Protocol of the Session on April 26, 2012

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür brauchen wir ein breites Bündel an Maßnahmen. Wir brauchen einen Ausbau der Ausbildungskapazitäten genauso wie die Aufwertung der Ausbildungsgänge. Dazu gehört auch, dass die Bundesagentur im Rahmen der Umschulungen die ganze Ausbildung finanziert.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit der Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres muss anerkannt werden, dass nicht jeder Ausbildungsgang verkürzt werden kann. Betriebe, die Fachkräfte benötigen und mit diesem Fachpersonal Gewinne erwirtschaften wollen, müssen an den Kosten der Ausbildung beteiligt werden. Wir unter

stützen also die Forderung nach einer Ausbildungsumlage in der Altenpflege.

(Beifall bei der LINKEN)

Die beiden vorliegenden Anträge von Grünen und SPD beschreiben richtige und notwendige Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege. Der einzige Punkt: Bei der Einrichtung einer Pflegekammer tun wir uns ein bisschen schwer. Da müssen wir noch diskutieren, auch mit den Menschen vor Ort und mit den Pflegekräften, inwieweit das sinnvoll ist. Trotzdem werden wir den beiden Anträgen zustimmen.

Ich hoffe, dass sich nach dem 6. Mai die Situation in der Pflege immens verbessert und dort die notwendigen Schritte entwickelt werden.

(Beifall bei der LINKEN, SSW und verein- zelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion des SSW hat Herr Abgeordneter Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon heute sind in Deutschland weit über eine Million Menschen an Demenz erkrankt. Ihre Pflege und Betreuung kostet viele Angehörige enorm viel Zeit und Kraft. Wenn ich mit Menschen über dieses Thema spreche, stelle ich immer eins fest: Fast jeder ist schon auf die eine oder andere Art mit der Alterskrankheit in Berührung gekommen. Auf die Frage, wie es in der Zukunft aussieht und ob man für den Fall einer Erkrankung im näheren Umfeld mit genügend Unterstützung rechnet, antworten die meisten mit Nein. Wenn man dazu noch den insgesamt rasant steigenden Pflegebedarf sieht, kann man sich aus Sicht des SSW nur große Sorgen machen. Für uns ist klar, dass hier dringend mehr getan werden muss. Die Politik muss Lösungen aufzeigen und den Menschen das Gefühl geben, mit dieser Herausforderung nicht allein zu sein.

(Beifall bei SSW, der LINKEN und des Ab- geordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Auch wenn Schleswig-Holstein vom demografischen Wandel weniger hart betroffen sein wird als andere Länder, wird auch hier in den nächsten Jahren der Anteil Demenzkranker an der Bevölkerung stark ansteigen. Was liegt also näher, als in einem ersten Schritt regional differenziert zu ermitteln,

(Antje Jansen)

wie hoch der Bedarf an Pflegeleistungen denn eigentlich sein wird. Warum soll nicht konkret geplant werden, wie dieser Bedarf gedeckt werden kann? Warum soll die Gesellschaft nicht besser über Demenz informiert und bestimmte Gruppen geschult werden? Was spricht dagegen, die verschiedenen und zum Teil bereits vorhandenen Lösungsansätze in einem Gesamtplan zu vereinen?

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch wenn ich mich hier wiederhole: Wir sind an einem Punkt, an dem es nicht mehr reicht, auf die einzelnen Probleme in der Demenzbetreuung zu schauen. Was wir brauchen, um dieser wachsenden Herausforderung zu begegnen, ist ein Gesamtkonzept. Das Ziel muss dabei die Verbesserung der Lebensqualität von Demenzkranken und ihren Angehörigen sein.

