die absolute Grundvoraussetzung. Nur wenn
ein Zusammenschluss der Pflegekräfte ausschließlich den eigenen Interessen verpflichtet ist, macht die Einrichtung Sinn. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht dagegen eine freiwillige Vereinigung vor, die ausschließlich nach Maßgabe des Landeshaushalts finanziert wird. Damit ist die Unabhängigkeit gerade nicht gegeben.
Deshalb lehnen wir diese Initiative schon allein aus dem Grund ab.
Ich will noch an einen Punkt erinnern: Dass wir in Schleswig-Holstein eine Pflegekammer haben, ist weder Willkür noch Zufallsprodukt. Der Wunsch nach genau dieser Art von Interessenvertretung kam aus der Pflege selbst.
Wir haben dieses Anliegen gemeinsam mit SPD und Grünen aufgenommen und uns mit den Betroffenen ausgetauscht. Unsere Küstenkoalition hat Arbeitsgruppen eingerichtet und umfassende Anhörungen mit fast 50 Verbänden, Gewerkschaften, Kammern und Institutionen durchgeführt. In einer viel zitierten, aber - wie wir auch heute wieder gehört haben - auch viel kritisierten repräsentativen Umfrage stimmten letztlich 51 % für die Kammergründung, 24 % stimmten dagegen. Aber all diese Fakten werden bei der Entstehungsgeschichte gern unterschlagen.
Gerade weil manche Akteure immer wieder den Eindruck vermitteln, eine Kammer diene nur dazu, Pflegekräfte zu quälen, will ich eines klarmachen: Unser Anliegen mit der Errichtung war, dass die Kammer dazu beiträgt, dem Pflegeberuf im Gesundheitswesen mehr Gehör und Respekt zu verschaffen. Das hilft letztendlich auch der Gewerkschaft, effektive und für die Pflegekräfte erfolgreiche Tarifverhandlungen zu führen.
Außerdem erwarten und sehen wir, dass die Kammer ihre Mitglieder rechtssicher berät und auf lange Sicht die Arbeitsbedingungen aller Pflegenden verbessert. Wir gehen davon aus, dass sich der geleistete Kammerbeitrag mittelfristig in Form von besseren Arbeitsbedingungen und Tarifen rentiert.
Auch diese Fragen wurden immer wieder von der verkürzten Diskussion über die Beiträge überlagert. Deshalb haben wir bekanntlich im Rahmen der
Haushaltsberatungen gefordert, die Erhebung dieser Beiträge für drei Jahre auszusetzen. Damit soll die Diskussion über die Pflichtbeiträge von der Diskussion über Sinn oder Unsinn einer Pflegekammer getrennt werden. So erhält sie die Ruhe zu arbeiten, muss aber natürlich auch Ergebnisse für die Pflegenden bringen. Erst wurde diese Idee zwar als Karnevalsscherz verrissen, letztlich aber doch von der Jamaika-Koalition zum Teil übernommen. Darüber freuen wir uns, und das nicht aus Häme, sondern weil es im Sinne der Kammer und damit im Interesse der Pflegekräfte ist.
Ja. - Wir sollten der Pflegekammer jetzt wirklich die Möglichkeit geben, ihren Wert unter Beweis zu stellen. Weitere stumpfe Ablehnung oder die Forderung nach anderen Maßnahmen sind hier vollkommen überflüssig. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich gehöre selbst zu der Generation, die hier als Betroffene im Zentrum der Debatte steht. Auch wenn ich nicht persönlich berührt bin, weiß ich, dass die pädagogischen Ansätze in der Vergangenheit anders aussahen als heute. Das ist auch nicht verwunderlich. Aber das, was Augenzeugen oder besser Opfer von ihren Kinderkuren berichten, ist durch nichts zu rechtfertigen, durch nichts!
Allein die Tatsache, dass Hunderte oder vielleicht sogar Tausende Betroffene bis heute massiv unter den Folgen leiden, ist einfach zutiefst erschütternd.
Natürlich ist auch bei diesem Thema ein differenzierter Blick wichtig. Niemandem ist damit geholfen, wenn wir die Zustände in Kindererholungsheimen in den 50er- bis 80er-Jahren pauschal verurteilen. Im Gegensatz zur Situation von Kindern, die in diesem Zeitraum dauerhaft in Heimen untergebracht waren, ist dieser Bereich bis heute noch kaum erforscht.
Aber ich gehe davon aus, dass die Berichterstattung rund um den Kongress auf Sylt zum Elend der Verschickungskinder bekannt ist. In diesem Zusammenhang wurden erstmals fast 1.000 Berichte ausgewertet mit dem recht eindeutigen Ergebnis, dass 94 % der ehemaligen Kurkinder ihre Erfahrungen negativ bewerten.
Es ist sehr wichtig, dass wir dieses Thema richtig einordnen und das Ausmaß begreifen. Allein in den alten Bundesländern gab es weit über 800 Erholungs- und Kurheime. Seit den späten 40er- bis in die frühen 80er-Jahren wurden zwischen 1 Million bis 3 Millionen Kinder in diesen Einrichtungen untergebracht, manche im Alter von gerade einmal zwei Jahren. Für viele waren die sechs bis acht Wochen in diesem Heim die schlimmsten ihres Lebens.
Wir müssen leider davon ausgehen, dass viele dieser Kinder misshandelt worden sind. Betroffene berichten zum Beispiel von Esszwang, Toilettenverbot und körperlichen Strafen oder von systematischen Demütigungen und Erniedrigungen. All das liegt zwar Jahre zurück, ändert aber nichts daran, dass es viele bis heute noch verfolgt.
Für den SSW kann es keinen Zweifel daran geben, dass diese Geschehnisse aufgearbeitet werden müssen. Deshalb freue ich mich sehr darüber, dass wir hier einen gemeinsamen Antrag gestellt haben. Man soll sich nichts vormachen: Auch Schleswig-Holstein ist hiervon berührt. Hier gab es viele Heime, hier lebten und leben viele Betroffene, aber auch viele Menschen, die für die Taten verantwortlich sind oder waren.
Und auch bei uns im Land gibt es natürlich Beteiligte, wie etwa Ärzte oder Kosten- und Heimträger, die sehr wahrscheinlich von diesen Misshandlungen wussten und diese trotzdem jahrzehntelang ignoriert haben, nicht zuletzt deshalb, weil sie von diesem System auch profitiert haben.
Wie wir wissen, geht es den Betroffenen vor allem um die sachgerechte Aufarbeitung dieser Geschehnisse. Die wenigen Akten, die bisher zu diesem Thema gesichtet wurden, scheinen diesen Wunsch klar zu bestätigen.
Laut Pressemitteilung der Initiative „Verschickungskinder“ offenbaren allein schon diese zufälligen Stichproben gravierende Verstöße gegen den Kinderschutz. Es scheint sogar konkrete Hinweise auf Medikamentenversuche oder sogar auf Todesfälle in Kinderkuren zu geben.
Für uns ist das Grund genug, nicht nur diesen Dingen nachzugehen, auch die Anzahl der Betroffenen und die institutionellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen müssen umfassend aufgeklärt werden.
