weil SPD und SSW von der EU-rechtlich vorgegebenen Grundlage des Arbeitnehmerentsendegesetzes abweichen. Genau hierüber, Herr Kollege Harms, haben wir im Landtag oft genug und ausführlich diskutiert. Aber die rechtliche Problematik und die rechtlichen Grundlagen scheinen SPD und SSW noch immer nicht verstanden zu haben, und sie liefern auch heute leider keine neuen Argumente. Ihr Lösungsansatz ist nicht EU-konform umzusetzen, weil das Vergaberecht auch bei Verkehrsdienstleistungen vorrangig ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und SSW, Ihr Gesetzentwurf zur Tariftreue ist aber nicht nur alter Wein, er ist auch alter Wein in alten Schläuchen; denn der SPD ist nicht einmal eine eigene Lösung zu dieser Problematik eingefallen. Sie haben diese Formulierung wortgleich aus einem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus dem Januar 2011 abgeschrieben. Dass die Grünen sich diesem Vorschlag heute nicht erneut anschließen, zeigt wohl, dass sie lernfähig sind. Dass die SPD aber einfach unbrauchbare Vorschläge wortgleich abschreibt, ist schlicht einfallslos. Für eine Partei, die in diesem Land Regierungsverantwortung übernehmen will, ist das ein Armutszeugnis.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist aber nicht nur einfallslos, sondern es ist auch verantwortungslos; denn Sie gaukeln den Menschen eine Lösung vor, die wir als Landesgesetzgeber EU-rechtlich gar nicht schaffen können. Sie wecken Hoffnungen bei den Menschen, die rechtlich nicht erfüllbar sind. Das ist unsolide und ein Spiel mit den Sorgen der Menschen. Ich sage deshalb: Wer Probleme mit ei
ner Parkgebührensatzung hat und einfallslos unbrauchbare Gesetze abschreibt, wird in SchleswigHolstein keine Regierungsverantwortung übernehmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer hat sich im vergangenen Jahr in diesem Land nicht über die streikbedingten Zugausfälle auf den NOB-Strecken an die Westküste, nach Eckernförde, von Husum nach St. Peter-Ording oder von Hamburg nach Westerland geärgert? Züge fielen aus, Züge, die fuhren, waren hoffnungslos überfüllt. Es gab manchen Ärger über fehlende Information, über unregelmäßige Fahrten. Ich glaube, davon hat sich jeder ein Bild machen können. Das Bild, das Schleswig-Holstein abgegeben hat, ist nicht das Bild, das ich abgeben möchte.
Günstig waren die Zugausfälle nur für das Land: Fast 1 Million € hat das Land wegen der nicht bezahlten Zugkilometer gespart.
Vielleicht ist es für eine Sozialdemokratin wie mich unnötig zu betonen, aber an dieser Stelle muss es sein: Streik ist ein verbrieftes Grundrecht. Das ist hart erkämpft und erstritten worden. Das muss natürlich so bleiben.
Aber als Besteller von Leistungen, als Landespolitikerinnen und Landespolitiker können wir unseren Beitrag dazu leisten, dass Lokführer und Zugpersonal ordentlich und fair bezahlt werden.
Während die Deutsche Bahn ihren Lokführerinnen und Lokführern zwischen 33.000 und 42.000 € brutto jährlich zahlt, zahlen einige ihrer Wettbewerber bis zu 30 % weniger.
Noch einmal vorweg ein bisschen vor die Klammer gezogen: Wir sind uns, denke ich, alle hier im Hause einig, dass das Ausschreiben von Zugverkehren in Schleswig-Holstein seit mehr als 15 Jahren eine echte Erfolgsstory geworden ist.
Das soll auch so bleiben. Vieles hat sich zum Besseren verändert: mehr Züge, besserer Komfort bei gesunkenem Landeszuschuss pro Zugkilometer. Das Prinzip stellen wir nicht infrage, und wir wollen daran festhalten. Aber auf gar keinen Fall darf ein sinkender Landeszuschuss zulasten der Löhne gehen!
Hier besteht Nachbesserungsbedarf. Das haben wir immer gesagt und Vorschläge dazu gemacht. Sehr geehrter Herr Kollege Callsen, schauen Sie sich den Gesetzentwurf an, den wir heute einbringen. Dort steht das, was in unserem SPD-Gesetzentwurf zum Vergabe- und Tariftreuegesetz stand. Wir haben hier eher von uns selbst abgeschrieben.
