Christopher Vogt
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Last Statements
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten in den letzten Tagen eine sehr dynamische Entwicklung sowohl beim Infektionsgeschehen als auch bei der politischen Debatte zu verzeichnen. Sowohl in Schleswig-Holstein als auch im Bund sind es ganz besonders herausfordernde Zeiten. Dass wir konsequent reagieren müssen, ist wohl für alle Beteiligten angesichts der Lage sehr klar.
Dass ein sehr harter Lockdown - einen Lockdown light hatten wir ja schon - auch für Schleswig-Holstein zum jetzigen Zeitpunkt der richtige Weg ist, war Anfang der Woche noch nicht meine feste Überzeugung, das sage ich ganz offen. Wir haben den Grenzwert von 50 überschritten, darauf muss man reagieren, so steht es auch im Infektionsschutzgesetz. Wir wissen alle, dass das notwendig
ist. Es ist dann in solchen Situationen immer die Frage: Reagieren ja, aber wie?
Wir haben hier in Schleswig-Holstein - es ist mehrfach gesagt worden - nach wie vor eine andere Lage bei der Inzidenz, aber auch sehr starke Zuwächse. Das ist aus meiner Sicht der entscheidende Punkt. Das macht die Situation so ernst. Wir haben in dieser Pandemie stets frühzeitig und vergleichsweise vorsichtig und dabei dennoch möglichst zielgenau, nach bestem Wissen und Gewissen und mit kühlem Kopf gehandelt.
Das Resultat ist eine im Vergleich sehr niedrige Inzidenz und gleichzeitig die bundesweit höchste Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zu den Maßnahmen. Wir mögen auch immer ein bisschen Glück gehabt haben: die geografische Lage, das berühmte norddeutsche Temperament, das in dieser Krise ganz besonders wichtig ist, und natürlich, dass wir keine allzu großen Ballungsgebiete haben. Es ist doch völlig klar: Rhein-Main-Gebiet, Ruhrgebiet und so weiter, das sind einfach andere Lebensverhältnisse dort.
Wir haben auch einige Fehler gemacht. Das gehört in so einer Krise dazu, es gibt ja keine Blaupausen für so etwas. Wir haben aber eben auch sehr viel richtig gemacht. Letzteres soll auch so bleiben, meine Damen und Herren.
Wir haben immer deutlich gemacht, dass die Ministerpräsidentenkonferenz und die bundesweite Abstimmung wichtig sind. Wir haben die Vereinbarungen dann aber in der Regel auch sehr konsequent umgesetzt. Ich will da kein Nord-Süd-Ding aufmachen, es gehört aber zur Wahrheit dazu und ist mit Blick auf die bevorstehende Ministerpräsidentenkonferenz wichtig: Wir haben das meistens konsequenter gemacht als diejenigen Bundesländer, die es besonders nötig gehabt hätten.
Insofern sage ich nur: Alle haben eine besondere Verantwortung, aber man muss genau darauf achten, dass man gemeinsam handelt. Ein Alleingang des Landes bei einem Lockdown kommt nicht infrage. Es gibt eine enge Verwobenheit mit Hamburg. Es macht wenig Sinn, Läden zu schließen, und dann fahren alle nach Hamburg zum Einkaufen. Das ist für Schleswig-Holstein nicht besonders sinnvoll.
Es ist auch eine Frage der Rechtssicherheit. Bei vielen Gerichtsurteilen haben wir gesehen: Die Ungleichbehandlung gerade im Bereich der Wirtschaft ist schwer zu begründen, wenn es nicht in irgendeiner logischen Form geschieht.
Eines ist völlig klar: Es wird in den nächsten Monaten angesichts der Ferienzeit keine bessere Gelegenheit für einen Lockdown geben. Es wird keine Zeit geben, in der die Begleiterscheinungen so gering sind wie in den kommenden Wochen. Wenn man sich dafür entscheidet, sollte man es so machen, dass es möglichst viel bringt. Nicht nur viele Experten, die Kommunen in Schleswig-Holstein und die Verbände, sondern auch viele Bürgerinnen und Bürger unterstützen uns darin.
Wir alle haben sicherlich in den letzten Tagen aus dem privaten Bereich sehr viele Nachrichten von Bürgern bekommen, die uns geschrieben haben: Wartet, wenn ihr es macht, nicht zu lange, und macht es konsequent, damit es sich am Ende auszahlt!
Als Liberale sind wir bei solchen drastischen staatlichen Maßnahmen naturgemäß erst einmal zurückhaltender und skeptischer als alle anderen. Das ist der Grund, warum es uns gibt, um das einmal so deutlich zu sagen. Wir haben uns deswegen gegründet.
Aber in dieser Krise kommt uns deshalb auch eine besondere Rolle zu. Ich möchte es an dieser Stelle noch einmal sagen und sage es öffentlich: Lieber Heiner Garg, du bist Parteivorsitzender und ein sehr engagierter und kompetenter Gesundheitsminister, auf den wir stolz sein können. Das gilt übrigens auch für deinen Staatssekretär, Matthias Badenhop. Es ist für uns beide mitunter nicht so leicht, dass wir auch zu sehr unchristlichen Zeiten einen intensiven Austausch haben.
Das ist aber so. Und ich muss sagen: Wenn das Ergebnis stimmt - das ist das Entscheidende -, dann passt es auch.
Es sind immer Abwägungen: Die Frage nach milderen Mitteln muss in unserem Staat die erste Frage sein. Die Verhältnismäßigkeit muss immer gewahrt bleiben. Das generelle Coronamanagement muss immer wieder nachgesteuert werden. Wir haben in dieser Woche mehrere Debatten dazu gehabt, zum
Thema Schulbusse, zum Thema Corona-App, damit sie wirklich etwas bringt.
Der Schutz von Alten- und Pflegeheimen ist das beste Beispiel für eine schwierige Abwägung. Wir wollen gerade jetzt zur Weihnachtszeit keine Einsamkeit von alten Menschen. Wir wollen sie aber eben auch nicht gefährden. Deswegen machen wir diese ganze Veranstaltung, und deswegen müssen wir immer wieder an den Stellschrauben drehen, beispielsweise bei der Teststrategie, bei der Verteilung von FFP2-Masken und so weiter. Insofern sind wir verantwortungsbewusst, staatstragend sowieso und vor allem rational. Deshalb ist der Rat von Wissenschaftlern für uns auch sehr wichtig.
„Die Wissenschaft“ gibt es wahrscheinlich genauso wenig wie „die Politik“. Aber hier ist man sich doch bei den meisten Fragen auch in der Wissenschaft ziemlich einig. Deswegen müssen wir faktenbasiert handeln. Generell sollten wir in der Politik stärker auf die Wissenschaft hören und uns nicht nur auf die Wissenschaft berufen, wenn es gerade an irgendeinem Punkt in unsere Agenda passt. Wir sollten generell auf die Wissenschaft hören und faktenbasiert handeln.
Es gibt das Recht auf Leben, es gibt das Recht auf Bildung, auf Freizügigkeit, Berufs- und Gewerbefreiheit und so weiter. Aber auch die Juristen haben uns sehr deutlich gesagt: Das Recht auf Leben ist in einer solch schwierigen Phase besonders hervorzuheben. Das leitet uns.
Der Lockdown light - auch das gehört zur Wahrheit dazu - hat nicht den gewünschten Effekt gebracht. Auch dort muss man sehen, wenn man sich die Zahlen der Bundesländer in den letzten Wochen und zwei oder drei Monaten ansieht: Im Norden und auch teilweise im Westen sind die Zahlen ein bisschen besser geworden, im Süden und Osten sieht man, dass die Zahlen trotzdem weiter gestiegen sind. Woran liegt das? - Aus meiner Sicht ist die Antwort relativ klar, und das ist auch in der jetzigen Phase wichtig: Dort, wo die Zahlen ein gewisses Niveau erreicht haben, ist es unheimlich schwierig, wenn man nicht hart gegensteuert. Das ist am heutigen Tage die wichtige Erkenntnis.
Die konkreten Maßnahmen, die wir als politisch Verantwortliche beschließen, sind in unserer Demokratie und unserem Rechtsstaat immer nur die eine Seite der Medaille. Das andere ist das konkrete Verhalten von uns allen als soziale Wesen, die wir nun
einmal sind. Da hat jeder Einzelne Verantwortung. Wir müssen uns ehrlich machen: Ohne die Einsicht und Rücksichtnahme der großen Mehrheit der Bevölkerung wird es auch mit diesem Lockdown nicht klappen, bis etwa Mitte Januar das Infektionsgeschehen spürbar herunterzubringen. Deshalb müssen wir tatsächlich die Kontakte, so gut es geht, reduzieren und dafür werben, dass die Menschen diesen Maßnahmen folgen. Wenn das nicht passiert, dann bringt das in der Form nichts.
Wir machen jetzt sehr strenge Kontaktregeln, aber auch das ist meiner Meinung Fraktion wichtig gewesen: Natürlich wird sich die Kernfamilie an Weihnachten in irgendeiner Form treffen. Das muss man auch ermöglichen, damit man dort die Menschen nicht noch mehr unter Druck bringt. Das muss man ermöglichen, aber eben verantwortlich.
Der Lockdown hat natürlich erhebliche Nebenwirkungen, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial und psychologisch. Da möchte ich einmal das Thema der Familien mit Kindern in den Blick nehmen, gerade mit Kleinkindern. Ich habe nun auch zwei kleine Kinder. Für diese kleinen Kinder sind das natürlich sehr prägende Jahre. Die Zeit seit März - bald ist ein Jahr rum - ist natürlich für ein Kind in einem Alter von drei oder vier Jahren eine enorme Zeitspanne. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, was es auch für die Kinder bedeutet.