Wir erwarten, dass sich die Landesregierung gemeinsam mit anderen betroffenen Ländern an diesem Prozess beteiligt - wir haben in dem Bericht ja auch bereits gehört, dass das der Fall ist -, nicht zu
letzt auch finanziell; denn sowohl die Anlaufstellen für Beratung und Vernetzung der Betroffenen wie aber auch Forschungsprojekte hierfür sind nötig. Beides gibt es nun einmal nicht zum Nulltarif. Aber diese Hilfe ist nun wirklich das Mindeste, das wir für die Betroffenen tun können. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Vorab einen herzlichen Dank für die guten und umfassenden Fragen. Die Kontrolle von Strukturen ist schließlich eine der vornehmsten Aufgaben der Opposition; vor allem, wenn sie dabei so manches Defizit im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zutage fördern. Selbstverständlich von meiner Seite auch ein Dank an die Mitarbeiter im Ministerium für die sehr ausführliche Beantwortung.
Mir war vorab nicht bewusst, dass 76 Vollzeitäquivalente über 79.000 Betriebsstätten in SchleswigHolstein kontrollieren sollen. Ich wusste auch nicht, dass nur drei Standorte dafür zuständig sind - übrigens kein einziger im Landesteil Schleswig. Das beinhaltet, dass die Fahrten einen unheimlichen Aufwand mit sich bringen. Das ist bestimmt nicht unerheblich.
Tatsächlich wurden 1.389 Betriebsstätten besucht, was über den Daumen gepeilt nicht einmal 2 % aller Betriebsstätten im Land ausmacht. Bei 98 % der Betriebe würden Verstöße also gar nicht auffallen. Das muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass in diesen Betrieben schlechte Arbeitsbedingungen herrschen, ganz und gar nicht, aber das bedeutet eben auch nicht, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
Die Antworten zeigen also: Die Kontrolle aller Vorschriften erfolgt nicht flächendeckend. Das müssen die Beschäftigten dann zum Teil mit ihrer Gesundheit bezahlen. Eigentlich sollte kein Beschäftigter
durch die Arbeit an einer Maschine schwerhörig werden, kein einziger.
Gehörschutz- und Schallschutzmaßnahmen sollten heute technischer Standard sein. Zwischen 2013 und 2017 wurde aber 1.123-mal die Berufskrankheit Lärmschwerhörigkeit anerkannt. Das ist ein unglaublicher Missstand; denn Schwerhörigkeit kommt nicht kurzfristig zustande, sondern ist das Ergebnis jahrelanger Verletzung gesetzlicher Vorschriften beziehungsweise unzureichender Kontrolle.
Neben den gesetzlichen Aufgaben gibt es aber auch Bereiche, die gesetzliche Lücken aufweisen. Konkret nennt der Sozialminister in diesem Zusammenhang die zunehmende Verbreitung von Werksverträgen mit Subsubunternehmen. Dort erkennt die staatliche Arbeitsschutzbehörde zwar Missstände; zu deren Beseitigung fehlt aber die gesetzliche Handhabe. Das betrifft vor allem die Schlachthöfe. Die Unterbringung der Beschäftigten aus Polen, Rumänien und Bulgarien war bei allen Großschlachtereien in Schleswig-Holstein skandalös. Die Arbeiter wohnen in großen Wohngemeinschaften ohne Privatsphäre oder Mindeststandards für Bad und WC. So lobenswert die Bemühungen der Landesregierung in diesem Bereich auch sind - ich möchte mich ausdrücklich bei dem Minister für seinen Einsatz bedanken -,
haben wir aber noch einen langen Weg vor uns.
Bislang wurde noch kein einziger Verantwortlicher für Mietwucher zur Rechenschaft gezogen, weil es keine gesetzliche Handhabe gibt. Die unhaltbaren Zustände sind hier inzwischen durch andere Schlagzeilen ein wenig ins Hintertreffen geraten. Aber die Antwort auf die Große Anfrage bringt noch einmal die bisherige Hilflosigkeit des Staates gegenüber skrupellosen Unternehmen auf den Punkt.
Auf dem Bau haben die Zustände dazu geführt, dass die Staatliche Arbeitsschutzbehörde wieder selbst die Kontrolle durchführt und diese nicht allein der Berufsgenossenschaft überlässt. Ein ähnlicher Systemwechsel oder alternative Maßnahmen sind allerdings in den Schlachthöfen noch nicht zu erkennen. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf. Ich erwarte einen Einsatz, damit sich die Wohnungssituation der Schlachthofmitarbeiter spürbar verbessert.
Da reichen dann eben keine Teilnahme nur an Arbeitsgruppen oder die Verteilung von Flugblättern, sondern hier müssen der Arbeitsschutz und der Gesundheitsschutz noch eine Schippe drauflegen.
Gerade dort, wo Gewerkschaften und Berufsgenossenschaften nicht zum Zuge kommen, ist die Arbeitsschutzbehörde oftmals die einzige wirksame Kontrolle und dementsprechend von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Beschäftigten. Ihre Kapazitäten sollten dementsprechend ausgebaut werden. Leider ist dies aber noch nicht der Fall. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor nicht einmal einem Jahr haben wir hier das letzte Mal über die Situation der Kurzzeitpflege diskutiert. Spätestens da dürfte eigentlich allen klar geworden sein, dass wir hier vor handfesten Problemen stehen. Diese Probleme sind vielleicht nicht überall gleich groß. Nicht zuletzt die Antwort auf die Kleine Anfrage der Kollegin Birte Pauls zeigt ja die regional sehr ungleiche Verteilung der Plätze. Aber nach Einschätzung vieler Experten hat die Unterversorgung zumindest in Teilen des Landes gefährliche Ausmaße angenommen. Für den SSW ist das Grund genug, um gegenzusteuern. Für uns ist klar, dass wir alle Möglichkeiten nutzen müssen, um die verschiedenen Angebote der Kurzzeitpflege auszubauen.
Schon in der Debatte im März 2019 habe ich erleichtert festgestellt, dass diese Form der Pflege von niemandem als Zusatz- oder Luxusangebot gesehen wird. Ich hatte den Eindruck, dass wir eigentlich alle mehr für diesen Bereich tun wollten. Es ist wirklich wichtig, dass wir uns daran erinnern und entsprechend handeln, denn Kurzzeitpflege ermöglicht pflegebedürftigen Menschen für einen begrenzten Zeitraum den stationären Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung oder in einer entsprechenden Abteilung im Krankenhaus. Das ist nicht nur für sie, son
dern oft auch für ihre Angehörigen eine große Hilfe - zum Beispiel dann, wenn sie aufgrund einer Krise oder Krankheit eine Zeit lang nicht selbst pflegen können oder einfach einmal eine Auszeit brauchen. Deshalb muss es unser Ziel sein, dass jeder Mensch, der Kurzzeitpflege braucht, auch einen entsprechenden Platz bekommt.
Leider ist aber genau diese Möglichkeit längst nicht immer und für jeden gegeben. Trotz erweiterter Unterstützung für pflegende Angehörige im Rahmen des Ersten Pflegestärkungsgesetzes haben wir landesweit unverändert nur um die 1.600 Kurzzeitpflegeplätze. Im Verlauf der Debatte wurde mehrfach erwähnt, dass es sich hierbei eben nur um eingestreute Plätze handelt. Das heißt, dass diese Plätze nicht für Kurzzeitpflege reserviert sind, sondern im Zweifel dauerhaft vollstationär belegt werden. Aus Sicht der Betreiber macht das Sinn, denn es erfordert einen weit geringeren organisatorischen Aufwand und bringt eine höhere Auslastung und damit natürlich mehr Geld. Im Ergebnis stehen wir damit aber vor dem Problem der Unterversorgung.
