Wenn wir uns hier nicht schützend vor die Unabhängigkeit der Justiz stellen, dann bedeutet dies in der Konsequenz den Einstieg in den Gesinnungsstaat. Nochmals: Die Freiheit der Wissenschaft und Lehre und die Unabhängigkeit der Justiz gehören zu den Eckpfeilern unserer Demokratie. Aus diesem Grund fordern wir den Abgeordneten Rasmus Andresen hiermit auf, von seinem Amt als Vizepräsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages zurückzutreten. Herr Andresen hat sich durch seine öffentlichen Äußerungen als ungeeignet erwiesen, dieses Amt auszuüben. Ein Verbleib in diesem Amt würde diesem Hohen Haus und der Unabhängigkeit der Justiz schweren Schaden zufügen. Das kann niemand wollen. Das will die AfD nicht. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach § 32 der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages ist es das Recht einer jeden Fraktion beziehungsweise von mindestens fünf Abgeordneten, eine Aktuelle Stunde zu beantragen. Diese Voraussetzungen erfüllt der Antrag der AfD-Fraktion in beiderlei Hinsicht. Insofern ist es eine parlamentarische Selbstverständlichkeit, dass wir diesen Antrag hier heute im Plenum beraten. Gleichwohl möchte ich sagen, dass ich es höchst problematisch finde, wenn auf dem Wege einer Aktuellen Stunde eine Personaldiskussion hier ins Plenum gezogen wird, die so nicht vorgesehen ist.
Der Landtagspräsident hat auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen der entsprechenden Paragrafen des Landesverfassungsgerichtsgesetzes bereits hingewiesen. Auch in der Geschäftsordnung des Landtages, die die rechtliche Basis für diesen Antrag zur Aktuellen Stunde darstellt, ist es eindeutig rechtlich geregelt. § 11 a der Geschäftsordnung sieht vor, dass die Beratungen des Ausschusses zur Vorbereitung der Wahl der Mitglieder des Landesverfassungsgerichtes nicht öffentlich erfolgen und dass diese Beratungen vertraulich sind.
der Sache selbst heute in dieser Form nicht öffentlich äußern und selbstverständlich diese Vertraulichkeit auch wahren. Für die Vertraulichkeit gibt es nämlich einen guten Grund. Wie bei allen Personalangelegenheiten dient sie dazu, die betroffenen Bewerberinnen und Bewerber zu schützen. Das gilt insbesondere für unser Landesverfassungsgericht. Die Richterinnen und Richter am Verfassungsgericht üben diese Tätigkeit nämlich ehrenamtlich aus. Wer sich ehrenamtlich bereit erklärt, für eine solche Tätigkeit zur Verfügung zu stehen, der muss darauf vertrauen können, dass sein Name nicht bereits im Laufe eines Auswahlverfahrens publik wird. Das ändert sich von dem Zeitpunkt an, wo der Ausschuss eine Empfehlung an das Parlament zur Wahl einer bestimmten Person ausgesprochen hat. Ab diesem Zeitpunkt ist dem betroffenen Bewerber absolut klar, dass seine Person im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht.
Bis dahin aber, bis es also ein Votum des Ausschusses zu einer Person und deren Eignung gibt, kann und darf den Bewerbern dadurch kein Schaden und kein Nachteil entstehen, dass eine öffentliche Auseinandersetzung über ihre Person und über ihre Qualität erfolgt.
Es muss einen geschützten Raum geben, innerhalb dessen es möglich ist, Namen zu diskutieren, die Qualifikation der potenziellen Bewerber zu erörtern und im Zweifelsfall auch eine Kandidatur abzulehnen, ohne dass dadurch die betroffene Person anschließend öffentlich beschädigt wird.