Im Übrigen finde ich es immer interessant, dass sich kleine Kinder, auch die, die sehr lebendig sind - ich kann da aus eigener Erfahrung sprechen -, an diese Regeln besonders gut halten. Das finde ich immer erstaunlich.
Spannende Beobachtung!
Wir müssen an die Familien mit Kindern denken, gerade an diejenigen, die nicht so privilegiert sind. Da möchte ich ein Beispiel nennen, wo wir aus meiner Sicht im Frühjahr einen Fehler gemacht haben. Das ist beim Thema Spielplätze. Wir haben einen Garten mit Klettergerüst, da können die Kinder hin. Andere Familien haben das nicht, die sind auf öffentliche Spielplätze angewiesen. Diese werden
wir nicht wieder absperren, um ein Beispiel zu nennen.
Über Kitas und Schulen und dass die Kitas grundsätzlich offenbleiben, wurde schon gesprochen. Man muss es aber auch nicht in Anspruch nehmen, wenn man gerade jetzt die Ferienzeit hat. Wir haben die Schulen, wo wir in der Tat reagieren müssen. Allerdings brauchen - die Kollegin von Kalben hat es schon gesagt - die Schulen einen Vorlauf. Auch jetzt wird es wieder sehr schwierig und sehr eng.
Das touristische Betretungsverbot, was mit Hamburg ein besonderes Thema war, lassen wir. Wir wollen eng mit Hamburg zusammenarbeiten.
Thema Zweitwohnung: Das ist das Eigentum der Menschen. Ob die da sind oder in ihrem Erstwohnsitz, ist relativ egal.
Keine Ausgangssperren in Schleswig-Holstein - das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Punkt. Auch da müssen wir deutlich machen: Das ist eher ein Placebo, das wir dort teilweise verabreichen.
Abschließend möchte ich sagen, auch mit Blick auf den Einzelhandel und so weiter: Wir müssen jetzt Panikkäufe verhindern. Das ist sehr schwierig. Aber die Wirtschaft braucht eben auch die Sicherheit, dass die Wirtschaftshilfen schnell kommen - ohne großes Gezeter und ohne große Diskussionen. Diese Botschaft muss heute sehr klar sein.
Abschließend möchte ich noch sagen: Wir sind solidarisch vor allem mit der älteren Generation. Aber wir müssen schauen, wenn es im Frühjahr wieder besser wird, auch die Jüngeren wieder stärker in den Blick zu nehmen, solidarisch zu sein und die Themen Bildung und Wettbewerbsfähigkeit zu diskutieren. Auch die Jungen brauchen das Signal: Auch euch haben wir ganz stark im Blick. Auch das sollten wir heute deutlich machen.
Mein letzter Satz: Wir sollten sehr schnell eine Ministerpräsidentenkonferenz durchführen, klare,
schnelle Beschlüsse fassen und klare Kommunikation betreiben. Nicht wieder alles zerreden, sondern klar entscheiden und klar kommunizieren, dann kommen wir - so glaube ich - auch gut durch den Winter. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der festen Überzeugung, dass die Akzeptanz von schwierigen politischen Entscheidungen in einer Krise wie dieser dann besonders hoch ist, wenn effektive und nachvollziehbare Entscheidungen getroffen
und diese dann auch klar kommuniziert werden. Man kann und sollte sich natürlich auch immer korrigieren, wenn die Lage es erfordert, aber es wirkt eben nicht besonders souverän und überzeugend,
wenn bundesweite Vereinbarungen alle paar Tage teilweise im Tages- und Stundentakt - immer wieder verändert werden. Vor allem dann ist es schwierig, wenn es sehr überraschend geschieht. Ich glaube, das ist ein Punkt, über den man in der Tat sprechen muss.
Die Menschen wünschen sich zu Recht mehr Verlässlichkeit, auch wenn das in einer solchen Krise natürlich nicht immer einfach zu gewährleisten ist. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Die Ministerpräsidentenkonferenz - bekanntermaßen kein Verfassungsorgan, sondern ein Abstimmungsgremium von Bund und Ländern, ein sehr wichtiges Abstimmungsgremium; aber die Entscheidung muss am Ende in den Ländern selbst getroffen werden - hatte sich Ende November 2020 nach umfangreichen Diskussionen in den Tagen zuvor auf ein Paket geeinigt. Man kann sagen, das sei nicht ausreichend gewesen, aber es gab ein Paket. Sieben Tage später wurde ziemlich überraschend der Zeitplan verändert. Man hatte sich vom 15. Dezember 2020 auf den 4. Januar 2021 vertagt, und die Verordnungen sollten einfach bis zum 10. Januar 2021 verlängert werden. Für Schleswig-Holstein hatte das ehrlich gesagt letztlich erst einmal keine allzu großen Auswirkungen, weil wir die Verordnung im Dezember sowieso ändern wollten und weil wir Hotels und Gaststätten für den Jahreswechsel wenig Hoffnung gemacht hatten. Aber man sollte auch beachten, dass das Infektionsschutzgesetz, das die gesetzliche Grundlage für die Verordnungen hier in den Ländern ist, für diese eine Laufzeit von vier Wochen vorsieht. Das kann man natürlich verlängern, das ist auch sinnvoll, aber das bereits im Vorhinein zu tun, ist doch etwas ungewöhnlich, um es einmal so auszudrücken.
Dann kam am letzten Wochenende eine Sondersitzung des Kabinetts in Bayern - am Nikolaustag, einen anderen Termin gab es wohl nicht -, und man verkündete neue Maßnahmen und forderte auch einen neuen MPK-Termin - am Sonntag vor Weihnachten -, den man erst am Mittwoch wieder gecancelt hatte. Ich glaube, das ist das Problem, über das man durchaus sprechen muss.
Aber wenn wir ehrlich sind und uns die Entwicklungen der letzten Tage anschauen, ist das alles auch schon wieder fast Schnee von gestern. Ich halte es für absolut notwendig, dass die bundesweiten
Vereinbarungen zukünftig dennoch eine längere Halbwertszeit haben.
Angesichts der Dynamik erscheint mir auch eine MPK in den nächsten Tagen oder Anfang der kommenden Woche absolut sinnvoll.
Die Lage ist in Deutschland sehr ernst, auch in Schleswig-Holstein, und der Winter hat noch gar nicht richtig angefangen. Auch das sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen. Ich habe großes Verständnis dafür, dass die besonders betroffenen Länder wie Sachsen oder Bayern kurzfristig zu schärferen Maßnahmen übergehen. Ich muss sagen, ich finde das sogar in weiten Teilen überfällig. Bei einzelnen Maßnahmen wundert man sich als Schleswig-Holsteiner auch, dass diese dort erst jetzt ergriffen werden, zum Beispiel im Sport- und Kulturbereich.
Ich staune auch immer wieder - meine Vorliebe an der Stelle ist ja bekannt - über den bayerischen Ministerpräsidenten und seine breitbeinigen Auftritte. Dass er immer wieder fordert, es müsse bundesweit etwas geschehen, bevor er selber in Bayern handelt, erklärt sich mir nicht. Niemand hält diesen Menschen davon ab, in Bayern frühzeitiger einzugreifen. Es ist überfällig, dass er reagiert.
Ja, man hat bei der vorletzten MPK darüber gesprochen, dass man eine Hotspot-Strategie brauche. Das Problem ist: Man hat das nicht wirklich mit Leben gefüllt. Man hat gesagt, ab einer Inzidenz von 200 müsse irgendetwas passieren; aber was passieren muss, hat man nicht gesagt. Dementsprechend wurde da auch nichts gemacht. Das ist das Problem.
Das holt uns jetzt bundesweit wieder ein, wenn wir ehrlich sind. Das ärgert mich auch massiv, um das deutlich zu sagen.
In Schleswig-Holstein ging das Infektionsgeschehen bis letzte Woche ganz langsam zurück, sodass wir rund drei Wochen unter dem berühmten Grenzwert der Siebentagesinzidenz von 50 pro 100.000 Einwohner lagen, dessen Überschreitung ein Bun
desland zum Risikogebiet macht. Aber in den letzten Tagen haben wir trotz des Teil-Lockdowns, der auch bei uns auf Dauer leider nicht die Wirkung entfaltet hat, die gewünscht war, eine negative Entwicklung, eine Überschreitung des Grenzwertes. Wir wissen noch immer nicht überall ganz genau, woran es liegt, wir können es aber erahnen, und es gibt auch deutliche Hinweise.
Ein Problem ist sicherlich, dass ein Teil der Bevölkerung nicht oder nicht mehr so diszipliniert ist, auch wenn sich die allermeisten Menschen weiterhin vorbildlich verhalten. Auf diesen negativen Trend in Schleswig-Holstein müssen wir in geeigneter Form reagieren. Das steht außer Frage.
Schleswig-Holstein wird gern von außen ein sehr lockerer Kurs angedichtet, was entweder Unkenntnis oder Unterstellung sein muss. Wir haben stets früh, umsichtig und möglichst zielgenau agiert. Das ist ein wichtiger Teil unseres bisherigen Erfolgs. Geografische Lage und Mentalität helfen uns sicherlich, aber sie sind eben nicht alles. Wir werden in Schleswig-Holstein konsequent bleiben. Einen Kontrollverlust, den wir in einigen Regionen beobachten müssen - das muss man mittlerweile so nennen -, wie zum Beispiel in Sachsen, wollen wir hier verhindern.
Am Wichtigsten ist und bleibt natürlich der Schutz der besonders verletzlichen Gruppen in unserer Gesellschaft. Wir brauchen in der Tat noch mehr Tests in den Heimen. Es steht außer Frage: Dort haben wir die schweren Verläufe, und dort haben wir auch einen Großteil der Todesfälle. Das kann uns nicht kaltlassen. Darauf müssen wir reagieren.