Es ist nicht ganz unberechtigt, bei diesem Thema auf den Bund zu zeigen. Das allein wird aber kaum reichen. Zwar haben sich CDU und SPD die Stärkung der Kurzzeitpflege durch eine wirtschaftlich tragfähige Vergütung in den Koalitionsvertrag geschrieben. Wie wir aber wissen, ist bis heute kaum etwas passiert. Vor allem CDU und SPD sind unverändert aufgefordert, bei ihren Kolleginnen und Kollegen im Bund Druck zu machen.
Aber auch die Landespolitik muss sich weiter für verbesserte Rahmenbedingungen im Pflegebereich einsetzen. Das Land kann eben auch über seine Investitionsmittel Anreize zur Stärkung der Kurzzeitpflege geben. Das sollten wir gerade mit Blick auf die sogenannten solitären, also eigenständigen, Einrichtungen tun, die es in Schleswig-Holstein ja überhaupt nicht mehr gibt.
Aus Sicht des SSW sind Bund und Land also gleichermaßen in der Verantwortung. Deshalb habe ich im Ausschuss am 25. April 2019 sowohl dem Antrag der SPD wie dem der Koalition zugestimmt. Es liegt auf der Hand, dass der Bund gefragt ist, wenn es um eine sichere finanzielle Basis für die Kurzzeitpflege geht, zum Beispiel durch die angeregte höhere Vergütung dieser Leistungen oder über einen Steuerzuschuss. Wir hoffen sehr, dass man dieses wichtige Thema in Berlin nicht weiter verschleppt. Aber auch das von der SPD geforderte
Landeskonzept ist und bleibt sinnvoll, denn letztlich müssen wir als Land den Hut aufhaben, damit diese Angebote auch wirklich dem Bedarf entsprechend und wohnortnah ausgebaut werden.
Ganz grundsätzlich glaube ich, dass wir hier und heute wirklich gut beraten sind, alles zu unterstützen, was zu Verbesserungen führt, denn die Zeit drängt. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ach ja, als der Tretroller noch ein Kinderspielzeug war, da war alles gut. So oder ähnlich könnte ich in Erinnerungen schwelgen, wenn ich rückblickend an die Ankündigungen und die Begeisterung für den E-Scooter im letzten Jahr den
ke und wenn ich sehe, was heute daraus geworden ist.
Gefühlt war es so, dass der E-Scooter zu Beginn als Allheilmittel für den Klimaschutz angepriesen wurde und als Retter für den innerstädtischen Verkehr. Ein enormes Zukunftspotenzial wurde dem E-Scooter zugeschrieben. Er sei eine echte Alternative zum Auto, weil die Menschen nun nicht mehr zu Fuß den Weg zum Bahnhof oder zur Bushaltestelle zurücklegen müssten, um zur Arbeit oder nach Hause zu kommen.
So wurde dann auch schnell vom Bundesverkehrsministerium der erste Verordnungsentwurf zur Teilnahme der E-Scooter am Straßenverkehr vorgelegt. Aber mit all seinen Freiheiten, die mit dem E-Scooter einhergehen sollten, wurde auch immer deutlicher, dass es nun doch nicht so einfach geht. Was sich Minister Scheuer so schön ausgedacht hatte, passte letztendlich nicht zur Realität. Die Fragen nach Sicherheit, Einbindung in den Verkehr, Führerscheinpflicht oder Mindestalter, kamen auf und verlangten nach rechtlichen Grundlagen. Denn klar war schon damals: Der E-Scooter wird kommen, er lässt sich nicht aufhalten.
Seit Juni des letzten Jahres gilt nun die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung, und darin ist alles für die Nutzung im Straßenverkehr geregelt. So weit, so gut. Aus dem ursprünglichen Fun-Mobil ist nun ein echter Verkehrsteilnehmer geworden.
Der E-Scooter ist aber nur ein Teil der sogenannten Elektrokleinstfahrzeuge. Wir dürfen uns darauf einstellen, dass es mehr werden. Sogenannte Monowheels, Hoverboards oder Skateboards mit elektrischem Antrieb stehen schon in den Startlöchern. Auch wenn diese Fortbewegungsmittel derzeit nicht die Vorgaben der Verordnung erfüllen und zurzeit für den Straßenverkehr nicht zugelassen sind, werden wir erleben, dass auch diese Elektrokleinstfahrzeuge die Städte erobern. Daher ist es richtig, sich mit dem Thema zu befassen.
Mit dem Inkrafttreten der Verordnung konnten wir im Sommer erleben, dass sich die E-Scooter schnell in den städtischen Bereichen durchgesetzt haben und umfangreich genutzt wurden. Es wurde aber auch schnell deutlich, dass mit diesen neuen Fahrzeugen neue verkehrliche Herausforderungen über alle Teilnehmer hereinbrechen. Zurzeit scheint es noch so, dass die Probleme, die mit den E- Scootern einhergehen, größer sind als deren Nutzen.
Die Nutzer sind generell unsicher im Gebrauch des Fahrzeuges, im öffentlichen Raum werden die Fahrzeuge abgestellt und liegen gelassen. All das sind
Probleme, die wir bereits im letzten Sommer beobachten konnten. Daher ist es wichtig, Mittel und Wege zu finden, um auf diese Probleme entsprechend zu reagieren. Dies ist kein separates deutsches Problem, sondern diese Bilder können wir langsam in fast allen größeren europäischen Städten sehen.
Wir können daher nur an alle Verkehrsteilnehmer appellieren; denn die E-Scooter gehören nun zum täglichen Bild auf unseren Straßen und Wegen dazu. Wir wissen ja auch aus anderen Diskussionen, wie weit Rücksichtnahme und Toleranz im Straßenverkehr reichen. Es könnte also schwer werden mit dem Appellieren. Daher finde ich den Ansatz der Koalition richtig, die Elektrokleinstfahrzeuge in die Verkehrserziehung an den Schulen einzubeziehen.
Ja, das tue ich.
Wir hatten unter anderem auch das große Glück, in Aarhus, einer dänischen Stadt, zum ersten Mal mit einem solchen Rollersystem konfrontiert zu sein.
Ich muss sagen, ich war fasziniert, wie diszipliniert und wie gut organisiert man das über die App buchen konnte und wie man tatsächlich auch als Neuling mit seinem Smartphone und Google Maps die touristischen Attraktionen besuchen konnte. Dadurch konnten wir Aarhus richtig kennenlernen. Wir haben gesehen, dass das wirklich ohne Probleme funktioniert, wenn die Radwege nur breit genug sind und wenn das insgesamt in ein städtisches Konzept eingebunden wird. Ich war sehr begeistert, wie das in Aarhus geregelt ist.
Deshalb frage ich Sie: Wenn das in Dänemark so hervorragend funktioniert - Sie sind ja auch durchaus Dänemark-affin -, warum
soll das dann in Deutschland nicht funktionieren?
- Ich behaupte doch gar nicht, dass es nicht funktionieren kann. Ich sage nur: Wir müssen dafür sorgen, dass entsprechende Regeln aufgestellt werden und dass die Rahmenbedingungen stimmen.
Ich bin nicht nur in Dänemark gewesen, sondern sogar noch weiter gekommen, bis nach Finnland. Wir waren in Helsinki. Auch dort haben wir die Dinger gesehen. Dort hat sich mir morgens ein anderes Bild von diesen Rollern im Verkehr gezeigt. Es waren nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene, die zu zweit darauf fuhren. Einige Leute hatten schwere Werkzeugkisten um den Hals, als sie mit den Rollern hin- und herpendelten. Ich habe gesehen, dass viele Roller einfach irgendwo liegen blieben, auch in Grünanlagen. All solche Erscheinungen muss man mit ins Kalkül ziehen. Ich bin ja nicht gegen euren Antrag sein; aber wir brauchen Regelungen.