Ich denke, inzwischen muss jedem klar sein, dass Tariftreue im Bereich von Bus und Bahn sehr wohl europarechtskonform gestaltbar ist und geregelt werden kann. Mit der Verordnung Nummer 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rats über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße wird den Mitgliedstaaten explizit die Möglichkeit eingeräumt, dass sie - ich zitiere aus der Verordnung
„ … zur Gewährleistung transparenter und vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen zwischen den Betreibern und um das Risiko des Sozialdumpings zu verhindern, (…) besondere soziale Normen und Dienstleistungsqualitätsnormen vorschreiben können.“
In Schleswig-Holstein stehen in diesem Jahr die nächsten Bahnnetze zur Ausschreibung an. Für zukünftige Ausschreibungen wird Bilanz gezogen. Gemachte Erfahrungen können und müssen in die nächsten Verfahren einfließen. Der Kollege Harms hat es gesagt: Dafür ist es höchste Zeit. Ich sage, es ist höchste Eisenbahn für eine landesgesetzliche Tariftreueregelung, damit in den Ausschreibungen nicht mehr steht, irgendein Tariflohn sei zu zahlen, sondern damit wir als Besteller der Leistung faire Löhne einfordern. Nebenbei bemerkt würde dies auch Fragen rund um den Betriebsübergang nach einer verlorenen Ausschreibung erleichtern. Wir könnten diese Fragen ganz anders beantworten.
Als SPD-Fraktion haben wir dazu im vergangenen Jahr ein Tariftreuegesetz zur Diskussion gestellt. Wie die Kolleginnen und Kollegen des SSW finden
wir immer noch, dass im Mittelstandsförderungsgesetz vom Juli letzten Jahres auch etliches anderes grundlegend geändert werden müsste. Auf die Bahn haben wir aber einen direkten Einfluss. Für Bus und Bahn ist jetzt Eile geboten. Deshalb lautet unser gemeinsamer Vorschlag, ganz konkret und umgehend den § 14 zu ändern, damit für die betroffenen Beschäftigten schon bei den anstehenden Ausschreibungen faire Arbeitsbedingungen gesichert werden.
Lassen Sie uns den § 14 ändern - für fairen Wettbewerb auf der Schiene und für einen Wettbewerb um die beste Leistung, nicht um den niedrigsten Lohn! Das ist unser Vorschlag. Wer ihm nicht folgt, der wird in Zukunft einiges zu erklären haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten bereits in der letzten Legislaturperiode mehrere Debatten zum Thema Tariftreue. Die Landesregierung hatte vor ziemlich genau einem Jahr wie angekündigt die Novelle des Mittelstandsförderungsgesetzes mit der integrierten Tariftreueregelung vorgelegt, die wir dann auch verabschiedet haben. Die Tariftreueregelung war und ist noch immer an die Hamburger Regelung angelehnt und eben nicht an die Regelung aus Bremen, was die Opposition gern gehabt hätte. Sie bezieht sich auf das Arbeitnehmerentsendegesetz und hält sich an die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs. Sie verstößt nicht mehr gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach Artikel 49 des EG-Vertrags, was das Problem mit dem alten schleswig-holsteinischen Tariftreuegesetz war. Wie gesagt, wir haben schon öfter darüber diskutiert. Ich hatte mich schon gefragt, wann wohl die nächste Initiative aus den Reihen der Opposition dazu kommt. Jetzt ist es so weit.
- Vielen Dank, Herr Stegner. Ich weiß, dass Sie mir gern eine Freude machen. Das, was Sie gemeinsam mit dem SSW vorgelegt haben, nämlich den Antrag auf eine Gesetzesänderung in § 14 Abs. 5, ist sehr interessant. Zunächst einmal freue ich mich, dass sich SPD und SSW mittlerweile damit angefreundet
haben, dass die Tariftreueregelung in das Mittelstandsförderungsgesetz eingebunden ist. Hier waren Sie vor einiger Zeit noch anderer Auffassung. Ich freue mich, dass Sie hier Einsicht haben. Willkommen im Club, besser spät als nie! Ich freue mich auch darüber, dass Sie anerkannt haben, dass eine Mindestlohnforderung in diesen Bereich nicht hineingehört. Auch hier gratuliere ich gerade der SPD zur Einsicht. Der SSW hatte diese schon früher.