Wir nehmen die Hinweise aus der Wissenschaft gerade in Schleswig-Holstein mit dem Expertenrat und mit vielen Gesprächen auch hier im Landtag sehr ernst. Aber entscheiden müssen natürlich am Ende wir als politisch Verantwortliche selbst. Der Teil-Lockdown hat in vielen Regionen nicht den erhofften Erfolg gebracht und ist nicht nur deshalb keine überzeugende Dauerlösung. Das gilt vor allem für den Südosten der Republik, aber auch für uns.
Die enge Einbindung der Parlamente haben wir bisher in Schleswig-Holstein sehr gut hinbekommen. Das ist auch kein Orchideen-Thema, wie man den Eindruck haben kann, wenn man beispielsweise einige Journalisten, Experten oder teilweise selbsternannten Experten hört: Gerade in der Krise erhöht
eine enge Einbindung der Parlamente die Akzeptanz von schmerzhaften Beschlüssen.
Meine Damen und Herren, ich will eines sagen: Transparenz bei einer Ministerpräsidentenkonferenz heißt für mich nicht, den Live-Ticker von „Bild-online“ zu füttern, sondern dass man sich vorher in den Parlamenten und transparent für die Gesellschaft eine Zustimmung geholt hat.
Ganz entscheidend für die Akzeptanz sind auch angemessene Hilfen für unsere Unternehmen, die stark beeinträchtigt sind oder sogar geschlossen werden müssen, obwohl sie nicht für die Situation verantwortlich sind. Auf die zugegebenermaßen sehr üppigen November- und Dezemberhilfen mit einer Erstattung von 75 % des Umsatzes soll jetzt keine Januarhilfe folgen, sondern es soll die Überbrückungshilfe III geben, die dann nur noch Fixkosten erstattet und auf 200.000 € gedeckelt ist. Für viele mittlere Betriebe - das müssen wir deutlich sagen - ist das schwierig.
Noch schwieriger ist aber, dass der Bund die Abwicklung der November- und Dezemberhilfe einfach nicht auf die Reihe bekommt. Es kann nicht sein, dass es so lange dauert, dass man überhaupt einen Antrag stellen kann. Das ist immer noch nicht gelöst. Das gefährdet die Zahlungsfähigkeit vieler Unternehmen. Die Erhöhung der Abschlagszahlungen auf 50.000 €, die Herr Altmaier jetzt angekündigt hat, ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber für viele Unternehmen leider nicht ausreichend. Da muss dringend noch einmal vonseiten der Bundesregierung nachgebessert werden.
Immerhin scheint die mögliche Beteiligung der Länder, die von einigen Bundespolitikern gefordert wurde, zumindest medial jetzt erst einmal vom Tisch zu sein. Es würde auch unsere Leistungsfähigkeit überfordern. Wir haben uns bereits mit milliardenschweren Paketen an der Bewältigung dieser Krise beteiligt. Das sollte man in Berlin auch anerkennen.
Was wir alle dringend haben wollen, sind Perspektiven. Planungssicherheit ist in einer solchen Krise schwierig, aber dennoch erstrebenswert. Wir werden auch gleich über die Impfstrategie debattieren. Die Leopoldina hat gestern übrigens nicht nur einen kurzen, harten Lockdown über den Jahreswechsel
gefordert, sondern auch eine politische Einigung auf ein klares, mehrstufiges, bundesweit einheitliches System von Regeln.
Mehrstufig bedeutet natürlich auch, dass man angemessen auf die jeweilige Lage reagieren muss. Ein solches System hatte die FDP bereits bei der Debatte über das Infektionsschutzgesetz im Bundestag vorgeschlagen. - Herr Ministerpräsident, ich bin der Meinung, dass man auch über diesen Vorschlag bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz unbedingt sprechen muss und dass das auch vereinbart werden sollte, denn so einen Larifari-Beschluss wie Ende November 2020 für die Hotspots darf es nicht wieder geben.
Herr Stegner, ich verstehe auch den Vorschlag der Inzidenzampel der SPD genau so. Das macht Sinn. Es ist in der Tat nicht die Zeit für Glühwein. Ich glaube trotzdem auch und bleibe dabei, dass man bei den Schulen schauen muss, zumindest für die älteren Jahrgänge Hybridunterricht zu ermöglichen, wo es sinnvoll ist. Ich höre zurzeit auch immer wieder: Das Virus wird keine Weihnachtspause machen. - Das stimmt. Aber viele Menschen wollen ihre Familie an diesen wichtigen Feiertagen dennoch treffen. Das ist ohne Frage ein Risiko, aber wir müssen jetzt ganz genau darauf achten, dass wir die Menschen nicht durch lebensfremde Vorgaben in eine Situation bringen, wo sie in große Schwierigkeiten kommen. Ich glaube, da müssen wir sehr sensibel sein und darauf sehr achten.
Ein normales Weihnachten wird es dennoch nicht geben. Auch Reisen aus Hochinzidenzgebieten nach Schleswig-Holstein sind momentan nicht angezeigt.
Es gibt immer Nebenwirkungen bei harten Maßnahmen, und damit meine ich nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die sozialen und psychischen. Das müssen wir dringend beachten. Auch sogenannte Ausgangssperren finde ich, ehrlich gesagt, zweifelhaft. Wir haben im Frühjahr, wo wir für zwei Monate sehr drastische Maßnahmen ergriffen haben, deshalb bewusst darauf verzichtet. Ich finde, dass sollten wir auch weiterhin tun.
Ich gehe davon aus, dass es zeitnah eine MPK geben wird. Auch deshalb ist diese Debatte wichtig.
Eine enge Einbeziehung des Parlaments ist für uns eine Selbstverständlichkeit, und ich habe keine Zweifel daran, dass unsere Landesregierung das genauso sieht. Wir brauchen sinnvolle Regelungen, wir müssen die Regeln einhalten, wir brauchen auch immer Eigenverantwortung und möglichst wenig Kontakte. Darauf müssen wir selber achten: Nicht nur die Einhaltung der Regeln ist wichtig, sondern wir müssen auch selbst Verantwortung übernehmen.
Abschließend möchte ich sagen: Die Lage ist ernst. Es gibt keinen Grund zur Panik, aber wir müssen besonnen und konsequent reagieren. - Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hallo, Lukas Kilian: Ich mache nicht alle Tagesordnungspunkte, keine Sorge, und werde die Redezeit auch nicht komplett brauchen.
Ich möchte dem Minister ganz herzlich für seinen Bericht zur Impfstrategie danken.
Wir hatten darum gebeten, diesen Bericht prominent in dieser Sitzung zu geben. Es ist wichtig, dass wir in dieser Phase bei allen Gelegenheiten über dieses Thema sprechen. Ich habe großes Verständnis für die Zeitüberziehung, Herr Minister - heute mehr denn je. Ich muss auch deutlich sagen: Es ist im Ältestenrat nicht an der Landesregierung gescheitert, dass wir nicht mehr Redezeit eingeplant haben. Es war absolut angemessen, und als Mitglied des Ältestenrates unterstütze ich es sehr, dass Sie lange und ausführlich dazu gesprochen haben.
Besonders dankbar bin ich, dass wir in SchleswigHolstein auf die bevorstehende Zulassung des Impfstoffes, die ja offenbar Ende Dezember 2020 ansteht, sehr gut vorbereitet sind. Es wurden sehr frühzeitig die benötigten Kühlgeräte und weiteres Material bestellt, die 29 Impfzentren im Land sind ebenfalls frühzeitig geplant und sehr schnell aufgebaut worden. In Schalten mit Länderkollegen habe ich festgestellt: Als wir hier darüber schon gesprochen hatten, hatten die das Thema noch gar nicht berührt. Das zeigt wieder, dass Schleswig-Holstein sehr schnell war.
Es ist an dieser Stelle auch wichtig, ganz besonders den Kommunen zu danken, der Kassenärztlichen Vereinigung, unserer Bundeswehr und den vielen Freiwilligen, die sich bereits gemeldet hatten. Die Zahlen, die Heiner Garg genannt hat, sind wirklich beeindruckend. Viele Menschen, die der Materie nahestehen, sind offenbar überzeugt, dass sie sich einsetzen müssen, und melden sich freiwillig. Ich halte das wirklich für beeindruckend und hätte es mir vor wenigen Wochen noch nicht vorstellen können. Ganz herzlichen Dank für diese hohe Bereitschaft!
Es gibt auch viele Ehrenamtler, die sich - wieder einmal - hier einbringen, vor allem vom Technischen Hilfswerk, das bei der Einrichtung vielerorts eine große Hilfe war. Es hätte wenig Verständnis dafür gegeben, wenn die Kreise erst irgendwelche Ausschreibungen machen müssten, um beispielsweise diese Sichtschutzwände und anderes aufzubauen. Das haben viele THWler ehrenamtlich am Wochenende, binnen weniger Tage gemacht. Sie haben Sachen und Material eingekauft und aufgebaut. Im Lauenburgischen habe ich gehört, wie es gelaufen ist: Es ist wirklich beeindruckend, wie die Menschen binnen weniger Tage eine solche Leistung geschafft haben. Auch dafür ganz herzlichen Dank.
In der Tat macht die Impfung sehr vielen Menschen große Hoffnung, dass wir die Pandemie irgendwann im kommenden Jahr - vielleicht eher Ende nächsten Jahres - in den Griff bekommen können und damit unsere gewohnte Freiheit und unsere Art zu leben zurückbekommen. Frau Midyatli hat es gesagt: Es gibt eigentlich keine bessere Möglichkeit. Wenn wir uns den Besteckkasten angucken, den die Menschheit derzeit zur Verfügung hat, dann gibt es keine bessere Möglichkeit, als die Pandemie über einen Impfstoff wieder in den Griff zu bekommen.
Auch ich gehöre zu den Menschen, die große Hoffnung in diesen Impfstoff setzen. Ich sage sehr deutlich: Ich habe mich schon dazu entschieden, dass ich mich impfen lassen werde, wenn ich an der Reihe bin.