Ja.
- Sie können doch nicht ohne Weiteres alles vergleichen. Schauen Sie sich einmal an, wie es mit dem Fahrradverkehr in Kopenhagen läuft. Es läuft hervorragend! Warum läuft es hervorragend? Auch deshalb, weil man dort bestimmte Regelungen getroffen und gute Rahmenbedingungen geschaffen hat. Stimmen diese, dann läuft es gut. In Kopenhagen ist als eine Folge der Autoverkehr ganz gewaltig zurückgegangen. Das haben wir in Aarhus mit den E-Scootern noch nicht erlebt.
Die kostenfreie Mitnahme von E-Scootern bei der Deutschen Bahn ist bereits unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Probleme entstehen häufig dann, wenn danach auf andere öffentliche Verkehrs
mittel, die eine solche Freistellung noch nicht geregelt haben, gewechselt werden soll. Diese Kinderkrankheiten müssen beseitigt werden; sonst ist das Projekt nicht schlüssig.
Insgesamt macht die Debatte um die Elektrokleinstfahrzeuge auch deutlich, dass wir uns viel stärker mit der Frage beschäftigen müssen, wie wir den Verkehr in den Städten künftig anders gestalten wollen. Das ist kein Selbstzweck, sondern eine Notwendigkeit. Unsere Städte können die Flut von Pkw einfach nicht mehr aufnehmen. Wir als SSW hatten auch in den vergangenen Haushaltsberatungen wieder mehr Mittel für den innerstädtischen Fahrradverkehr gefordert. Leider wurde unser Antrag abgelehnt.
E-Scooter haben die Städte bereits erobert. Sie sind ein neues, flexibles Verkehrsmittel. Aber sie sind nicht der alleinige Heilsbringer, schon gar nicht, wenn wir nicht gewillt sind, den gesamten städtischen Verkehr an die neuen Herausforderungen anzupassen. - Jo tak.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Auch ich bedanke mich bei dem Minister für den Bericht. Der Herr Minister hat einleitend sehr deutlich gemacht, welche Vorteile in diesem 5G mit den erhöhten Datenraten und der Reduzierung der Verzögerung und Ähnlichem liegen. Deswegen möchte ich das nicht alles wiederholen und lasse diesen Teil meiner Rede weg.
Rein theoretisch sind mit der Einführung dieses neuen Standards erhebliche Vorteile verbunden. Ich sage „theoretisch“, weil es hier darauf ankommt, diesen Standard flächendeckend zu realisieren. Dass der erste 5G-Sendemast im Land in Hattstedt bei Husum steht,
ist natürlich ein positives Zeichen. Aber wir brauchen mehr als Symbolpolitik. Gerade der ländliche Raum muss beim Ausbau verstärkt berücksichtigt werden, denn schon die Erfahrungen mit UMTS und LTE zeigen, dass die Versorgung letztlich nur da verlässlich ist, wo sich der Ausbau wirtschaftlich lohnt. Hier muss stärker gegengesteuert werden. Ei
ne Entwicklung, bei der weiterhin nur Ballungsgebiete profitieren, ist für ein dünn besiedeltes Land wie Schleswig-Holstein nicht akzeptabel.
Aus Sicht des SSW ist es daher sinnvoll, dass die SPD dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat. Dabei ist es besonders wichtig, die Frage zu stellen, wie und wann die ländlichen Räume angebunden werden. Natürlich ist das nicht einfach zu beantworten. Wir haben schon gehört, dass wesentliche Dinge ganz woanders entschieden werden, aber die Regierungen auf Landes- wie auf Bundesebene haben Einflussmöglichkeiten.
Wir erwarten, dass diese Möglichkeiten auch genutzt werden, zum Beispiel dadurch, dass man ganz konkret festschreibt, wie viele Menschen mit welchen Übertragungsgeschwindigkeiten versorgt werden müssen. Dann müssen Unternehmen im Zweifel eben auch dort Antennen aufstellen, wo es sich für sie sonst nicht rechnet.
So wichtig die Diskussion über die Einführung von 5G auch ist, sie fühlt sich gleichzeitig sehr theoretisch an. Wer im Land viel unterwegs ist, wird wissen, wovon ich rede. Das haben wir jetzt ja schon mehrmals gehört. Von einem flächendeckenden mobilen Internet kann in Schleswig-Holstein keine Rede sein. Auch geringere Übertragungsstandards sind längst nicht überall verfügbar. Wer unterwegs im Auto mal telefonieren will - mit Freisprechanlage, wohlgemerkt -, weiß, dass eine gute Verbindung eher die Ausnahme als die Regel ist. Ich weiß genau, dass ich, wenn ich auf der Autobahn nach Hause fahre, sieben Stellen habe, an denen die Verbindung richtig schlecht ist, und drei Stellen, an denen sie ganz abbricht. Wenn ich über Eckernförde fahre, sieht es nicht viel besser aus. Gerade wurde wieder über Hunderte Funklöcher im Land berichtet. Das zeigt doch klar und deutlich, dass nicht nur mit Blick auf 5G, sondern beim Mobilfunk insgesamt noch sehr viele Hausaufgaben gemacht werden müssen.
Das Ziel, flächendeckende und leistungsstarke 5GNetze aufzubauen, ist schön und gut. Aber vor dem Hintergrund unserer lückenhaften Versorgung sehen viele Menschen dieses Vorhaben zurzeit eher als Witz an. Bis heute sind längst nicht alle Schulen im Land ausreichend vernetzt, und bis heute leiden die Geschäfte von Firmen unter den unzureichenden Übertragungsraten. Das sind handfeste Probleme, die schon heute zu Wettbewerbsnachteilen führen.
Diese Dinge müssen dringend behoben werden. Der Verweis darauf, dass zum Beispiel unsere Westküste dünn besiedelt ist, trägt wirklich nicht; denn in einem Land wie Finnland erreicht 4G zum Beispiel 99,9 % der Menschen.
Aus Sicht des SSW kann es nicht angehen, dass es bei uns in Schleswig-Holstein noch immer Funklöcher gibt. Deshalb sagen wir: Ja, wir brauchen die schnelle Einführung des 5G-Standards. Aber wir sagen auch, dass wir uns gleichzeitig um den Ausbau bestehender Netze kümmern müssen, um Funklöcher zu beseitigen. Solange wir dies nicht gemacht haben, ist es auch schwer, Akzeptanz zu erhalten. - Jo tak.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich könnte es kurz machen: Original Play hat in Kitas in Schleswig-Holstein nichts zu suchen!
Ein vorbeugendes Verbot wäre also durchaus denkbar; aber so einfach ist das mit dem vorliegenden Antrag nicht. Ich lade Sie darum zu einem Gedan
kenspiel ein: Tauschen wir einmal „Original Play“ mit dem Wort „Gewalt“ aus. Dann hätte der Antrag folgenden Titel: „Umfassenden Kinderschutz sicherstellen - Gewalt verbieten“. Niemand würde sich gegen einen solchen Antrag aussprechen. Aber er würde gar nicht erst gestellt werden; denn er wäre vollkommen überflüssig. Bereits heute ist jegliche Gewalt, vor allem gegen Kinder, gesetzlich verboten. Verstöße werden von Polizei und Staatsanwaltschaft streng verfolgt. Ein Verbot von Gewalt durch den Landtag ist also völlig unnötig.
