Protocol of the Session on July 4, 2018

Meine Damen und Herren, diese offene Aussprache zu diesem Thema in einer Aktuellen Stunde steht diesem Landtag zu, und sie steht in mindestens gleichem Maße auch dem betroffenen Kandidaten zu. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Meine Damen und Herren, folgender Hinweis aus meiner Sicht: Unsere Geschäftsordnung sieht aus gutem Grund vor, dass die Vorbereitung der Wahl der Mitglieder des Landesverfassungsgerichts, des höchsten Gerichts, das wir in Schleswig-Holstein haben, vertraulich behandelt wird. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass ich es auch aus der Erfahrung der letzten Legislaturperiode heraus für außerordentlich wichtig hielte, dass diese ja ausdrücklich in der Geschäftsordnung als vertraulich charakterisierten Beratungen alle Gesichtspunkte zu jeder Kandidatin, jedem Kandidaten, jeder möglicher Kandidatin, jedem möglichen Kandidaten umfassen und wir alles, was notwendig ist, wirklich in vertraulicher Sitzung behandeln.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt AfD)

Ansonsten wird es außerordentlich schwierig werden, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für dieses Landesverfassungsgericht zu finden. Das sind die Erfahrungen der letzten und auch dieser Legislaturperiode. - Vielen Dank.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 1 A auf:

Regierungserklärung „Schleswig-Holstein hält Kurs“

Drucksache 19/843

Das Wort hat Herr Ministerpräsident Daniel Günther.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon einmal ein gutes

(Claus Schaffer)

Zeichen, dass dieser Tagesordnungspunkt Tagesordnungspunkt 1 A ist.

(Heiterkeit CDU)

Daher beziehe ich sehr gern zum Tagesordnungspunkt „Schleswig-Holstein hält Kurs“ Stellung.

Wir müssen miteinander feststellen, dass der politische Streit, der im Moment in unserem Land gerade auch auf Bundesebene geführt wird, geschadet hat, für Politikverdrossenheit gesorgt hat. Dem, was in den letzten zwei Wochen dort stattgefunden hat, muss man ein klares Signal der Entschlossenheit entgegensetzen und deutlich machen, dass wir hier in Schleswig-Holstein anders Politik machen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich mache auch keinen Hehl daraus, dass mich diese ganze Debatte erheblich überrascht hat. Ich hätte geglaubt, dass wir nach dem G-7-Gipfel, nach diesen Diskussionen, die wir mit Herrn Trump, mit den USA, gehabt haben, eine Diskussion darüber bekommen, wie wir dem eigentlich etwas entgegensetzen wollen. Die Antwort hierauf wäre doch sofort gewesen: Wir brauchen mehr Europa! Denn uns ist doch allen miteinander klar, gerade wir in der Mitte Europas wissen doch, in welche Irren uns gerade in dieser Situation ein Sichzurückziehen auf den Nationalstaat, dieser nationale Weg, geführt hat.

Vielmehr brauchen wir Antworten auf die bestehenden Herausforderungen. Die Themen liegen ja auf der Straße. Migration ist ein wichtiges Thema, ebenso der Klimaschutz. Wie erhalten wir unseren Lebensstandard? Das werden wir doch nicht erreichen, wenn wir uns nur auf 82 Millionen Deutsche oder auf 13 Millionen Bayern oder auf drei Millionen Schleswig-Holsteiner konzentrieren. Nein, das werden wir nur hinbekommen, wenn wir in Europa zusammenarbeiten. Deswegen müssen wir Ja zu Europa und im Übrigen auch Ja zu multilateralen Wegen auf unserer Welt sagen. Wir stehen als Landesregierung in ganz klarer Geschlossenheit zu Europa, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Was ist das für ein Irrsinn, wenn Politikerinnen und Politiker in unserem Land davon reden, unser Rechtsstaat funktioniere nicht und man müsse sozusagen dafür sorgen, dass wieder Ordnung in unserem Land herrsche? Wer so redet, macht ein Konjunkturprogramm für Populisten und nichts anderes. Dem müssen wir uns entgegenstellen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Deswegen sage ich sehr klar: Wir halten Kurs. Schleswig-Holstein bleibt weltoffen, SchleswigHolstein bleibt tolerant. Wir helfen Menschen in Not. Ich sage sehr klar: Jedes einzelne Mitglied dieser Landesregierung wird nicht nur im Bundesrat, auf Ministerkonferenzen, auf Ministerpräsidentenkonferenzen dafür einstehen, dass auch Deutschland genau diesen Kurs fährt. Wir werden überall, wo wir politische Verantwortung tragen, dafür werben, dass wir genau diesen europäischen Weg weitergehen. Dafür können Sie uns auch persönlich in die Verantwortung nehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Wir reden überhaupt nicht klein, dass es Probleme gibt, dass wir Defizite abbauen müssen und dass wir auch dazu kommen müssen, dass, wer unser Gastrecht missbraucht, unser Land verlassen muss.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Mich hat übrigens niemals jemand darauf angesprochen, dass es ihm besonders wichtig sei zu klären, wie wir im Umgang an den Grenzen weiter vorankommen. Aber ich glaube schon, dass sich viele Menschen damit auseinandersetzen und nicht verstehen können, dass wir es nicht hinbekommen, die Menschen, die hier in unserem Land sind, aber sich nicht an unsere Gesetze halten, trotz alledem dennoch Leistungen bekommen, in ihre Heimatländer zurückzuführen. Ja, das sind Probleme, die wir lösen müssen, um die sie sich Gedanken machen.