Die Impfung muss in der Tat freiwillig bleiben. Ich hoffe sehr, dass viele Menschen die Möglichkeit der Impfung wahrnehmen werden. Die Kollegin Bohn hat es gesagt: In anderen Teilen der Erde würden die Menschen sich freuen, wenn sie eine solche Impfstoffverfügbarkeit wie in Deutschland hätten.
Es ist aber selbstverständlich immer eine Abwägungsfrage. Es gibt noch eine Reihe an offenen Fragen, wir haben es heute beim Bericht des Ministers gesehen. Es gibt sehr viele fachliche und logistische Fragen. Diese Fragen müssen schnellstmöglich und nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet werden. Die schnelle Entwicklung der Impfstoffe ist eine herausragende Leistung. Wer das im Frühjahr so vorausgesagt hätte, wäre für verrückt erklärt worden. Das gehört zur Ehrlichkeit auch dazu.
Ich muss aber auch deutlich sagen: Meiner Meinung nach muss noch mehr erklärt werden. Was
jetzt schon erklärt werden kann, muss erklärt werden. Was in den nächsten Wochen an Fragen beantwortet werden kann, muss so offen und klar beantwortet werden, wie es möglich ist.
Viele Menschen sagen: Wie kann es möglich sein, einen Impfstoff innerhalb von wenigen Monaten zu entwickeln, wo es bei anderen Krankheiten über Jahrzehnte nicht gelingt? Die Menschen sind auch nicht unbedingt vom Fach. Ich glaube, man muss es erklären. Beim gewählten Verfahren der Firma BioNTech - es gibt ja auch noch andere Impfstoffe, die vielleicht nicht eine ganz so hohe Wirksamkeit, aber durchaus auch eine Wirksamkeit haben - muss man ganz genau erläutern, warum es möglich war und dass es auch für andere Krankheiten ein Verfahren sein kann. Es hat hier gepasst. Das muss man in den Medien noch einmal deutlicher erklären - überall, wo es möglich ist -, damit da mehr Vertrauen aufgebaut werden kann. Vertrauen kann durch große Offenheit und Transparenz aufgebaut und vertieft werden. Schleswig-Holstein ist auch hier bisher vorbildlich. Es wurde früh darüber gesprochen.
Ich habe angesichts dieser schnellen Entwicklung großes Verständnis für die Skepsis vieler Menschen. Ich muss es deutlich sagen: Es ist am Ende immer eine persönliche Entscheidung. Ich meine nicht die Radikalen, die Corona sowieso leugnen und eh meinen, der Staat, das sei irgendwie alles ganz merkwürdig und dubios. Diese Verrückten meine ich nicht. Ich meine ganz normale Menschen, die einfach Sorgen haben, und diese Sorgen müssen wir ihnen nach Möglichkeit nehmen, und das sollten wir tun.
Ich lese auch immer mit großer Freude und Interesse die Erläuterungen des Kollegen Dr. Dolgner auf Facebook. Man muss natürlich an der Stelle auch festhalten: Es gibt einfach unendlich viele Menschen, denen man mit Statistiken und Daten nicht kommen kann. Das ist einfach so. Damit müssen wir umgehen. - Herr Dr. Dolgner, wenn es jemand schafft, dann Sie, aber wir müssen einfach damit umgehen, dass Statistiken und Daten viele Menschen nicht überzeugen. Wenn viele Menschen geimpft sind, wird das Vertrauen auch bei dieser Gruppe wachsen.
- Das hoffe ich zumindest.
Ich staune an der Stelle auch darüber - jeder Mensch ist halt anders -, dass es nicht wenige Menschen gibt, die wenig oder keine Angst vor einer Covid-19-Erkrankung haben, aber eine horrende Angst vor einer Impfung. Das geht für mich persönlich in meinem Kopf nicht ganz zusammen, aber das muss man trotzdem ernst nehmen. Fake News, die schon jetzt massiv verbreitet werden - übrigens schon, bevor der Impfstoff entwickelt war, das ist auch erstaunlich -, müssen wir massiv auf allen Ebenen entgegentreten.
Wir sprechen auch über eine ganz wichtige ethische Frage, nämlich über die Priorisierung bei der Verteilung des Impfstoffes. Das muss jetzt zügig geklärt werden, der Minister hat es ausgeführt. Für mich steht außer Frage, dass vor allem die besonders verletzlichen Gruppen Vorrang haben müssen. Ich glaube, da gibt es auch einen breiten Konsens. Hinzukommen müssen vor allem medizinisches und pflegerisches Personal, aber absehbar auch andere Menschen, die aus meiner Sicht in der Gesellschaft an der Front stehen. Das sind zum Beispiel Polizisten und Feuerwehrleute. Auch die müssen sinnvoll eingereiht werden. Das sollte man an dieser Stelle auch deutlich machen. Das ist nicht so einfach angesichts der Millionen auch älterer Menschen, die wir in Deutschland haben. Aber ich glaube, es muss trotzdem beachtet werden, dass das sinnvoll eingereiht wird.
Eine besondere logistische Herausforderung - der Minister hat es angedeutet - ist die Impfung der sehr vielen Menschen, die zu Hause gepflegt werden, die also nicht ins Impfzentrum kommen können und die nicht im Pflegeheim geimpft werden können. Das hat natürlich mit der notwendigen Kühlung des Impfstoffes zu tun. Übrigens gibt es auch da schon gute Nachrichten. Der BioNTechGründer hat auch gesagt, dass sie schon an einer zweiten Generation arbeiten, die aber erst in einigen Monaten verfügbar sein wird, wo man die Kühlung nicht braucht. Das würde natürlich viele logistische Herausforderungen deutlich kleiner machen.
Es deutet bisher alles darauf hin, dass Nebenwirkungen sehr überschaubar sein werden. 100-prozentige Garantien kann aber niemand geben. Deshalb wird man alles genau beobachten müssen. Ich finde es auch wichtig, dass in den Impfzentren stets eine Aufklärung stattfinden wird. Eine spannende Frage wird dabei zum Beispiel auch die Dauer der Immunität sein, was natürlich für notwendige Nachimpfungen entscheidend ist. Da ist die Frage:
Ist es ein Jahr, sind das fünf Jahre und so weiter. Diese Fragen werden noch zu beantworten sein.
Abschließend möchte ich sagen: Wichtig ist mir auch, dass die Impfstoffe international angemessen verteilt werden. Im vereinten Europa und einer globalvernetzten Welt darf es keinen Impfnationalismus - so nenne ich es einmal - geben. Das ist natürlich schwierig, aber ich glaube, man muss damit umgehen, dass es fair verteilt wird. Wir können meiner Meinung nach auch ein bisschen stolz darauf sein, dass der erste bei uns wohl zugelassene Impfstoff in Deutschland entwickelt wurde - das ist eine gute Nachricht -, übrigens von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Da sei nur am Rande erwähnt, aber auch das sollte man an der Stelle einmal beachten, weil viele Debatten in andere Richtungen gehen. Auch das sollte man bemerken und anerkennen.
Wir sollten das Impfen weiterhin konzentriert vorbereiten, offen und respektvoll darüber kommunizieren und dabei auch keine unnötige Zeit verlieren, dann werden wir diese Krise hoffentlich bald hinter uns lassen. Lassen Sie uns auch an der Stelle zusammenhalten, dann wird das ein gutes Ende nehmen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Zukunftsvertrag, der den Hochschulpakt ablösen wird, wird der Bund die Hochschulen zukünftig dauerhaft mitfinanzieren. Das haben wir seit vielen Jahren gefordert, und deshalb unterstützen wir das sehr - wie die allermeisten im Hohen Hause -, weil es gerade für ein Bundesland wie Schleswig-Holstein von enormer Bedeutung ist, dass der Bund hier seiner Verantwortung nachkommt. Wir würden das Geld des Bundes na
türlich auch einfach so nehmen, aber, Frau Heinold, der Bund gibt uns ja selten einfach Geld, ohne Bedingungen zu stellen. Insofern ist das ein sinnvoller Kompromiss.
Er bringt den Hochschulen die notwendige Planungssicherheit und hilft dabei, die Qualität von Forschung und vor allem Lehre zu sichern und zu verbessern.
Es wurde schon darauf hingewiesen: Die Hochschulen sind in den letzten Jahren in sehr starkem Maße gewachsen, vor allem die Studierendenzahlen. Viel ist da nicht mitgewachsen, an Ressourcen, an Personal. Die strategische Bedeutung der Hochschulen für unser Bundesland und unsere Gesellschaft insgesamt muss meines Erachtens noch stärker in den Fokus rücken. Zur Bedeutung der Wissenschaft für unsere heutige Gesellschaft hat der Kollege Lasse Petersdotter gerade alles Notwendige gesagt.
Wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen, wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen, werden wir den Hochschulbereich finanziell noch deutlich stärker unterstützen müssen. Die Schwerpunktsetzung muss meines Erachtens auf Bundes- und Landesebene zukünftig noch stärker auf diesem Bereich liegen. Denn die Welt schläft nicht; die internationale Konkurrenz ist erheblich dabei aufzuholen und uns teilweise schon weit voraus.
Die Digitalisierung wird auch die Hochschulen zunehmend verändern. Ich meine nicht nur die technische Ausstattung, Kollege Dunckel. Da wird ja derzeit viel nachgeholt, um das digitale Semester vernünftig bewerkstelligen zu können. Es gibt an den Hochschulen gewaltige Datenmengen, und diese müssen besser vernetzt und sinnvoller genutzt werden. Auch das Thema Künstliche Intelligenz gewinnt zunehmend an Bedeutung. Andere Regionen - auch innerhalb Deutschlands; gerade wenn man in den Süden der Republik guckt - sind uns da meilenweit voraus. Auch in diesem Bereich haben wir großen Nachholbedarf.