Zum Thema ÖPNV, der jetzt Teil der Kernforderung ist: Hier haben wir uns im vergangenen Jahr aus rechtlichen Gründen ganz bewusst dagegen entschieden. Es geht dabei vor allen Dingen um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Busunternehmen. Zumindest meine Fraktion - und ich denke auch die CDU-Fraktion - hat im Rahmen der Anhörung öfter mit Gewerkschaftsvertretern - vor allem mit Vertretern von ver.di - darüber gesprochen. Es gibt nach wie vor unterschiedliche rechtliche Beurteilungen. Nach unserer Tariftreueregelung können öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben werden, die sich im Hinblick auf die Mindestarbeitsbedingungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes verpflichten. Die Regelungen beziehen sich nicht mehr - wie im alten Tariftreuegesetz - auf bestimmte Branchen. Sie gelten jetzt dort, wo es Tarifverträge gibt, die für allgemeinverbindlich erklärt wurden. Das ist im ÖPNV-Bereich nicht der Fall. Das wurde schon ausgeführt. Wir hatten uns deshalb gegen die Einbeziehung des ÖPNV entschieden, weil wir eine rechtlich einwandfreie Regelung haben wollten. Jetzt schlagen Sie ein Verfahren vor, bei dem es einen repräsentativen Tarifvertrag gibt. Das werden wir uns genauer anschauen.
Sie sagen, das sei EU-rechtskonform. Auch wenn wir hier sehr skeptisch sind, werden wir uns dies genau anschauen. Im Übrigen finde ich es in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass die Landesregierung laut Ihrem Vorschlag das Verfahren, mit dem festgelegt werden soll, welcher Tarifvertrag als repräsentativ zugrunde gelegt werden soll, selbst bestimmen soll und auch die Möglichkeit bekommen soll, einen Beirat einzurichten, für den Sie aber keine genauen Vorgaben in der Frage machen, wie er genau aussehen soll. Ich bin der Meinung, dass man dann, wenn man so etwas vorschlägt, in den Gesetzentwurf aufnehmen sollte, wie das genau laufen soll.
Von den zwölf Bundesländern, die in Deutschland eine Tariftreueregelung haben, haben nur sieben Bundesländer eine Regelung für den Verkehrssektor aufgenommen. Wir sind in Bezug auf die Aufnahme des Verkehrssektors nach wie vor sehr skeptisch und werden uns dies im Rahmen der Ausschussberatungen noch einmal genau anschauen. Der Kollege Harms hat uns aufgefordert, in uns zu gehen. Kollege Harms, wir gehen öfter in uns, wie Ihnen vielleicht schon aufgefallen ist. Deshalb werden wir das auch dieses Mal tun. Gerade die FDP geht öfter in sich und auch mal aus sich heraus. Insofern werden wir das auch dieses Mal tun. Ich freue mich auf eine ernsthafte Beratung im Ausschuss. Herr Dr. Stegner, ich gehe natürlich nicht davon aus, dass Ihre Initiative irgendetwas mit der DGB-Veranstaltung in der nächsten Woche zu tun hat und diese irgendwie flankieren soll. Das ist sicherlich nicht der Fall.
Insofern freue ich mich auf eine ernsthafte Ausschussberatung. Damit das nicht falsch herüberkommt, kann ich Ihnen sagen, dass wir keine Gesetze beschließen werden, die gegen EU-Recht verstoßen werden. Das machen wir nicht. Herr Dr. Stegner, wir schauen das aber genau an, weil wir ein Interesse daran haben, Sie als Oppositionsführer auch einmal einzubinden, wenn Sie einen Vorschlag machen. Diesen gucken wir uns dann genau an. Vielleicht ist ja einmal etwas Konstruktives dabei.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! SPD und SSW legen heute einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Mittelstandsförderung und Vergabe vor. Diese Debatte haben wir im letzten Jahr immer wieder leidenschaftlich geführt. Ich hatte immer den Eindruck, dass wir aus der Opposition heraus geschlossen gegen ein schwarz-gelbes Gegenmodell waren. Das Thema Tariftreue bei öffentlichen Vergaben ist für uns Grüne in der
Tat ein wichtiges Thema. Als ich den Text, den Sie heute vorlegen, allerdings genau las, kam er mir sehr bekannt vor. Es stimmt tatsächlich, der Wortlaut stimmt mit dem Änderungsantrag, den wir am 26. Januar 2011 mit der Drucksache 17/1227 eingereicht haben, überein.