Protocol of the Session on July 4, 2018

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deren Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Dank an meine beiden Vorredner und ein Hinweis zu dieser Debatte: Der Landtag ist keine Plattform für Personaldebatten. Deshalb werde ich mich dazu hier auch nicht äußern. Skandalös ist nämlich nicht der Vorgang, sondern paradox ist, dass Sie hier eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema anmelden und der Meinung sind, es sei schließlich über die Person geredet worden. Das ist wirklich paradox, liebe AfD.

Zweitens. Ich gebe Herrn Habersaat recht, dass Wahlvorschläge gut recherchiert werden müssen. Ich danke den entsprechenden Kolleginnen und Kollegen von der SPD ausdrücklich für die Hinweise, die uns gegeben wurden. Wir haben im persönlichen Gespräch mit dem Kandidaten diese Hinweise nicht erhalten. Deshalb herzlichen Dank an Sie, liebe SPD; das war sehr kollegial.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich möchte ganz ausdrücklich auch für meine Koalitionspartner sagen, dass die Person nicht wegen

(Martin Habersaat)

bestimmter Qualifikationen, sondern leider trotz dieser vorgeschlagen wurde.

Drittens. Herr Andresen hat auf eine öffentlich schon bekannt gewordene Kandidatur reagiert Herr Habersaat hat das eben ausgeführt - und durch eine verklausulierte Debatte über ein Gutachten noch einmal die Position, die wir ausdrücklich teilen, dargestellt. Es ist sehr schwierig, sich in einer Debatte, die medial schon läuft, in einer Frage nicht zu positionieren, die für uns tatsächlich ein absolutes Herzensthema ist. Deshalb muss ich sagen, dass wir inhaltlich voll hinter der Position von Herrn Andresen stehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Viertens. Wenn hier der Eindruck erweckt wird, es würden irgendwo irgendwelche Vorschläge gemacht und die demokratischen Parteien würden hier - das haben Sie auf Facebook geschrieben - Gesinnungsarbeit machen, dann muss ich sagen: Liebe AfD, Sie sind auch Mitglied dieses Parlaments.

(Jörg Nobis [AfD]: Übrigens auch eine de- mokratische Partei! Ich wollte es nur noch einmal anmerken! - Weitere Zurufe)

- Ich möchte gern mein Rederecht wahrnehmen.

Ich würde vorschlagen, wir lassen die Zwischenbemerkungen. Mir scheint, das ist sinnvoller, als dass ich hier mit Ordnungsrufen arbeite. Gerade in dieser Debatte halte ich es für notwendig, dass wir uns jeweils auf die Rednerin und den Redner konzentrieren.

Danke, Herr Präsident. Ich bin auch gleich fertig. Jede Fraktion kann hier Wahlvorschläge einbringen und um eine Zweidrittelmehrheit werben. Das wird immer wieder versucht. Wir werden es auch weiterhin gemeinsam versuchen. Diese Kandidatur hatte keine Zweidrittelmehrheit.

Fünftens. Diese Aktuelle Stunde ist absolut paradox. Liebe AfD, Sie erweisen damit sowohl dem Kandidaten als auch der Politikkultur in diesem Land einen Bärendienst.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und SSW)

Das Wort für die Abgeordneten der FDP hat deren Fraktionsvorsitzender, der Abgeordnete Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde finde ich schon ziemlich merkwürdig, um nicht zu sagen, unwürdig für das Hohe Haus. Es gibt bestimmte Fragen, die aus guten Gründen nicht öffentlich beraten und vertraulich behandelt werden. Zumindest von meiner Fraktion werden diese Dinge deshalb auch nicht öffentlich kommentiert. Ich kann nur jedem Abgeordneten dringend dazu raten, dies ebenso zu handhaben, und zwar völlig unabhängig davon, welche Position er oder sie im Landtag bekleidet.

Die AfD-Fraktion gibt vor, dass sie sich um die Reputation einer bestimmten Person sorgen würde. Warum Sie dann ausgerechnet eine Aktuelle Stunde, das, ich sage einmal, prominenteste Mittel während einer Plenardebatte, wählen, erschließt sich mir überhaupt nicht. Das macht überhaupt keinen Sinn; denn im Zweifel erreichen Sie damit das genaue Gegenteil.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich gehe einmal davon aus, dass Sie sich darüber höchstwahrscheinlich auch völlig im Klaren sind. Umso mehr ist das, finde ich, daneben. Sie tragen Durchstechereien an die Presse hier ins Plenum.