Es ist wichtig, dass wir in enger Abstimmung mit den Hochschulen zu einem guten Ergebnis kommen konnten. Die breite Unterstützung in der Hochschullandschaft ist eine gute Basis für die nächsten Jahre. Das stärkt die Akzeptanz, damit die Ziele, die man miteinander vereinbart hat, tatsächlich umgesetzt werden. Dafür möchte auch ich vor allem Staatssekretär Oliver Grundei und seinem Team danken, aber auch den Vertreterinnen und Vertre
tern der Hochschulen, die sich hier extrem konstruktiv eingebracht haben. Das ist ein Wert an sich.
Ich möchte an dieser Stelle auch die Gelegenheit nutzen, mich bei der Ministerin zu bedanken und ihr am Bildschirm weiter gute Genesung zu wünschen.
Wir statten unsere Hochschulen nicht nur bei den Investitionen, sondern auch bei der Grundfinanzierung schrittweise besser aus und übernehmen auch die Tarifsteigerungen. Wichtig ist mir, dass wir den Hochschulen bei der Mittelverwendung eine gewisse Autonomie gewähren werden. Vor Ort weiß man in der Regel am besten, wie man das Geld am sinnvollsten einsetzen kann, um die jeweilige Strategie zu verfolgen.
Die dauerhafte Finanzierung des Bundes muss auch dazu führen, die Arbeitsbedingungen für viele Beschäftigte an den Hochschulen zu verbessern und als Arbeitgeber noch attraktiver für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu werden. Die Hochschulen können und sollen ihre jeweiligen Profile weiter schärfen. Besonders freut es mich, dass wir den schon länger geforderten Architektur-Studiengang an der Fachhochschule Kiel aufbauen können - Herr Blažek ist heute auch da. Beim Bauingenieurwesen haben wir bereits zu Beginn der Wahlperiode neben Lübeck diesen zweiten Standort aufgebaut. Dieser neue Studiengang wird den dringend benötigten Fachkräftenachwuchs auch für den Norden des Landes zukünftig sichern.
Lasse Petersdotter, man muss einfach feststellen: Die Präferenzen waren dort unterschiedlich stark ausgeprägt. Wir haben nach dem Aus des Standorts Eckernförde eine Fachkräftelücke, die langsam sichtbar wird und die wir schließen müssen. Insofern ist es wichtig, dass wir da nachsteuern.
Die überschaubare, aber sehr vielfältige Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein ist besser aufgestellt, als viele vielleicht manchmal denken. Darüber sollten wir noch stärker sprechen und dafür werben.
Bei der Internationalisierung sind wir gut davor, aber auch hier könnten wir unsere interessante geografische Lage noch besser nutzen. Das wird gerade für die Christian-Albrechts-Universität eines der wichtigen Themen und großen Baustellen sein, um bei der Exzellenzstrategie nächstes Mal erfolgreich
sein zu können. Das Ziel der neuen Präsidentin, zukünftig unter den Top 15 in Deutschland zu sein, halte ich für angemessen und realistisch. Ich finde auch ihren Ansatz, diese große Universität nicht nur international, sondern auch innerhalb des Bundeslandes stärker zu vernetzen, genau richtig. - Das klingt vielleicht erst einmal komisch, aber die Hochschulen innerhalb unseres Bundeslandes können sich tatsächlich noch stärker mit anderen gesellschaftlichen Bereichen vernetzen.
Ebenfalls noch deutlich zulegen müssen wir beim Hochschulbau, der in Schleswig-Holstein leider über Jahrzehnte sträflich vernachlässigt wurde. Warum wir uns als FDP-Fraktion so sehr für ein anhaltend hohes Investitionsniveau einsetzen, kann man besonders gut an den Hochschulen beobachten. Gerade an der Christian-Albrechts-Universität haben wir nach wie vor einen immensen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf bei den Gebäuden und deren Ausstattung. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die Coronakrise und die Digitalisierung das Studium und auch das Arbeiten an den Hochschulen spürbar verändern werden; das wird sich in irgendeiner Form auch auf den Raumbedarf niederschlagen.
Allerdings glaube ich, dass es den Investitionsbedarf nicht nennenswert verringern, sondern mit Blick auf die Digitalisierung eher erhöhen wird.
Ebenfalls sollte man den Wissens- und Technologietransfer und die Ausgründungen aus den Hochschulen weiter stärken. Auch die Fachhochschule Kiel hat sich vorgenommen, da mit dem neuen Präsidenten deutlich besser zu werden. Ich halte das für absolut sinnvoll. Dass wir die Diversität stärken wollen, halte ich für eine Selbstverständlichkeit, weil das längst internationaler Standard ist, wenn wir ehrlich miteinander sind.
Wir werden also an verschiedenen Stellen daran arbeiten, unsere Hochschullandschaft weiter zu verbessern. Wir haben ein sehr gutes Paket vorliegen. Ich bitte Sie ganz herzlich um Zustimmung zu diesem Paket und bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Pandemie wird unser Leben in der Tat mindestens noch einige Monate erheblich prä
gen. Mit den Folgen - das ist sehr klar - werden wir noch deutlich länger zu kämpfen haben. Ich bin aber nach wie vor froh, dass ich diese Pandemie in Deutschland und vor allem in Schleswig-Holstein erlebe. Trotz der massiven Probleme, die die Pandemie mit sich bringt, sind wir bislang vergleichsweise glimpflich durch diese Krise gekommen.
Das liegt in erster Linie an der großen Disziplin fast aller Bürgerinnen und Bürger und dem großen Engagement vieler Menschen, zum Beispiel in den Gesundheitsämtern, in den Kitas, in Schulen oder auch in den Krankenhäusern. Es liegt am großen Zusammenhalt unserer Gesellschaft, den wir immer wieder befördern sollten und nicht riskieren dürfen.
Im Frühjahr wurde Ärzten und Pflegekräften applaudiert. Man muss aber in der Tat sagen: Die sind vor allem jetzt gefordert, und ich hoffe, dass sie in den nächsten Monaten nicht überfordert werden. Es ist unsere Aufgabe, diese Menschen zu unterstützen. Es gilt ihnen vor allem jetzt und in den kommenden Wochen und Monaten unseren Dank.
Der Winter bleibt eine große Herausforderung. Es gibt keinen Anlass zur Entwarnung. Immerhin sind wir in Schleswig-Holstein auf einem ordentlichen Weg, und die entwickelten Impfstoffe machen vielen Menschen und auch mir wirklich Hoffnung, dass ein Ende der Pandemie zumindest absehbar ist. Beim Impfen ist aber, da sollten wir uns nichts vormachen, noch sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Ich freue mich aber, dass wir bei den entsprechenden Vorbereitungen in Schleswig-Holstein wieder einmal sehr gut davor sind und die benötigten Impfzentren sich bereits im Aufbau befinden. Ich habe festgestellt, dass man in anderen Bundesländern noch nicht so weit ist. Insofern ist das eine gute Nachricht.
Mein Dank dafür gilt insbesondere dem Gesundheitsminister und seinen Leuten, aber auch unseren Kommunen, der Bundeswehr und allen weiteren Akteuren, die daran sehr engagiert mitwirken.
Die Reduzierung von Kontakten ist für uns alle besonders schmerzlich. Sie ist auch keine besonders kreative Lösung, sie ist aber immer noch die effektivste Methode zur Eindämmung des Infektionsgeschehens. Jeder Einzelne von uns trägt nach wie vor Verantwortung. Die Eigenverantwortung wurde
nicht abgeschafft, auch wenn man manchmal den Eindruck haben kann. Sie ist gerade jetzt besonders gefordert. Die Kontaktregeln, die wir seit einigen Wochen in Schleswig-Holstein haben, sind - aus meiner Sicht - leicht verständlich. Das ist ein Wert an sich. Sie sind angemessen und haben sich somit bewährt.
Sie wurden zunächst auch kritisch gesehen, auch innerhalb der Koalition, Herr Ministerpräsident. Es ist aber absolut der richtige Weg, dass wir mit Blick auf die stabile Situation beim Infektionsgeschehen in den nächsten Wochen daran festhalten. Das Hin und Her bei den Kontaktregeln über die Feiertage möchten wir den Menschen in Schleswig-Holstein gern ersparen. Wo wir erhebliche Ausreißer nach oben haben, wie aktuell leider im Kreis Pinneberg, können wir zeitweise nachschärfen, wie es in Absprache mit dem Landrat zu Recht geschehen ist. Der Kreis Pinneberg hat nun einmal die Besonderheit, dass es der Landkreis ist, der besonders eng mit Hamburg verbunden ist. Ich muss aber dazu sagen, dass die Hamburger und der Hamburger Senat die Situation für eine Großstadt ihrer Größe wirklich gut im Griff haben. Davon profitieren wir auch in Schleswig-Holstein. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu.
Ich bin sehr froh, dass jetzt klargestellt ist, Herr Ministerpräsident, dass Kitas und Schulen bundesweit im Winter grundsätzlich geöffnet bleiben sollen. Das ist eben auch eine Frage der Chancengerechtigkeit. Kinder, Jugendliche und ihre Eltern haben insbesondere im Frühjahr bereits die Hauptlast der Maßnahmen tragen müssen und werden auch noch lange mit den Schulden zu kämpfen haben. Die Halbierung der Klassen, die nun auch gefordert wird, klingt im ersten Moment populär. Sie würde allerdings erheblichen Unterrichtsausfall für viele Kinder bedeuten, wenn man sich das ehrlich anschaut. Das ist leider so.
Die Digitalisierung der Bildung muss natürlich dennoch mit aller Kraft vorangetrieben werden. Ich sage ganz deutlich: Ich finde auch, dass man Hybridunterricht an den Schulen bei älteren Jahrgängen wir haben ja viele Schulen, die bei der Digitalisierung relativ weit sind - ermöglichen sollte. Frau Krämer sieht das für ihren Sohn noch nicht. Ich sage ja: Man sollte es einsetzen können. Frau Krämer, als Liberale sind wir ja für Freiheit. Insofern wäre das eine gute Möglichkeit!