(Beifall bei SSW, der LINKEN und verein- zelt bei der SPD)

Vor dem Hintergrund der zukünftigen Herausforderungen kann meine Fraktion beim besten Willen nicht nachvollziehen, warum sich CDU und FDP gegen einen Demenzplan sperren. Ein konkreter Plan, wie wir für die zunehmende Zahl von Demenzkranken eine menschenwürdige Versorgung sichern, ist dringend notwendig. Die von uns angeführten Punkte sind dabei völlig logisch und letztlich mit weit weniger Kosten verbunden als die Strategie, sich erst dann mit dem Problem zu beschäftigen, wenn es wirklich akut ist.

Dass die regierungstragenden Fraktionen selbst nach der sehr ergiebigen und aufschlussreichen Stellungnahmen aus der Anhörung zu diesem Thema nicht zustimmen können, verwundert uns doch sehr. Egal ob wir uns die Stellungnahme des DGB, der Alzheimer-Gesellschaft oder der Landesverbände der Pflegekassen anschauen: Alle halten die bestehenden Versorgungsstrukturen für nicht ausreichend. Fast alle halten einen Demenzplan für einen wichtigen und notwendigen Schritt auf dem Weg zu einer besseren Versorgung. Kaum ein Verband oder Verein zweifelt daran, dass ein solcher Plan dazu beitragen kann, die Lebenssituation von Demenzkranken und ihrer Angehörigen zu verbessern.

Diese recht eindeutigen Ergebnisse aus der Anhörung sollten doch eigentlich zu denken geben. Ich will bei dieser Gelegenheit nur noch einmal daran erinnern, dass wir hier keine Zeit mehr zu verlieren haben.

Unabhängig davon, wann sich hier im Haus endlich die Erkenntnis durchsetzt, dass wir in Sachen Pflege und Demenz mehr tun müssen, ist aus Sicht des SSW eins besonders wichtig: Wir müssen bei unseren Bemühungen vor allem auf eine bessere Vorbeugung und verbesserte Vorsorgeangebote für potenzielle Demenzkranke setzen. Investitionen im präventiven Bereich sind zentral. So sorgen wir dafür, dass die Zahl der Erkrankten und die Dauer der Erkrankungen verringert werden. Ich muss darauf hinweisen, dass es rein ökonomisch Sinn macht, hierfür Geld auszugeben. Vorsorgemaßnahmen können den Ausbruch von Demenz um zehn bis 15 Jahre verschieben.

Übergeordnet ist und bleibt eins völlig klar: Um eine menschenwürdige Pflege zu erhalten, brauchen wir insgesamt verbesserte Rahmenbedingungen in diesem Bereich. Mit Blick auf die Versorgung Demenzkranker kommen wir über kurz oder lang nicht an einem koordinierten Vorgehen und an einem schlüssigen Gesamtkonzept vorbei. Hierfür werden wir uns auch in Zukunft verwenden.

Liebe Kollegin Bohn und verehrte Frau Pauls, ich habe jetzt hauptsächlich zum Demenzplan gesprochen. Das liegt daran, dass das unser Antrag war. Er lag mir sehr am Herzen. Das bedeutet nicht, dass ich Ihre beiden Anträge nicht voll und ganz unterstützen kann. Ich habe mich jetzt aber auf dieses Thema konzentriert.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat die Frau Abgeordnete Ursula Sassen aus der CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was ich eingangs gesagt habe, ist nach diesen Reden auch mein Resümee. Man kann Debatten aus Sicht der CDU und FDP führen; von Ihnen kommen immer die gleichen Gegenreden. Gesagt wird das, was wir schon ausgetauscht haben. Wer das zum ersten Mal hört und oben auf der Tribüne sitzt, wird das vielleicht richtig finden. Aber die Dinge, die positiv in Gang gebracht wurden, werden von Ihnen überhaupt nicht berücksichtigt.