Der Landtag hat für die Auswahl von Kandidaten für bestimmte Ämter entsprechende Gremien eingerichtet, um dem Landtag Vorschläge zu machen. Das schützt die vorgeschlagenen Personen. Wenn wir das nicht so handhaben, wird sich wohl kaum noch jemand finden, der sich für bestimmte Ämter zur Verfügung stellt. Es wurde schon gesagt, es geht hier um ein Ehrenamt. Genau in diese Gremien gehören diese Themen auch.

Auch ich hätte mir einen anderen Verlauf des aktuellen Auswahlverfahrens gewünscht; ich sage das sehr deutlich. Aber im Interesse unseres Bundeslandes sollten wir dem betroffenen Kandidaten, dem Hohen Haus und nicht zuletzt unserem Landesverfassungsgericht gemeinsam den Gefallen tun, zu einem geordneten Verfahren zurückzukehren. Das rate ich allen Beteiligten. Vielleicht berücksichtigen Sie und auch andere das in Zukunft. Ich würde mich darüber sehr freuen. - Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Eka von Kalben)

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Eine weitere Wortmeldung gibt es jetzt vom Abgeordneten Lars Harms für die Abgeordneten des SSW.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eine grundsätzliche Stellungnahme vorausschicken, die sich auf das bezieht, was der Kollege Brodehl gesagt hat. Für uns als SSW und, ich glaube, für die meisten in diesem Hohen Haus ist es ganz klar, dass wir alle sexuellen Orientierungen entsprechend akzeptieren, dass wir das auch von Herzen machen, dass Menschen, die, egal, in welcher Form, zusammenleben wollen, es verdient haben, als Menschen behandelt zu werden.

(Beifall SSW, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, FDP und Jörg Nobis [AfD])

Dass ein Personalvorschlag zurückgezogen wird, passiert in der Tat selten, aber es passiert. Das habe ich auch schon das eine oder andere Mal in diesem Hohen Haus erlebt. Wenn das aufgrund von neuen Erkenntnissen geschieht, die alle gewonnen haben vielen Dank an die SPD, dass man uns darauf aufmerksam gemacht hat -, dann, finde ich, ist das auch in Ordnung. Was dann aber in der Tat nicht geschehen darf, ist, dass ein solcher Name öffentlich gemacht wird. Es ist eine grundsätzliche Frage, nicht nur auf dieses einzelne Problem bezogen, ob man Namen öffentlich macht.

Allerdings kann man, wenn etwas öffentlich diskutiert wird - das hat der Kollege Andresen ja auch gemacht -, seine persönliche Haltung oder auch die Parteihaltung zu dem Thema, zu Kandidaten oder zu Kandidatenstellungen nennen. Daher wird das, was der Kollege Rasmus Andresen gesagt hat, inhaltlich voll von uns unterstützt. Man kann die Wahl der Worte immer auf die Goldwaage legen. Aber vom Grundsatz her, finde ich, war das in Ordnung so.

Was nicht geht, ist in der Tat, einen Kandidatennamen zu nennen. Das geht nicht. Das sollten wir immer zu verhindern versuchen, weil die Vertraulichkeit einen besonderen Grund hat: Es soll nämlich nicht nur die Person geschützt werden - das unterschätzt man immer -, sondern es soll vor allen Dingen auch das Amt geschützt werden. Das Amt eines - in dem Fall - stellvertretenden Verfassungsrichters

soll geschützt werden, sozusagen ein Verfassungsorgan soll geschützt werden. Auch daran müssen wir denken. Deswegen ist es wahrscheinlich wenig überraschend, dass ich immer wieder dazu auffordere, die Vertraulichkeit zu wahren.

Die Vertraulichkeit bezieht sich, wie ich gerade sagte, nicht nur auf die Person, sondern auch auf das Amt. Dass wir heute in einer Aktuellen Stunde nicht nur über diese Person, sondern mittelbar auch über dieses Amt reden, ist aus meiner Sicht eine reine Katastrophe und der absolut falsche Weg, den Sie da gewählt haben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD.

