Protocol of the Session on November 16, 2011

Der zweite Punkt ist: Bildungspolitik.

(Zurufe von der CDU)

- Ich habe einen Kindergarten geleitet, ich weiß auch -

(Zuruf von der CDU: Oh Gott!)

- Ja, ja; fragen Sie da nach. Ich kann sagen, wie es an der Basis aussieht. Krippen und Kindergärten gehören nach meiner Meinung zu den Bildungseinrichtungen. Sie haben einen Bildungsauftrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben doch hier im Landtag bildungspolitische Leitlinien verabschiedet. Alle Bildungsexperten, alle Erziehungsexperten sagen, frühkindliche Bildung ist das Standbein für eine gute Bildung für jedes Kind, für jeden Jugendlichen beim Eintritt in die Arbeitswelt.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei Ihrer „Herdprämie“ - da kann ich meine Vorrednerin auch nur unterstützen - werden sich einkommensschwache Familien überlegen: 150 € dazuzubekommen in der heutigen Zeit ist viel. Die werden sich überlegen, ihr Kind zu Hause zu betreuen und nicht in eine Einrichtung zu geben.

Herr Carstensen, Herr Callsen, Herr Kubicki, durch die Wahlfreiheit entscheiden sich viele Eltern, wenn es darum geht, ihre Kinder betreuen zu lassen, für eine Einrichtung. Wenn ein Kind vor der Schule nicht in einer Einrichtung war, hat es Nach

(Monika Heinold)

teile in der Schule und auf seinem Lebensweg. Das ist belegt.

Von daher meine ich auch: Sie machen nicht nur in der frauenpolitischen Richtung, sondern auch in der bildungspolitischen Richtung eine Rolle rückwärts. Wir wollen nicht zurück zur Familie, wir wollen, dass das Geld in die Bildungseinrichtungen investiert wird. Wir brauchen mehr Krippen, wir brauchen mehr Kindergärten, wir brauchen beitragsfreie Kita-Jahre, damit alle Kinder in Schleswig-Holstein eine gute Bildung erfahren und auf einem guten Lebensweg weitergehen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort zu einem weiteren Beitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Tobias Koch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass der SPD-Fraktionsvorsitzende in den Debatten in diesem Haus immer ganz tief in die ideologische Mottenkiste greift, haben wir oft genug erlebt. Dass wir nach dem grünen Parteitag am letzten Wochenende von Herrn Habeck und Frau Heinold das Gleiche heute erleben, ist schon mehr als erstaunlich.

Worüber sprechen wir bei den steuerlichen Maßnahmen, wenn wir hier darüber diskutieren? Wir sprechen über eine verfassungsrechtlich gebotene Anhebung des Grundfreibetrags. Das hat es zu rot-grüner Regierungszeit in Berlin fünfmal gegeben. 1999, 2000, 2001, 2002 und 2004, jedes Jahr haben Sie mit schöner Regelmäßigkeit den Grundfreibetrag angehoben. Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass bei jeder Anhebung des Grundfreibetrags derjenige, der nur ein ganz geringes Einkommen hat, nur geringen Steuersätzen unterworfen ist und nur wenig Steuern zahlt, in absoluten Zahlen nur gering entlastet wird. Das war bei Ihren Entscheidungen ganz genauso. Was haben Sie denn damals dafür getan, dass das aufkommensneutral und steuergerecht ist?

(Beifall bei CDU)

Sie haben damals den Spitzensteuersatz gesenkt. Sie haben in mehreren Stufen der Einkommensteuerreform die Bürgerinnen und Bürger um Milliarden von Steuern entlastet, und das alles, was Sie damals gemacht haben, war nicht aufkommensneutral, war kreditfinanziert.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Ulrich Schippels [DIE LINKE]: Warum machen Sie da weiter?)

Herr Kollege Schippels, für die Art und Weise, wie Sie sich hier geäußert haben, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. - Herr Kollege Schippels, wir diskutieren jetzt darüber nicht. Ich habe Ihnen einen Ordnungsruf erteilt. Das Wort hat Herr Abgeordneter Koch.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Unser Argument war doch immer, dass steuerliche Entscheidungen nicht zulasten des Landeshaushalts gehen dürfen, um unseren Konsolidierungskurs nicht zu gefährden. Das war der Punkt, nicht die Frage der Steuersystematik insgesamt. Ich glaube, Sie haben in der letzten Woche einfach nicht aufgepasst. Wir haben in der letzten Woche die November-Steuerschätzung vorgelegt bekommen. Allein in den letzten sechs Monaten von Mai bis November 2011 haben sich die Einnahmeerwartungen für die Jahre 2013 und 2014 um 150 Millionen € pro Jahr erhöht.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage nicht von Dr. Habeck, sondern des Abgeordneten Dr. Stegner?

