Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die meisten im Haus wissen, dass ich ein sehr leidenschaftlicher Parteipolitiker bin. Aber ich finde, dass sich dieses Thema - ich habe das schon häufiger gesagt - für parteipolitische Feldgewinne in gar keiner Weise eignet.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW sowie des Ab- geordneten Mark-Oliver Potzahr [CDU])
Ich glaube persönlich: Wenn wir über den Umgang mit Nazis streiten, profitieren davon nur die Nazis. Deswegen bin ich strikt dagegen.
Ich habe in den letzten Jahren immer an den Gegendemonstrationen in Lübeck teilgenommen und dort auch immer gesprochen, auch wenn dort Demonstrationsteilnehmer dabei waren, die teilweise Dinge wollen, die nicht in meinem Interesse liegen oder die wir anders sehen. Aber es ist wichtig das gilt für die Kirchen und die Verbände -, dass man deutlich macht, dass wir für Demokratie, für Toleranz und Menschenrechte eintreten und diesen braunen Terror nicht wollen.
Mit Blick auf das, was der Kollege Kalinka über die Polizei gesagt hat, will ich sagen: Mir ist immer wichtig zu sagen, die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten schützen das Recht und nicht die Rechten. Das ist ein großer Unterschied. Darin verdienen sie unsere Unterstützung.
Wenn wir die Debatte hier führen, will ich auch sagen - das ist der Teil, über den man in der Tat reden muss - und mich sehr zurückhaltend ausdrücken: Wir müssen wirklich alles unterlassen, alles, jeder in seiner Verantwortung, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Nazis Propagandaerfolge durch Gerichtsgewinne erzielen können. Das müssen wir
Was die Linkspartei angeht, will ich etwas ganz anderes sagen. In den letzten Tagen gab es eine Debatte darüber, ob die Linkspartei beobachtet werden soll wie die Rechten. Ich finde das Quatsch. Die Linkspartei ist alles Mögliche, sie ist strukturkonservativ, sie ist intellektuell teilweise schwer erträglich, aber sie ist nicht gefährlich, und sie sollte nicht beobachtet werden, sondern beobachten sollten wir die Rechten. Die Gefahr in Deutschland kommt von Rechts.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass der Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, der ein großes Interesse daran hat, dass die Lübeckerinnen und Lübecker deutlich machen, wofür diese Stadt steht, nämlich für Toleranz und gegen Menschenfeindlichkeit und gegen Nazis, alles, was in seinen Möglichkeiten steht, tut, dass die rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Nebenbei bemerkt: Er ist auch immer selbst dabei, wenn wir dort demonstrieren. Das will ich hier feststellen.
Mein letzter Satz: Was immer wir in den Bereichen tun, ob es um Demonstrationen, Demonstrationsverbote, Verbotsverfahren und anderes geht, der entscheidende Punkt ist nicht das, sondern entscheidend ist, dass wir das gemeinsam verändern, was in den wirren Köpfen drin ist, was sich dort verdichtet zu Menschenfeindlichkeit, zu Dingen, die in Deutschland vor dem Hintergrund unserer Geschichte besonders schlimm sind. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung, durch zivilgesellschaftliches Engagement dafür zu werben, dass sich dies ändert.
Jeder Punkt an Übereinstimmung in diesem Haus hilft dabei. Kleinkarierte Parteipolitik hilft überhaupt nicht. Lassen Sie uns diese Werte gemeinsam immer wieder deutlich machen! Das ist ein starkes Zeichen von diesem Parlament gegen Rechts. Wir wollen gemeinsam gegen Rechts etwas tun, wir müssen etwas dagegen tun, denn der rechte Terror ist erschreckend geworden. Wir wollen, dass das aus Deutschland wieder vertrieben wird.
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte - was bei mir ungewöhnlich ist - dem Kollegen Dr. Stegner für seinen Beitrag ausdrücklich danken, weil ich glaube, dass wir bei aller gleichgerichteten politischen Überzeugung, die wir im Hinblick auf den Kampf gegen Rechts haben, dokumentieren müssen, dass sich der Rechtsstaat im Kampf gegen die, die ihn bekämpfen, wehren muss und nicht infrage gestellt werden darf.
Ein Teil der Debatte, die wir gerade führen, erweckt außerhalb dieses Hauses den Eindruck, als könnte durch Beschlusslage von politischen Gremien ein Grundrecht in die eine oder andere Richtung gebogen werden. Auch die Verwaltung ist an Recht und Gesetz und die Rechtsprechung gebunden. Man kann nicht so tun, als würde man Hopplahopp mal ein Verbot aussprechen, und dann sollen die Gerichte entscheiden, die im Zweifel dann Schuld haben. Das hinterlässt einen sehr merkwürdigen Eindruck; den sollten wir in der Öffentlichkeit nicht weiter entstehen lassen.