Die Bund-Länder-Vereinbarung zum Digitalpakt muss überarbeitet werden, um daraus mehr Endgeräte bezahlen zu können. Die Schulträger brauchen zum Teil auch bei den Konzepten noch mehr Unterstützung. Das Problem dieser Bund-Länder-Vereinbarung ist, dass maximal 20 % für Endgeräte ausgegeben werden dürfen. Wir haben aber schon viele Schulen in Schleswig-Holstein, die schon ein gutes WLAN oder gute Konzepte dafür haben. Die brauchen jetzt iPads - Entschuldigung, ich wollte keine Werbung machen -, die brauchen Tablets. Sie brauchen auf jeden Fall mehr Geld für Endgeräte. Das muss aus diesem Geld finanziert werden. Das Geld fließt viel zu langsam ab. Das liegt auch an den Vorgaben, die teilweise praxisfern sind. Da müssen wir nacharbeiten.
Auch bei der Sicherheit in den Schulen wollen wir noch mehr tun. Ich habe kürzlich eine Schule im Lauenburgischen besuchen dürfen, die nicht nur bei der Digitalisierung vorbildlich ist, sondern in fast allen Räumen fest installierte Belüftungssysteme eingebaut hat. Aus meiner Schulzeit kannte ich das, ehrlich gesagt, nicht und habe es auch sonst selten gesehen. Ich finde, das sollte künftig Standard in unseren Schulen werden.
Gute-Luft-Politik kann auch nach der Pandemie nicht schaden.
Wo es möglich ist, sollten zunächst mobile Systeme angeschafft und auch die Schülerverkehre entzerrt werden. Mir ist klar, dass dies leichter gesagt als getan ist. Am Geld scheitert es jedoch nicht, die Kreise haben das Geld. Einige Kreise tun dies auch. Es ist jedoch in der Praxis nicht so einfach, wie es manchmal im ersten Moment klingt.
Ich bin wirklich erleichtert, dass die völlig lebensfremden Vorstellungen - ich muss es leider so sagen -, jede Familie solle sich für den Winter einen festen anderen Hausstand oder jedes Kind einen festen Freund als Kontakt aussuchen, jetzt endgültig vom Tisch sind.
Ich weiß nicht so ganz, wie dies entstanden ist, aber das hat, ehrlich gesagt, der Akzeptanz der Maßnah
men wirklich nicht geholfen - um es freundlich auszudrücken.
Auch wir sind für eine bundesweite Abstimmung der notwendigen Coronamaßnahmen. Wenn sich aber das Infektionsgeschehen derartig unterschiedlich entwickelt, ist eben nicht jede Maßnahme auch überall angemessen. Wir sprechen hier über erhebliche Grundrechtseingriffe. Die müssen immer verhältnismäßig und zielgenau sein. Sie bedürfen einer konkreten Begründung. Der politische Wunsch nach Einheitlichkeit reicht da eben nicht aus.
Ich begrüße es sehr, dass sich diese Sichtweise mittlerweile nicht nur in Schleswig-Holstein durchgesetzt hat. Auch das neue Infektionsschutzgesetz gibt übrigens ganz klar vor, dass es so gehandhabt werden muss. Dieses Infektionsschutzgesetz ist ja schließlich die rechtliche Grundlage für die Maßnahmen, die die Länder ergreifen. Man kann über dieses Gesetz trefflich streiten, aber wir sehen vor allem beim Begleitthema der Krankenhausfinanzierung, dass dieses Gesetzespaket aus der letzten Woche leider mit heißer Nadel gestrickt wurde.
Herr Dr. Stegner, ich muss mich wirklich sehr wundern, wie Sie das an dieser Stelle thematisiert haben.
Man kann unser Abstimmungsverhalten kritisieren. Die Grünen haben das auch gemacht, ich habe es entsprechend beantwortet. Das ist in einer Koalition und in einer Demokratie völlig normal: Man kann das alles unterschiedlich sehen. Aber der Versuch, uns hier in eine Gesellschaft zu rücken, in die wir nicht gehören, nämlich in die Gesellschaft von Menschen, die dieses Murks-Gesetz, das es leider ist - - Es gab übrigens auch von der FDP-Bundestagsfraktion bessere Alternativen.
Es wäre staatspolitische Verantwortung gewesen, auf die konstruktive Opposition im Bundestag zuzugehen und zu versuchen, zusammenzukommen. Das wurde mehrfach angekündigt, ist aber bis zur Abstimmung im Bundestag nicht passiert. Das ist aus meiner Sicht ein Problem.
Nein, ich möchte noch einen Satz sagen, Herr Präsident: Uns in die Nähe von Menschen zu rücken, die dieses Gesetz mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis gleichsetzen, finde ich unanständig und daneben. Das passt nicht ins Parlament.
Ich nehme diese Klarstellung zur Kenntnis. Ich habe Ihnen aber eben sehr genau zugehört, und Sie
haben von einer Gesellschaft gesprochen und das auch bei Twitter vor ein paar Tagen gemacht. Sie haben es hier wiederholt. Herr Dr. Stegner, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie es nicht so gemeint haben. Ich sage trotzdem: Da sollten Sie in Zukunft genauer auf Ihre Wortwahl achten. Es ging über die Grenze dessen hinaus, was wir hier an Gemeinsamkeiten haben. Deswegen denke ich, dass Sie in Zukunft besser auf Ihre Wortwahl achten sollten.
Herr Dr. Stegner, es ist ja gut, dass wir nun fraktionsübergreifend fordern, das Gesetz, bei dem Sie unsere Enthaltung kritisiert haben, wenige Tage später wieder zu ändern. Es ist in Ordnung, dass wir das fraktionsübergreifend fordern. Denn auch bei einer Inzidenz von unter 70, die interessanterweise darin bei der Krankenhausfinanzierung festgeschrieben ist, haben unsere Krankenhäuser erhebliche Kosten für den Intensivbereich, die auch erstattet werden müssen. Wir haben da auch Vereinbarungen mit Hamburg getroffen, das wurde schon angesprochen, die einen höheren Inzidenzwert als wir aufweisen. Wir sind da auch solidarisch und kooperativ mit Hamburg. Unsere Krankenhäuser haben diese finanzielle Benachteiligung nicht verdient, und das müssen wir sehr deutlich machen. Wir werden so lange nerven, bis das wieder geändert wurde. Das freut mich, dass wir das gemeinsam machen.
Die Reaktionen auf die Absprachen der Ministerpräsidentenkonferenzen und auf unsere Entscheidung, damit umzugehen, finde ich wirklich bemerkenswert. Während wir von unserer Wirtschaft, verschiedenen Medien und sogar Medizinern aus Schleswig-Holstein für unser Augenmaß gelobt werden, werden wir von außerhalb, vor allem von anderen Landesregierungen, zum Teil heftig kritisiert. Das überrascht nicht nur mit Blick auf unser Infektionsgeschehen und auf die nun wirklich sorgsam abgewogenen Entscheidungen, sondern auch mit Blick auf die bisherigen Regeln anderer Bundesländer. Kollege Koch hat es angesprochen. Ich finde kaum etwas schwieriger und unangenehmer, als in den privaten Bereich der Bürgerinnen und Bürger einzugreifen.
Wir haben vor einiger Zeit wirklich miteinander über die Zehner-Regelung gerungen. Ich staune sehr darüber, dass mehrere Bundesländer da bisher
noch gar nichts geregelt haben. Wir werden weiterhin Kontrollen mit Augenmaß durchführen.
Ich muss sagen: Wenn ich ein Bundesland wirklich schätze, dann ist das Bayern. Dort gibt es vieles, was man nur bewundern kann, aber die Kommunikation des bayrischen Ministerpräsidenten gehört für mich, ehrlich gesagt, nicht dazu.
Ich finde, Herr Söder ist mit Blick auf die Coronabilanz seines Bundeslandes nun wirklich nicht in der Position, um anderen Landesregierungen permanent kluge Ratschläge zu erteilen, schon gar nicht dieser Landesregierung. Die Zeit könnte er sinnvoller nutzen.
Es ist erstaunlich, wenn ausgerechnet Bayern nach bundesweiter Einheitlichkeit ruft. Das ist sonst selten der Fall. Wenn Herr Söder mehr Härte fordert, hindert niemand seine Regierung daran, dies in Bayern vorzuleben. Jeder kann sich auch ganz genau vorstellen, was Herr Söder fordern würde, wenn wir die bayrischen Infektionszahlen hätten und Bayern unsere. Da kann sich doch jeder vorstellen, dass Herr Söder ganz anders kommunizieren würde. Insofern finde ich das schon schwierig.
Die geografische Lage spielt eine Rolle, aber wenn jeder angemessen auf das jeweilige Infektionsgeschehen reagieren würde und reagiert hätte, hätten wir gemeinsam viel gewonnen. Den Königsweg gibt es natürlich nirgendwo.
Die Hotspot-Strategie für die besonders betroffenen Regionen war selbstverständlich überfällig. Ich hätte es aber deutlich besser gefunden, wenn man auch konkretisiert hätte, was denn eigentlich gemacht werden soll, wenn man über einer Inzidenz von 200 liegt. Das fehlt mir noch.
Aber mit Blick auf Schleswig-Holstein ist es absolut verantwortbar, wenn wir die sogenannten körpernahen Dienstleistungen - übrigens gehört Prostitution nicht dazu, da gab es teilweise Missverständnisse, die sind ausdrücklich nicht gemeint - bei uns jetzt wieder zulassen und wenn auch die Wild- und Tierparks beziehungsweise Zoos wieder öffnen dür
fen. Letztere bieten gerade für viele Familien eine risikoarme Outdoor-Aktivität. Man kann und sollte gerade mit kleinen Kindern auch jetzt nicht den ganzen Tag nur in der Wohnung sitzen.