Genauso verhält es sich mit dem Antrag auf Verbot von Original Play. Die antragstellende Fraktion weiß bereits seit Mitte November, dass keine einzige Kita in Schleswig-Holstein Original Play anbietet. So beantwortete die Landesregierung nämlich die entsprechende Kleine Anfrage, und das schon im November. Es gibt in Schleswig-Holstein kein Original Play, und deswegen kann es auch kein Problem mit dem Kinderschutz geben, wie die Antragsüberschrift behauptet. Der Antrag ist also überflüssig.
Das sehen die Antragsteller wohl ähnlich; denn in der Begründung geht es auch um den gesetzlichen Schutz gegen Original Play. Es wird darauf verwiesen, dass bereits strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen haben sich also bereits als angemessen und brauchbar erwiesen - und das ohne ausdrückliches Verbot.
Warum trotzdem die Forderung nach einem Verbot von Original Play? Sollen etwa die Träger auf das Problem aufmerksam gemacht werden, dass Pädophile unter dem Deckmantel eines vermeintlichen pädagogischen Ansatzes Kindern sexualisierte Gewalt antun könnten? Ich denke nicht; denn die Landesregierung hat diese Information bereits erledigt. Das Landesjugendamt hat unverzüglich nach dem Fernsehbericht über Original Play die Verantwortlichen für die Aufsicht in den Kreisen und die Träger über die Gefahren dieses Rangelspiels informiert. Das war im Oktober und im November. Die antragsstellende Fraktion kann das der Antwort auf eine Kleine Anfrage entnehmen, die sie übrigens selbst gestellt hat.
Darüber hinaus weiß ich, dass Träger von Kindergärten und -krippen sehr sensibel mit dem Thema sexualisierte Gewalt umgehen. Gerade durch vereinzelte Fälle von sexualisierter Gewalt haben die Träger ihre Fortbildung in diesem Bereich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Auch die Eltern schauen sehr genau hin. Kein Akteur ist also auf ei
ne Landtagsfraktion angewiesen, die sie auf die Gefahren von Original Play hinweist.
Damit ist klar, dass wir es wieder einmal mit einem altbekannten Vorgehen zu tun haben. Der antragstellenden Fraktion geht es nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Landtagen darum, Panik zu schüren und sich selbst dabei als Heilsbringer zu inszenieren. Leider fällt das im Bereich der Pädagogik immer mal wieder auf fruchtbaren Boden. Eltern sind schnell verängstigt, weil sie das Beste für ihre Kinder möchten. Manche Eltern-WhatsAppGruppen sind nach dem Fernsehbericht regelrecht explodiert. Gerüchte und Mutmaßungen machten die Runde. Misstrauen und Panik sind aber in einem pädagogischen Bereich nicht besonders förderlich.
Ich sehe es ausdrücklich als unsere Aufgabe an, Missstände anzusprechen. Es ist aber auch unsere Aufgabe, diese dort, wo keine sind, nicht herbeizufabulieren. Wir dürfen die Realität nicht aus den Augen verlieren und müssen Eltern Ängste nehmen. Darum noch einmal: Alle Verantwortlichen setzen sich dafür ein, dass Original Play nicht in die Kitas kommt, jetzt nicht und auch nicht in Zukunft. Dazu bedarf es keiner AfD, jetzt nicht und auch nicht in Zukunft. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es ist wohl klar, dass die Reform der Kita-Gesetzgebung eine anspruchsvolle Aufgabe ist. Zum einen, weil sehr viele unterschiedliche Akteure betroffen und Interessen berührt sind, zum anderen, weil dieses Gesetz unmittelbaren Einfluss auf die Zukunftschancen unserer Kinder hat. Ich gebe gerne zu, dass es nicht einfach ist, allen Ansprüchen gerecht zu werden. Ich habe für den SSW mehrfach gesagt, dass wir die grundlegende Zielsetzung dieser Reform teilen. Vor allem, weil es im Kern um die bestmögliche Förderung unserer Kinder geht, tragen wir diese Änderungen mit. Wir werden uns natürlich auch in Zukunft konstruktiv an diesem Prozess beteiligen.
Wenn wir ehrlich sind, dann war die Unzufriedenheit auch nach der letzten Debatte zum Thema greifbar. Viele Beteiligte haben weiterhin das Gespräch mit uns gesucht. Nicht nur hier, sondern auch in der zweitägigen mündlichen Anhörung wurden unterschiedliche Bedenken vorgetragen. Das ist bei einem so umfangreichen Gesetzentwurf auch nicht verwunderlich, genau wie die Tatsache, dass nicht allen Betroffenen ihre Sorgen genommen werden konnten. Das zeigt uns, dass auch im weiteren Verlauf nachgebessert werden muss. Grundsätzlich ist das Engagement, mit dem sich die Anzuhörenden in diesen Prozess eingebracht haben, wirklich beeindruckend, nicht zuletzt, weil viele Beteiligte ehrenamtlich tätig sind. Ich möchte mich hier von dieser Stelle ausdrücklich für diesen Einsatz bedanken.
Ich will alle ermutigen, den Reformprozess weiter kritisch zu begleiten. Gleichzeitig ist klar, dass der Entwurf in einer ganzen Reihe von Punkten nachgebessert wurde. Das will ich ausdrücklich anerkennen. Doch ist mir ein Hinweis wichtig: Allein
das Kita-Finanzierungssystem ist sehr kompliziert. Außerdem gehen die Regelungen in diesem Gesetz weit darüber hinaus. Das bedeutet, dass wir viele Effekte erst nach Inkrafttreten des Gesetzes wirklich bewerten können. Vor allem mit Blick auf wichtige Kritikpunkte wie Verfügungszeiten oder Freistellung von Leitungskräften muss sich noch zeigen, ob die Korrekturen ausreichen. Bei der Inklusion steht für mich schon fest, dass es eben nicht ausreicht und dass da wirklich noch nachgebessert werden muss.
Natürlich sollen Eltern und Kommunen entlastet und vor allem die Kita-Qualität erhöht werden. Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass niemand schlechtergestellt wird als bisher. Hier gibt es zumindest noch Restzweifel.
Ich denke, uns allen muss also klar sein, dass dieses Gesetz nur ein erster Schritt sein kann. Natürlich begrüßen wir es, wenn das Land seine Finanzierungsanteile erhöht. Auf dem Papier sieht es erst einmal schön aus, wenn in Zukunft mehr Fachkräfte kleinere Gruppen betreuen. Auch die geplante Deckelung der Elternbeiträge hört sich gut an. Trotzdem gibt es hier immer noch offene Fragen. So lässt sich zum Beispiel bezweifeln, ob die gesetzten Standards wirklich zu flächendeckenden Qualitätsverbesserungen führen. Die Sorge, dass Kommunen diese Standards sogar absenken, wenn sie diese schon übererfüllen, liegt zumindest nahe. Hier bleibt zu hoffen, dass sich die kommunale Ebene ihrer Verantwortung für eine bestmögliche frühkindliche Bildung bewusst ist und entsprechend handelt.
Für den SSW kann es gar keine Alternative zu einer guten frühkindlichen Bildung geben. Mittlerweile wird wohl auch jede oder jeder diese positiven Effekte einer guten frühkindlichen Bildung kennen: Krippe, Kita oder Tagespflege sind die Orte, an denen die Weichen für einen erfolgreichen Bildungsweg gestellt werden. Frühkindliche Bildung hilft nachweislich dabei, unterschiedliche Startchancen zumindest anzugleichen. Sie ist damit ein wesentlicher Schlüssel zu einem selbstbestimmten Leben. Daher muss jeder Euro, der in dieses System gesteckt wird, bei den Kindern ankommen.
