Protocol of the Session on February 14, 2019

länder zu richten haben. Genau an dieser Stelle wird es interessant.

Die Abschiebungshaftvollzugsanstalt in Glückstadt ist ein Gemeinschaftsprojekt der Länder Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Alle drei Länder wollen künftig die Abschiebungshaftanstalt als Ultima Ratio, nicht als Regelfall nutzen und den Vollzug mit 20 Plätzen in Glückstadt umsetzen. Mecklenburg-Vorpommern und auch Hamburg verlassen sich darauf, dass dort die richterlichen Anordnungen der Abschiebehaft aufgrund Bundesrechts in Schleswig-Holstein nicht an einer linksorientierten Interpretation dieses Rechts scheitert. Dazu brauchen wir eine Rechtsgrundlage, die die vollständige Umsetzung des Bundesrechts ermöglicht, und zwar ohne dass es zu maßgeblichen Einflüssen der Politik kommt. Selbstverständlich wird die legislative Gestaltung bindende Vorgaben der Menschenrechte, EU-Richtlinien und grundsätzlich humanitäre Aspekte beinhalten. Das war bereits Teil der ersten Lesung hier im Landtag und ist aktuell auch Gegenstand der Diskussion im Innen- und Rechtsausschuss.

Schriftliche und mündliche Stellungnahmen im Rahmen der Anhörung lassen sich dabei grob in zwei Strömungen aufteilen. Die eine lehnt Abschiebungen grundsätzlich ab und tendiert eher in eine Richtung: Alle bleiben hier. - Diese Strömung wen sollte es verwundern? - wird überwiegend durch Organisationen und Vereine vertreten, die als NGOs in der Asyl- und Migrationsthematik Fuß gefasst haben.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Kennzeichnend für diese Strömung ist leider neben der grundsätzlichen Ablehnung von Abschiebungen und in der Folge auch Abschiebungshaft auch die ebenso grundsätzliche Verweigerung zu einem sachlichen Diskurs in der eigentlichen Fragestellung, nämlich: Wie gestalten wir eine rechtliche Umsetzung dessen, was uns als Bundesrecht bereits bindet und was andere Bundesländer auch anwenden werden?

Die zweite Strömung hat dies erkannt und befasst sich mit dem Gesetzentwurf in der Sache, was wir von der AfD-Fraktion sehr begrüßen. Hier kommt neben Richterverbänden auch die Gewerkschaft der Polizei mit den Experten für den Justizvollzug zum Zuge. Das Ergebnis deckt sich mit unserem Eindruck. Der Gesetzentwurf ist in der vorliegenden Form leider unbrauchbar. Er ist Murks. Er ist in dieser Form nicht umsetzbar. Es fehlt an Rechtsklar

heit, an Rechtssicherheit und vor allem an klaren Vollzugsvorschriften für Bedienstete.

Während der Entwurf in Teilen Elemente aufweist, die in der Schärfe sogar über eine Strafhaft hinausgehen, bleibt er an anderer Stelle erschreckend unklar. Wegnahme von Handys und Bargeld stehen so zum Beispiel einer gemeinsamen Unterbringung von einfachen Familien mit Kindern und erwartbar problematischen Abschiebungsfällen gegenüber. Das ist nur ein Teil dessen, was auch wir problematisch finden.

Die vorgeschriebene Unterscheidung zur Strafhaft kann durch redaktionelle Änderungen, konkrete Ausformulierungen von Gesetzestexten anstelle von zu Recht kritisierten Verweisen zum Justizvollzugsrecht bewirkt werden. Schon jetzt aber wird deutlich, dass die frühere Abschiebehaftanordnung aus Rendsburger Tagen besser geeignet erscheint. Hier ist Nachbesserung dringend erforderlich. Aber genau dazu ist die Beratung im Innen- und Rechtsausschuss auch da.

Die Diskussion um das Abschiebungshaftvollzugsgesetz hier im Plenum zu nutzen, um eine Grundsatzdiskussion über Migrationspolitik, Abschiebung oder gar Änderung des Aufenthaltsgesetzes zu führen, kann eigentlich nur Kopfschütteln auslösen. Meine Damen und Herren der SPD, Ihre Bundespartei wird sicherlich gern den Ball aufnehmen und eine Initiative zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes anschieben. Als AfD-Fraktion hier im Landtag lehnen wir Ihren Antrag ab. Wir werden stattdessen die Beratung im Ausschuss konstruktiv begleiten.

Der Alternativantrag von Jamaika ist für uns eine gute Alternative. Die Zahlen einer solchen Evaluation dürften uns allen zeigen, wie sehr die SPD hier mit ihrem linkspopulistischen Schreckensszenario von massenhaft eingesperrten Familien mit Kindern falsch liegt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich politisch eins vorausschicken: Der SSW lehnt die Einrichtung einer Abschiebehaftanstalt nach wie vor ab.