(Beifall SSW, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP)

In den letzten Jahren, in denen ich hier war - das sind inzwischen auch schon 18 Jahre -, war es eigentlich immer üblich, solche Themen in Ruhe und Sachlichkeit im Ältestenrat anzusprechen und zu gucken, falls einmal etwas aus dem Ruder gelaufen ist, dass man für die Zukunft Regelungen schafft, um sozusagen wieder auf den gemeinsamen Boden zurückzukehren. Genau das haben Sie hier leider nicht gemacht, sondern Sie haben die betroffene Person und auch das Amt, das betroffen ist, genutzt, um ein kleines politisches Süppchen zu kochen. Das ist eigentlich schade. Sie sagen immer, Sie sind die großen Demokraten. Einer demokratischen Partei wird das eigentlich nicht unbedingt gerecht, sondern eigentlich wäre eine vernünftige demokratische Partei in den Ältestenrat gegangen und hätte gesagt: Wir setzen uns einmal alle zusammen und arbeiten ein Problem auf. - Das haben Sie nicht gemacht, sondern Sie wollten ein politisches Süppchen kochen. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist, um Politik in Schleswig-Holstein zu machen.

(Beifall SSW, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Beitrag hat der Abgeordnete Claus Schaffer für die AfD-Fraktion. Nehmen Sie bitte den Hinweis zur Kenntnis: Innerhalb der Aktuellen Stunde gibt es keine Dreiminutenbeiträge. Sie nutzen die Restredezeit von 4 Minuten für Ihre Fraktion.

Das war mir nicht bekannt. Vielen Dank für den Hinweis. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge

(Christopher Vogt)

ehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir verlieren das Thema, um das es eigentlich geht, ein wenig aus den Augen. Hier geht es nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Feststellungen eines Staatsrechtlers, und hier geht es auch nicht um die Bewertung eines Ausschusses, die durch die öffentliche Darstellung im Grunde vorweggenommen wurde. Hier wurde eine Person durch Äußerungen eines einzelnen Abgeordneten öffentlich beschädigt und seine soziale und berufliche Reputation regelrecht zerstört.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Nominierung für das Amt eines Richters am Landesverfassungsgericht wurde für diesen Herrn gleichsam unmöglich gemacht.

Die Beratung und Nominierung über die Eignung und Befähigung eines Landesverfassungsrichters nur darum darf es hierbei eigentlich gehen - nimmt nicht ohne Grund ein Ausschuss vor, keinesfalls aber ein einzelner Abgeordneter. Aus ebenso gutem Grund - das ist bereits benannt worden - geschieht dies eben nicht öffentlich, zum Schutz der Person.

Wenn also ein Abgeordneter einen angesehenen Verfassungsrechtler als Sprachrohr von Menschenfeinden öffentlich diskreditiert, sagt dies zu allererst etwas über diesen Abgeordneten selbst aus. Stuft dieser Abgeordnete den betreffenden Verfassungsrechtler öffentlich als unwählbar ein, so sagt das etwas über dessen Verhältnis zur Demokratie in diesem Haus aus.

Wenn dieser Abgeordnete zugleich auch das Amt des Landtagsvizepräsidenten ausübt, dann beschädigt dessen Verhalten den Ruf und die Würde dieses Hauses. Deswegen ist der Landtag hier unmittelbar betroffen, und deswegen sehen wir von der AfD-Fraktion diese Diskussion ausschließlich hier in diesem Raum als angemessen an.

Denn öffentlich sind diese Vorgänge bereits. Sie sind ganz prominent medial breitgetreten worden. In entsprechenden medialen und Online-Darstellungen wird getitelt: Die CDU stellt einen „HomoHasser“ als Landesverfassungsgerichtskandidaten auf. - Als „Homo-Hasser“! Meine Damen und Herren, wir sind damit voll und ganz in dem Bereich, den Sie so gern bekämpfen und der unter dem Titel „Hate Speech“ läuft. Das ist Hetze und nichts anderes.

(Beifall AfD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist doch Ihre Spezialdisziplin! - Zuruf: Damit kennen Sie sich ja aus!)

- Das ist insofern ein Bereich, in dem wir uns gut auskennen, weil wir häufig genug Opfer gerade dessen aus Ihren Reihen sind.

(Zurufe FDP: Ja, genau!)

Meine Damen und Herren, diese offene Aussprache zu diesem Thema in einer Aktuellen Stunde steht diesem Landtag zu, und sie steht in mindestens gleichem Maße auch dem betroffenen Kandidaten zu. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.