Was nun die Äußerungen des Kollegen Andresen in der Öffentlichkeit anbelangt - darüber sprechen wir ja heute in der Aktuellen Stunde -, so habe ich keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Vertraulichkeit durch den Kollegen Andresen verletzt worden ist. Das ergibt sich zunächst vor allem daraus, dass der Kollege Andresen selbst gar nicht Mitglied im Ausschuss für die Vorbereitung der Wahl der Mitglie
der des Landesverfassungsgerichtes ist. Ich habe die Äußerungen im Übrigen so wahrgenommen, dass sie auf explizite Nachfrage eines Journalisten gegeben wurden beziehungsweise im Nachgang zu einer Presseberichterstattung. Auch das spricht aus meiner Sicht dagegen, dass hier eine Verletzung der Vertraulichkeit durch den Abgeordneten Andresen erfolgt ist.
Allerdings möchte ich auch sagen, dass der Versuch, den zugrunde liegenden Sachverhalt öffentlich zu erklären, insofern dann doch wiederum problematisch ist, wenn in dieser Darstellung des Kollegen Andresen wiederum Fehler enthalten sind, die aufgrund der Vertraulichkeit öffentlich nur ganz schwer - im Grunde gar nicht - korrigiert und klargestellt werden können. Deswegen muss ich an der Stelle sagen: Es wäre besser gewesen, auf diese Äußerungen öffentlich gänzlich zu verzichten.
Ich möchte insofern an alle Kolleginnen und Kollegen appellieren, sich bei diesen sensiblen Personalangelegenheiten ein gehöriges Maß an Zurückhaltung aufzuerlegen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gehört immer zu den sprachlich interessanteren Momenten in diesem Haus, wenn Sachverhalte schon längst in der Zeitung stehen und öffentlich bekannt sind und wir hier stehen und sagen, wir dürften darüber aber nicht reden. Wir vermeiden es deshalb, Namen zu nennen und dergleichen und jeder weiß, um was es geht, weil alles bereits in der Zeitung stand.
Auch ich bin nicht Mitglied in diesem Richterwahlausschuss. Deswegen kann ich hier unbefangen sprechen. Dafür möchte ich mir auch ein paar Minuten Zeit nehmen.
Das Landesverfassungsgericht ist allen übrigen Verfassungsorganen des Landes gegenüber unabhängig. Seine Entscheidungen haben bindende Wirkung für alle Verfassungsorgane und für alle Gerichte in Schleswig-Holstein. Das Landesverfassungsgericht ist auch zuständig für die Auslegung unserer Verfassung. Und wir haben eine gute Landesverfassung, meine Damen und Herren. Wir ha
ben diese Verfassung in der letzten Legislaturperiode mit aus meiner Sicht gutem Ergebnis novelliert.
Die Frage, wie eine solche Verfassung ausgelegt wird, ist elementar für das Klima eines Landes und deshalb sind die Bedeutung der Landesverfassung und der Besetzung eines Landesverfassungsgerichtes gar nicht zu unterschätzen.
Mitglied im Landesverfassungsgericht kann sein, wer die Befähigung zum Richteramt mitbringt, wer das 40. Lebensjahr vollendet hat und wer die Wählbarkeit zum Deutschen Bundestag besitzt. Das sind die formalen Voraussetzungen.
Dann haben wir aber auch festgelegt, dass Mitglieder des Verfassungsgerichtes mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden müssen. Das ist aus meiner Sicht ein Hinweis auf weitere Voraussetzungen, die ich einmal unter dem Stichwort „mehrheitsfähig“ subsumieren möchte.
Die Vorschläge - Kollege Koch hat es erläutert sind aus gutem Grund nicht öffentlich. Es müssen Bewerberinnen und Bewerber gefunden werden. Die alleinige Frage, ob jemand bereit ist, darf nicht zu öffentlichen Diskussionen führen. Es muss auch die Möglichkeit bestehen, Bewerberinnen und Bewerber, die von der einen Fraktion für geeignet gehalten werden, zu befragen, und andere Fraktionen müssen zu dem Schluss kommen können: „Den Bewerber halten wir nicht für geeignet.“ Es ist schließlich ein Vorschlagsrecht, über das wir hier reden, und kein Benennungsrecht.
Insofern: Ja, über Bewerberinnen und Bewerber ist nicht öffentlich zu diskutieren. Aber politische Kontroversen müssen aus meiner Sicht öffentlich geführt werden. Ich glaube, hier liegt dem Ganzen eine politische Kontroverse zugrunde.