Ja, vielen Dank.

Sehr geehrter Herr Kollege Koch, wären Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass hier niemand im Hause kritisiert hat, auch von der Opposition nicht, dass das Existenzminimum steuerrechtlich berücksichtigt wird, wie das Verfassungsgericht das vorschreibt? Wären Sie bereit, das zur Kenntnis zu nehmen und auch zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die Kritik allein an den anderen Teilen des Pakets orientiert und dass Sie die verteidigen? Das ist der Punkt!

(Zurufe von der CDU)

- Herr Kollege Dr. Stegner, darf ich aus Ihrem Wortbeitrag entnehmen, dass Sie Ihren Antrag da

(Antje Jansen)

mit zurückziehen? Ich habe Ihren Antrag so verstanden, das Gesamtpaket im Bundesrat -

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Herr Präsident, ich bin noch bei der Antwort. Ich habe Ihren Antrag so verstanden, dass wir im Bundesrat -

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es gibt doch gar keinen Antrag!)

- Ich spreche im Augenblick mit dem Kollegen Stegner, Frau Kollegin Heinold. Der Antrag zur Aktuellen Stunde, den die SPD-Fraktion eingebracht hat, lautet auf Ablehnung der Maßnahmen im Bundesrat einschließlich der Anhebung des Grundfreibetrags, wie es das Verfassungsgericht geboten hat.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Ich glaube, ich habe seine Frage ausreichend beantwortet. Ich will nun auf den Punkt der Auswirkungen auf den Landeshaushalt zu sprechen kommen. Die Steuerschätzung im November hat Mehreinnahmen ergeben. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen 2013 und 2014 nach der aktuellen Steuerschätzung 150 Millionen € mehr an das Land. Wenn wir jetzt darüber diskutieren, ob wir einen Teil dieser steuerlichen Mehrleistungen an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben, indem wir den Grundfreibetrag erhöhen, dann betrifft das keine Belastung des Landeshaushalts, sondern es betrifft eine Minderung unserer Einnahmensteigerung, die etwas geringer ausfällt, als bisher zu erwarten war.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Einzige, was Sie uns vorwerfen könnten, ist, dass wir steuerlich zu wenig tun. Aber darüber, wie man die Bürgerinnen und Bürger steuerlich entlasten kann, haben Sie sich noch nie Gedanken gemacht. Sie machen sich immer nur Gedanken darüber, wie man Steuern erhöhen und die Bürger stärker belasten kann.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb, meine Damen und Herren von der Opposition: Diese Aktuelle Stunde ist kein Rettungs

schirm für die Koalition, sie ist ein Rohrkrepierer der Opposition!

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch mal wieder nett, dass man auch schriftlich hat, was die Kolleginnen und Kollegen so sagen. Ich darf mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, aus der Pressemitteilung der SPD-Fraktion vom 8. November 2011 zitieren.

Ralf Stegner:

„Die jüngst getroffenen Vereinbarungen von CDU, CSU und FDP über angebliche Steuerentlastungen für Geringverdiener, Einführung einer völlig sinnwidrigen Kita-Fernhalte-Prämie, Investitionen im Verkehrsbereich und Finanzierung der Betreuung von Demenzkranken kann man mit den Worten ‚der Berg kreißte und gebar eine Maus’ wohl am treffendsten beschreiben. Bei 170 Milliarden € Einkommensteuervolumen ist eine Steuerentlastung von 2 Milliarden € eine dermaßen geringe Summe, dass bei Einzelnen nur ein Minimalbetrag ankommt, der an der individuellen Situation nichts ändert.“

(Zuruf von der SPD: Stimmt doch!)

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie uns auffordern, dass wir mehr erreichen sollen, was die Steuerentlastung angeht? Ich habe Ihren Redebeitrag eben so verstanden, dass das der Weg in die falsche Richtung sei.

Herr Kollege Dr. Stegner, ich finde Ihre Haltung für Ihre Verhältnisse - ziemlich weitreichend; das war schon einmal anders. Sie fordern uns auf, die Anhebung des Grundfreibetrags jetzt abzulehnen, weil sie dann sowieso komme.

Frau Kollegin Heinold, würden Sie mir bitte erklären, wie die Landesregierung Schleswig-Holsteins darauf reagieren soll, wenn das 2013/2014 sowieso kommt? Dann haben wir die gleiche Situation: Wir sollen etwas ablehnen, weil es sowieso kommt - eine sehr „vernünftige“ Haltung!