Der Zugang zu diesen Angeboten muss allen Kindern offenstehen, egal ob mit oder ohne Handicap und ohne finanzielle Hürden für die Familien.
Nicht zuletzt beim Ziel, Transparenz und Effizienz in der Kita-Finanzierung zu schaffen, geht der vorliegende Entwurf in die richtige Richtung. Grundsätzlich gesehen ist er ein Auftakt für die dringend notwendige Weiterentwicklung des gesamten frühkindlichen Bildungssystems, aber er ist eben nur ein Anfang. Denn wenn wir zum Beispiel über Kita-Qualität reden, müssen wir uns um mehr als die Verfügungszeiten und den Fachkraft-Kind-Schlüssel kümmern. Wir müssen weiterdenken und schon bald zu echten Lehrplänen für diesen Bereich kommen. Wir müssen dringend Arbeitsbedingungen und Ausbildungen schaffen, die es ermöglich, diesen umfassenden frühkindlichen Bildungsauftrag überhaupt zu erfüllen.
Wie erwähnt, sind im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens verschiedene Änderungen vorgenommen worden. Die Naturpädagogik - genauer gesagt: die Waldkrippen - sind hier ein sehr erfreuliches Beispiel.
Aber auch als Zugehöriger der dänischen Minderheit will ich ein Lob loswerden; denn der Dänische Schulverein ist mit Blick auf das Kita-System in einer besonderen Situation. Er ist nicht nur für den Betrieb unserer Schulen zuständig, sondern als Träger unserer 57 dänischsprachigen Kindertagesstätten auch unmittelbar von der Kita-Gesetzgebung betroffen. Natürlich unterliegt Dansk Skoleforening der deutschen Rechtsprechung. Aber unser Schulverein ist nicht zuletzt der dänischen Pädagogik verpflichtet. Sie können sich vorstellen, dass diese dänischsprachigen frühkindlichen Bildungseinrichtungen für uns als Minderheit enorm wichtig sind. Sie erfüllen unseren Bildungsauftrag, genauso wie unsere Schulen es tun. Sie haben zur Aufgabe, neben den allgemeinen Inhalten zusätzlich auch die dänische Sprache und Kultur zu vermitteln.
Diese Einrichtungen haben also etwas andere Voraussetzungen und Bedarfe als deutschsprachige Einrichtungen. So muss zum Beispiel sämtliches Kita-Personal nicht nur die dänische Sprache beherrschen, sondern auch die dänische Kultur und Tradition kennen. Das hat unter anderem Konsequenzen für die Personalgewinnung. Ich will deshalb ausdrücklich loben, dass dieser und andere Aspekte, die mit der Ausrichtung im Sinne der skandinavischen Pädagogik einhergehen, im Gesetz jetzt berücksichtigt werden. Das ist Ausdruck guter Minderheitenpolitik.
Wie schon gesagt, können wir viele Auswirkungen dieses Entwurfs noch nicht im Detail bewerten.
Deshalb ist es so wichtig, dass man mit der Verabschiedung dieses Gesetzes nicht einfach die Füße hochlegt. Das hier ist ein Startpunkt. Streng genommen fängt die Arbeit erst jetzt richtig an. Nur zur Erinnerung: Nicht nur die Übergangsphase, sondern vor allem auch eine gründliche Evaluation sind verbindliche Bestandteile des Gesetzes. Wir erwarten, dass man Kritik und Anregungen, die im weiteren Verlauf zur Sprache kommen, entsprechend ernst nimmt. Wir erwarten ebenfalls, dass erkannte Probleme behoben werden. Das ist uns gerade aufgrund der Bedeutung und Tragweite dieser Reform besonders wichtig.
Wir alle haben das Ziel, Schleswig-Holstein familienfreundlicher zu gestalten. Dafür müssen wir den Familien im Land aber auch deutlich bessere Perspektiven bieten. Eine bestmögliche frühkindliche Bildung ist hier ein wichtiger Baustein. Deshalb müssen wir diesen Bereich langfristig verlässlich fördern. Wir müssen dieses Kita-Gesetz als Grundlage nutzen und es weiterentwickeln, und zwar so, dass wir am Ende allen Eltern nicht nur ein vielfältiges, sondern auch inklusives Angebot machen können.
Genau wie bei allen anderen Bildungsangeboten müssen wir eben auch daran arbeiten, den Zugang kostenlos zu gestalten. Das ist nicht nur aus familienpolitischer Sicht geboten, sondern es zahlt sich langfristig aus, für unsere Kinder und Familien, aber auch für die Gesellschaft insgesamt. Es gibt also noch viel zu tun, und wir möchten uns gerne konstruktiv einbringen. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es war ein langer und beschwerlicher Weg, bis in Deutschland der flächendeckende Mindestlohn gesetzlich eingeführt wurde. Er gilt seit Anfang 2015 und hat seinerzeit mit 8,50 € angefangen. Während Arbeitgeberverbände oder Wirtschaftsforschungsinstitute im Vorfeld die schlimmsten Befürchtungen für die Wirtschaft an die Wand malten und nahezu den Untergang des Abendlandes prophezeiten, wissen wir heute, dass es nicht so gekommen ist.
Im Gegenteil, der Mindestlohn wirkt. Und er wirkt sich positiv aus! Seit der Einführung haben rund vier Millionen Beschäftigte unmittelbar vom Mindestlohn profitiert. Unterm Strich ist festzustellen, dass die Zahl der Beschäftigten seit 2015 gestiegen ist; Gleiches gilt für das Stundenlohnniveau. Zu diesem Ergebnis ist jüngst die Mindestlohnkommission gekommen. Demnach hat der Mindestlohn sogar Löhne oberhalb der Grenze beeinflusst. Das heißt, viele Unternehmen hoben generell ihre Löhne an, um keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber Konkurrenten zu haben.
Aber auch die deutsche Wirtschaft profitiert von der Einführung des Mindestlohnes; denn dadurch erhöht sich Kaufkraft. Der DGB geht davon aus, dass 1 ct mehr Mindestlohn einen Kaufkraftgewinn von 20 Millionen € im Jahr auslöst. Die Anpassungen des Mindestlohnes 2019 und 2020 werden nach deren Schätzung rund 1,7 Milliarden € zusätzliche Kaufkraft erzeugen. Unter dem Strich kommt das auch der Wirtschaft zugute.
Wir stellen fest: Der gesetzliche Mindestlohn hat mit seiner Einführung zu mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt geführt. Das war das vorrangige Ziel des Gesetzes. Aber auch hier gilt: Es muss ständig evaluiert und weiterentwickelt werden. Nur dann erfüllt es auch künftig sein Motto: „Gute Löhne für gute Arbeit!“
Der Gesetzgeber har seinerzeit ausdrücklich Ausnahmen festgelegt, die ihre Berechtigung haben oder hatten. Und damit komme ich zu unserem Antrag. Im § 22 Absatz 2 des Mindestlohngesetzes ist festgelegt:
„Personen im Sinne von § 2 Absatz 1 und 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne abge
schlossene Berufsausbildung gelten nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.“
Anders gesagt: Jugendliche im Alter zwischen 15 und 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.