(Beifall SSW)

(Claus Schaffer)

Menschen, die nichts verbrochen haben, gehören in keine Haftanstalt. Straffällig gewordene Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis sollten direkt aus der Strafhaft heraus abgeschoben werden und nicht noch den Zwischenstopp über eine Abschiebehafteinrichtung einlegen. Für die sogenannten Gefährder haben wir vier Plätze in Neumünster. Also reden wir vor allem über Menschen, die nichts Schwerwiegendes verbrochen haben. Für sie gibt es im Regelfall mildere Mittel als die Abschiebehaft.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich mit den beiden Anträgen ein bisschen hadere. Für uns steht eben fest: Abschiebehaft ist keine humane Flüchtlingspolitik, generell nicht und nie. Da wirkt es wie ein paradoxes Zugeständnis, wenn, wie es die Überschrift des Antrags der SPD fordert, die humanitären Grundsätze der schleswig-holsteinischen Flüchtlingspolitik auch in der Gesetzgebung zur Abschiebungshaft erhalten werden sollen. Entweder humanitäre Grundsätze oder Abschiebehaft, möchte man sagen. Das ist richtig schwierig.

Sie kennen mich. Ich bin auch Realpolitiker. Mir ist klar, dass die Einrichtung einer Abschiebehaftanstalt, so wenig mir das passt, mit allergrößter Wahrscheinlichkeit in Glückstadt zustande kommen wird. Deswegen könnte man sagen, Aufgabe der Opposition muss jetzt sein, Nachbesserungen für den Gesetzesentwurf über den Vollzug der Abschiebungshaft einzubringen, wenn es die Landesregierung oder die regierungstragenden Fraktionen nicht selber tun.

Aus der Anhörung heraus ließen sich jetzt schon viele Aspekte thematisieren. Am wichtigsten wäre mir persönlich, dass Menschen, die sich nichts zu Schulden haben kommen lassen, nicht zusammen mit Straftätern untergebracht werden, dass eine Trennung möglich gemacht wird, dass insgesamt keine Haftbefehle für besonders schutzbedürftige Gruppen wie Kinder oder schwangere Frauen geschrieben werden, dass die Geflüchteten ihre Smartphones genauso wie ihr Bargeld behalten dürfen, dass ein uneingeschränkter Zugang für die Seelsorge sichergestellt wird, dass der Einschluss in der Nachtzeit ausgeschlossen wird oder dass auch eine Selbstversorgung der Untergebrachten ermöglicht wird.

Der Satz im Aufenthaltsgesetz, den die SPD nun streichen lassen möchte, besagt, dass Minderjährige und Familien mit Minderjährigen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebehaft genommen werden sollen, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist. Unserer Auffassung nach ist dieser Satz damit so eng ge

fasst, dass man ihn nicht missverstehen kann. Er ist dafür da, Familien zusammenzuhalten und unbegleitete Minderjährige aus der Abschiebehaft herauszuhalten.

Eines muss ich den regierungstragenden Fraktionen zugutehalten: Aus der Anhörung zur Abschiebungshaft heraus habe ich keinen Zweifel an der Handhabe der Landesregierung, dass Kinder und Minderjährige nicht in die Abschiebehafteinrichtung kommen sollen. Aber wenn es denn doch passiert - es kann beispielsweise passieren, dass die Bundespolizei Menschen dorthin verbringt -, ist es aus unserer Sicht von Vorteil, wenn die Familien zusammenbleiben können. Wir stellen uns als schlimmsten Fall vor, dass die Eltern mehrere Wochen in der Abschiebehafteinrichtung festsitzen, das minderjährige Kind aber nicht mit darf. Was passiert, wenn es im näheren Umfeld keine Aufsichtspersonen gibt? Muss das Kind dann schlimmstenfalls so lange ins Heim? - Aufgrund dieser Fragestellung ist es im Übrigen auch möglich, dass Kleinkinder ihre Mütter in Strafhaft begleiten. Also müsste so etwas auch für die Abschiebehaft möglich sein.

Für uns ist aber klar: Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ist die Sachlage anders. Sie gehören nicht in eine Abschiebehaft.

Für Familien befürchten wir, dass wir die Situation mit einem solchen Schritt gegebenenfalls sogar noch verschlechtern würden, wenn wir das änderten. Deswegen können wir die Streichung des Satzes nur befürworten, wenn zeitgleich sichergestellt wird, dass Familien nicht getrennt werden. Ich glaube, darüber müssen wir noch einmal in aller Ruhe diskutieren.