Wegen der Kritik von Frau Pauls an dem Gesundheitsrat, an der Veranstaltung mit Professor Beske

(Flemming Meyer)

möchte ich Folgendes richtigstellen: Die Einrichtung eines Gesundheitsrates mit einer Bedarfsermittlung an Gesundheitsversorgung und Pflege stand im Wahlprogramm der CDU. Angesichts der Kostensituation haben wir immer wieder versucht, an den Minister heranzutreten, obwohl es im Koalitionsvertrag nicht vereinbart war, um einen solchen Gesundheitsrat einzurichten. Wir lagen mit dem, was wir wollten und was Dr. Garg dann auch umgesetzt hat, genau im Trend. Das zeigt das GKVStrukturversorgungsgesetz, das mit § 90 a den Ländern die Möglichkeit gibt, ein Gemeinsames Gremium einzuräumen. Im Grunde ist das, was wir gemacht haben, nichts anderes.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Wir haben erkannt, dass wir die Dinge von der Basis her, mit den Fachleuten auf den Weg bringen müssen. Das ist geschehen. Es hat sich kostengünstig eine Möglichkeit zu diesem Zeitpunkt ergeben. Dieser hatte nichts mit dem vorstehenden Wahltermin zu tun. Das müssen Sie mir glauben. Das war mir eine Herzensangelegenheit. Es hat einfach damit zu tun, den tatsächlichen, regionalen Bedarf der in unserem Land tätigen Gesundheitsakteure zu ermitteln. Dazu wurden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet.

Sie fordern in Ihren Anträgen eine Verbesserung der Akzeptanz der Situation der Pflegekräfte. Das alles ist zusammengetragen worden und wird nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag in der Schublade versinken und nicht rausgeholt werden. Ich werde meine Fraktion, auch wenn ich nicht mehr dabei sein sollte, animieren, diesen Weg weiterzugehen, weil ich ihn für den richtigen halte.

Frau Abgeordnete Sassen, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Pauls zu?

Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Kollegin Sassen, Sie vermischen Äpfel und Birnen. Das eine ist das Gesetz, das Sie morgen in einer Kurzfristigkeit noch durchpeitschen wollen, und das andere ist die Projektgruppe. Finden Sie es richtig, dass in der Arbeitsgruppe nach diesem Gesetz Patientenvertre

terinnen und -vertreter und Fachverbände aus der Pflege nicht beteiligt sind?

Das kommt noch.

(Birte Pauls [SPD]: Ach das kommt noch?)

- Das werde ich Ihnen auch gern erklären. Es war ein Anliegen sowohl des Koalitionspartners als auch des Ministers, in dieses Gemeinsame Gremium die Pflege einzubeziehen. Es ist aber so, dass es sich um ein rein medizinisches GKV-Versorgungsgesetz handelt und die Pflege - das ist vorgegeben nur als Sachverstand hinzugezogen werden kann. Dafür werden wir uns einsetzen.

(Unruhe)

Frau Abgeordnete Sassen, lassen Sie eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Pauls zu?

Zugleich gebe ich den Hinweis, dass Frau Sassen jetzt Frau Abgeordnete Pauls - das Wort hat und bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit.

Frau Abgeordnete Pauls, bitte.

Frau Kollegin Sassen, ich habe Sie, Ihre Partei und den Gesundheitsminister die ganze Zeit so verstanden, dass sektorenübergreifende Überlegungen ein großer Ansatz in diesem neuen Gesetz und der Arbeitsgruppe sein sollen. Deshalb ist es mir umso unverständlicher, dass die Pflege, die einen großen Teil ausmachen wird, nicht beteiligt ist. Können Sie mir das erklären?

Wo meinen Sie jetzt? Meinen Sie in dem Gemeinsamen Landesgremium? Das habe ich gerade erklärt. Es ist nicht möglich, in dieses Gemeinsame Landesgremium - der Minister mag mich korrigieren - die Pflege einzubeziehen. Es ist nur möglich, sie als Sachverstand hinzuziehen, weil das GKVVersorgungsstrukturgesetz anders angelegt ist. So habe ich das verstanden.

(Ursula Sassen)

Sie können sich nachher noch melden. Ich möchte jetzt noch meinen Beitrag zu Ende bringen.

(Birte Pauls [SPD]: Sie haben das doch sel- ber gegründet!)