Dieser Passus wurde seinerzeit in das Gesetz aufgenommen, weil befürchtet wurde, dass es Jugendliche davon abhalten würde, weiter zur Schule zu gehen oder eine Berufsausbildung zu machen und sie stattdessen jobben gehen würden.
Nach unserer Auffassung zieht dieses Argument nicht; denn heute entscheiden sich immer noch die meisten Jugendlichen für den weiteren Schulbesuch oder eine Berufsausbildung - sofern Ausbildungsplätze vorhanden sind -, und das, obwohl die Ausbildungsvergütungen zum Teil niedriger sind, als wenn sie irgendwo jobben gingen und dort Stundenlöhne von 7 bis 8 € bekämen. Für uns als SSW bedeutet das, dass die Begründung für diesen Passus nicht mehr zutrifft.
Zudem sehen wir hier eine Ungleichbehandlung von Jugendlichen über und Jugendlichen unter 18 Jahren, obwohl sie die gleiche Arbeit machen. Das Ziel „Gleiche Löhne für gleiche Arbeit!“ läuft damit ins Leere. Das kann nicht gewollt sein.
Außerdem sind wir der Auffassung, dass diese pauschale Ausnahme von Jugendlichen unter 18 Jahren gegen das Gleichstellungsprinzip verstößt.
Deshalb fordern wir, das Gesetz dahingehend zu ändern, dass auch Jugendliche ab 15 Jahren künftig den Mindestlohn erhalten. Die bisherige Altersdiskriminierung muss aus dem Gesetz heraus! Tragen sie dazu bei, das Gesetz noch ein Stück besser und noch ein Stück fairer zu machen und unterstützen Sie unseren Antrag! - Jo tak.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Seit 15 Jahren ist die Vergütung von Krankenhausleistungen nach dem sogenannten DRG-Fallpauschalensystem geregelt. Erklärtes Ziel war, die Krankenhäuser zu effizienterem Wirtschaften zu zwingen und weitere Kostenexplosionen zu vermeiden.
Ich bin zwar nicht 15 Jahre Mitglied des Landtags, aber ich erinnere mich gut daran, dass diese Regelung schon vor zehn Jahren von allen Fraktionen kritisch gesehen wurde. Damals wurde vor allem die bundesweit uneinheitliche Vergütung infrage gestellt - zu Recht, denn das ist eine systematische
Schlechterstellung unseres Landes, die keinem zu erklären ist und die sich noch dazu bis heute teilweise fortsetzt.
Doch abgesehen davon, dass unsere Krankenhäuser zwar für Investitionen, Materialeinkäufe oder Löhne das Gleiche zahlen wie Kliniken in anderen Bundesländern, gleichzeitig aber für ein und dieselbe Behandlungsleistung weniger einnehmen als fast alle anderen, gibt es weitere Gründe für Kritik. Es wird einfach immer deutlicher, dass dieses System der diagnosebezogenen Fallgruppen nicht nur ungerecht ist, sondern richtige Fehlanreize produziert.
Für den SSW kann ich hier klar sagen: Wenn bestimmte Leistungen nur aus Profitinteresse erweitert werden und gleichzeitig Personal abgebaut wird, dann ist eine rote Linie überschritten. Eine solche Entwicklung ist nicht nur ärgerlich, sondern sie kann für Patientinnen und Patienten mitunter richtig gefährlich werden.
Zuletzt haben wir am Beispiel der Geburtshilfe erlebt, welche Probleme entstehen, wenn ein Krankenhaus pro Behandlungsfall stets einen starren Pauschalbetrag bekommt. Das Risiko eventueller Mehrkosten trägt die Klinik selbst. Minderaufwendungen werden zum Nachteil für viele, denn die jeweilige Fallpauschale wird jährlich auf Basis der Kostenentwicklung des Vorjahres neu kalkuliert. Und weil alle Krankenhäuser immer unterhalb der Fallpauschale wirtschaften müssen, um mit dem Geld auszukommen, kennt diese Preisschraube eigentlich nur einen Weg, und zwar den nach unten. Man soll sich also nicht wundern, wenn sich die Arbeitsbedingungen immer weiter verschlechtern und die Versorgungsqualität leidet.
Es ist Fakt, dass es auch bei der stationären Versorgung von Kindern Probleme gibt, die zumindest teilweise auf diesen ökonomischen Wettbewerb zurückzuführen sind. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der LINKEN zeigt, dass die Bettenkapazitäten auf Kinderstationen bundesweit abgebaut werden. Gleichzeitig gibt es zwar mehr Kinderärzte, aber immer weniger spezialisierte Pflegekräfte für diesen Bereich.
Und gerade hier, bei der Pflege, liegen leider die größten Probleme. Diese Arbeit wird durch das Fallpauschalensystem nämlich nicht auskömmlich vergütet. Damit ist die Versorgung von Kindern und Jugendlichen für Krankenhäuser oft nicht rentabel. Im Ergebnis haben Kinder- und Jugendärzte zumindest bei Saisonkrankheiten Probleme, Kinder in Kliniken einzuweisen.
Sowohl das Bundes- wie auch unser Landesministerium für Gesundheit betonen zwar, dass es gerade hier einen klaren Trend hin zu ambulanten Behandlungen gibt, aber nicht jeder Fall kann ambulant behandelt werden. Gerade kranken Kindern und ihren Familien kann man keinen weiten Weg zum Krankenhaus zumuten. Aus Sicht des SSW ist die stationäre Versorgung aller Menschen Teil der Daseinsvorsorge. Deshalb müssen wir endlich zu einem bedarfsgerechten und auskömmlichen Finanzierungssystem kommen, das auch Bereiche wie die Geburtshilfe oder die Pädiatrie entsprechend absichert.
Außerdem müssen wir dringend die Rahmenbedingungen für Pflegeberufe verbessern. Und wir müssen nicht zuletzt über neue, sektorenübergreifende Wege nachdenken, um eine qualitativ hochwertige Versorgung in diesem sensiblen Bereich sicherzustellen. Genau hier, bei der sektorenübergreifenden Versorgung, setzt unter Antrag an. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Für uns in Schleswig-Holstein als Land zwischen Nord- und Ostsee ist die Problematik in Bezug auf Weltkriegsmunition in den Meeren nicht neu. Das Thema holt uns immer wieder ein, auch hier im Landtag. Wir kennen das Problem seit Langem, und wir wissen, dass die Räumung der Munitionsrückstände mit zunehmender Zeit immer problematischer wird.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Munition achtlos in Nord- und Ostsee versenkt. Die
Entsorgung der Munition und Kampfmittel im Meer war seinerzeit die billigste, aber auch die verantwortungsloseste Lösung, um das Material loszuwerden, nach dem Motto - das haben wir schon ein paar Mal gehört -: Aus den Augen, aus dem Sinn. Doch die fatale Entscheidung von damals holt uns heute immer wieder ein.
Die Erkenntnisse über das, was auf dem Meeresboden liegt, sind heute bereits recht umfangreich. Auch wenn bisher nicht alles untersucht ist, haben wir einen recht guten Überblick. So liegen - wie schon gesagt - schätzungsweise 300.000 t Munition in der Ostsee verteilt. In der Nordsee befinden sich rund 1,3 Millionen t. Wir reden also wirklich nicht über Kleinkram. Es geht um konventionelle Munition und chemische Waffen, an denen der rostige Zahn der Zeit nagt. Neben der Detonationsgefahr ist mittlerweile das Durchrosten der Munition zu einem Problem geworden. Dadurch werden lebensgefährliche Inhaltsstoffe im Wasser und in Sedimente freigesetzt, die sich entsprechend auf Flora und Fauna auswirken. Das alles wissen wir bereits.