In der letzten Legislaturperiode hat der Landtag einen Aktionsplan gegen Homophobie beschlossen. Nicht alle Bestandteile dieses Aktionsplans haben allen Mitgliedern des letzten Landtages gefallen und nicht alle Bestandteile gefallen - wahrscheinlich, möglicherweise oder auch vermutlich - allen Mitgliedern dieses Landtages.
In der letzten Legislaturperiode waren es zum Beispiel der Abgeordnete Dornquast und seine CDUFraktion, die mehrfach Schulmaterialien kritisiert haben, die im Bildungsausschuss entwickelt worden sind. Die Abgeordnete Klahn und die FDP haben sie mit kritisiert, und Hinweise auf die zu kritisierenden Unterrichtsmaterialien, die ja auch aus
guten Gründen niemals im Unterricht eingesetzt worden sind, kamen damals vom Verein „echte Toleranz“.
Frau Klahn hat später der „taz“ gegenüber geäußert, dass diese Hinweise zwar zunächst vom Verein kamen, dass sich der Verein aber zunehmend befremdlich benommen habe und man die Kontakte irgendwann abgebrochen habe.
Heute sind dieser Verein und seine Anliegen bei der AfD gelandet. Der Initiator des Vereins ist Pressesprecher der AfD. Die AfD hat das Rechtsgutachten, über das wir nach meiner Erinnerung übrigens in der Tat in der letzten Legislaturperiode auch schon im Bildungsausschuss gesprochen haben, in den Bildungsausschuss eingebracht. Man kann das im Protokoll vom Februar 2018 nachlesen. Da geht es um die Frage, ob Akzeptanz von Homosexualität zulässig ist. Ich kriege Gänsehaut, wenn ich dieses Gutachten nur lese. Deswegen finde ich es gar nicht schlimm, dass man sich damit nicht ausführlich befasst.
Was ich aber sagen muss, ist dieses: Den Mitgliedern des Bildungsausschusses ist dieses Gutachten bekannt und der Name des Autors war kein Geheimnis.
Jetzt komme ich zurück auf die Bedeutung des Landesverfassungsgerichtes und auf die Verantwortung bei der Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten. Diese müssen mehrheitsfähig sein, und Einstellungen zu Menschenwürde, zu Grundrechten, zur Gleichstellung, zur Akzeptanz von Minderheiten müssen hinterfragt werden können.
Die SPD hat den in Rede stehenden Vorschlag nicht unterschrieben, und wir hätten bei einer Befragung im Richterwahlausschuss viele Fragen gehabt. Diese Befragung hat allerdings nie stattgefunden.
Wenn nun der Bericht der „Lübecker Nachrichten“ vom 30. Juni 2018 stimmt, dann haben sich CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW auf einen Vorschlag verständigt, offenbar ohne zunächst die nötige Sorgfalt bei der Auswahl an den Tag zu legen. Oder sie vertrauten auf die Anhörung, die noch kommt, in der man ja noch mögliche Fehler hätte vermeiden können.
Ich muss aber fragen: Wenn so jemand vorgeschlagen werden würde, passiert das dann in Unwissenheit über dessen Position, passiert das trotz dieser Position oder passiert das möglicherweise sogar
wegen dieser Position? Alle drei Erklärungsmöglichkeiten sind denkbar. Vielleicht gibt es für die drei Koalitionspartner auch jeweils unterschiedliche Erklärungsansätze für diese Fragen.
Erstens. Wir könnten einen solchen Kandidaten nicht mittragen. Wir werden auch weiterhin nicht die Katze im Sack kaufen und unsere Oppositionsarbeit kritisch fortsetzen, auch wenn das von Ihnen manchmal kritisiert werden wird.
Zweitens - besonders wichtig -: Reputation und Ehre des vermeintlichen Kandidaten sind aus unserer Sicht nicht beschädigt durch etwaige Äußerungen des Abgeordneten Andresen, sondern Reputation und Ehre des Kandidaten werden beschädigt durch die Wahl seiner Auftraggeber und durch die Veranstaltung, an der er teilgenommen hat. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.