Ich hoffe nicht nur deshalb, dass die Zahlen bei uns weiter sinken werden und wir zu Beginn des neuen Jahres auch wieder mehr Sport- und Kulturangebote zulassen können. Wir brauchen auch eine Perspektive für die Hotels und für die Gaststätten, die wir Ende Oktober nicht geschlossen hätten, wenn der Bund nicht vehement darauf gedrängt und Entschädigungszahlungen übernommen hätte.
Es ist wichtig, dass die Novemberhilfen auf Grundlagen der Zahlen aus dem Dezember 2019 berechnet werden: Für viele Betriebe ist der Dezember schließlich der umsatzstärkste Monat im Jahr und deshalb extrem wichtig für das Geschäftsmodell. Das Geld sollte aber auch zügig ausgezahlt werden, um Liquiditätsprobleme zu vermeiden. Was das Land bei der Abwicklung tun kann, das wird es auch tun. Darauf können sich die Unternehmen verlassen.
Die Überbrückungshilfe III ist grundsätzlich gut und richtig, aber ich finde, der Bund muss auch noch mehr für die Soloselbstständigen tun, die oftmals besonders stark betroffen sind.
Wir merken erneut: Das Öffnen ist komplizierter als das Schließen. Die Bundesregierung sollte deshalb auch mit offenen Karten spielen, was sie für die Monate Januar, Februar und März - zumindest grob - plant; denn mich beunruhigen entsprechende Andeutungen von Regierungsmitgliedern kurz nach der Ministerpräsidentenkonferenz, dass man inklusive März oder gar April viele Bereiche geschlossen halten will, während aus dem Bundestag gefordert wird, dass sich die Länder zukünftig an den Entschädigungen beteiligen sollen. Ich fürchte, dass dies unsere Leistungsfähigkeit überfordern würde, und das ist auch nicht der mit dem Bund verabredete Weg. Wir sind schließlich mit mehreren Milliarden Euro bereits an unsere Leistungsgrenzen gegangen. Viele Unternehmen wie zum Beispiel auch die Kinos brauchen auch eine gewisse Vorlaufzeit, um wieder Geld verdienen zu können.
Ich bin Monika Heinold sehr dankbar, dass sie die Position des Landes sehr deutlich gemacht hat. Der Bund hat Forderungen an uns gestellt. Wir sind dem solidarisch nachgekommen, aber er hat auch Ver
antwortung bei der Finanzierung übernommen. Dass wir nun noch einmal Milliardenpakete schnüren, sehe ich momentan nicht.
Es geht um viele wirtschaftliche Existenzen. Ich finde, wir sollten deutlicher machen, dass viele Betriebe derzeit vor allem deshalb geschlossen sind, weil man die Kontakte insgesamt herunterfahren will, und nicht etwa, weil man deren Konzepten nicht vertrauen würde. Ich werbe sehr um Verständnis dafür, dass wir bei der Verschärfung im Einzelhandel, was die Zahl der Kunden pro Fläche angeht, nicht mitgehen werden.
Die Ausweitung der Maskenpflicht ist als milderes Mittel auch hier sinnvoll. Da gehen wir in Schleswig-Holstein auch grundsätzlich voran. Ich halte es aber für absolut kontraproduktiv, in der Adventszeit Schlangen vor den Geschäften zu riskieren - übrigens auch vor Supermärkten, die auch von dieser Regelung betroffen sein sollen. Ich hoffe sehr, dass ich da noch eines Besseren belehrt werde, aber ich glaube, diese 20-m2-Regelung wird nur die Kunden nerven und dem Einzelhandel weiter schaden. Es ist kein Zufall, dass die Amazon-Aktie während der MPK einfach mal nach oben geschossen ist. Das ist nun einmal so in einer Marktwirtschaft.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Wir sollten - ich kenne die Bedenken - trotzdem darüber reden, ob wir nicht im nächsten Jahr ein paar mehr verkaufsoffene Sonntage ermöglichen, die besonders umsatzstark sind und die vielen Geschäften das Überleben sichern könnten.
Die MPK ist gut geeignet, um sich zwischen Bund und Ländern sehr kurzfristig abzustimmen, was derzeit notwendig ist. Sie ist aber kein Verfassungsorgan. Entschieden wird letztlich in den Landesregierungen oder - noch besser - in den Parlamenten. Das gilt auch in der Pandemie. Wir müssen die demokratischen Prozesse, die die Verfassung aus guten Gründen vorsieht, auch in der Krise berücksichtigen und pflegen. Ich bin froh darüber, dass das in Schleswig-Holstein gut gelingt, auch im Austausch mit Kommunen, Verbänden und Wissenschaftlern.
Transparenz ist dabei von elementarer Bedeutung. Das gemeinsame Länderpapier war ein Fortschritt, um sich auch in den Ländern besser abstimmen zu können. Was mich aber wirklich ärgert, ist die Tat
sache, dass die Ministerpräsidentenkonferenz bei der „Bild“-Zeitung immer quasi live übertragen wird. Jeder gute Politiker pflegt seine Kontakte zu den Medien, aber was da passiert, ist wirklich weit drüber.
Ich warte dann immer stundenlang geduldig auf die Unterrichtung durch den Ministerpräsidenten, aber dann werden bei „Bild-Online“ SMS von vermutlich anderen Ministerpräsidenten, Herr Günther, im Livestream im Internet vorgelesen. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das ist nicht Transparenz, wie ich sie mir vorstelle. Das sollte man wirklich ändern.
Meine Damen und Herren, wir haben noch viel zu tun: Die Impfungen müssen weiter vorbereitet werden. Dazu braucht es auch überall entsprechende Kühlgeräte. Wenn zügig viele Menschen in den sensiblen Bereichen geimpft werden können, dürfte dies eine enorme Entlastung für unser Gesundheitssystem darstellen. Die Corona-Warn-App muss dringend weiter verbessert werden, damit sie auch wirklich hilft.
Die Gesundheitsämter müssen endlich digitalisiert werden, um die Mitarbeiter zu entlasten. Anlass zur Hoffnung geben da auch freiwillige Apps, die die Gesundheitsämter bei der Kontaktnachverfolgung entlasten und zum Beispiel in der Gastronomie und bei bestimmten Veranstaltungsformen helfen können. Der Einsatz von Schnelltests und Schutzausrüstung wie FFP2-Masken muss auch weiter optimiert werden. Die Gesamtstrategie für die Wintermonate muss dringend weiterentwickelt werden, um diesen Namen auch wirklich zu verdienen. Die Ansprache der politisch Verantwortlichen an die Bürgerinnen und Bürger sollte an einigen Stellen angemessener werden.
Kriegs- oder Katastrophenrhetorik, also der Vergleich mit Flugzeugabstürzen oder Videos, die einen auf dem Sofa mit Hähnchenkeulen zeigen und sich an den Zweiten Weltkrieg anlehnen, oder infantile Ansprache ist nicht hilfreich.
Stattdessen braucht es noch mehr Offenheit und Raum für Diskussionen, um Verschwörungstheori
en den Boden zu entziehen, die leider erschreckend weit bis in die Mitte der Gesellschaft verbreitet sind. Wir dürfen nicht vergessen: Die Demokratie, der Rechtsstaat und auch die soziale Marktwirtschaft müssen gerade in dieser Krise gestärkt werden, wenn wir unsere hohe Lebensqualität in Deutschland erhalten wollen.
Das neue Jahrzehnt wird mit Blick auf den demografischen Wandel, der immer stärker spürbar wird, und die internationale Lage schon herausfordernd genug werden.
Ich wünsche allen trotz der Umstände eine gute Adventszeit. Es ist in der Tat nicht die Zeit für Partys und die üblichen Aktivitäten, aber wenn alle weiterhin besonnen bleiben, können wir uns trotzdem auf Weihnachten und auf Silvester im engsten Familienkreis freuen. Man kann auch meinetwegen gern eine Rakete steigen lassen
- oder auch zwei, Kollege Holowaty -, um die bösen Geister aus 2020 zu vertreiben. Ich finde, wir sollten alle mit Mut, Optimismus und Tatendrang in das neue Jahr gehen. Es kann nur besser werden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. Herr Dr. Stegner, der Tagesordnungspunkt heißt ja Bericht zum EWKG. Kommen Sie noch zu diesem Bericht und zu den Positionen der SPD oder schaffen Sie das nicht mehr bis zum Ende Ihrer Redezeit?
Lieber Kollege Voß, ich freue mich, dass Sie genauso wie ich diesen klugen Kompromiss loben, und es ist gut, dass in der Debatte die Unterschiede deutlich geworden sind, warum wir uns auf den Kompromiss geeinigt haben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zweite Welle der Coronapandemie fordert weite Teile Europas und zunehmend auch Deutschlands erheblich heraus. In Schleswig-Holstein stehen wir Dank des klugen und entschlossenen Handels der Regierung und auch vieler Bürgerinnen und Bürger immer noch deutlich besser da als die allermeisten anderen Regionen in Deutsch
land und Europa, aber auch bei uns gibt es dringenden Handlungsbedarf. Es war allen Realisten unter uns immer klar, dass die Infektionszahlen im Herbst wieder ansteigen würden, wenn die Temperaturen sinken und wir wieder mehr drinnen sind.
Die Zahlen steigen aber viel zu schnell an und sind zu früh zu hoch. Es geht mittlerweile leider wieder darum, ob die Krankenhauskapazität, vor allem die Anzahl der Intensivbetten, auch in einigen Wochen noch ausreichen werden, ob wir katastrophale Zustände verhindern können, wie wir sie in einigen Ländern sehen mussten: in Italien, in Frankreich, jetzt beispielsweise auch in Belgien. Das wollen wir unbedingt verhindern. Wir sollten auch offen und ehrlich kommunizieren, dass dies jetzt unser Problem ist. Deswegen sollten wir den Bürgerinnen und Bürgern keine Angst machen, aber sehr deutlich über die Lage aufklären und darüber, wie problematisch sich die Lage auswirken könnte.