Es gibt nationale und internationale sowie interdisziplinäre Arbeitsgruppen, die sich mit der Problematik beschäftigen, die eine Fülle an Stellungnahmen und Gutachten herausgebracht haben. Es gibt nationale und internationale Resolutionen zu den Munitionsaltlasten. Warum also haben wir das Thema wieder auf der Tagesordnung? Nicht, dass es sich nicht lohnt, das Thema zu diskutieren - das tut es auf jeden Fall, und es ist dringend erforderlich -, aber der Grund ist, dass der Tod von 18 Schweinswalen mit einer Sprengung von Minen im Naturschutzgebiet Fehmarnbelt in Zusammenhang gebracht wird. Damit wurde die Problematik neu befeuert, und wir sind aufgefordert, den politischen Druck zu erhöhen, um das Problem endlich anzugehen. Damit meine ich nicht, dass wir noch mehr Papier zusammentragen und Informationen sammeln sollten - auch das ist richtig und wichtig -, sondern jetzt geht es darum, wirklich zu handeln.
Wir haben uns in diesem Jahr bereits mehrfach und vertiefend im Ausschuss mit dem Thema befasst. Dabei wird immer wieder deutlich: Es muss etwas geschehen. Einfach wegsprengen kann nicht die erste Priorität sein. Hier brauchen wir umweltschonendere Methoden bei der Kampfmittelbeseitigung. Die Methoden, die Munition zu entschärfen und zu bergen, gibt es - Stichwort: Unterwasserentschärfung mittels Roboter -, aber es gibt sie nicht zum Nulltarif; das kostet Geld. Bei der Menge von Munition reden wir über richtig viel Geld. Schätzungen
gehen dabei in die Milliarden. Damit wird schnell klar, warum das alles so lange dauert und da keiner wirklich ran will, aber so geht es ganz einfach nicht weiter.
Für mich ist schon klar, dass Schleswig-Holstein und die anderen Küstenländer mit diesem Problem nicht alleingelassen werden dürfen. Das können wir alleine nicht stemmen. Hier hat gerade auch der Bund eine Verantwortung. Darum begrüßen wir, dass Umweltminister Albrecht bei der Umweltministerkonferenz eine Gesamtstrategie zur Beseitigung von Munition im Meer auf die Tagesordnung gesetzt hat. Es ist wichtig, auch den anderen Ländern deutlich zu machen, mit was für einem Problem wir alle es zu tun haben.
Die Entsorgung der Munition im Meer war seinerzeit verantwortungslos und die vermeintlich billigste Lösung. Wir wissen heute, dass wir das Problem nicht aussitzen können. Das wäre ebenso verantwortungslos, denn wir schaffen damit Probleme, die später nicht absehbar sind. Daher ist es dringend geboten, endlich zu handeln.
Wir können dem Koalitionsantrag zustimmen. Im Antrag der SPD finde ich fast alle Punkte richtig und wichtig, aber bei dem Teil, in dem es um Kompensationsmittel geht, haben wir teilweise eine andere Haltung.
Bei der Abstimmung über den SPD-Antrag werden wir uns daher enthalten. - Jo tak.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Möglichkeiten, die in der Was
serstofftechnologie und deren Nutzung stecken, sind sehr umfangreich. Sie reichen vom Fahrzeugantrieb über Stromspeicher bis hin zur Wärmenutzung. Damit ist die Wasserstofftechnologie ein wertvoller Bestandteil der Energiewende. Doch so weit sind wir noch nicht. Dieser Allrounder steckt immer noch in den Kinderschuhen.
Die Wasserstofftechnologie und die damit verbundenen Möglichkeiten sind keine neue Erfindung. Diese Technologie und ihre Anwendung gibt es bereits seit vielen Jahren in den verschiedensten Bereichen. Die Herstellung von Wasserstoff ist aber mit einem hohen Energieaufwand und entsprechenden Kosten verbunden. Das hat sich noch nicht geändert; denn Wasserstoff muss aus Primärenergien hergestellt werden. Heute wird Wasserstoff größtenteils immer noch aus fossilen Energieträgern hergestellt. Das kann und darf langfristig nicht das Ziel sein; denn damit ist nichts gewonnen. Wasserstoff muss aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Erst dann ist es eine saubere Lösung.
Aber der Weg dorthin ist noch lang. Daher muss gerade in die Forschung und Entwicklung für die Produktion von Wasserstoff viel investiert werden. Wir haben in Schleswig-Holstein mit unseren erneuerbaren Energien, insbesondere durch die Windkraft, gute Voraussetzungen, um überschüssige Energie für die Herstellung von Wasserstoff zu nutzen, und das ist das A und O für die Produktion von grünem Wasserstoff. Wir haben einen Standortvorteil, und mit diesem Pfund müssen wir doch wirklich wuchern.
Wenn wir aber über eine nationale und eine norddeutsche Wasserstoffstrategie sprechen, dann wundert es mich doch schon, was vorgestern aus dem Bundeswirtschaftsministerium vorgelegt wurde. Es geht um die geplante Abstandsregelung für Windkraftanlagen. Demnach würden Windkraftanlagen nicht mehr im Umkreis von 1.000 m von Siedlungen gebaut werden. Würde dieser Vorschlag umgesetzt werden, würde das dazu führen, dass es zu einer Halbierung der möglichen Flächen für Windenergie käme. Das wiederum hätte doch eine massive negative wirtschaftliche Folge für die Windbranche und ihre Arbeitsplätze. Darüber hinaus würden auch die Ziele der Windenergie gefährdet.
Man kann doch nicht ernsthaft über nationale Wasserstoffstrategien reden, wenn man auf der anderen Seite der Stromproduktion aus der Windenergie das Genick bricht.
Die Bundesregierung entgegnet der Kritik, dass Kommunen und Länder jederzeit von den festgelegten Mindestabständen abweichen und geringere Abstände festlegen könnten. Ich frage mich daher, warum dieses Fass überhaupt aufgemacht wurde. Nun wissen wir also, dass Schleswig-Holstein nicht von der Berliner Regelung betroffen ist, beziehungsweise dass sie keine Anwendung finden muss. Unter dem Strich bringt uns das aber jetzt nicht viel weiter; denn Jamaika hat es ganz ehrlich immer noch nicht geschafft, in Schleswig-Holstein den Ausbau der Windenergie zu regeln. Wenn wir heute über eine Wasserstoffstrategie für Schleswig-Holstein und Norddeutschland reden, dann bekomme ich den Eindruck, dass Jamaika mit der Wasserstoffstrategie aufs Gaspedal drückt, aber beim Ausbau der Windenergie mit dem Fuß auf der Bremse steht. So kommen wir doch nicht voran.
Nichtsdestotrotz ist es richtig und wichtig, dass wir im Bereich der Wasserstofftechnologie mehr machen. Wir müssen die Forschung, die Produktion und den Ausbau strategisch planen und voranbringen. Wir fangen hier nicht bei null an; denn wir haben in Schleswig-Holstein schon viele Akteure vor Ort, die in diesem Bereich tätig sind. Ich denke zum Beispiel an Projekte im Kreis Nordfriesland, die dort bereits etwas vorangebracht haben, was wirklich fortschrittlich und zukunftsweisend ist.
Durch die Stärkung der regionalen Betreiber ermöglichen wir auch eine Wertschöpfung bei uns in der Region. Klar ist auch -