Herr Kollege Kalinka, das ist völlig unabhängig von der Frage des politischen Wollens, das ist eine Frage der rechtlichen Möglichkeiten. Das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit sind fundamentale Säulen einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, wie es das Verfassungsgericht immer wieder sagt. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, eine Demonstration zu verbieten: Das Erste ist Überforderung der Sicherheitskräfte bei der Bewältigung der Lage. Das können wir definitiv nicht feststellen, weil die Demonstration für den 31. März angekündigt ist und Sicherheitskräfte aus anderen Ländern herangezogen werden können.
Das Zweite ist: Wenn Erkenntnisse darüber vorliegen, dass aus der Demonstration heraus Straftaten begangen werden. Das müssen keine Gewaltstraftaten sein, es würde auch reichen, wenn dort beispielsweise Parolen skandiert werden, die strafrechtlich relevant sind. Nun wissen wir aber aus der Vergangenheit, dass die Rechten intelligent sind
und auch lernen und bei der Formulierung mittlerweile so geschickt sind, auch bei der Leugnung der Kriegsschuld Deutschlands so geschickt sind und nicht mehr formulieren, die anderen hätten Schuld, sondern es gäbe eine Mitschuld.
Ich will noch einmal davor warnen, dass wir den Eindruck erwecken - das haben die LINKEN bedauerlicherweise getan -, wir fassen hier einen Beschluss, der umgesetzt wird, egal, was dahintersteht, und alles Weitere darf uns nicht interessieren. Damit spielen wir denen, die unsere Rechtsordnung infrage stellen, in die Hände.
Frau Amtsberg, ich weiß noch nicht genau, wo ich am 31. März bin, aber ich würde gern an Ihrer Seite stehen.
Ich bin jedenfalls dankbar, dass wir es dieses Jahr anders als im letzten Jahr geschafft haben, dass die große Mehrheit des Hauses einen gemeinsamen Antrag formuliert, der unseren politischen Willen und unsere Ablehnung der wirklich Irren dokumentiert, die nicht aus der Geschichte gelernt haben und die auch nicht lernen wollen.
Ich bin auch nicht schlimm. Es kann nicht jeder so schicke Krawatten haben. - Herr Kubicki, vor dem Hintergrund des eben Gesagten: Wie beurteilen Sie eine Situation, von der wir noch nicht wissen, wie sie ausgeht? Wenn es nicht gelingt, die Demonstration zu verbieten, meinen Sie nicht, dass die Diskussion, die öffentlich geführt wird, dann schon einen Schaden anrichten wird, weil der Eindruck erweckt wurde, wir müssten die Demo verbieten?
befriedigende, sinnvolle Antwort geben. Ich warne davor, öffentlich im politischen Raum oder von Amtsträgern von Verboten zu reden, weil die Willkürfreiheit einer Entscheidung dabei infrage steht.
Das ist keine Kritik am Innenminister. Dieses Spiel hilft uns nicht weiter. Es ist schlicht und ergreifend eine Feststellung, dass es bei einer gerichtlichen Überprüfung immer um die Frage geht: Ist eine willkürfreie Entscheidung zustande gekommen, ja oder nein?
Mein Wunsch - Herr Dr. Stegner und Lothar Hay wissen das - war schon immer, dass die Rechten durch eine Stadt marschieren und Zehntausende von Menschen am Straßenrand stehen und sich schlicht und ergreifend umdrehen, wenn sie vorbeikommen. Eine größere Missachtung der Rechtsradikalen kann es nicht geben. Ich würde mir wünschen, die Linken und versprengten Irren auf der linken Seite, die bei solchen Veranstaltungen immer Randale machen wollen, würden einmal begreifen, dass das nach außen ein viel sichtbareres Zeichen wäre,
als sich mit Polizeibeamten Prügeleien zu liefern, die den Rechtsstaat gegen massive innere Überzeugung verteidigen und nicht die Rechten, sondern den Rechtsstaat schützen.
Dann will ich klarstellen: War es ein Fehler des Innenministers zu sagen, die Demo müsse verboten werden?
- Nein, das ist eine politische Meinungsäußerung. Auch Sie haben gesagt, an sich müsste die Demo verboten werden, aber nur auf rechtsstaatlicher Grundlage. Ich gehe davon aus, dass der Innenminister - ich darf aus vertraulichen Sitzungen nicht berichten - erstens rechtsstaatlich gesinnt ist, was ich weiß, zweitens seiner Verantwortung gerecht wird und drittens alle Möglichkeiten nutzen wird, die der
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kubicki, erst einmal möchte ich feststellen, dass es schon im letzten Jahr einen gemeinsamen Antrag gab, der im Landtag einstimmig beschlossen wurde. Von daher ist das, was wir heute erleben, eher ein Rückschritt.