Auch bei uns steigen die Zahlen von Infizierten erheblich an, und die Einschläge kommen sozusagen spürbar näher. Teilweise merkt man das auch im persönlichen Umfeld. Wir kennen wieder oder erstmals Menschen, die erkrankt sind. Das war im Frühjahr zumindest in Schleswig-Holstein zeitweise nicht der Fall.
Der Altersdurchschnitt der Infizierten steigt, was besonders problematisch ist. Der großen Dynamik beim Infektionsgeschehen müssen wir wirksam begegnen. Wir müssen jetzt dringend auf die Bremse treten. Kollege Koch, ich sehe es ein bisschen anders als Sie. Zumindest bei uns kann man noch nicht davon sprechen - hoffentlich kommt das auch nicht -, dass die Pandemie außer Kontrolle geraten ist. Genau das müssen wir jetzt verhindern. Das ist der entscheidende Punkt.
Entscheidend für das Brechen der Welle ist, dass wir alle die nicht wirklich notwendigen sozialen Kontakte für eine gewisse Zeit wieder deutlich zurückfahren. Das ist schmerzhaft. Wir plädieren seit Monaten für Maßnahmen, die möglichst zielgenau, verhältnismäßig, logisch und rechtssicher sind. Das ist offen gestanden keine einfache Übung, aber das muss die Richtschnur unseres Handelns sein.
Ich kann und will es am heutigen Tage nicht verhehlen: Einen erneuten Lockdown wollten wir unbedingt verhindern.
Ich habe das am Dienstag auch sehr deutlich gesagt: „Einen Lockdown verhindert man nicht, indem man diesen verhängt“, wie es damals bereits einige deutlich vorgeschlagen hatten.
Wir hatten bereits Anfang der Woche Maßnahmen für Schleswig-Holstein beschlossen und verkündet, was der Oppositionsführer kritisiert hat. Damit ist zumindest deutlich geworden, was wir in dieser Phase gemacht hätten, wenn wir nicht bundesweit handeln würden.
Normalerweise freut sich eine Opposition über Transparenz. Sie haben jetzt die zu große Transparenz, die wir teilweise walten lassen, kritisiert. Das kann man machen.
Auf Bundesebene hat man nun einen teilweisen Lockdown verhängt. Unsere Maßnahmen wurden schon als hart wahrgenommen - auch in den eigenen Reihen. Was jetzt kommt, ist noch deutlich härter. Eine bundesweite Abstimmung - um das deutlich zu sagen - halten wir für erforderlich, aber es hätte durchaus andere, differenziertere Möglichkeiten für eine klare bundesweite Aktion gegeben, zum Beispiel mit einem erneuten Stufenmodell, das regionale Unterschiede im Infektionsgeschehen angemessener berücksichtigt und zum Beispiel Hotels und Gaststätten zumindest aktuell im Norden noch verschont hätte.
Ich sage das ganz offen, denn es macht keinen Sinn, dass ich das verhehle. Wir müssen sehen, dass wir in vielen Bereichen - leider nicht in allen - klüger sind, mehr über das Virus, die Virusausbreitung gelernt haben als im Frühjahr.
Viele Gastronomen, viele Hotel- und Pensionsbesitzer haben sich wirklich vorbildlich verhalten, übrigens auch aus eigenem Interesse heraus.
Menschen haben mir gesagt: Ich habe doch kein Interesse daran, dass mein Restaurant, mein Hotel irgendwann als Negativbeispiel in der Zeitung auftaucht. - Beim Beherbergungsverbot wurde teilweise gesagt: „Guck doch einmal nach Timmendorfer Strand“. - Ja, man sollte einmal genauer hinschauen. Es war Personal, das das Virus eingetragen hat. Man hat sehr schnell und besonnen reagiert. Das finde ich wirklich vorbildlich. Das zeigt, dass die
Reaktion funktioniert hat. Das muss man auch einmal deutlich sagen. Das ist kein Negativbeispiel, sondern ein Positivbeispiel.
Alle Experten sagen uns eigentlich, dass die Pandemiebekämpfung trotz der Lichtblicke beispielsweise bei der Entwicklung von Impfstoffen ein Marathonlauf bleiben wird. Deshalb ist ein zweiter Lockdown wirklich hart. Viele Menschen, darunter auch ich, hatten gehofft, dass dies nicht notwendig sein würde. In der dunklen Jahreszeit ist das natürlich auch noch etwas anderes als im Frühjahr, als wir noch Glück mit dem Wetter hatten, als man sich draußen aufhalten konnte.
Besonders wichtig ist uns, dass Schulen und Kitas dieses Mal geöffnet bleiben sollen. Das ist von elementarer Bedeutung für die Kinder und Jugendlichen und natürlich auch ihre Eltern. Die jungen Familien haben im Frühjahr die Hauptlast des Lockdowns getragen. Das sollten wir nicht vergessen.
Auch der Einzelhandel - abseits des Lebensmitteleinzelhandels - soll unter Auflagen geöffnet bleiben. Das finden wir richtig. Wir sollten auch verschiedene Fehler aus dem Frühjahr vermeiden. Das sind vermeintlich kleine Stellen. Das wurde eben teilweise schon angesprochen. Für viele Menschen ist das enorm wichtig.
Ich meine zum Beispiel die Beerdigungen. Ich habe gerade gestern aus meinem Familienkreis erfahren, dass jemand gestorben ist. Eine Beerdigung mit zehn Leuten ist wirklich schwierig, weil Kinder und Enkelkinder nicht dabei sein können. Deswegen sollten wir dort anders reagieren. Wir sollten bei den Geburten anders reagieren, die Väter sollten dabei sein können. Wir sollten auch an die einsamen Menschen im Heim denken. Ich denke, das ist mittlerweile Konsens. Das sollten wir beachten.
Zutiefst verärgert mich die Tatsache, dass die sehr harte bundesweite Reaktion letztlich die Folgen vieler Versäumnisse der letzten Monate ist. Man hat gestern auch eine Chance verpasst. Ich meine die privaten Feierlichkeiten, die Zusammenkünfte und so weiter. Ich muss ganz ehrlich sagen: Viele Bundesländer haben in den letzten Monaten - ich bin froh, dass wir nicht dazugehören -, teilweise bis zuletzt Veranstaltungen und Feiern zugelassen, die
ganz klar als größter Infektionstreiber identifiziert sind.
Tobias Koch und andere haben die Infektionszahlen in den verschiedenen Regionen Deutschland angesprochen. Am Anfang, in den Frühjahrsferien konnte man auf die Ischgl-Heimkehrer, auf die Hamburger verweisen. Das war am Anfang teilweise Glück beziehungsweise ein Stück weit Zufall. Die Entwicklung in den letzten Monaten aber ist - obwohl mancher versucht, den Eindruck zu erwecken - kein Zufall. Das hat ganz klar mit den Dingen zu tun, die wir beschlossen und durchgesetzt haben. Das muss man ganz klar sagen.
Wenn ausgerechnet in Berlin-Mitte mit mehreren 100 Leuten Partys stattfinden, die noch genehmigt waren, wenn ich sehe, dass in Sachsen ein Kulturfestival stattfindet, ohne Mundschutz, dicht an dicht, das einen Monat lang laufen sollte, wenn ich sehe, dass in Stadien um die 10.000 Menschen sind, dann muss ich ganz ehrlich sagen: Da hat man verantwortungslos gehandelt. Dafür habe ich kein Verständnis. Es ist mehr als ärgerlich, dass wir das jetzt ausbaden müssen.
Ich bin auch froh darüber, dass wir in SchleswigHolstein ein wirklich kluges Veranstaltungskonzept entwickelt haben, Matthias Badenhop und Heiner Garg. Ich hoffe, Daniel Günther, dass unser Veranstaltungskonzept für Schleswig-Holstein in den nächsten Monaten eine Blaupause für den Bund insgesamt ist. Man sollte sich vielleicht eine Scheibe davon abschneiden und daraus lernen. Das sage ich, ohne arrogant wirken zu wollen.
Wir haben gestern in der FDP-Fraktion sehr intensiv darüber beraten, wie wir mit diesem bundesweiten Paket umgehen. Wir saßen bei der Ministerpräsidentenkonferenz nicht mit am Tisch. Wir hatten nur kurzzeitig einen Ministerpräsidenten; ich will das nicht wieder hervorholen. Wir haben teils erhebliche inhaltliche und rechtliche Bedenken. Damit sind wir offenkundig nicht allein, nicht nur hier in diesem Haus, sondern auch unter Experten, auch namhaften Virologen, wie wir auch gestern Abend und heute Morgen gehört haben. Das sollte man offen ansprechen.
Wir haben uns letztlich dazu entschieden, das bundesweite Vorgehen mitzutragen - aus Verantwor
tung für unser Land. Das ist der einzige Grund. Ich sage es aber auch ganz deutlich: Das fällt uns alles andere als leicht.
Die Vorbereitung der Ministerpräsidentenkonferenz durch die Bundesregierung war kein Ruhmesblatt, um es freundlich auszudrücken. Ich gehe davon aus und hoffe sehr, dass das, wenn wir das trotz erheblicher Bauchschmerzen aus Verantwortung für unser Land mittragen, bundesweit umgesetzt wird. Ansonsten macht das keinen Sinn, und dann war es das letzte Mal, dass man so eine Aktion gemacht hat. Dann bringt das nämlich nichts.
Ich hoffe sehr, dass man die Rechtssicherheit des bundesweiten touristischen Beherbergungsverbots, das es nun tatsächlich ist, genau geprüft hat.