Noch einmal zum Ende: Wir meinen immer noch, am besten wäre es, wenn die Abschiebehaft gar nicht bestünde, wenn wir so etwas nicht hätten. Das ist immer noch unsere politische Haltung, auch wenn wir wissen, dass die Gesetze diese natürlich in vielfältiger Art und Weise zulassen. Trotzdem: Abschiebehaft ist eigentlich die Ultima Ratio. Wenn wir so ein Abschiebehaftgefängnis haben, dann haben wir immer noch die Befürchtung, dass dies vielleicht nicht mehr ganz so der Fall sein wird. - Vielen Dank.

(Beifall SSW und Dennys Bornhöft [FDP])

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages eine Gruppe von SPD-Mitgliedern aus

(Lars Harms)

dem Kreis Rendsburg-Eckernförde. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Das Wort zu einem ersten Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Serpil Midyatli.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle fest: Es braucht nicht - wie sagt die Presse so schön - zuerst eine emotionale Rede der Abgeordneten Midyatli oder sonst irgendetwas. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Aminata Touré und lieber Herr Rossa, ich habe den Eindruck, Ihre Redebeiträge standen schon fest, egal was beantragt wird, egal welcher Redebeitrag kommt, egal welche Ergebnisse aus der mündlichen Anhörung hier vorgetragen werden. Dass diese hier vorgetragen werden, ist übrigens gute Sitte in diesem Haus. Christopher Vogt mahnt es jedes Mal an, sich sachlich und fachlich über Dinge zu unterhalten, Dinge weiterzuentwickeln und gegebenenfalls auch einmal Dinge aufzunehmen. Genau das haben wir als SPD-Fraktion gemacht.

Lieber Lars Harms, Sie haben jeden Anzuhörenden gefragt: Müssen wir eine Abschiebehaftanstalt in Schleswig-Holstein einrichten? Sie haben auch jeden gefragt: Müssen wir Kinder und Jugendliche inhaftieren? Alle haben gesagt: Es besteht das Bundesrecht, aber es besteht nicht die Pflicht, dies in Schleswig-Holstein zu tun.

(Zuruf Tobias Loose [CDU])

- Sie haben das Recht, nicht die Pflicht, das hier zu machen.

(Zurufe)

Das heißt, Sie können Kinder und Minderjährige aus Ihrem Gesetzentwurf streichen. Ganz ehrlich, das habe ich mir nicht ausgedacht, das hat jeder Einzelne der Anzuhörenden gesagt. - Ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu.

(Zurufe)

- Das bringt ja auch nichts. Es ist egal, was ich hier sage. Aminata Touré stellt sich hier hin und sagt: Das haben Sie in Ihrer Rede behauptet, und das haben Sie uns unterstellt, das haben Sie zwar gesagt, das haben Sie aber eigentlich gemeint. Ganz ehrlich, ich gehöre eher zu den Menschen, die genau das sagen, was sie meinen. Alles andere kann man mir aus dem Gesicht ablesen.

(Beifall SPD)

Ich habe Ihnen hier niemals irgendetwas unterstellt. Ganz ehrlich, das ist ein Ergebnis gewesen.

(Zuruf)

Ich habe das aus den regierungstragenden Fraktionen vernommen. Frau Ostmeier, korrigieren Sie mich bitte. Sie haben mehrfach gesagt: Auch wir waren Kinder, wir wollen Minderjährige nicht in Haft nehmen. Ich habe selbst mehrfach nachgefragt. Es gab mehrfach die Antwort: Nein, Sie müssen das nicht. - Dann haben Sie sich aber zurückgezogen und gesagt: Das Bundesrecht ist aber noch da, wir wissen doch nicht so genau.

Daher kommt jetzt dieser Antrag. Es wäre doch ein Zeichen, zu sagen: Sie haben noch das Problem des höherrangigen Rechts. Das wurde von der Richtervereinigung auch angesprochen. Sie haben gesagt, das höherrangige Recht der Ratifizierung der Kinderrechte steht über dem Bundesrecht, das bricht sozusagen Bundesrecht. Auch das hat Ihnen nicht gereicht, von daher diese Bundesratsinitiative, um zumindest den Versuch zu starten.

Ich stelle hier fest: Sie möchten sich nicht eindeutig dazu bekennen, Sie möchten das noch evaluieren. Ich lasse jetzt wirklich keine Zwischenfragen mehr zu, denn, wie gesagt, es ist egal, was Serpil Midyatli hier von sich gibt. Es wird ja etwas unterstellt.

(Zurufe)

Ich kann immer noch sagen, was ich möchte. Sie können ja weiterhin mit Unterstellungen arbeiten.

(Beifall SPD)

Sie können ja weiterhin mit Unterstellungen arbeiten und behaupten, was ich gesagt habe oder was nicht.

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist leider abgelaufen.