(Beifall CDU und FDP)

Natürlich verstehen auch viele Menschen nicht, dass wir Dublin III nicht umgesetzt bekommen, dass es für uns nicht einmal möglich ist, vernünftig nach Dänemark zurückzuführen. Das sind Probleme, die wir lösen müssen. Aber das macht man ja alles nicht besser, indem man diese Probleme noch dramatisiert. Meine feste Überzeugung ist: Würde man diese Probleme nicht hochheben, hätten wir uns in den letzten zwei Wochen einfach darauf konzentriert, Lösungen zu finden und nicht nur Diskussionen zu führen, dann hätten wir zu diesen Themen auch eine bessere Stimmungslage in unserem Land.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt SPD)

(Ministerpräsident Daniel Günther)

Ich sage sehr klar: In erster Linie stehen wir zu unserer Flüchtlingspolitik, die wir jetzt seit vielen Jahre in Schleswig-Holstein machen. Wir kümmern uns um die Themen, die wirklich wichtig sind, beispielsweise um die Integration in den Arbeitsmarkt. Was ist das für ein Irrsinn, dass wir in unserem Land Menschen abschieben wollen, die in Schleswig-Holstein eine Ausbildung zum Altenpfleger machen? Wir reden über Pflegemangel und schieben diese Menschen ab, weil die auf Bundesebene nicht in der Lange sind, vernünftige Zuwanderungsregeln zu machen. Darum sollten die in Berlin sich kümmern. Das wäre für uns in Schleswig-Holstein hilfreich.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Natürlich helfen wir, wenn Not am Mann ist. Als die „Lifeline“ SOS gefunkt hat, haben wir natürlich gesagt, dass auch wir in Schleswig-Holstein bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Wie sollen wir denn Solidarität von anderen europäischen Ländern einfordern, wenn wir uns in solchen Notlagen wegducken? Ich bin stolz darauf, dass diesem Beispiel dann vier weitere Länder gefolgt sind, dass wir acht Länder in der Europäischen Union gefunden haben, die in einer solchen Situation nicht weggeschaut haben. Dass wir hier Haltung zeigen, ist doch etwas, was unser Land stolz macht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Dieses ganze Gerede, es funktioniere in der Praxis nicht, hat mich in den letzten zwei Wochen wirklich genervt, weil es für das, was wir im Moment an Herausforderungen haben, überhaupt nicht stimmt. Ich kann nur sagen: In Schleswig-Holstein funktioniert das alles mit den Erstaufnahmeeinrichtungen und der Identitätsfeststellung und Registrierung direkt nach der Ankunft in den Aufnahmeeinrichtungen. Wir haben es mittlerweile mit dem Bund hinbekommen, dass er uns bei der Passersatzbeschaffung stärker unterstützt. Asylverfahren führt das BAMF direkt in den Aufnahmeeinrichtungen durch und arbeitet dort Hand in Hand mit dem Landesamt für Ausländerangelegenheiten, den Ausländerbehörden der Kreise, der Bundesagentur für Arbeit, dem polizeiärztlichen Dienst und den sozialen Einrichtungen und Schulen.

Was in Berlin immer groß diskutiert wird, machen wir in Schleswig-Holstein längst! Warum sagen wir den Menschen nicht, dass wir hier auf einem erfolg

reichen Weg sind? Warum tun wir so, als sei alles ungelöst?

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Wir setzen unseren Kurs in allen Bereichen fort. Unsere Zusammenarbeit mit Dänemark ist uns wichtig. Ich werde dem dänischen Ministerpräsidenten immer wieder deutlich sagen: Ich möchte, dass die Grenzkontrollen irgendwann wieder aufgehoben werden.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich habe ihm das vor drei Wochen in Flensburg gesagt. Ich möchte nicht, dass mein nächster Besuch mit den Worten begonnen werden muss: Es tut mir leid, wir sind jetzt auch in Deutschland wieder so weit, dass wir in Richtung Dänemark Grenzkontrollen machen wollen. - Nein, wir wollen offene Grenzen. Wir sind doch miteinander stolz gewesen, dass wir das in Europa erreicht haben und die Schlagbäume eingerissen wurden. Das ist eine Errungenschaft. Deswegen müssen wir gemeinsam dafür einstehen, dass wir weiter offene Grenzen in Europa haben.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Zuruf Volker Schnurrbusch [AfD])

Es ist für mich im Übrigen überhaupt kein Gegensatz, dass man mit der gleichen klaren Ansage wie zur Liberalität auch sagt: Wir wollen, dass die Menschen in unserem Land sicher leben können. Das ist ein Grundbedürfnis aller Menschen. Deswegen kümmern wir uns darum, aber in der Sache: indem wir mehr Polizisten in unserem Land haben, indem wir uns nicht weiter angucken, dass gerichtliche Verfahren lange dauern, sondern neue Stellen an den Verwaltungsgerichten schaffen. Wir tun es, indem wir die Probleme lösen.

Populisten macht man klein, indem man nicht lange redet und Probleme hochredet, sondern indem man sie löst. Diesen Weg werden wir konsequent fortsetzen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Im Übrigen verschließen wir nicht die Augen davor, dass es weit wichtigere Probleme gibt. Das ärgert mich: Wir sind auf diese Debatte fokussiert und merken überhaupt nicht, dass die Menschen in unserem Land ganz andere Probleme haben. Deswegen ist es richtig, dass wir hier in Ruhe und ein

(Ministerpräsident Daniel Günther)

Stück weit in Gelassenheit diese Probleme zu lösen versuchen. Wir haben zum Beispiel gestern eine Kabinettssitzung durchgeführt und in Ruhe und Bescheidenheit große Projekte auf den Weg gebracht. Wir haben uns dabei nicht zerlegt, sondern sachlich miteinander diskutiert.

Selbstverständlich wird in diesem Parlament miteinander über den derzeitigen Weg diskutiert. Das gehört zur Demokratie dazu.

(Zuruf SPD)